Dirk Berndzen

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Sehr geehrte Damen und Herren,
meinen Beitrag zum Nachhaltigkeitsdialog muss ich auf ein Symbol zum Teil-Thema Energie beschränken.  Auf S. 154, unten, wird nochmals betont:"Die zentrale Richtschnur der Energiepolitik bleibt das energiepolitische Zieldreieck aus Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit und Bezahlbarkeit."

Ich schlage folgende Erläuterung dazu vor:
Dabei gewinnt allerdings mit jedem Jahr die Seite der Umweltverträglichkeit rasant an Bedeutung. Nur wenn die Politik und die Gesellschaft entschieden und schnell umsteuern, kann noch vermieden werden, dass die Seite "Bezahlbarkeit" zur Marginalie wird, oder sogar die Versorgungssicherheit aufgegeben werden muss. Das Zieldreieck kann schon in nächster Zukunft nicht mehr beliebig gewichtet werden, sondern muss der Nachhaltigkeit bzw. Umweltverträglichkeit höchste und schnell wachsende Priorität einräumen.

Dazu ein paar Anmerkungen:
Der Grundsatz, den das Dreieck plakativ ausdrückt ist zunächst einleuchtend. Er birgt aber in sich die Versuchung, entweder unausgesprochen ein in etwa gleichseitiges Dreieck zu denken, oder die Seiten je nach wirtschaftlicher oder politischer Interessenslage zu verschieben. Das wäre vielleicht im Jahre 1970 noch möglich gewesen. Inzwischen müssen längst sogar Abstufungen in der Sinnhaftigkeit von Energie-Einsatz vorgenommen werden. Inlandsflüge als Normalfall gehören in die Geschichtsbücher. Heizpilze sind mindestens extrem fragwürdig. Rasen auf der Autobahn, Erdheizungen  auf Spargelfeldern – das Schwarzbuch der Verschwendung wird nicht nur von noch nicht ausgereizter Endenergieproduktivität gefüllt, sondern auch von nicht-technischen Faktoren (vgl. dazu zutreffend S. 156).
Für die Seite der Bezahlbarkeit bedarf es zugegeben einer großen Anstrengung und wirtschaftlicher Kreativität. Aber sowohl in der Finanzkrise, als auch in der Pandemie war die Politik dazu in der Lage und die Gesellschaft bereit, mit zu gehen. Zudem ist das immense Potential nachhaltiger Wirtschaft  i. w. S.  noch in den Anfängen.
Eine eher persönliche Anmerkung: Im vergangenen Jahr haben wir unsere Doppelhaushälfte mit einer PV-Anlage bestückt. Optisch war das nicht gerade eine Verbesserung. Es war eine Willensentscheidung. Aber noch viel mehr Entschiedenheit braucht man, wenn man sich durch den Dschungel der Zuschüsse, Steuervorteile, Vorschriften und Einschränkungen kämpft. Selbst das Finanzamt leidet unter den Abläufen. Wir sollten eher den Regenwald oder die Great-Green-Wall aufforsten, als das Gestrüpp von Regelungen. Ich habe das alles trotzdem durchgezogen, weil ich es mir zeitlich leisten kann und weil ich inzwischen entschieden bin. Eine Familie mit Kindern und wackeliger Finanzierung hat andere Sorgen.

Was der Umwelt, bzw. hier der Energiewende, dient, muss entschieden einfacher und zum Regelfall werden.

Das besagte Zieldreieck ist selbstverständlich eine Vereinfachung, weil es relevante Faktoren ausblendet. Bei Neubauten sollte PV beispielsweise Standard sein, um die Frage nicht der aktuellen finanziellen Situation eines Bauträgers, oder gar der Geschmacksfrage zu überlassen. Energiegewinnung ist nicht mehr eine Frage der ganz privaten Ansicht zu "diesen Dingen". Sie ist eine Überlebensfrage. Egoistisches oder phobisches Ablehnen von Windenergieanlagen  darf man als tragisch betrachten, aber nicht als handlungsleitend für die Zukunft. Solche Anlagen dürfen gerne schöner und z. B.  vogelschonender werden, aber begründungsbedürftig muss es werden, sie nicht zu errichten.

Ein letztes, ebenfalls eher persönliches Beispiel, wo m. E. die Energiewende und die Nachhaltigkeit überzeugend und unbedingt förderungswürdig in die Industrie eingeführt werden soll, ist die Münchner Firma Sono Motors. Was als scheinbar versponnene Idee dreier SchülerInnen begonnen hat, ein Auto mit Solarzellen als Außenhaut, ist nicht mehr weit von der Serienreife. Ein paar Idealisten haben eine CO²-neutralisierte Automarke geschaffen, die erheblich nachhaltigere Mobilität verspricht, ohne das Auto völlig zu verteufeln. Dennoch ist ein solches Start-Up immer wieder vom Scheitern bedroht. Ich greife diese Firma heraus, weil ich deren Entwicklung etwas verfolgt habe. Aber Sono Motors mag für eine ganze Reihe innovativer Hersteller, Start-Up´s  oder gesellschaftlicher Gruppen stehen, die Unterstützung brauchen durch

  • Schutz gegen ruinösen Wettbewerb (vgl. im Beispielfall etwa die staatl. Bezuschussung für E-Autos, die eine solche Firma nicht zahlen kann; vgl. dazu auch die Probleme von E-go in Aachen);
  • entschiedene Förderung, wenn das Konzept den Zielen der Nachhaltigkeitsstrategie hilfreich ist;
  • noch viel entschiedenere Einpreisung der ökologischen Lasten, die Konkurrenten auf die Zukunft oder auf "Unbekannt" abzuwälzen gewohnt waren.

Die deutsche Wirtschaft ist derzeit noch in der Lage, ohne extreme Härten auch die Seite der "Bezahlbarkeit" und eine (sinnvolle) "Versorgungssicherheit" zu gewährleisten. Dafür müssen aber m. E. die z.T. hervorragenden Ansätze der Nachhaltigkeitsstrategie entschieden verstärkt werden. Die lange Basis des Dreiecks ist die (um in dieser vereinfachenden Terminologie  zu bleiben) "Umweltverträglichkeit".

Mit freundlichem Gruß
Clemens Fiebig,