Alois Vedder, WWF-Deutschland

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Vorwort/Einleitung

Der WWF Deutschland bedankt sich bei der Bundesregierung für die Gelegenheit, sich in die Weiterentwicklung der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie mit einer Stellungnahme einbringen zu können. Als internationale Organisation, die sich von Anfang an für die Inhalte der Agenda 2030 und ihre Sustainable Development Goals (SDGs) engagiert hat, ist es uns ein besonderes Anliegen, dass die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) einen wesentlichen Beitrag zur Einlösung der Versprechen von 2015 leistet.

Wie inzwischen jedoch klar geworden ist, sind wir international genau wie in Deutschland in wesentlichen Bereichen der SDGs und auch der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie weit davon entfernt, die gesetzten Ziele zu erreichen. Das hat auch der Peer Review internationaler Experten und Persönlichkeiten bei den sogenannten „Off-Track“-Indikatoren der DNS schmerzhaft offengelegt. Mehr noch: Die Ziele und Indikatoren der DNS selbst werden oftmals nicht dem Ambitionsniveau der SDGs gerecht, wie der WWF bereits 2016 in der Konsultation zum Entwurf der Neuauflage der DNS angeführt hatte. Bei allen guten Ansätzen und auch bemerkenswerten Fortschritten bei der Governance der DNS ist in diesen beiden Bereichen – den „Off-Track“-Indikatoren und den unterambitionierten Zielen und Indikatoren der DNS – ein zwingender Handlungsbedarf zu konstatieren, auf die der Entwurf der „Weiterentwicklung 2021“ noch keine ausreichende Antwort bereithält.

Ein weiteres grundsätzliches Defizit, dessen kurz- bis mittelfristige Behebung entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg der DNS sein wird, ist die weiterhin unzureichende Verknüpfung mit den großen politischen Entscheidungen und Mitentscheidungen der Bundesregierung in Deutschland und Europa. Ob es zum Beispiel um die aktuellen Konjunkturpakete zur Bewältigung der Corona-Krise, um Lieferkettengesetze oder um die europäische Agrarpolitik geht: Solange die DNS und die SDGs im besten Falle eine Randnotiz anstatt eines verbindlichen politischen Gestaltungsrahmens sind, werden ihre Erfolgschancen gering sein. Deshalb ermuntert der WWF die Bundesregierung dazu, einen Neuanfang für einen großen Wurf zu wagen statt des hier vorliegenden wenig strahlkräftigen Entwurfs zur „Weiterentwicklung 2021“.


Die nachfolgenden Kommentare und Vorschläge des WWF Deutschland erheben aufgrund des kurzen Zeitrahmens der Konsultation keinen Anspruch auf Vollständigkeit.


Zu: A.1 - Jetzt die Weichen richtig stellen

  • Das Wirtschaften innerhalb der planetaren Grenzen ist eine Notwendigkeit – unser derzeitiger Lebensstil gefährdet jedoch die Ökosysteme und somit unsere Lebensgrundlagen. Diese Deutlichkeit fehlt im vorliegenden Entwurf. Die planetaren Grenzen werden zwar erwähnt, aber nicht in den Kontext gesetzt. Sie sollten keine Randnotiz darstellen, sondern als Handlungsrahmen dienen. Ein Wirtschaften außerhalb der planetaren Grenzen kann niemals nachhaltig sein, und nur wenn wir hier konkret werden können, kann umgesteuert werden.
  • Corona: Lehren aus der Corona-Pandemie werden zwar mit Blick auf die Vernetzung der Welt und das notwendige gemeinsame Handeln sowie auf die Relevanz von Nachhaltigkeitszielen gezogen. Allerdings wird die Corona-Pandemie nicht als das aufgegriffen, was sie ist: Eine Nachhaltigkeitskrise und somit ein Indikator unserer nicht nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweise (S.10).

Zu A.I.3.aa) Transformationsbereiche

  • Grundsätzliche Anmerkungen
    Das neue ziel- und indikatorübergreifende Element der Transformationsbereiche wird vom WWF ausdrücklich begrüßt, um das Silodenken zu überwinden – eine Gefahr, der sich auch die DNS stellen muss. Die Unterstützung gilt jedoch unter der Maßgabe, dass die einzelnen Bereiche weiterentwickelt und mit Inhalt gefüllt werden. Danach wird es auch notwendig sein, Ziele zu setzen und eine transparente Erfolgsmessung einzuführen, um nicht im unverbindlichen Diskurs und im Appellmodus zu verbleiben. Und auch hier, wie insgesamt für die DNS, gilt, dass  eine stärkere Verbindung zur politischen Wirklichkeit hergestellt werden muss, um die unsichtbare „Firewall“ zwischen der DNS und den großen politischen Entscheidungen des Bundestages und der Bundesregierung zu überwinden.

(1)    Energiewende und Klimaschutz

  • Der WWF begrüßt die Herausstellung der besonderen Relevanz von Fortschritten im Bereich Energiewende und Klimaschutzes für die Erreichung der Ziele der Agenda 2030.
    Im Rahmen der Weiterentwicklung der DNS gilt es, die noch in diesem Jahr zu erwartende Erhöhung des Minderungszieles der Europäischen Union für das Jahr 2030 entsprechend abzubilden. Die Aufnahme des neuen EU-Klimazieles für 2030 ist dringend geboten, insbesondere vor dem Hintergrund der sich daraus ergebenden Konsequenzen für die deutschen Klimaschutzziele. Das bisher im Text beschriebene nationale Klimaziel der Bundesregierung von mindestens 55% gegenüber 1990 bis 2030 ist nicht mit den Ergebnissen des Pariser Klimavertrages im Einklang und bildet nur unzureichend den notwendigen Beitrag Deutschlands im Rahmen des internationalen Abkommens sowie zur Erreichung des zu erwartenden neuen EU-Klimaziels für 2030 ab. Eine Anpassung der deutschen Klimaschutzziele ist notwendig, um die internationalen und europäischen Zielvorgaben zu erfüllen und frühzeitig hinreichende Maßnahmen auf den Weg zu bringen, welche die Erreichung der Klimaziele bis 2030 tatsächlich sicherstellen.
  • Das von der Bundesregierung beschlossene Klimaschutzprogramm 2030 reicht hierbei nicht aus, das aktuelle nationale Ziel von 55% Minderung für das Jahr 2030 zu erfüllen. Nach Prognosen des Öko-Instituts im Auftrag des BMU wird durch die Maßnahmen des Klimaschutzprogramms 2030 im Vergleich zu 1990 bis 2030 lediglich eine Minderung der Treibhausgasemissionen von 51% erreicht, was einer Abweichung von 4% entspricht . Das vom BMWi in Auftrag gegebene Gutachten der Prognos AG prognostiziert eine Lücke von 3% im Jahr 2030 . Insbesondere in den Sektoren Verkehr und Gebäude verbleibt eine große Lücke zur Zielerreichung, die mit ambitionierten Maßnahmen schnellstmöglich geschlossen werden muss. Insgesamt braucht es eine deutliche Verstärkung der klimapolitischen Maßnahmen sowie eine konsequente Umsetzung bestehender Vorhaben. Dieser Umstand wird durch die zu angekündigte Zielerhöhung auf europäischer Ebene drastisch verstärkt.
  • Außerdem zu: Landnutzung, Landnutzungsänderung & Forstwirtschaft:
    Es sind dringend (weitere) Maßnahmen zum Wasserrückhalt in der Landschaft geboten (z. B. durch Renaturierung; Rückbau von Drainagen), um den Erhalt und die Wiederherstellung von Feuchtgebieten (Mooren) zum Zwecke des Klimaschutzes zu erreichen

