Prof. Dr.-Ing. Dr. iur. Andreas Mengel und Dr. Markus Schwarzer, Universität Kassel, Fachgebiet Landschaftsentwicklung / Umwelt- und Planungsrecht

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Stellungnahme zur Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (Dialogfassung)


1. Bundeskonzept Grüne Infrastruktur

Die EU-Kommission hat zur Umsetzung ihrer Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt eine Initiative zur „Grünen Infrastruktur“ in den Mitgliedsstaaten angeregt. Der Begriff grüne Infrastruktur bringt zum Ausdruck, dass die verschiedenen Formen von Natur und Landschaft und deren Leistungen – etwa intakte Auen als natürliche Hochwasservorsorge – ebenso wie „graue“, d. h. technische Infrastruktur für die Entwicklung eines Landes unverzichtbar sind. Grüne Infrastruktur trägt wesentlich zum menschlichen Wohlergehen, z. B. durch Klimaregulation, Erleben von Natur und Landschaft, und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt bei.

Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung die Aufstellung eines „Bundeskonzepts Grüne Infrastruktur“ beschlossen. Im Bundeskonzept Grüne Infrastruktur werden die bestehenden Fachkonzepte und Leitbilder des Naturschutzes und der Landschaftspflege der Bundesebene in einem Gesamtkonzept dargestellt. Ziel ist, mit einer solchen Zusammenstellung die Planungen des Bundes in den verschiedenen Politikbereichen zu unterstützen. Das Bundeskonzept wurde auf Grundlage eines Fachgutachtes vom Bundesamt für Naturschutz im März 2017 veröffentlicht. Es enthält auch in Entwicklung befindliche Fachkonzepte z. B. zu bundesweit bedeutsamen Landschaften und zum nationalen Aktionsplan Schutzgebiete und soll künftig fortgeschrieben werden.

Das zuvor beschriebene Bundeskonzept Grüne Infrastruktur (BKGI) findet sich bislang nicht in der Dialogfassung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. Es sollte zu deren Weiterentwicklung aufgenommen werden, denn es behandelt zahlreiche einschlägige Aspekte von Nachhaltigkeit.
Die Aufnahme eines kurzen Textes zum BKGI empfiehlt sich an folgender Stelle: Kapitel C Der deutsche Beitrag zur Erreichung der SDGs; II. Schwerpunkte, Maßnahmen, nationale Indikatoren und Ziele; Nr. 15 Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegradation beenden und umkehren und dem Verlust der Biodiversität ein Ende setzen; a) Wesentliche Inhalte und politische Prioritäten aus Sicht der Bundesregierung; Aktivitäten der Bundesregierung (grau hinterlegt); I. Maßnahmen in Deutschland (S. 266 f.). An dieser Stelle werden ausgehend von der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (a) bis zum Nationalen Naturerbe (f) relevante Strategien, Programme und Konzepte angeführt. Es wird empfohlen das Bundeskonzept Grüne Infrastruktur unter (g) zu ergänzen. Die ersten beiden Absätze dieser Stellungnahme wurden so verfasst, dass diese in komprimierter Form das BKGI vorstellen, in ähnlicher Weise wie die Texte zu den Buchstaben (a) bis (f) verfasst sind und zur Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie verwendet werden dürfen.


2. Ergänzung von Schutz- und Pflegekonzepten sowie exemplarische Nennung wichtiger Instrumente

Im o.g. Kapitel der Dialogfassung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie findet sich unter 15.1 Artenvielfalt und Landschaftsqualität die unterstrichene Zwischenüberschrift „Bisherige Maßnahmen“ (S. 273). Darin heißt es zu Beginn (Ergänzung unterstrichen):
„Einen positiven Beitrag zur Verbesserung der Arten- und Landschaftsqualität leisten prinzipiell alle Maßnahmen, die auf eine nachhaltigere, naturverträglichere Landnutzung und auf die Umsetzung von fachlich abgestimmten Schutz- und Pflegekonzepten hinwirken. Die Zuständigkeit für die Durchführung derartiger Instrumente und Maßnahmen, z. B. im Rahmen des Arten- und Lebensraumschutzes, der Landschaftsplanung, der Eingriffsregelung, des Biotopverbundes, des Vertragsnaturschutzes und der Förderpolitik, liegt nicht allein beim Bund, sondern überwiegend bei den Ländern und anderen Akteuren.“

