Dialogkonferenz am 11.02.2016 in Hamburg

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Nachhaltigkeitsdialog Dialogkonferenz am 11.02.2016 in Hamburg

Anregungen für die Diskussion gab Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (Transkribierte Rede).

8 Min. Lesedauer

Nachhaltigkeitsdialog in Hamburg am 11.02.2016

Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Foto: Tobias Tanzyna

Sehr geehrter Herr Senator Kerstan,
liebe Ulrike Hiller,
Frau Staatsrätin,
sehr geehrte Frau Staatssekretärin Schneider,
sehr geehrte Damen und Herren

Ich bin nicht nur gern hier zur Nachhaltigkeitskonferenz gekommen, ich bin auch gerne nach Hamburg gekommen. Natürlich bin ich interessiert, wie geht Hamburg hier mit dem Neubau oder mit diesem nachhaltigen Bau um. Man sammelt seine Erfahrungen, aber wer nichts wagt, der nichts gewinnt. Ich glaube wir, egal ob Bund, Land oder Kommunen, sind einfach auch Vorbilder und wir gehen diesen Weg bestmöglich voran. Wenn ich hier aus dem Fenster schaue, so ist das eine tolle Sache. Wir sind das Bauministerium und haben somit einige gemeinsame Baustellen. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg.

Heute sind wir hierhergekommen, um über die nationale Nachhaltigkeitsstrategie zu sprechen und natürlich auch über die im vergangenen September bei der UN beschlossene Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung oder besser gesagt die große Transformationsagenda. Lassen Sie mich vorab noch einmal deutlich machen, was mir besonders am Herzen liegt. Diese Konferenz ist als Dialogkonferenz konzipiert und es ist wichtig, dass wir ins Gespräch kommen, weil wir viel von Ihnen lernen. Ich bin gespannt, welche Erfahrungen Sie vor Ort hier im hohen Norden mitbringen. Sie hören es an meinem Dialekt, ich komme vom ganz anderen Ende, von der deutsch-schweizerischen Grenze und jeder macht seine eigenen Erfahrungen. Die einen haben es mit den Bergen, die anderen mit dem Meer zu tun. Jeder macht natürlich auch da gute Erfahrungen.

Sie haben es bereits gesagt, man lernt immer wieder dazu. Nachhaltigkeit ist nicht einfach und fällt auch nicht einfach so vom Himmel, sondern man muss sich das tatsächlich bewusst machen. Nicht umsonst gibt es 17 SDG's, 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung und 169 Unterziele. Angesichts der Vielzahl dieser Politikfelder, bei denen in den nächsten Jahren eine Kurskorrektur erforderlich ist, ist die Zahl der Unterziele eigentlich eher klein. Die SDG's zeigen uns einen nicht ganz einfachen Weg. Sie zeigen uns einen langen richtigen Weg. Das heißt, wir brauchen einen wirklichen Wandel. Einfach nur den Weg weiterzugehen wird so nicht reichen. Wir stehen an einem Scheideweg oder bzw. positiv ausgedrückt, wir haben es eigentlich in der Hand. Machen wir weiter, wie bisher „business as usual“ oder nehmen wir unsere Verantwortung ernst für eine sichere Zukunft. Wollen wir eine zukunftssichere Welt für unsere Kinder und Enkelkinder?

Sowohl in New York mit der Verabschiedung der SDG's, als auch bei der Klimakonferenz in Paris, im Dezember, haben die Staats- und Regierungschefs gezeigt, dass sie es ernst nehmen. Jeder, der vielleicht auch von Ihnen mit dabei war, hat gemerkt, welcher Geist dort durch die Hallen wehte. Dieses Gefühl, dass es jetzt eigentlich fünf vor 12 ist und das wir es jetzt anpacken müssen, hat sicherlich auch zum Erfolg beigetragen und dass alle diese Verantwortung angenommen haben. Wir müssen die Belastbarkeitsgrenze unseres Planeten respektieren und dementsprechend auch unseren Lebensstil ändern. Es geht dabei um gutes, um gesundes Leben. Es geht darum, dass wir auch Blick auf den Klimawandel und auf die Ressourcen, kommenden Generationen den gleichen Wohlstand ermöglichen, den wir auch genießen dürfen.

