Dr. Petra Becker, Unternehmensgruppe

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Einbeziehung des Gesundheits- und Sozialwesens in die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie – eine große Chance

De Bereich Gesundheits- und Sozialwesens in Deutschland sollte im Rahmen der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie eine größere Bedeutung zugemessen werden:

  • Die Gesundheits- und Sozialwirtschaft nimmt einen großen Anteil an der deutschen Wirtschaftsleistung ein. Sie birgt damit selber große Potentiale für den deutschen Beitrag zur Erreichung der SDGs
  • Im Rahmen der Betreuung und Behandlung von Bürgern durch die Gesundheits- und Sozialwirtschaft kann ein großer Anteil der deutschen Bevölkerung mit direktem Einfluss auf nachhaltige Lebensstiländerungen erreicht werden – und dies durch Menschen, die hohes Vertrauen in der Bevölkerung genießen
  • Der gesetzliche Auftrag an die Leistungserbringung der Gesundheits- und Sozialwirtschaft bietet eine direkte, unmittelbare Möglichkeit, die Maßnahmen zur Erreichung der SDGs umzusetzen

Dies soll am Beispiel des Gesundheitssektors aufgezeigt werden:
Der Gesundheitssektor selbst ist ein beträchtlicher Verursacher von Emissionen. Im Jahr 2016 war er für etwa 2.250 Millionen Tonnen CO2 -Äquivalenten an Emissionen verantwortlich, was 4,6 Prozent der weltweiten Nettokohlenstoffemissionen entspricht. Das sind mehr Treibhausgase als der Flugverkehr oder die Schifffahrt verursachen. Allein das Einsparpotenzial von Kliniken wird im Energiebereich auf zehn Prozent geschätzt. Hinzu kommen klimafreundliche Optimierungsmöglichkeiten in den Bereichen Beschaffung, IT, Mobilität, Verpflegung und medizinische Materialien.

Beschäftigte des Gesundheitssektors genießen besondere Wertschätzung und Vertrauen in der Bevölkerung und können eine wichtige Rolle als „change agents“ einnehmen, wenn sie ihre Patient*innen erklären, wie stark Lebensstilveränderungen (wie weniger motorisierte Bewegung, pflanzenbasierte Ernährung) nicht nur ihre Gesundheit fördern und Krankheiten vorbeugen, sondern gleichzeitig das Klima schützen. Klimaschutz ist laut Lancet die größte globale Gesundheitschance dieses Jahrhunderts.

Die Rahmenbedingungen der Leistungserbringung im Gesundheitssektor werden klar von der Gesetzgebung zur Gesetzlichen Krankenversicherung, der Gesetzlichen Rentenversicherung und der Gesetzlichen Unfallversicherung definiert. Alle beteiligten Akteure handeln ausschließlich im gesetzlichen Rahmen. Nachhaltigkeitsaspekte können erst dann Entscheidungs- und Handlungskriterien sein, wenn sie im Gesetz formuliert sind. Ohne diesen gesetzlichen Auftrag, findet nachhaltiges Handeln weder auf Seiten der Leistungsträger noch auf Seiten der Leistungserbringer regelhaft statt bzw wir gegebenenfalls sogar mit dem Verweis auf den Bundesrechnungshof verhindert. Gleichzeitig könnte ein Gebot der Nachhaltigkeit (analog zum Gebot der Wirtschaftlichkeit) unmittelbare Wirkung zeigen, die nicht auf Selbstverpflichtung, Marktmächte oder Einsicht basieren müsste.

Um das Potential der Gesundheits- und Sozialwirtschaft zur Erreichung der SDGs zu heben, schlage ich folgende Ergänzung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie vor:

  1. Ausweitung des Arbeitsprogramms der Dialoggruppe zur Vorbereitung des Staatssekretärsausschusses (B.III.1.) um das Schwerpunktthema Nationales Programm für Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen und Erweiterung der Dialoggruppe um Vertreter der Deutschen Rentenversicherung, der Deutschen Unfallversicherung und des GKV Spitzenverbandes
  2. Ergänzung der Prinzipien einer Nachhaltigen Entwicklung (B.IV.1.) um 4. Nachhaltiges Wirtschaften stärken e) Die sozial- und Hilfesysteme leisten einen erheblichen Beitrag für die nachhaltige Teilhabe. Die Leistungserbringung muss wettbewerbsfähig, sowie sozial- und umweltverträglich sein und als weiteres Ziel haben, den Erwerb der Gesundheitskompetenz für nachhaltige Entwicklung und einen gesunden, umweltförderlichen Lebensstil zu verankern.
  3.  Unter den neuen Nachhaltigkeitsindikatoren 2020 (B.IV.2.) sollte folgender Indikator aufgenommen werden: Anteil der Bevölkerung mit nachhaltigen, gesunden Lebensstil (Indikator 3.1.g.)
  4. Die Instrumente zur Stärkung der Politikkohärenz (BIV.4) sind im Bereich Finanzen und Haushalt um das folgende Instrument zu erweitern: Sozialgesetzgebung: Das Gebot der Nachhaltigkeit ist neben dem Gebot der Wirtschaftlichkeit als Maßstab für die Leistungen der Gesetzlichen Kostenträger in allen Sozialgesetzbüchern zu verankern
  5. Die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie sollte im Bereich Gesundheit und Wohlergehen (C.II.3.) um einen weiteren Indikator mit unterlegten Maßnahmen erweitert werden: Anteil der Bevölkerung mit nachhaltigen, gesunden Lebensstil.

a.    Als Maßnahmen sollten dazu die Akteure der Rehabilitation den Auftrag erhalten, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft auch unter dem Gesichtspunkt der Umweltverträglichkeit zu fördern. Hierzu ist der Begriff der Teilhabe im SGB IX entsprechend zu konkretisieren. Insbesondere § 1 SGB IX ist zu ergänzen, dass Menschen nach diesem Buch Leistungen erhalten, um ihre volle, wirksame gleichberechtigte und umweltverträgliche Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern.
b.    Neben der Gesundheitsbildung und der Aufklärung durch Behörden und Geschäftsbereichen des BMG und des BMEL, sollten die Leistungserbringer in der Gesundheitsversorgung den Auftrag erhalten, auf Lebensstiländerungen auch unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes hinzuarbeiten. Entsprechende Anforderungen an die Selbstverwaltung sind gesetzlich zu fixieren.


Dr. Petra Becker

Dr. Becker Unternehmensgruppe