Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau e.V.

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Stellungnahme der DGfM e. V. zur „Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie – Weiterentwicklung 2021“

Sehr geehrte Damen und Herren,

nachfolgend übermitteln wir Ihnen unsere Stellungnahme zur Dialogfassung der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie in der Weiterentwicklung 2021 fristgemäß bis zum 31.10.2020.

Die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau e. V. (kurz: DGfM) ist der Berufsverband der gesamten deutschen Mauerwerksindustrie und nimmt die Interessenvertretung für die Mauerwerksbauweise im Wohn- und Nichtwohnungsbau wahr. Arbeitstäglich beschäftigen sich rund 413.000 Menschen mit der Produktion, Planung, Ver- und Bearbeitung von Mauerwerkskonstruktionen. Dabei wird jährlich ein Nettoumsatz von über 41 Mrd. Euro erzielt. Schwerpunkt unserer Interessenvertretung ist das Bauen und Wohnen in Deutschland. In der Anlage zur Stellungnahme übermitteln wir Ihnen ebenfalls ein Positionspapier zur Thematik, das von 33 Spitzen- und Landesverbänden der Baustoffindustrie, der mineralischen Rohstoffindustrie sowie von Baudindustrie und Baugewerbe mit der Ausrichtung auf den Massivbau mitgetragen wird.

Auch die DGfM als Koordinator des anliegenden Positionspapier sieht gemeinsam mit den unterzeichnenden Verbänden nachhaltiges und ressourcenschonendes Bauen mit Blick auf den immer spürbar werdenden Klimawandel als eine zentrale Zukunftsfrage, zu deren Lösung wir einen eigenen Beitrag erbringen wollen und werden.

In Deutschland werden die Wohnungs- und Nichtwohnungsbauten in allen Bundesländern überwiegend aus Stahlbeton und Mauersteinen - also in Massivbau – errichtet. Damit leisten die Massivbauer mit ihrer täglichen Arbeit den entscheidenden Anteil zur Errichtung der gebauten Umwelt und somit auch zur Lösung der sozialen

Frage Wohnen. Die bisherige Anwendung von Baustoffen und Bauweisen hat sich seit Jahrzehnten im freien Wettbewerb auf der Grundlage der Entscheidung von privaten
und institutionellen Investoren, öffentlichen Auftraggebern sowie von Planern und Bauausführenden entwickelt. Massivbauten können heute im Gleichklang der Nachhaltigkeit, also in der Summe aller ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Eigenschaften, bestens mit allen anderen Bauten konkurrieren. Das gilt ökologisch unter umfassender Betrachtung der realen Lebensdauer sowie des vollständigen Lebenszyklusses von Gebäuden inkl. Rückbau, Recycling und Wiederverwendung von Baustoffen. Das gilt ökonomisch, da Massivbauten in der Herstellung 10 – 15 % kostengünstiger sind und auch bei der Instandhaltung über den gesamten Lebenszyklus deutlich geringere Aufwendungen verursachen. Im soziokulturellen Bereich betrifft es insbesondere den sommerlichen Wärmeschutz, den Lärm- und Brandschutz, das klimaangepasste Bauen und die Wohngesundheit. Neben dieser Ist-Situation im Neubau ist für die Betrachtung von Zukunftsstrategien unbedingt zu beachten, dass der heutige Wohnungsbestand zu weit über 80 % massiv errichtet, also überwiegend aus Stahlbeton und Mauersteinen erbaut wurde.

Angesichts dieser Ausgangslage ist die Herstellung klimaneutraler mineralischer Baustoffe und die Absicherung einer weitestgehend geschlossenen Kreislaufwirtschaft inkl. Wiederverwendung bzw. Weiternutzung dieser Baustoffe als zukunftssichernde Aufgabe alternativlos und kann mit Blick auf die Bedeutung des Baus für alle gesellschaftlichen Bereiche nur gemeinsam mit der Politik gelöst werden.

Daher verweisen wir im Rahmen dieser Stellungnahme insbesondere auf die folgenden vier Punkte:

  1. Grundlage von allen anstehenden politischen Entscheidungen zur Vorgabe zukünftiger Anforderungen an Gebäuden muss die faire Bewertung aller Baustoffe und Bauweisen unter umfassender Betrachtung der realen Lebensdauer sowie des vollständigen Lebenszyklus von Gebäuden sein. Vorliegende Studien, die Gebäude mit einem Energieeffizienzniveau auf Basis des ENEV 2016 über eine realistische Lebensdauer von 80 Jahren einschließlich Rückbau und Recycling vergleichen, zeigen für Massivbauten eine CO2 -Emission, die mindestens gleichwertig, speziell bei Mehrfamilienhäusern sogar bis zu 4 % günstiger als bei anderen Bauten sind. Entscheidend ist dabei unter dem heutigen Energiemix die Nutzungsphase. Bei einer erfolgreichen Umsetzung der verabschiedeten Klimaschutzziele wird sich dieser Energiemix für die Bereitstellung von Strom und Wärme im Gebäudebereich natürlich entscheidend verändern. Gleichzeitig ist aber auch davon auszugehen, dass es zu einer völlig neuen ökologischen Bewertung der Baustoffe kommt. Die mit grüner Energie hergestellten mineralischen Baustoffe tragen dann kaum noch graue Energie in die Baukonstruktionen der Gebäude ein. Bei ihrer Herstellung wird kein CO2 mehr an die Luft abgegeben, so dass auch durch eine mögliche Substitution keine CO2 -Emissionen mehr eingespart werden können. Die Nutzung dieser Einsparpotentiale beim massiven Bauen mit mineralischen Rohstoffen ist für die Erreichung der Klimaschutzziele alternativlos.
  2. Basis für alle anstehenden politischen Entscheidungen im Gebäudebereich muss auch die Berücksichtigung des gesamtgesellschaftlichen Baubedarfs sein. Dabei ist davon auszugehen, dass die aktuellen politischen Zielsetzungen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus in den letzten drei Jahren völlig ungenügend umgesetzt werden. Statt jährlich mindestens 80.000 neue Sozialmietwohnungen zu errichten bzw. bereitzustellen, sind in den letzten Jahren nur rund 25.000 pro Jahr geschaffen worden. Auch die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum für Haushalte in Ballungszentren, die oberhalb der Einkommensgrenzen für den Bezug von Sozialmietwohnungen liegen, sich aber Kaltmieten von 10,00 Euro und mehr Euro pro m2 Wohnfläche nicht leisten können, muss unbedingt weiter forciert werden. Eine weitere zentrale Aufgabe ist eine deutliche Beschleunigung des Umfangs der energetischen und altersgerechten Gebäudesanierung. Nur mit einer angemessenen energetischen Gebäudesanierung sind die Klimaschutzziele erreichbar. Nur mit einer angemessenen altersgerechten Sanierung kann das exponentielle Anwachsen der hochaltrigen Bevölkerung und damit der Pflegebedürftigkeit durch deutlich mehr ambulante Betreuung und Pflege in geeigneten Wohnräumen ausgeglichen und gesamtgesellschaftlich leistbar gestaltet werden. Der Gesamtbedarf zur Erstellung neuen Wohnraums ist unter anderem auch von der jährlichen Zuwanderung abhängig. Diese ist Corona bedingt in den letzten beiden Quartalen stark rückläufig. Aber niemand kann heute vorhersagen, in welcher Größenordnung die Zuwanderung nach Corona verlaufen wird. Daher muss die Ausrichtung der Wohnungsbau-aktivitäten und der zukünftige Gesetzesrahmen für die Anforderung an Gebäude so gestaltet werden, dass er gesamtgesellschaftlich leistbar ist.
  3. Die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen zum nachhaltigen und ressourcen-schonenden Bauen müssen dieser Zielstellung auch angepasst sein. So wurde es in der Mantelverordnung bisher verpasst, die Bedingungen für ein umfassendes Recycling mineralischer Baustoffe zu schaffen. Immer strengere Regelungen durch die Umweltministerien erschweren derzeitig die Ausweitung des Einsatzes von Recycling-Baustoffen. Auch das gerade verabschiedete Kreislaufwirtschaftsgesetz wird in der jetzigen Form nicht zu einem bevorzugten Einsatz von Rezyklaten in Bauvorhaben, einschließlich Bundesbauten, führen.
  4. Der Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb ist bei allen politischen und parlamentarischen Entscheidungen zur Vorgabe zukünftiger Anforderungen an Gebäuden zu berücksichtigen. Das schließt die Einführung und Umsetzung von Quotenregelungen, Abgaben sowie die Einführung von sogenannten Positivlisten zugunsten einzelner Baustoffe und Bauweisen aus. Technologieoffenheit muss ein Grundsatz für alle zukünftigen gesetzlichen Regelungen von Anforderungen an Bauwerke und Gebäude bleiben. Das umfasst eine gleichberechtigte und angemessene Förderung aller Bauprodukte und Bauweisen zur Errichtung der politischen Zielsetzung bezüglich Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft.

Wir bitten Sie, die aufgezeigten Punkte im Rahmen einer finalen Fassung der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ab 2021 zu berücksichtigen.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüßen


Dr. Hannes Zapf        Dr. Ronald Rast
Vorsitzender            Geschäftsführer