(2)    Kreislaufwirtschaft

  • Die Referenz zu den planetaren Grenzen am Anfang des Kapitels wird begrüßt! Es muss jedoch noch deutlicher werden, dass die Vermeidung von Ressourcennutzung und Abfall die oberste Priorität sein muss. Bisher gibt es hier keine verbindlichen nationalen Ziele und Maßnahmen im Hinblick auf die Vermeidung. Neben Effizienz-Maßnahmen sollten auch Suffizienz-Maßnahmen (z. B. Nutzen statt Besitzen, Shared Economy) erwähnt werden und eine Rolle spielen.
  • Recycling ist wichtig, aber nur eine Stellschraube. Mithilfe einer nachhaltigen Produktpolitik und verbindlicher Standards müssen (schadstofffreie) Produkte wiederverwendet (Mehrwegsysteme), repariert, aufgerüstet und erst dann recycelt werden. Um dies zu fördern wären verschiedenste Ansätze denkbar, beispielsweise ein Recht auf Reparatur oder die Verpflichtung von Herstellern, Ersatzteile und Reparaturhandbücher bereitzustellen.
  • Primär-Ressourcen werden immer noch viel zu selten durch Sekundär-Ressourcen ersetzt. Damit sich dies ändert müssen Sekundärrohstoffe konkurrenzfähig sein. Eine sinnvolle Möglichkeit, um hier die Kreislaufwirtschaft voranzutreiben wären Maßnahmen zur Verteuerung des Einsatzes von Primärrohstoffen (bestenfalls auf EU-Ebene). Außerdem könnte hier ein deutliches Bekenntnis zum Erwerb von gebrauchten und reparierbaren Produkten und dem Einsatz von Sekundärrohstoffen bei der Öffentlichen Beschaffung in Deutschland erfolgen.
  • Ressourcen- und Klimaschutz müssen zusammengedacht werden.
  • (Süß-)Wasser muss als wertvolle Ressource unserer Kreislaufwirtschaft erkannt und benannt werden. National wie international. Wasser ist „billig“ und erfährt nach wie vor nicht die Wertschätzung, die ihm gebührt.

(3)    Nachhaltiges Bauen und Verkehrswende

  • Bei der Flächennutzung – national wie international - sollte eine stärkere Gewichtung von Feuchtgebieten und Flussauen vorgenommen werden. Sie leisten wichtige Beiträge zur Anpassung an und Abmilderung des Klimawandels.
  • Das gleiche gilt dafür, Städte resilienter für Klimawandel machen – u. a. durch den „sponge city“-Ansatz. Urbane Gewässer sollen wo möglich wieder natürlicher gestaltet werden, mit Pufferkapazitäten für Hochwasser- bzw. Starkniederschlagsereignisse.
  • Insbesondere beim Indikator der DNS zur Rückführung der Versiegelung müssen dringend Fortschritte erzielt werden, um auch den Wasserrückhalt in der Landschaft durch Versickerung (statt Abführung) wieder zu erhöhen.

(4)    Nachhaltige Agrar- und Ernährungswende

  • Der WWF fordert für eine nachhaltige Agrar- und Ernährungswende auch ihre konsequente Umsetzung im Rahmen der Europäischen Farm to Fork-Strategie und ein Ende des Artenverlusts in der Landwirtschaft
  • Die Bundesregierung muss sich auf EU-Ebene für eine Abschaffung der Basisprämie und eine Koppelung aller EU-Agrargelder an Umwelt-, Klima- und Tierwohlauflagen innerhalb der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) einsetzen, die Biodiversität, die Böden, Wasser und Klima nachweislich schützt.
  • Die Bundesregierung muss sich für eine möglichst ambitionierte Ausgestaltung der nationalen Strategiepläne zur Umsetzung der GAP einsetzen, die Landwirte dazu befähigt, auf die steigenden umwelt-, agrar-, klima- und tierwohlpolitischen Ansprüche reagieren zu können.
  • Die Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass alle finanziellen Umverteilungsmöglichkeiten in der derzeitigen Förderperiode der GAP zur Unterstützung von Agrarumweltmaßnahmen genutzt werden.
  • Federführend sollte der Bund gemeinsam mit den Bundesländern, Landwirten und Natur- und Umweltschutzexperten sich für eine baldige und ambitionierte Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie und des Aktionsprogramms Insektenschutz sowie für die Einrichtung des Nationalen Monitoringzentrums zur Biodiversität einsetzen.
  • Nötig ist die Entwicklung und Umsetzung einer nationalen Strategie für Bodenschutz in Deutschland und Unterstützung beim Start einer neuen Initiative für eine EU-Bodenrahmen-richtlinie auf europäischer Ebene.
  • Die Bundesregierung muss ihre Förderprogramme zur Ausweitung der ökologisch bewirtschafteten Flächen in Deutschland von momentan angepeilten 20 Prozent auf mindestens 30 Prozent bis 2030 verstärken.
  • Die Bundesregierung hat politische Instrumente zu entwickeln, um den Anteil heimischer Eiweißfuttermittel in der Tierhaltung signifikant zu erhöhen und ab 2022 für alle Sojaimporte verbindliche, nachweisbare ökologische und soziale Mindeststandards verpflichtend einzuführen.
  • Entsprechend den Zielen der Farm to Fork Strategie und den Bestrebungen einiger Bundesländer folgend hat sich die Bundesregierung dafür einzusetzen, beispielsweise über den Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) eine Reduzierung des Einsatzes von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln um 50 % bis 2030 zu erreichen.

