Diego Portugal, Präsident des gaia-liNc e.V.

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Stellungnahme zur Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie
Sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Bundesregierung,

Wir begrüßen die kontinuierliche Weiterentwicklung der seit 2002 bestehenden nationalen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesrepublik Deutschland und bedanken uns an dieser Stelle ausdrücklich für die Möglichkeit zur Stellungnahme. gaia-liNc e.V., eine Nichtregierungsorganisation mit Sitz in München (VR 208667), begrüßt den integrativen Ansatz, den die Bundesregierung bei der Entwicklung dieser Strategie mit all den verschiedenen Stakeholdern verfolgt. Insbesondere freuen wir uns darüber, dass Deutschland versucht, seiner Verantwortung gegenüber der Weltgemeinschaft über die nationalen Grenzen hinaus gerecht zu werden und Nachhaltigkeit ausdrücklich als gemeinsame generationen- und sektorenübergreifende Anstrengung versteht. Wir möchten im Zuge dessen eine an die Bundesregierung gerichtete Stellungnahme vorlegen, in der wir Beiträge zu den Zielen 11 und 12 der Nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) formulieren.

Vorbemerkung

gaia-liNc e.V. möchte die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen fördern, um für alle zukünftigen Generationen auf der Erde ein gutes und gelingendes Leben sicherzustellen. Besonderes Augenmerk legen wir dabei auf die nachhaltige Entwicklung der Region Lateinamerikas. Unser Ziel ist es, starke Partnerschaft zwischen Deutschland und der Region Lateinamerika aufzubauen, die lokale Gemeinschaften, Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und Wissenschaftler einschließen, um gesellschaftliche Herausforderungen wie die Biodiversitäts- und Klimakrise vor dem Hintergrund endlicher Ressourcen gemeinsam zu überwinden. gaia-liNc e.V. möchte Gemeinden und Gesellschaften befähigen, natürliche Ressourcen zum Wohle der Natur und der Gemeinschaften nachhaltig zu nutzen.
In unserer Stellungnahme möchten wir sowohl Anregungen zu Maßnahmen mit Wirkung in Deutschland geben als auch auf globale Zusammenhänge hinweisen – insbesondere auf Auswirkungen auf die Lebensweise vulnerabler Gesellschaften in der Region Lateinamerika. Aufgrund der Ausrichtung und der Expertise unserer Organisation hoffen wir, wertvolle Anregungen für die Weiterentwicklung der bestehenden deutschen Entwicklungs-zusammenarbeit im Sinne der Nachhaltigkeit zu geben.
Vertieft beziehen wir Stellung und geben Anregungen zu SDG 11 „Städte und Siedlungen integrativ, sicher, belastbar und nachhaltig gestalten“. Zusätzlich formulieren wir einen kurzen Beitrag zu SDG 12 „Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen“.


SDG 11. Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten

a.    Wesentliche Inhalte und politische Prioritäten aus Sicht der Bundesregierung

1.    Ebene: Maßnahmeneffekte in Deutschland

  • 1.1.    Nachhaltige Gebäude und Städte als Teil der Bildung:
  • In Schulen möchten wir Bildungsprogramme für Kinder im Grundschulalter vorschlagen, um für die Bedeutung nachhaltiger Gebäude, öffentlicher Räume und ihrer Erhaltung zu sensibilisieren. Von dieser Maßnahme erhoffen wir uns auch, Kinder in solche Gestaltungsprozesse künftig besser einzubeziehen.
  • Wir glauben, dass es wichtig ist, in Suffizienz zu erziehen. Dies bedeutet, dasselbe mit weniger Ressourcen zu tun. In Bezug auf Städte und Siedlungen hieße das, auf weniger Raum zu leben und auf das Auto zu so weit wie möglich zu verzichten. Der erste Schritt zur Veränderung der Nachfrage in Städten wäre eine Änderung der Einstellung.
  • Auf universitärer Ebene fordern wir die Förderung von Wettbewerben zur Unterstützung des nachhaltigen Designs. Dies könnte durch Anreize wie der Finanzierung von Zertifizierungen und Praktika in Büros für nachhaltiges Design erfolgen. Wir glauben, dass es wichtig ist, nicht nur Wert auf großartiges Design zu legen, sondern auch auf das Bemühen, in neuen Lösungen für die heutigen Herausforderungen zu denken.
  • Wir glauben, dass der Nutzen der Natur (der Ökosystemleistungen) ein zentraler Bestandteil der Bildungssysteme sein muss. In Deutschland führt die Ausweitung der Stadtentwicklung zu Kaskadeneffekten innerhalb der Biodiversitätskrise, insbesondere beschleunigt sich der Verlust von Insekten und Bienen – wertvollen Bestäubern. Neuere Studien legen nahe, dass die Bestäubung von Nutzpflanzen und die Regulierung der Wasserqualität zu den wichtigsten gefährdeten Ökosystemleistungen des Landes gehören.

1.2.    Ressourcen für nachhaltiges Bauen:

  • Wir regen die Rückgewinnung von Lehm als wertvolles Baumaterial an. Dies kann aus der Sicht der Normung, der Bauvorschriften, der Versicherung, der wirtschaftlichen Unterstützung befürwortet werden. Die Idee des "Klimafreundlichen Bauens: Charta für Lehm" wird bereits in ähnlicher Weise mit Holz realisiert. Wir glauben, dass Deutschland ein guter Ort für die Weiterentwicklung dieser Idee ist. Die Lehmbauweise eignet sich hervorragend für die klimatische Isolation und bietet die Möglichkeit des Recyclings des Materials.
  • Investieren Sie nach Möglichkeit in naturnahe Lösungen statt in graue/konventionelle Ingenieuransätze.

