Digitalisierung als Motor für Nachhaltigkeit

WBGU-Gutachten Digitalisierung als Motor für Nachhaltigkeit

Das Verständnis von menschlicher Entwicklung muss im Zeitalter der Digitalisierung grundlegend neu bestimmt werden. Zu diesem Ergebnis kommt der WBGU in seinem Hauptgutachten "Unsere gemeinsame digitale Zukunft", das die Zusammenhänge zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeit thematisiert.

3 Min. Lesedauer

Vorstellung des Hauptgutachtens "Unsere gemeinsame digitale Zukunft"

Vorstellung des Hauptgutachtens "Unsere gemeinsame digitale Zukunft": Die Bundesministerinnen Karliczek (2.v.l.) und Schulze (3.v.l.) mit Prof. Sabine Schlacke (l.) und Prof. Ina Schieferdecker vom Wissenschaftlichen Beirat.

Foto: BMBF/Hans-Joachim Rickel

Die Autoren fordern nicht weniger als eine Trendwende – denn sie sehen die Menschheit an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter, dem "digitalen Anthropozän". Bundesforschungsministerin Anja Karliczek und Bundesumweltministerin Svenja Schulze nahmen das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen (WBGU) in Berlin entgegen.

Digitalisierung unterstützt Umweltschutz

Karliczek bezeichnete Digitalisierung als zentralen Schlüssel und wichtigen Impulsgeber für den Schutz von Umwelt und Klima. "Fortschrittliche Umwelttechnologien werden weltweit in den nächsten Jahren immer gefragter werden", sagte sie. Generell müssten "Ökologie und Ökonomie noch stärker miteinander versöhnt werden."

Schulze erklärte, Digitalisierung sei kein Selbstzweck, sie solle als Motor für mehr Nachhaltigkeit dienen. "Die Digitalisierung birgt ein riesiges Potenzial für den Umweltschutz. Um dieses auszuschöpfen, braucht sie die richtigen Leitplanken: für den Zugang und den Schutz von Daten, für den Umgang mit Rohstoffen, für das Schließen von Stoffkreisläufen."

Intelligente Energienetze, neue Mobilitätsideen

Das  Gutachten "Unsere gemeinsame digitale Zukunft" kommt zu dem Schluss: Dort, wo die Digitalisierung bereits Einzug gehalten hat, verstetigt sich bislang der Trend zu steigenden Emissionen und Ressourcenverbrauch - dabei berge sie jede Menge Potenzial für mehr Nachhaltigkeit.

So könnten etwa neue Technologien eingesetzt werden, um den Verbrauch von Umweltgütern besser zu bepreisen. Intelligente Energienetze und neue Mobilitätsideen könnten die Energiewende weiter vorantreiben.

Dafür ist laut Gutachten in Ministerien, Parlamenten, Stadtverwaltungen, Nichtregierungsorganisationen und Forschungsinstituten dringend mehr digitales Know-How erforderlich. "Gelingt dies nicht, werden sich technologie- und kurzfristig orientierte Eigendynamiken durchsetzen", warnen die Gutachter.

Umbrüche durch Künstliche Intelligenz

Politik, Unternehmen und Gesellschaft seien gefragt, vorauszudenken, "etwa über den absehbaren radikalen Strukturwandel auf den Arbeitsmärkten oder die ethischen Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz". Es brauche mehr belastbares Wissen über die Wirkungen digitaler Technologien.

Gestaltet würden die Umbrüche bislang durch "mächtige, insbesondere private, aber auch staatliche Akteure". Die Folgen seien Fake News oder eine Erosion von Glaubwürdigkeit, schreiben die Experten.

Europäisches Digitalisierungsmodell

Der WBGU fordert die Bundesregierung auf, sich während ihrer EU-Ratspräsidentschaft im Jahr 2020 für ein eigenes europäisches Digitalisierungsmodell einzusetzen. Nachhaltigkeit, faire Produktionsbedingungen, Privatheit und Cybersicherheit müssten dabei im Mittelpunkt stehen.

"Ich werde das Umweltministerium zum Treiber einer nachhaltigen Gestaltung der Digitalisierung machen", sagte Ministerin Schulze. "Derzeit entwickeln wir eine umweltpolitische Digitalagenda, und ein Förderprogramm für KI-Anwendungen für Umwelt- und Klimaschutz."

Sie kündigte an, sie werde das Thema Digitalisierung und Nachhaltigkeit außerdem zu einem Schwerpunkt der deutschen EU-Ratspräsidenschaft im Jahr 2020 machen.

Das Bundesforschungsministerium fördert die Nachhaltigkeitsforschung seit 2015 mit zwei Milliarden Euro. Zentrales Instrument ist dabei die Digitalisierung.