Schutz des Grundwassers und die Reduzierung von Stickstoffeinträgen

  • Flüsse, Seen und Grundwasser (Trinkwasser) werden mit flächendeckenden Stickstoffeinträgen aus der intensiven Landwirtschaft gravierend belastet. Die Bundesregierung muss Maßnahmen verabschieden, um Stickstoffüberschüsse von momentan >90 kg N/ha/Jahr bis 2030 auf unter 50 kg zu reduzieren. Weite Fruchtfolgen, der verstärkte Anbau von Leguminosen (und Kleegras) und eine flächenbezogene Tierhaltung ist Voraussetzung für die Reduzierung von Nährstoffüberschüssen.
  • Die Bundesregierung sollte über eine nationale Stickstoffüberschusssteuer die finanziellen Anreize diesbezüglich schaffen. Schutz des Klimas und landwirtschaftlicher Böden
  • Der Sektor Landwirtschaft kann und muss Treibhausgasemissionen reduzieren. Bis 2030 sollten jährliche Emissionen auf unter 40 Mt CO2eq (von 64 Mt in 2018) gesenkt werden, anstatt bei 58-61 Mt zu verharren, wie momentan von der Bundesregierung geplant. Dieses Ziel entspräche eine Reduktion von rund 50% im Vergleich zu 1990, und ist im Rahmen der Umsetzung einer Agrarwende (Tierbestände reduzieren; Humusaufbau; Stickstoffüberschüsse abbauen; Biolandwirtschaft stärken) ein realistisches Ziel, und ein wichtiger Beitrag zur Einhaltung der Pariser Klimaschutzziele.
  • Fruchtbare Böden machen unsere Landwirtschaft klimaresilienter und speichern CO2. Die konsequente Förderung einer nachhaltigeren und ressourcenschonenderen Ausgestaltung der globalen Landwirtschaft und Ernährungssysteme im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit.
  • Im Rahmen des Engagements Deutschlands weltweit zu Ernährungssicherung und nachhaltiger Landwirtschaft, beispielsweise im Rahmen der BMZ Sonderinitiative Eine Welt ohne Hunger (SEWOH), sollte die Bundesregierung verstärkt standortangepasste nachhaltige Anbaumethoden fördern, die auf Vielfalt im Anbau setzen, langfristig die Bodenfruchtbarkeit erhalten und verbessern, einen nachhaltigen Umgang mit lokalen Wasserressourcen gewährleisten, zu einer nachhaltigen Erhöhung der Erträge führen und dabei nicht zu Lasten von Ökosystemen gehen.
  • Dabei sollten die Prinzipien der Agrarökologie zur Orientierung dienen. Agrarökologische Systeme sind nicht nur produktiv, sie erhalten natürliche Ressourcen und sind widerstandfähiger gegen die Folgen des Klimawandels.
  • Um die Ernährungs- und Einkommenssicherheit zu verbessern, sollte sich die deutsche Entwicklungspolitik dafür einsetzen, die Organisationsstrukturen kleinbäuerlicher Landwirtschaft zu verbessern und dabei die lokale Weiterverarbeitung sowie den Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten und Vermarktungsstrukturen fördern.
  • Diese Ansätze müssen über einen Landschaftsansatz verwirklicht werden, und in transparenter, partizipativer Weise durchgeführt werden, wobei der Schutz von Indigenen Gruppen und deren Territorien ausdrücklich betont werden sollte.

Verbindliche Nachhaltigkeitskriterien für alle Rohstoffe und transparente und verantwortungsvoll gestaltete Liefer- und Wertschöpfungsketten

  • Deutschland muss die Risiken für Umweltzerstörung, Menschenrechtsverletzungen und Entwaldung in Lieferketten vor allem importierter Agrarrohstoffe minimieren. Initiativen und freiwillige Maßnahmen der Wirtschaft waren allerdings bisher unzureichend. Mit einem smarten Instrumentenmix muss die Bundesregierung dafür sorgen, dass die deutschen Nachhaltigkeitsziele so schnell wie möglich erreicht werden, und  Entwaldung aus Agrarlieferketten eliminiert wird, wie durch die Ziele der New Yorker Walderklärung sowie der Amsterdam-Erklärungen beschlossen. Hierbei muss neben der Privat- und Finanzwirtschaft auch der öffentliche Sektor adressiert werden
  • Deutschland braucht verbindliche Nachhaltigkeitskriterien für alle Rohstoffe, unabhängig der stofflichen Nutzung. Für die öffentliche Beschaffung in Deutschland ist ein verpflichtender Mindestkriterienkatalog mit ökologischen und sozialen Standards dringend nötig.
  • Deutschland muss einen gesetzlichen Rahmen schaffen, um Transparenz, die Umsetzung von Umwelt- und Sozialstandards sowie funktionierende Kontroll- und Beschwerdemechanismen sicherzustellen und Verstöße sanktionieren. Die Bundesregierung sollte hier bei allen Regelungsbereichen so eng wie möglich an den Definitionen, Konzepten und Vorschlägen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sowie der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen anzuknüpfen. Mit einem solchen Vorgehen bezieht man sich auf den internationalen Konsens im Bereich Wirtschaft, Menschenrechte und Umwelt und gewährleistet Kohärenz.

Unternehmerische Sorgfaltspflichten

  • Der WWF begrüßt die deutschen Vorstöße zu einer gesetzlichen Regulierung von unternehmerischen Sorgfaltspflichten. Ein deutsches Lieferkettengesetz muss allerdings neben Menschenrechtsverletzungen Umweltbelange als eigenständiges Schutzgut adressieren. Das Schutzgut Umwelt sollte Wasser, Luft, Boden, Klima und Biodiversität umfassen.

Entwaldungsfreie Lieferketten

  • Das durch die Bundesregierung mitgetragene Ziel, bis zum Jahr 2020 die Entwaldung aus Agrarlieferketten zu eliminieren wurde aber mit bisherigen Ansätzen verfehlt. Die Bundesregierung muss daher die Defizite adressieren und den Beitrag Deutschlands zur Realisierung entwaldungsfreier Agrarlieferketten deutlich verstärken.
  • Das neu etablierte nationale Forum für Entwaldungsfreiheit in Agrarlieferketten muss genutzt werden, um eine gesetzliche Regulierung für Entwaldungsfreie Lieferketten auf EU-Ebene vorzubereiten und voran zu treiben. Die gesetzliche Regulierung für Entwaldungsfreie Lieferketten auf EU-Ebene muss die Einfuhr von Agrarrohstoffen in die Europäische Union zusätzlich zu Entwaldungs- bzw. Umwandlungsfreiheit auch an die Einhaltung von weiteren Nachhaltigkeitskriterien knüpfen. Bei der Ausformulierung der Details müssen dringend auch Akteure aus Anbau- und Zulieferregionen eingebunden werden. Nur so können spezielle Risiken erkannt werden und durch Begleitmaßnahmen adressiert werden, um Nachhaltigkeit auch vor Ort zu erzielen.