1.3.    Wie Stadtentwicklung und Natur integriert werden können:

  • Unterstützung von Initiativen zur Förderung grüner Städte durch den Schutz und die Ausdehnung natürlicher Ökosysteme in städtischen Gebieten, indem Sie Beschäftigungsmöglichkeiten mit direkten zukünftigen Einnahmen in den Bereichen Tourismus und Wassersicherheit schaffen. Diese Initiativen können auch indirekt Kosten in anderen Sektoren wie dem Energiesektor und dem Gesundheitswesen senken.
  • Gestaltung von Städten als biologische Korridore, die städtische Ökosysteme mit ländlichen und geschützten Gebieten verbinden, als ein wirksamer Mechanismus zur Erhöhung der einheimischen, biologischen Vielfalt in Städten.
  • Förderung von Landschaften und öffentlichen Räumen, die an das Klima und die lokalen Bedingungen angepasst sind

1.4.    Förderung des Verbrauchs auf lokalen Märkten

  • Reduzierung des CO2-Fußabdruck für den Transport von Lebensmitteln durch Förderung des lokalen Konsums
  • Orte für städtische Landwirtschaft benennen
  • Ausrichtung landwirtschaftliche Anreize auf naturbasierte Lösungen: Dazu könnten die Förderung agroökologischer Ansätze einschließlich agroforstwirtschaftlicher Praktiken gehören. Ein weiterer wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist der Zugang zu Versicherungen für diesen Sektor.
  • Förderung der Entwicklung innovativer Ideen für Landwirtschaft im Winter

2.    Ebene: Maßnahmen durch Deutschland, die globale Effekte erzielen

2.1.    Internationale Vernetzung und multilaterale Prozesse:

  • Stärkere Einbindung der Privatwirtschaft in die Interaktion mit der Wissenschaft: Wir denken, dass dies durch Anreize für die Forschung in mittelständischen Unternehmen erreicht werden kann. Mittelständische Unternehmen können im Vergleich zu Großunternehmen sehr agil sein, haben aber nicht die finanziellen Mittel, Forschungsaufgaben abzudecken.

2.2.    Mehr Ehrgeiz in der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen

  • Erhöhung der Bedeutung naturbasierter Lösungen in Städten
  • Anerkennung von Ökosystemen und Ökosystemleistungen als globale öffentliche Güter in Städten
  • Berücksichtigung der Klimarisiken, indem sie in nationale Anpassungspläne aufgenommen werden

2.3.    Mehr Ehrgeiz im Übereinkommen über die biologische Vielfalt

  • Anerkennung und Förderung der Nutzung der städtischen Wälder und ihrer Biodiversität als Teil der nationalen strategischen Ziele im Bereich der biologischen Vielfalt
  • Bekenntnis zum „30x30“-Ziel und zum Posto 2020-Rahmenwerk zur Biodiversität

3.    Ebene: Maßnahmen mit Deutschland im Rahmen der internationalen bilateralen Zusammenarbeit

3.1.    Nachhaltige Gebäude und Städte als Teil der Bildung:

  • Entwicklung von Bildungsprogrammen in Schulen für Kinder, um für die Bedeutung nachhaltiger Gebäude, öffentlicher Räume und des öffentlichen Verkehrs zu sensibilisieren und das Wissen zu vermitteln, wie diese Anforderungen erfüllt werden können.

3.2.    Wie Stadtentwicklung und Natur integriert werden können:

  • Mehr Unterstützung für indigene Gemeinschaften, die in Naturreservaten leben: Wir glauben an die Erhaltung von Kulturen, die in Harmonie mit der Natur leben.


b.    Relevante nationale Nachhaltigkeitsindikatoren und -ziele / Maßnahmen

  • Hinzufügen eines Indikators über Bauressourcen, d.h. wie viel Baumaterial wird auf welche Weise in Deutschland produziert, sowie wie viel Baumaterial wird importiert
  • Entwicklung von städtischen Biodiversitäts-Indikatoren (z.B. Artenreichtum, Artenvielfalt, etc.)
  • Verpflichtung zum „30x30“-Ziel


SDG 12. Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen

Mit der Nachhaltigkeitsstrategie will Deutschland weltweit Vorreiter auf dem Weg zu einer vollständigen Kreislaufwirtschaft sein. In der Strategie sehen wir ein starkes Bekenntnis zur Förderung der Einhaltung von Menschenrechten sowie von Arbeits- und Sozialstandards entlang globaler Lieferketten.
Wir wollen die Förderung von Bildung und Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung in dieser Hinsicht unterstützen. Den Produzenten, insbesondere den Bauern, soll ein Gesicht und eine Stimme gegeben werden. Dadurch soll bei den Konsumenten ein größeres Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass der Handel mit Produkten und ihren Rohstoffen eine wichtige Lebensgrundlage für die Menschen in anderen Teilen der Welt ist und dass eine angemessene Bezahlung für ihre Arbeit und ihre Produkte unerlässlich ist. Stabile wirtschaftliche Bedingungen für Kleinbauern in der Lateinamerika-Region erleichtern die Förderung des Ressourcen- und Umweltschutzes in vulnerablen Gemeinschaften.

Wir hoffen, mit diesen Punkten einen Beitrag zur Weiterentwicklung der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie geleistet zu haben und möchten Sie ermutigen, solche partizipativen Prozesse weiter zu initiieren. Auch wenn die Strategie bereits weit vorangeschritten ist, müssen die Bundesregierung und wir alle die sofortige Umsetzung vieler seiner Maßnahmen vorantreiben, insbesondere um die Klimaneutralität so schnell wie möglich zu erreichen.

Mit freundlichen Grüßen,

gez. Diego Portugal
Präsident des gaia-liNc e.V.