Meinem Ministerium war es ein besonderes Anliegen, dass wir bei den Verhandlungen für die SDG's beziehungsweise zur Konferenz junge Delegierte eingeladen haben. Wir sagen, wir machen das für die zukünftigen Generationen und die junge, die zukünftige Generation hat das Recht mitzureden. Das war uns wirklich ganz wichtig und ich glaube, die junge Generation müssen wir noch viel stärker einbeziehen. Denn die jungen Menschen müssen das am Ende des Tages natürlich auch umsetzen, mit uns gemeinsam. Deswegen sind die SDG's auch kein Lippenbekenntnis. Gemeinsamen mit Ihnen werden die Bundesregierung, insbesondere das Kanzleramt, mein Ministerium und das Bundesentwicklungsministerium, rechtzeitig dafür sorgen, dass die neuen Nachhaltigkeitsziele auch als Chance verstanden werden.

Das Bundesumweltministerium ist ziemlich breit aufgestellt mit Umwelt, Naturschutz, Bauen und Reaktorsicherheit. Wir wollen, dass wir gemeinsam an dieser Durchsetzung arbeiten. Wenn wir die Ziele umsetzen, wird das der Lackmustest sein. Im Vorfeld der Verhandlungen habe ich gemerkt, wie viel Vertrauensvorschuss wir insbesondere von den Entwicklungsländern erhalten haben. Das müssen wir jetzt auch tatsächlich beweisen, dass es sich gelohnt hat und dass diese Umsetzung eine wichtige Aufgabe ist.

Bei der Umsetzung wird es darum gehen, die SDG's zu integrieren, so dass es eine Querschnittsaufgabe für alle Ressorts der Bundesregierung ist, nämlich gemeinsam mit Wirtschaft, den Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft. Insgesamt werden wir die Nachhaltigkeitsagenda und ihre drei Dimensionen gleichwertig umsetzen und es darf kein Entweder - Oder geben. Es sind tatsächlich bei jedem dieser Felder diese drei Dimensionen entsprechend zu berücksichtigen, umzusetzen und abzusegnen. Gleichzeitig sollte die nationale Umsetzung globaler Nachhaltigkeitsziele drei Ebenen ansprechen:

  1. Die nationalen Maßnahmen, die auf eine nachhaltige Entwicklung innerhalb Deutschlands abzielen.

  2. Maßnahmen, die auf Änderungen unseres Verhaltens abstellen und damit zum globalen Gemeinwohl beitragen. Zum Beispiel die Reduktion von Treibhausgasen oder die Induktion der Kernarbeitsnorm.

  3. Der dritte Punkt ist, dass wir bei Partnerländern, bei den Ärmsten der Armen, die Umsetzung der Agenda mit unterstützen. Hier geht es wirklich um globale Verantwortung, globale Partnerschaft. Konkret geäußert heißt das einerseits zum Beispiel: Technologietransfer, aber natürlich auch Kompetenzaufbau, insbesondere bei den Entwicklungsländern.

Auf all diesen Ebenen müssen wir vorankommen:

  • extreme Armut beenden,

  • Ungleichheit und Ungerechtigkeit bekämpfen,

  • nachhaltige Produktionsweisen und Lebensstile umsetzen und durchsetzen und,

  • was mir natürlich auch nochmal ein Herzensanliegen ist, den Klimawandel bekämpfen.

Wir können sagen, prima, hier fang ich nicht bei null an, wir haben schon die nationale Nachhaltigkeitsstrategie, aber es bleibt auch für uns eine ganze Menge zu tun und wir haben auch ein gewisses schwarzes Loch zwischen Wissen und Handeln. Das gilt nicht nur für uns persönlich. Man weiß bereits vieles: Wenn man einkauft oder sich auf den Weg macht, nehme ich das Fahrrad oder gehe ich zu Fuß, nehme ich das Auto oder etwas anderes. Wie heißt es so schön: Der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach.

Aber das Gleiche bedeutet natürlich auch in unserem Politikfeld, den Ressourcen, dass wir Wissenslücken schließen müssen und entsprechende die Erkenntnisse in die Politik umsetzen. Wir haben zusammen mit dem Umweltbundesamt eine Vertiefungsstudie veröffentlicht, in der es darum geht, wie groß ist das Problembewusstsein bei jungen Menschen. Das Problembewusstsein ist da, aber ich glaube es unterscheidet sich von einem Baujahr wie mich, den älteren Semestern. Das Problem wird erkannt, aber den Lebensstil zu ändern ist nicht einfach. Es muss ein Stück weit attraktiv sein. Aber jeder Schritt, der in die richtige Richtung geht, den wir miteinander gehen können ist dabei wichtig.