Finanzsektor

  • Die Bundesregierung muss Investitionen in Umweltzerstörung und nicht- nachhaltige Unternehmenspraktiken stoppen und nachhaltige Investitionen fördern. Sie muss auch den Finanzsektor zu rechtlich verbindlichen Sorgfaltspflichten im Bereich Menschenrechte, Umwelt und Entwaldungsfreiheit verpflichten. Zusätzlich müssen nachhaltige Finanzprodukte und Investitionen auf Basis einheitlicher und wissenschaftlich fundierter Kriterien (EU-Taxonomie) bewertet werden.

Rahmenbedingungen, mit denen eine Ernährungsstrategie für eine gesunde und nachhaltige Ernährung im Rahmen der planetaren Grenzen und eine nachweisbare Halbierung der Lebensmittelabfälle bis 2030 erzielt werden kann

  • Die Bundesregierung verabschiedet 2022 eine ressortübergreifende Ernährungsstrategie mit dem Ziel, dass die Ernährungsgewohnheiten in Deutschland zukünftig nicht länger die planetaren Belastungsgrenzen überschreiten. Sie enthält Ziel – und Zeitvorgabenvorgaben, Indikatoren und Maßnahme und wird in regelmäßigen Abständen auf ihre Wirksamkeit überprüft.
  • In die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie wird ein Indikator „nachhaltige Ernährung“ sowie ein Indikator „Verringerung von Lebensmittelabfällen und -verlusten“ eingeführt.
  • Durch eine nachhaltige öffentliche Beschaffung von Lebensmitteln haben öffentliche Einrichtungen das Potential, zu Vorreitern bei der Schaffung neuer Märkte für nachhaltigere Produkte und Dienstleistungen zu werden. Die Bundesregierung verabschiedet gemeinsam mit den Bundesländern 2022 Zielvorgaben und Mindestkriterien für die nachhaltige Lebensmittelbeschaffung, die verpflichtend in die Ausschreibungen und Vergabefahren integriert werden. Dazu gehören auch Zielvorgaben zum Aufbau von Beratungsstrukturen.
  • Die Bundesregierung setzt sich auf nationaler und europäischer Ebene für die Entwicklung und Umsetzung eines Nachhaltigkeitslabels für Lebensmittel ein.
  • Die Bundesregierung setzt marktwirtschaftliche Instrumente ein, die einerseits über finanzielle oder steuerliche Anreize den Konsum an nachhaltigen Produkten fördern bzw. über Steuern, Abgaben oder True Cost Accounting den Konsum nicht nachhaltiger Produkte, insbesondere von tierischen Produkten, verringern. Die Umsteuerung sollte sozialverträglich gestaltet werden.
  • Die im Rahmen der nationalen Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung erarbeiteten Branchenvereinbarungen für den landwirtschaftlichen Sektor, die weiterverarbeitende Industrie, den Handel und für die Außer-Haus-Verpflegung sind 2022 unterzeichnet. Sie enthalten verpflichtende Reduktionsziele und Maßnahmen, die dazu führen, dass eine konsistente robuste Datengrundlage zu Lebensmittelabfällen pro Sektor geschaffen wird. Die Wirksamkeit der Vereinbarungen ist regelmäßig zu überprüfen.
  • Bei fehlender Umsetzung und Wirksamkeit der Branchenvereinbarung führt die Bundesregierung 2023 verbindliche Berichtspflichten zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen und -verlusten für Unternehmen ab einer bestimmten Größe entlang der Lebensmittelversorgungskette ein.
  • Die Bundesregierung setzt sich für die Verbesserung der Datenlage zu den Lebensmittelverlusten in der Landwirtschaft ein, insbesondere zu Feldverlusten, die aufgrund von Anforderungen aus den nachgelagerten Wertschöpfungsstufen entstehen.

Weitere Ergänzungen zum Transformationsbereich Nachhaltige Agrar- und Ernährungswende werden vom WWF zu folgenden Punkten empfohlen:

  • Höhere und v. a. faire Erzeugerpreise: 3 € Gewinn bei einem 120 kg-Mastschwein sind einfach nicht vermittelbar. Landwirte, die mehr für Tier-, Umwelt- und Klimaschutz tun, müssen dafür auch endlich angemessene Preise erhalten.
  • Lebensmittelpreise müssen die externen Kosten nach dem Prinzip des True Cost Accountings abbilden, d. h. umweltschädliche Produkte sind teurer als umweltfreundliche
  • Verpflichtende Bilanzierung von Umwelt-, Sozial-, und Gesundheitsauswirkungen durch große Unternehmen der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette
  • Zielwert für Stickstoffüberschüsse sollte auf 50 kg N/ha/a bis 2030 gesenkt werden. Mit 70 kg sind die Zielwerte der DüV nicht einzuhalten
  • Agrarrohstoffe für die Textilproduktion (insbesondere Baumwolle) haben international starke Auswirkungen auf die Ressource Wasser (qualitativ wie quantitativ); nicht nur für den Ernährungs- und Gebäudebereich.
  • Bio-Label allein reichen nicht – Sie berücksichtigen die sozialen Aspekte wie auch den Verbrauch der Ressource Wasser nicht ausreichend. Nachhaltige Agrar- und Ernährungssysteme sind aber elementar angewiesen auf ausreichende Mengen und Qualität der Ressource Süßwasser – und somit auf ihre nachhaltige Nutzung.
  • Virtuelles Wasser als Maßstab für deutsche Industrie & Verbraucher sollte präsenter eingeführt werden: welche Wirkung hat der deutsche Konsum auf die Wasserressourcen weltweit (z. B. Produktion einer Baumwoll-Jeans in Asien; Produktion wasserdurstiger Avocados in ariden Gebieten, usw.)

(5)    Schadstofffreie Umwelt

  • Dieser Bereich sollte auch abzielen auf minimale Nutzung und Konsum von Medikamenten (Antibiotika, Hormone) – in Hinblick auf ihre Auswirkungen auf sauberes Trinkwasser, Gewässergüte, Auswirkungen auf die Tierwelt in Gewässern und die Schwierigkeit/den Aufwand, diese Stoffe aus Gewässern zu entziehen.

