Christoph M. Hausmann

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Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für die Einladung zum Dialog über die Nachhaltigkeitsstrategie 2021. Als Mitglied der Psychologists for Future liegt mir, wenn das Stichwort Nachhaltigkeit fällt, die Priorisierung der Maßnahmen zur Abwendung der Klimakatastrophe auf der Seele. Da ich viele Informationen hierüber recherchiert habe und mich in diesem Bereich engagiere, werde ich mich in dieser Mail ausschließlich hierauf fokussieren, was nicht bedeutet, dass andere Nachhaltigkeitsziele mir unwichtig wären, dennoch denke ich dass eine existentielle Bedrohung in einem noch nie dagewesenen Ausmaß - wie der Klimawandel sie darstellt - absolute Priorität ihrer politischen Maßnahmen erfordert.

Meine Damen und Herren, es geht nicht um eine Kleinigkeit, es geht um das potentielle Aussterben von 80-90% der Menschheit innerhalb der nächsten einhundert Jahre! (Quelle: Prof K. Anderson, Klimaforscher)

Wie soll der nötige Wandel - sozial gerecht, ohne die ohnehin schon wirtschaftlich schlecht gestellten noch abzustrafen - stattfinden?
Längst gibt es Machbarkeitsstudien wie die von den Fridays for Future beim Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie beauftrage - warum eigentlich mussten die Fridays diese Studie beauftragen, warum um Himmels Willen haben Sie das nicht selbst gemacht? Man fragt sich schon, ob überhaupt ein politischer Wille existiert, die nötigen Veränderungen anzupacken.

Ich könnte Ihnen die Studie verlinken und damit die Mail beenden, denn Sie sollten einfach tun, was da steht. Aber das würde sie vermutlich veranlassen, zu glauben, ich hätte mich selbst nicht damit auseinander gesetzt. Beispielhaft will ich wenige Punkte herausgreifen.

1. Der von Ihnen veranschlagte Co2 Preis ist viel zu klein. Die Studie kommt zum Ergebnis dass 180€ pro Tonne angemessen wäre. Die damit einhergehenden Mehrbelastungen (Stichwort soziale Gerechtigkeit) sind durch die Einnahmen ausgleichbar. Das Abwandern energieintensiver Wirtschaftszweige ins Ausland ("Carbon leakage") kann durch Zölle o.ä.
Maßnahmen verhindert werden.

2. 100% erneuerbare Energien sind bis 2035 möglich, wirtschaftlich machbar und schaffen genug Arbeitsplätze dass der Kohleausstieg von selbst obsolet wird. Wie sollen wir bitte Ihrer Meinung nach 2035 co2 neutral werden wenn wir bis 2038 die Kohlekraftwerke laufen lassen?

3. Verkehr: Wir könnten lange sprechen. Machen Sie den ÖPNV attraktiver, kostengünstiger oder sogar kostenlos, und hören Sie sofort mit dem Weiterbau von Autobahnen auf. Die einzige Partei die dies auf Bundesebene fordert sind die Grünen, ausgelöst durch die Proteste im Danneröder Forst. Wenn Sie dem nachkommen, sparen Sie sich auch den kostenintensiven Polizeieinsatz, der in der Corona Pandemie Menschenleben gefährdet - wie nicht zuletzt von der Gewerkschaft der Polizisten selbst gefordert. Die FDP fand diesen Vorschlag "unrealistisch", man mag sich ja fragen, in welchem realistischen Zukunftsszenario die FDP lebt, in der wir Straßen bauen und dabei den Auto Bestand um 2/3 reduzieren!!! Wie widersinnig ist das? Erlassen Sie endlich Tempolimit, Citymaut, bringen Sie den ÖPNV voran (hier in Wiesbaden stimmen wir demnächst über die Citybahn ab, wie kann das sein, dass sowas noch verlangsamt wird!).Und, um Gottes Willen, stoppen Sie den Neubau von Verbrennungsmotoren und verbieten Sie Innlandsflüge (wenn eine spezifische Herzchirurgin unbedingt in einer Stunde durch Deutschland muss, dann können wir immer noch reden).

4. Leider kein Bestandteil der Machbarkeitsstudie: Ernährung, Landwirtschaft. Die Fakten liegen auch hier auf dem Tisch, die Planetary Health Diet. Insgesamt müssen wir unseren Fleischkonsum drastisch reduzieren. Verbieten Sie die Massentierhaltung. Heute stimmt das europäische Parlament über CAP ab, Landwirte werden nach Hektar Landbesitz subventioniert, nicht nach Nachhaltigkeit. Was ist mit originellen Konzepten wie Solidarischer Landwirtschaft? Sie müssen doch regionale, saisonal und nachhaltig wirtschaftende Betriebe subventionieren, nicht irgendwelche Riesen? Wer hat, der bekommt. Und wenn es um Umgestaltung kommt, dann argumentieren Sie mit sozialer Gerechtigkeit und den armen Kohlarbeitern in der Lausitz? Das scheint mir eine Doppelmoral zu sein.

Es gäbe viel mehr zu sagen. Ich glaube, Sie haben einen Eindruck meiner Meinung als Diskussionsbeitrag erhalten. Für Rückfragen stehe ich natürlich gerne zur Verfügung. Sollte ich an einigen Stellen dieser Mail im Tonfall zu hart gewesen sein, so mögen Sie dies im Sinne der Leidenschaftlichkeit verstehen, daher schließe ich mit folgendem
Lincoln-Zitat: "Wir sind keine Feinde, sondern Freunde. Wir dürfen keine Feinde sein. Leidenschaft mag die Bande unserer Zuneigung anspannen, aber zerreißen darf sie sie nicht."

Mit freundlichen Grüßen, Ihr,

Christoph Hausmann