Begründung: Die erste Ergänzung ist notwendig, weil neben einer naturverträglichen Landnutzung dezidiert Konzepte zum Schutz und zur Pflege wesentlich sind. Der zweite Punkt benennt zumindest exemplarisch einige ganz wichtige Instrumente des Naturschutzes und der Landschaftspflege, die überwiegend bislang gar nicht in der Nachhaltigkeitsstrategie auftauchen. Sie sind für die praktische Arbeit in diesem Aufgabenfeld, das einen Kernbereich des SDG 15 (Landökosysteme schützen, wiederherstellen usw.) bildet, aber essentiell und sollten daher zumindest einmal genannt werden.


3. Bundeskompensationsverordnung

Der Koalitionsvertrag der die Bundesregierung tragenden Parteien vom März 2018 erklärt es zum naturschutzpolitischen Ziel, Eingriffe in Natur und Landschaft möglichst zu vermeiden. Dort, wo dies nicht möglich ist, sollen die entstandenen Beeinträchtigungen wieder ausgeglichen werden, um die Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes auf Dauer zu sichern. Nach diesem Bekenntnis zu Kerninhalten der Eingriffsregelung stellen die Koalitionsparteien explizit. heraus, dass sie „eine Bundeskompensationsverordnung mit einem vielseitigen Mix qualitativ. hochwertiger Maßnahmen schaffen [wollen], damit Genehmigungsbehörden Spielraum erhalten, auch bei der Errichtung Erneuerbarer-Energien-Anlagen und beim Netzausbau die Flächeninanspruchnahme möglichst gering zu halten“ (Koalitionsvertrag 2018, S. 139).

Am 03. Juni 2020 ist die Verordnung über die Vermeidung und die Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft im Zuständigkeitsbereich der Bundesverwaltung (Bundeskompensationsverordnung – BKompV) in Kraft getreten. Die Verordnung konkretisiert die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung für Vorhaben im Zuständigkeitsbereich der Bundesverwaltung. Durch die BKompV werden die Anforderungen an die Pflichten zur Vermeidung und Kompensation von Beeinträchtigungen bei Eingriffen in Natur und Landschaft weiter untersetzt und für die bundesweite Anwendung aufbereitet. Die BKompV sieht im Kern eine Härtung naturschutzfachlicher Belange bei Beeinträchtigungen besonderer Schwere vor und enthält ein Biotopwertverfahren, bei dem alle drei Zieldimensionen des Naturschutzes berücksichtigt werden.

Die Bundeskompensationsverordnung (BKompV) trägt in besonderer Weise zu SDG 15 sowie zur Artenvielfalt und Landschaftsqualität bei. Dies ist nicht zuletzt den für die Anwendung maßgeblichen Anlagen der BKompV zu entnehmen, in denen spezifische Maßgaben zu den einzelnen Schutzgütern Klima / Luft, Wasser, Boden, Arten, Biotope und Landschaft getroffen werden.

In der Dialogfassung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie wird im selben Abschnitt wie zuvor, nämlich 15.1 Artenvielfalt und Landschaftsqualität, unterstrichene Zwischenüberschrift „Bisherige Maßnahmen“ (S. 273) im dritter Absatz auf „folgende laufende Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag“ mit zehn Anstrichen, z. B. Umsetzung des Aktionsprogramms Insektenschutz hingewiesen. Da im Jahr 2021 nicht nur die weiterentwickelte Fassung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen sein soll, sondern auch die aktuelle Legislaturperiode endet, erscheint die Aufzählung zu „laufenden Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag“ unpassend für die weiterentwickelte Fassung. Es wird daher vorgeschlagen, die angeführten Punkte zu prüfen und abgeschlossene / verwirklichte Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag zu behandeln und solche Vorhaben, deren Umsetzung noch läuft, ggf. gesondert aufzulisten.

Alternativ – oder vielleicht noch stimmiger – könnte die Bundeskompensationsverordnung unter den Aktivitäten der Bundesregierung behandelt und z. B. nach dem o. g. Bundeskonzept Grüne Infrastruktur unter (h) ergänzt werden. Für eine Kurzdarstellung der BKompV ist der zweite Absatz oben empfehlenswert und darf dazu herangezogen werden.