(6)    Menschliches Wohlbefinden und Fähigkeiten, soziale Gerechtigkeit

  • Dieser Transformationsbereich muss auch eine befriedigende Antwort auf die Frage geben, ob - in finanzieller Hinsicht - eine Wohlstandsförderung auf allen Ebenen in Deutschland das Ziel einer Nachhaltigkeitsstrategie sein kann oder ob eine Konzentration auf benachteiligte Gruppen im Zentrum stehen muss.
  • Aufgenommen werden sollte, dass intakte Natur (natürliche Gewässer, Wälder, etc.) elementar wichtig ist für das menschliche Wohlbefinden. Studien zeigen, wie herausragend positiv sich der Aufenthalt in der Natur auf den menschlichen Körper und Geist auswirken. Insbesondere in Corona-Zeiten sind das auch Orte, auf die ausgewichen werden kann.
  • International: Dauerhafter Zugang zu sauberem (Trink-)Wasser ist elementar wichtig. Das darf aber nicht heißen, nun überall Brunnen zu bauen und Flüsse abzuleiten. – NACHHALTIGE Wassernutzung ist gefragt, also nicht mehr, als sich regenerieren kann. Das gilt auch für eine Wasser-Infrastruktur, die so naturnah wie möglich gestaltet wird.


Zu B VIII.2. Weitere wichtige gesellschaftliche Akteur

Rolle der Wirtschaft

  • Die transformatorische Rolle der Wirtschaft wird nur beiläufig als „Gesellschaftliche Mobilisierung und Teilhabe“ unter B VIII.2 „weitere wichtige gesellschaftliche Akteure“ erwähnt und dort auch nur als Innovatoren und Standardisierer. Ein systematisches Mitdenken von Märkten (z. B. Regulierung von Ambitionsniveaus) und Unternehmen (z. B. Inputgeber für nachhaltigkeitsfördernde Regulierung) bleibt aus. Dabei sind Unternehmen für eine Transformation unabdingbar.
  • Unternehmen muss eine Schlüsselrolle zukommen. Wenn ein „Handeln auf allen Ebenen“ gefordert wird, sollten Unternehmen adressiert werden. Sie müssen Teil der Lösung sein. Sie sollten verpflichtet werden, Nachhaltigkeit in der Unternehmenskultur und somit in allen Bereichen zu verankern – hier gibt es eine beträchtliche Anzahl an Konzepten, Standards und Instrumenten, die dies ermöglichen (Global Reporting Initiative, Umweltmanagementsysteme etc.). Unternehmen müssen in der Transformation mitgenommen werden und voran gehen. Sie haben eine Rolle als Change Agents.
  • Auch wird Nachhaltigkeit mit Bezug zu Unternehmen auf CSR begrenzt und wird damit nicht den kerngeschäftlichen Herausforderungen und dem strategischen Wandel gerecht, dem sich die Wirtschaft gegenübersieht.


Zu C.II Schwerpunkte, Maßnahmen, nationale Indikatoren und Ziele

Grundsätzliche Anmerkung

Viele Kommentare und Vorschläge des WWF in der Konsultation zum Entwurf der Neuauflage der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) aus dem Herbst 2016 bestehen weiterhin, insbesondere in Bezug auf die Ziele und Indikatoren in diesem Kapitel. Das gilt sowohl für die aus Sicht des WWF positiven Elemente dieses Teils Strategie als auch für die verbesserungswürdigen. Im weiteren Verlauf der Kommentierung gehen wir im Wesentlichen auf weitere Verbesserungspotenziale ein.


1.    ARMUT

Hier ist darauf zu verweisen, dass der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ein wesentlicher Faktor bei der Bekämpfung von Armut ist und auch dafür, und dass Menschen, deren Leben und Wohlergehen von diesem Faktor abhängt, nicht durch die Zerstörung eben dieser Lebensgrundlagen zusätzlich in Armut fallen.

2.    HUNGER BEENDEN

Wichtig ist hier die Stärkung der UNCCD! (UN Convention to Combat Desertification) Die Ernährungssicherheit hängt maßgeblich von Wasserverfügbarkeit zur Erzeugung von Lebensmitteln ab. Dies muss insbesondere unter den Aspekten des Klimawandels und des Bevölkerungswachstums berücksichtigt werden.

Bewässerungslandwirtschaft kann insbesondere mit dem Ziel „nachhaltiger“ Landwirtschaft nur in gewissem Rahmen eine Lösung darstellen, das gilt auch in Deutschland und der EU. Das heißt, dass Grundwassernutzung zu Bewässerungszwecken nur in dem Maße erfolgen darf, wie sich das Grundwasser auch wieder regenerieren kann.

Tiefengrundwasser (fossiles Grundwasser), welches viel länger zur Regeneration und Wiederauffüllung benötigt, ist ein Tabu für alltägliche Nutzung. Es muss als absolute Notreserve erkalten bleiben. Daher darf es z. B. nicht sein, dass Tiefengrundwasser für die Produktion in großen Getränkefirmen genutzt wird.

In Zeiten des Klimawandels, in denen sich insbesondere die Wasserverfügbarkeit stark verändert und oft verringert, ist der Wasserverbrauch zur Erzeugung von Lebensmitteln ein elementar wichtiger Faktor für die Bewertung der NACHHALTIGEN Produktion von Lebensmitteln. Wenn die Wasserressourcen dauerhaft übernutzt werden, kann in bestimmten Regionen am Ende auch keine Lebensmittelproduktion mehr erfolgen.

3.    
4.    
5.    

6.    WASSER & SANITÄR

•    Zum Unterkapitel „Nationale Bedeutung“: Es besteht nicht nur Verbesserungsbedarf zu SDG 6.3, sondern auch zu 6.6, Schutz und die Wiederherstellung von Gewässer- und wasserabhängigen Ökosystemen. Dies wird zwar durch die WRRL auf EU-Ebene adressiert und ist in nationale Gesetze überführt, die bis spätestens 2027 erreicht werden sollen. Bislang hapert es aber an der Umsetzung. Eine wesentliche Komponente ist die mangelhafte Ressourcenausstattung (personell wie finanziell), um entsprechende Anstrengungen zur erfolgreichen Zielerreichung unternehmen zu können.