Wichtig oder auch existentiell für die Umsetzung ist tatsächlich, dass wir wissen, wo läuft es gut, wo läuft es nicht so gut. Deswegen war es unser Anliegen im Verwandlungspro­zess, dass wir einen effizienten und bewussten Überprüfungsmechanismus schaffen. Das hat sich dann auch durchgesetzt als Teil dieser Agenda. Auch daran werden wir uns messen lassen müssen, weil diese Agenda universell ist. Sie gilt für alle Staaten, für alle 195, die es unterzeichnet haben. Wir sind so in die Verhandlung gegangen, dass wir gesagt haben, wir machen schon was, wir können mit best practice Beispielen vorangehen. Wir sind damit nun auch die Ersten, die bei einem hochrangigen Forum im Juli in New York die Umsetzung gewichten und unsere nachhaltige Entwicklung vorstellen müssen.

Was macht das Bundesumweltministerium? Für uns gibt es natürlich Prioritäten.

  • Das Erste ist natürlich, dass wir uns für mehr Klimaschutz engagieren.

  • Das Zweite kommt selbstverständlich aus dem Bereich Naturschutz, dass wir bei der Biodiversität entsprechend weiter vorangehen. Wir haben einen dramatischen Verlust der Biodiversität und wir haben auch bei anderen Konventionen unsere Verpflichtungen sie sind zum Beispiel eng verbunden mit einer naturverträglichen Landwirtschaft.

  • Der dritte Punkt ist die nachhaltige und gesundheitsverträgliche Produktionsweise. Die Konsum- und Lebensstile - wir sind gerade in der Endphase unseres Projekts nachhaltiger Konsum - auch das wird ein wichtiger Beitrag sein.

  • Wir sind aber auch als Bauministerium für Siedlungsentwicklung für die nachhaltige Bauweise und Infrastruktur verantwortlich und last but noch least

  • für eine nachhaltige Mobilität.

Das sind die fünf Felder, die für uns als Ministerium sehr wichtig sind. Lassen Sie mich das vielleicht noch mal im Einzelnen verdeutlichen. Zum Beispiel beim Klimaschutz: die Energiewende ist eingeläutet, da haben wir in der Zwischenzeit 33 Prozent erneuerbare Energien, aber wir sind noch nicht am Ziel. Deswegen halte ich einen Klimaschutzplan 2050 auch mit einem Dialogprozess für sehr wichtig. Hier sind wir dabei und versuchen das umzusetzen. Der Plan wird in diesem Jahr ins Kabinett gehen. Zugleich werden die Förderungen im Rahmen der erfolgreichen nationalen aber auch internationalen Klimaschutzinitiative weiter fortgeführt werden. Bei der nachhaltigen Stadtentwicklung geht es um eine Stadtentwicklungspolitik, die mit bezahlbarem Bauen und Wohnen verbunden ist. Das heißt, auch die 3. Dimension der Nachhaltigkeit darf man nicht außer Acht lassen und deswegen ist es so wichtig, dass wir das entsprechend fördern. Wir haben die Städtebauförderung auf 700 Millionen aufgestockt, das ist noch einmal ein Impuls.

Die Umsetzung der SDG‘S und der Nachhaltigkeitsstrategie wird nicht nur auf nationaler Ebene laufen, sondern sie wird auch auf regionaler und kommunaler Ebene laufen müssen. Deshalb haben wir zusammen mit dem Deutschen Städtetag und mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund einen Arbeitskreis zum Thema Nachhaltige Entwicklung, Stadtentwicklung in nationaler und internationaler Perspektive unter unserer Federführung eingerichtet.

Last but not least geht es auch um Ressourcenschonung. Hier entwickeln wir unser Programm weiter, das in der Zwischenzeit erfolgreich ist, aber noch nicht da ist, wo wir es eigentlich haben möchten. Auch das soll in den nächsten Monaten ins Kabinett gehen. Weil die SDG's nicht nur auf einzelne Bereiche gerichtet sind und weil sie nicht nur isoliert betrachtet werden können, sondern mit einem integrierter Ansatz, beschäftigen wir uns mit der Debatte über die gesellschaftliche Transformation und haben das in unserem Ministerium aufgegriffen. Wir erarbeiten ein integriertes Umweltprogramm. Es geht darum, dass wir eine sozialökonomische Marktwirtschaft in einer nachhaltigen Gesellschaft erarbeiten, bzw. dass das das Ziel ist. Umweltpolitik muss also noch stärker in die Gesellschaft, in die Wirtschaft hineintragen werden. Es gilt, dies als Chance zu begreifen. Das glaube ich, ist unser gemeinsames Anliegen. Und wie wir 2030 leben wollen, wie wir wirtschaften und arbeiten, wie das gelingt gemeinsam diesen Weg zu gehen, da freue ich mich schon auf Ihre Vorschläge, auf Ihre Lösungsvorschläge.

Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen und bin gespannt. Recht herzlichen Dank!