Bundesverband Beruflicher Naturschutz (BBN) e.V.

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Der Bundesverband Beruflicher Naturschutz e. V. (BBN) nimmt zur Fortschreibung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie in 10 Punkten wie folgt Stellung:

  1. Die Fortschreibung der DNS kommt den stark fortschreitenden und sich dramatisch zuspitzenden gesellschaftlichen Herausforderungen in den Transformationsprozessen für eine insgesamt nachhaltige Entwicklung in Deutschland nicht angemessen nach. Sie verharrt deutlich im Status quo der politischen Programmatik der jetzigen Bundesregierung auf Basis der laufenden Entscheidungen. Eine schlüssige fortschrittliche Strategie auf Basis der 17 SGD der UNO für Deutschland ist nicht adäquat erkennbar. Vielmehr erscheint der Eindruck einer stark durch die Ressortinteressen der Bundesregierung geprägten summarischen Zusammenfassung laufender Vorhaben, Zielsetzungen und Programme. Besonders erkennbar wird dies durch die starken Akzente in Betrachtungen zur Coronapandemie und ihrer Bewältigung, die noch dazu nicht mehr aktuell sind. Dieses Thema ist selbstverständlich hoch aktuell und insbesondere wirtschaftlich sozial bedeutsam, doch tragen die weitläufigen Erläuterungen kaum etwas zur Ausrichtung der Nachhaltigkeitsstrategie bei.  Viele dieser Aussagen und Problemstellungen haben nur mittelbar mit den Fragen zur Nachhaltigkeit zu tun oder überlagern zudem die essentiellen Aufgaben im Bereich der weiteren Klima-, Umwelt- und Biodiversitätspolitik. Dabei sind die Positionen, die der Fortschreibung der DNS zugrunde liegen, überwiegend nicht falsch. Im Detail ergibt sich aber auch dazu teilweise fachlicher Widerspruch.
  2. Der BBN fordert auf Basis der internationalen Dekade der UNO zur Nachhaltigkeit deutliche und ambitioniertere Bestimmungen zur Erreichung nachhaltig wirksamer Ziele 2030 für Deutschland, die erreicht werden sollen und die zugleich integrativ für die entscheidenden Politikfelder greifen. Ein stark integrativer Ansatz ist nicht hinreichend in der Fortschreibung gegeben.
  3. Eine umfassende Neuerung der DNS mit stärker integrativ wirkenden Zielsetzungen und Bewertungsmaßstäben zum Jahr 2030 sowie abgesetzt davon perspektivisch zu 2050 einschließlich der Fixierung klarer Zwischenstufen erscheint politisch vor der Bundestagswahl kaum erreichbar. Der BBN geht daher nüchtern davon aus, daß die politische Fortschreibung im bestehenden Konzept so erst einmal ohne große Änderungen auf Basis des vorliegenden Papieres festgeschrieben werden wird.
  4. Der BBN fordert nach der Bundestagswahl für die Jahre 2022 und 2023 einen breiten gesellschaftlichen Diskurs auf Basis der 17 SGD der UNO und der deutschen und europäischen Dokumente für eine deutliche Erneuerung der DNS mit deutlich anspruchsvolleren Zielen, Indikatoren und Maßnahmen zur Zielerreichung bis 2030.  Hierzu ist der BBN bereit, einen konstruktiven Beitrag aus dem Berufsfeld und den Fachaufgaben des Naturschutzes zu leisten. Diese Dialoge sollen sich neben den 17 SGD selbst auch an den großen gesellschaftlichen Transformationsprozessen und den dazu maßgeblichen Politikfeldern ausrichten. Vordringlich wäre dies insbesondere für die Themenkomplexe Klimaschutz und Klimaanpassung, Sicherung der Biodiversität, Waldentwicklung, Wasser, Meere und Böden, die separate Betrachtungen verdienen. Hinzutreten aufgabenbezogene separate Zielsetzungen insbesondere zur Agrarwende, Energiewende, Verkehrswende, Kreislaufwirtschaft, zur Forstwirtschaft und zu den städtebaulichen Erfordernissen der urbanen Räume und Metropolregionen. Hiermit würde man den integrativen Tatbeständen in Berücksichtigung der jeweils maßgeblichen SGD gerecht werden können und die Transformationen und Wenden auf die Nachhaltigkeitsziele eichen. Hierzu reichen die jetzigen Positionen in der DNS nicht aus. Die Dialoge sollten breit angelegt werden, um die zum Thema jeweils interessierten Kreise einzubinden. Die Zielausrichtung sollte jeweils das Jahr 2030 und auch perspektivisch das Jahr 2050 beinhalten.