•    Zu „I. Maßnahmen in Deutschland“: Der Aspekt „Schutz & Wiederherstellung intakter Süßwasserökosysteme (frei fließende Flüsse, Renaturierung von Flussauen, natürlicher Hochwasserschutz, Rückbau von Querbauwerken…)“ wird zwar unter der WRRL gehandelt, sollte aber viel expliziter adressiert werden.

•    Zu „II. Maßnahmen durch Deutschland“ - Fokus der globalen Umsetzung von SDG 6 für die Bundesregierung: Der Fokus der Bundesregierung sollte wie in Deutschland auf dem Erhalt (z. B. „keine Wasserkraft“) und der Wiederherstellung intakter Süßwasserökosysteme liegen,  u. a. durch die Renaturierung von Flüssen und ihren Auen, dem Rückbau von Querbauwerken und dem natürlichem Hochwasserschutz liegen! Dies ist auch im Hinblick auf Anpassung an den und Abmilderung des Klimawandels wichtig! Die Bundesregierung sollte sich außerdem mehr für die Stärkung und Umsetzung der Ramsar Konvention zum Schutz von Feuchtgebieten in Deutschland und weltweit einsetzen.

•    Zu „III. Maßnahmen mit Deutschland“: International muss der Fokus der Maßnahmen im Wassersektor unbedingt stärker auf den Erhalt von Süßwasserökosystemen (Flüssen, Feuchtgebieten, Grundwasser) ausgerichtet werden. Zugang zu sauberem Trinkwasser, Ernährungssicherheit (Bewässerung) und Sanitär sind wichtig. Aber all dies muss im Einklang mit NACHHALTIGER Wassernutzung und Bewahrung der Ökosysteme geschehen.

•    Es fehlt ein Indikator zur Förderung der nachhaltigen Nutzung von Wasserressourcen – insbesondere auf internationaler Ebene: nicht mehr entnehmen als vorhanden bzw. sich wieder neubildet; dazu z. B. die Einführung eines Monitorings vorhandener Grundwasserpegel sowie Maßnahmen zu ihrem Erhalt, außerdem keine Entnahme aus Tiefengrundwasser, Limitierung der Wasserentnahme aus Flüssen, sodass ökologische Mindestabflüsse erhalten bleiben, auch in Trockenperioden! Es fehlen weiterhin „geplante Maßnahmen“ zu 6.6. Der Erhalt der Ökosysteme selbst wird leider nicht adressiert.

7.    ENERGIE

Zu 7.2.a/b: Anteil erneuerbarer Energien am Brutto-Endenergieverbrauch und Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen am Stromverbrauch
•    Indikator: Erzeugung erneuerbarer Energien in Relation zum Brutto-Endenergieverbrauch

Die angeführten Ziele entsprechend nicht dem notwendigen Minderungspfad zur Erreichung der Klimaneutralität in 2050. Bis 2050 sollte der Anteil der Erzeugung erneuerbarer Energien in Relation zum Brutto-Endenergieverbrauch mind. 80% betragen, wobei die restlichen 20% durch klimaneutralen Wasserstoff auf Grundlage von 100% EE-Strommix, basieren.

•    Indikator: Strom aus erneuerbaren Energiequellen

Bis 2050 muss die Stromerzeugung in Deutschland vollständig auf Erneuerbare Energien erfolgen, um Klimaneutralität mittels erneuerbarer Elektrifizierung vormals thermischer Umwandlungsprozesse in den verbleibenden Sektoren zu ermöglichen. Dafür gilt es, den Ausbau der Erneuerbaren drastisch zu beschleunigen. Das Ziel, den Anteil auf 65% in 2030 zu erhöhen fußt bis dato auf einem unrealistischen und zu niedrigen Strombedarf in 2030, der Elektrifizierungsprozesse infolge der Sektorenkopplung drastisch unterschätzt. Folglich sind die entsprechenden Ausbaupfade für EE-Technologien zu niedrig bemessen. Diese sogenannte „Ökostromlücke“ beträgt nach übereinstimmenden Schätzungen mindestens 50 TWh.  

Mit dem EEG 2017 erfolgte eine Umstellung der Ermittlung der Fördertarife auf wettbewerblicher Grundlage. Die dafür in der Nachhaltigkeitsstrategie explizit angeführte Voraussetzung eines effizienten Bieterwettbewerbs, nämlich ausreichend genehmigte Flächen für Wind und Photovoltaik, ist derzeit nicht gegeben. Ohne zusätzliche Reformen in der Raumplanung laufen auch Maßnahmen wie Sonderausschreibungen ins Leere, da sie nicht an der Wurzel der Problematik ansetzen. Der WWF begrüßt die Arbeit der Bundesregierung an Maßnahmen zur Beschleunigung des EE-Ausbaus, hält diese aber für unzureichend.

Der Bieterwettbewerb um den Ausbau der Windenergie- und Photovoltaik-Freiflächenanlagen ist zwingend auf eine raumplanerisch abgesicherte Flächenkulisse angewiesen, um diese verlässlich zu beplanen und nutzbar machen zu können. Ein Schlüssel für Konfliktlösungen und die Beschleunigung eines gesellschaftsverträglichen Ausbaus der erneuerbaren Energien liegt in einer Ertüchtigung der Planung.

Die Regionalplanung ist grundsätzlich am besten geeignet, die Windenergienutzung im Außenbereich abschließend zu steuern und räumlich auf geeignete Flächen zu konzentrieren. Die Raumordnung auf Bundes- und Landesebene sollte Energiekonzepte mit Ziel- und Maßnahmenprogrammen für den Ausbau Erneuerbarer Energien enthalten. Der Bund sollte die Bundesländer im Bereich der Planung und Planverwirklichung durch stärkere Standardisierung und Koordinierung unterstützen und damit für mehr Planungssicherheit sorgen.

Auch im Hinblick auf die Verschärfung der Minderungsziele im Rahmen des EU Green Deals ist eine deutliche Anhebung des nationalen Zielkataloges zwingend erforderlich.

•    Naturverträglichkeit der Erneuerbaren Energien

Insbesondere Flüsse sollen barrierefrei gehalten werden. Daher lehnt der WWF den Bau neuer Wasserkraftwerke ab und fordert die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie und ein ökologisches Retrofitting der Bestandskraftwerke vorsieht.  Langfristig ist der Rückbau von Querbauwerken erforderlich. [RW1]. Zudem ist angesichts des Klimawandels mit einer drastischen Veränderung der Verfügbarkeit von Wasserkraft zu rechnen. Pumpspeicherkraftwerke leisten einen wichtigen Beitrag zur Energiewende und sollten in ihrem Bestand erhalten bleiben.