  5. Notwendig wird zu dem eine Neubestimmung der inhaltlichen Ausrichtung nachhaltiger Entwicklung. Das vorliegende Konzept geht nach wie vor von einer gleichwertigen Betrachtung von Ökologie, Ökonomie und Sozialem in ihren Wechselwirkungen aus und betrachtet dazu vor allem Schnittmengen. Notwendig ist aber die Zugrundelegung eines Modells, in dem den natürlichen Ressourcen die entscheidende Funktion und Basis zukommt. Die anderen beiden Kompartimente bauen hierauf auf und sind abhängig von einer natur- und umweltgerechten Entwicklung und Verfügbarkeit. Entsprechendes gilt für den sozialen Bereich und das Humankapital gegenüber der Ökonomie. Dies bedingt im Ergebnis Grenzen und Chancen weiterer Entwicklung und Gewährleistung von Nachhaltigkeit für spätere Generationen. Daher fordert der BBN dazu eine Neubestimmung auf Basis der gesetzten SGD.
  6. Daraus plädiert der BBN grundsätzlich für stark aufgabenbezogene Festlegungen der DNS mit klaren Zielen nach den 17 SGD sowie den daraus herauszuarbeitenden integrativen Handlungsfeldern für die wichtigen gesellschaftlichen Transformationenprozesse mit den einzuleitenden gesellschaftlichen Transformationen und Wenden (s.o.) unter den maßgeblichen Nachhaltigkeitsmaßstäben. Abzuleiten sind dazu neben ambitionierten Zielen auch die für Nachhaltigkeitsaspekte maßgeblichen Indikatoren und Bewertungsmaßstäbe zur Zielerreichung und die abzuleitenden Maßnahmen. Letztere sollen sowohl Restriktionen zur Qualitätssicherung wie auch positiv wirkende Planungen und Vorhaben, Anreizsysteme und Förderung sowie Aufklärung, Bildung für nachhaltige Entwicklung, Beratung und Schulung umfassen. Integriert sollen dabei partizipatorische Elemente etabliert werden. Alles dies bleibt in der jetzigen DNS unterbelichtet.
  7. Die Bewertungsmaßstäbe und Indikatoren sind geschuldet den bisherigen vor allem ressortgebundenen Programmen deutlich zu eng und eingegrenzt bezogen zum breiten Handlungsansatz der Nachhaltigkeit. Hier braucht es zur besseren Validität und Überprüfbarkeit zumeist deutliche Ergänzungen, um die jeweiligen Themenfelder besser abzufedern. Vor allem gilt dies für die Themen Klima, Biodiversität, Landschaft und natürlichen Ressourcen Wasser, Meere und Boden. Letzteres ist fast vergessen. Dies gilt vor allem für Ziele und Indikatoren zur Verkehrswende, Energiewende, Agrarwende, Forstwirtschaft und den Städtebau.
  8. Für den BBN ist es bedeutsam für eine weitere Fortschreibung der DNS, dass die bewährten und etablierten Planungsinstrumente nach europäischen und deutschen Recht Eingang und Anwendung in die DNS finden. Dies gilt auch für die maßgeblichen naturschutzrechtlichen Instrumentarien wie die Landschaftsplanung, Eingriffsregelung und Schutzgebietskulissen bzw. den aktuellen Entscheidungen zur europäischen und deutschen Biodiversitätsstrategie (u.a. 30% Maßstab zu Schutzgebieten) oder zur Umsetzung der WRRL etc. pp. Für eine Sicherung von Nachhaltigkeit sind dazu auch die im europäischen und deutschen Recht maßgeblichen Kompensationserfordernisse (bspw. die BKompV) und die etablierten Verträglichkeitsprüfungen von großer Bedeutung, die unbedingt Eingang finden sollten. Mit der Berücksichtigung der Zielbestimmungen aus den bereits etablierten Instrumentarien und ihrer Anwendung lassen sich wesentliche Synergien zur Umsetzung der DNS gewinnen.
  9. Einige der jetzt vorgelegten Aussagen im Teil C der DNS sind fachlich nicht haltbar und entsprechen auch in den getroffenen Bewertungen nicht den gebotenen sachlichen und fachlichen Tatbeständen. Dies betrifft vor allem die Bereiche Städtebau, Verkehr und Agrar oder die Zielterminierung zur Energiewende und Dekarbonisierung. Die Aussagen hier sind unzureichend. Wichtige Dokumente und Fachgutachten (bspw. Weißbuch Stadtgrün, Bewertung § 13b BauGB) werden hier nicht herangezogen. Daher sieht der BBN auch viele der in der DNS selbst getroffenen Aussagen sehr kritisch und fordert zumindest Streichungen in der aktuellen Fassung dazu.
  10. Der überwiegende Teil der getroffenen Aussagen im vorliegenden Dokument sind insgesamt fachlich nicht falsch, aber unzulänglich für die Herausforderungen der bereits laufenden Dekade. Es ist zu befürchten, daß die gesetzten Maßstäbe Zielsetzungen zu 2030 mit den vorgeschlagenen Maßnahmen nicht erreicht werden. Der BBN verweist für die weitere inhaltliche Diskussion auch auf die Positionen des SRU zur NH-Strategie und sein Sondergutachten "Demokratisch Regieren".


Prof. Klaus Werk
Stellv. Vorsitzender