Die Nutzung von Biomasse zur Stromerzeugung sollte aufgrund der damit verbundenen negativen Umweltwirkungen auf Bestandsanlagen begrenzt werden. Für diese sollte eine Förderung nur dann möglich sein, wenn die Anlagen flexibilisiert werden und die Umstellung auf eine nachhaltigere Substratbasis erfolgt.

Auch wenn Wasserkraft- und Biomasseanlagen weiterhin einen systemischen Wert haben werden, stellen Wind- und Solarkraft als fluktuierende Energieträger in Kombination mit Speichern künftig die zentralen Bestandteile der Energiewende dar. Der weitere Ausbau der Erneuerbaren sollte sich folglich auf diese Energieträger konzentrieren und Unternehmen bevorzugt Strom aus PV- und Windenergieanlagen beziehen.


o    Wasserkraft weltweit:
 
Kleinwasserkraft generiert im Vgl. zu großen Wasserkraftwerken nur geringe Energieerträge, hat aber ähnliche massive Auswirkungen auf die Süßwasserlebensräume. In Anbetracht der massiven Bestandsverluste unter den Süßwasserarten, nämlich 84% seit 1970 (LPI), sollte Kleinwasserkraft daher grundsätzlich nicht mehr gefördert werden.
Aufgrund der negativen Auswirkungen der Wasserkraft auf Flussökosysteme, müssen ökologisch wertvolle Gebiete (z. B. Nationalparke, Schutzgebiete) tabu für den Wasserkraftausbau sein. Es sind stets Alternativen (insbesondere Solar, Wind) abzuwägen, bevor die Entscheidung für Wasserkraft fällt. Wenn Wasserkraft, dann nur nach best practice, mit Ausgleichsmaßnahmen, etc.
Durch den Klimawandel wird die Verfügbarkeit von Wasser in manchen Regionen deutlich abnehmen - und damit auch die Energieversorgungssicherheit durch Wasserkraft.
Ein Ansatzpunkt wäre, dass deutsche (Entwicklungs-)Gelder nicht in den Ausbau von Wasserkraft fließen dürfen – in jedem Fall nicht in Projekte in ökologisch besonders wertvollen Regionen, wie in Gebieten des Amazonas, des Kongo oder in Myanmar. Hier sind auch die Rückversicherer angesprochen Zudem sollten auch deutsche Unternehmen solche Projekte, wie schon geschehen, nicht unterstützen

8.    WIRTSCHAFTSWACHSTUM, ARBEIT

Zu a)

•    Unternehmensverantwortung - nachhaltige Lieferketten: Das Ziel, dass bis 2020 mindestens 50 Prozent aller in Deutschland ansässigen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten die Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfalt angewendet und entsprechende Maßnahmen in ihre Unternehmensprozesse integriert haben, wurde nicht erreicht. Ein Lieferkettengesetz, in dem auch umweltbezogene Sorgfaltspflichten integriert sind, ist bisher nicht zur Stande gekommen. Wir können aber nicht auf eine europäische Gesetzgebung warten.

•    Aktivitäten der Maßnahmen der Bundesregierung in Deutschland: Nationale Bioökonomiestrategie. Inwieweit die Strategie positive Impulse für mehr Nachhaltigkeit setzen kann, wird sich in der Praxis zeigen. Mit der Bioökonomie-Strategie legt sich die Bundesregierung nicht eindeutig fest. Zu Beginn der Strategie heißt es, dass „der Ressourcenverbrauch auf ein ökologisch verträgliches Maß reduziert werden“ muss, um die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten. Statt dies jedoch mit konkreten Maßnahmen zu unterlegen, konzentriert sich die Strategie im Weiteren auf technologische Innovationen und die verstärkte Erschließung und Nutzung biogener Rohstoffe. So lässt sich die Strategie auch als Plädoyer für Gentechnik und eine weitere Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft lesen. Aus dem Eingeständnis, dass auch die biogenen Ressourcen endlich sind, werden weiterhin nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen. Es ist zu befürchten, dass die Bundesregierung mit der neuen Strategie trotz einiger positiver Elemente weiterhin dem Credo „Mehr Wachstum mit mehr Bioökonomie“ folgt. Diese Gleichung kann aber nicht aufgehen. Problematisch ist, dass sich die Bioökonomie-Strategie, obwohl sie starke internationale Bezüge und Wirkungen sowohl in Richtung Umgang mit und Schutz von Biodiversität, als auch Welternährung und Verwirklichung des Rechts auf Nahrung hat, sich nicht in die zuständigen Konventionen und Gremien im Rahmen der Vereinten Nationen einordnet. Eine Bioökonomie-Strategie, die sich nicht im Kern auf die Ziele, Werte und Regeln der Konvention zur biologischen Vielfalt und des Komitees für Welternährung bezieht, droht die gleichen Fehler zu wiederholen wie die bisherigen Strategien.
•    Grüner Knopf: Der WWF begrüßt die Initiative im Prinzip, sieht aber weiterhin kritisch, dass nicht die gesamte Lieferkette abgedeckt wird. Ökologische und Sozialauswirkungen bei der Gewinnung von Rohstoffen werden nicht berücksichtigt. Der Grüne Knopf gibt daher nicht ausreichend Auskunft über die Nachhaltigkeit der gesamten Textilproduktion.

Zu b)

•    Es darf bei der Betrachtung nicht nur um die Effizienz und Produktivität von Rohstoffen gehen, sondern auch um eine Minimierung von mineralischen Primärrohstoffen. Durch neue Technologien werden zukünftig weitere Rohstoffe wie Lithium, Kupfer, Kobalt etc. noch relevanter.  Hier gilt es, Förderungen und Anreize für Kreislaufwirtschafssysteme zu schaffen, um den Primärrohstoffabbau und somit den sozialen und ökologischen Fußabdruck zu minimieren. (Bsp. Lithium billiger als Primärrohstoff zu kaufen, als es zu recyceln).
•    Zudem muss sich Deutschland auf europäischer Ebene für die Einführung ökologischer- und menschrechtsbedingter Risiken in der Liste kritischer Rohstoffe in Form zweier neuer Achsen einsetzen, da sonst keine Risikoanalyse wie seitens der Bundesregierung dargestellt, durchgeführt werden kann
•    Maßnahmen: Die Förderung eines Austauschs zwischen Politik und Zivilgesellschaft, angesiedelt beim Bundesumweltministerium, muss erneut aufgebaut werden, nachdem der Beirat für Umweltfragen ohne Begründung beendet wurde.
•    Im Wasserkraft-Sektor sind auf internationaler Ebene immer wieder massive Menschenrechtsverletzungen festzustellen (Zwangsumsiedlungen, fehlende Umweltgenehmigungen, mangelnder Arbeitsschutz bei Ausbau/Tote)
•    Zertifikate (in punkto Lieferketten) sind eine schöne Idee – zeigen in der Praxis aber viele Schwächen. Wer überprüft wirklich vor Ort?!
•    8.6: Anzahl der Mitglieder des Textilbündnisses. Hier bleibt die Kritik bestehen, dass der ausschließliche Bezug auf den Textilbereich zu kurz gegriffen ist. Ziel muss es sein, die Nachhaltigkeit der vielgestaltigen, nach Deutschland reichenden globalen Lieferketten zu überprüfen und gleichwertig soziale wie ökologische Nachhaltigkeitskriterien zugrunde zu legen. Die Anzahl der Mitglieder im Textilbündnis kann kein ernstzunehmender Indikator der DNS sein, zumal sie keine Nachhaltigkeitskriterien erfüllen müssen, um Mitglied zu sein. Der Indikator muss dringend reformiert werden.
•    Des Weiteren gilt es, kritische Lieferketten zu identifizieren. Aus Sicht des WWF sollten daher Palmöl, Soja und Kakao mit aufgenommen und ein quantitativer Indikator entwickelt werden, ausgerichtet an der zukünftigen EU-Gesetzgebung zu entwaldungsfreien Lieferketten.

9.    Infrastruktur, Industrialisierung, Innovationen

•    Es muss an dieser Stelle deutlicher darauf eingegangen werden, dass wir derzeit auf Kosten der Zukunft wirtschaften und ein anderes Verständnis im Umgang mit Ressourcen brauchen. Materialien und Produkte müssen so gehandhabt und konzipiert werden, dass sie im Kreislauf geführt werden können, ohne dass sich Schadstoffe anreichern und ohne Müllexporte in Länder, in denen unzureichende Abfallmanagementsysteme einen Eintrag in die Natur ermöglichen. Dies muss einen höheren Stellenwert einnehmen.
•    Klimaverträgliche Infrastrukturen und die Übergänge zwischen den Verkehrsträgern müssen zügig ausgebaut werden, um multimodale Mobilität zu erleichtern. Dazu sollte der Bund Investitions- und Förderprogramme für Bahn, ÖPNV, Radverkehr und emissionsfreie Antriebe auflegen.
•    Der Auf- und Ausbau einer digitalen Infrastruktur ist Voraussetzung für die multimodale Vernetzung und die energieeffiziente Nutzung von Speicherkapazitäten. Digitale, integrierte Mobilitätsangebote können mehr Mobilität bei weniger Verkehr ermöglichen, durch bessere multimodale Vernetzung, Auslastungssteuerung der Infrastruktur, Vorrangschaltungen für Umweltverbund und umweltverträglichere Logistik. Alle politischen Ebenen in der Siedlungs-, Standort- und Verkehrsentwicklung müssen zusammenwirken, um verkehrssparende und resiliente Strukturen zu implementieren (Dezentralisierung öffentlicher Angebote, Clusterpolitik, Stärkung regionaler Wirtschaftsweisen). Nur eine integrierte Planung kann eine aufeinander abgestimmte Realisierung von Verkehrs-, Energie- und digitalen Infrastrukturen erzielen. Eine integrierte Systemplanung ist insbesondere unter Berücksichtigung sehr langfristiger Investitionszyklen im Energiebereich zwingend erforderlich. Es gilt daher die bis dato voneinander getrennt beplanten Netze für Strom und Erdgas in einen integrierten Systementwicklungsplan zu überführen.  

10.    

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12.    Konsum- und Produktionsmuster

•    Es braucht neben Umweltsiegeln auch Wassersiegel bzw. eine Integration von Wasserkriterien in bestehende Siegel
•    Verbraucher:innen müssen über die ökologischen und sozialen Auswirkungen von Produkten informiert werden, um eine Wahl bei der Kaufentscheidung (am Point of Sale) zu ermöglichen. Dies sollte nicht nur Einzelaspekte wie den CO2-Fußabdruck abdecken, sondern z. B. ganzheitlich über die Nachhaltigkeitsauswirkungen von Lebensmitteln informieren.
•    Wenn freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft keine Ausweitung des Angebots an nachhaltigeren Produkten ermöglichen, müssen verpflichtende ökologische und soziale Mindestkriterien an die Produktion, auch im Falle von Importen in die EU, angelegt werden.
•    12.1.a. Nachhaltiger Konsum: Konsum umwelt- und sozialverträglich gestalten: 34% Marktanteil von Produkten mit staatlichen Umweltzeichen bis 2030. Erweiterung der Kriterien für den Blauen Engel. Staatliche Umweltzeichen sollen anspruchsvolle Maßstäbe setzen. So sollten beispielsweise Mindestanforderungen an nachhaltige Agrarrohstoffe (gentechnikfrei, entwaldungsfrei) auch für pflanzliche Druckerfarben im Rahmen von Druckerzeugnissen DE-UZ 195 gelten. Es ist gegenüber Verbraucher:innen nicht zu vermitteln, dass für das Papier kein Regenwald abgeholzt wird, wohl aber für die Druckerfarbe.
•    Es gibt einen Indikator zum Konsum privater Haushalte (12.1.b). Aber es fehlt dasselbe für Unternehmen/Industrie! Hier muss die Nachhaltigkeitsstrategie der Industrienation Deutschland genauso ansetzen, wenn sich etwas verändern soll.
•    Die aktuell gewählte Begrenzung auf den Konsum von Produkten mit staatlich getragenen Umweltzeichen, muss überwunden werden, da andernfalls nur der Konsum weniger Produktgruppen nachvollzogen werden kann.
•    12.3 a und b, Nachhaltige Beschaffung: Die Indikatoren zeigen Nachhaltigkeit in der Beschaffung exemplarisch anhand der Teilbereiche Papier sowie CO2-Emissionen von Kraftfahrzeugen (Kfz).
Das Indikatoren-Set zur Überprüfung der nachhaltigen Beschaffung sollte ausgeweitet werden und durch den Teilbereich „Lebensmittel“ ergänzt werden. Die mit unserem Essen und unseren Essgewohnheiten einhergehenden Auswirkungen auf Umwelt und Klima sind erwiesenermaßen signifikant. Das gegenwärtige Ernährungssystem - von Acker bis zum Teller gedacht – stellt eine der größten Herausforderungen für unseren Planeten dar. Gleich mehrere Überschreitungen der planetaren Grenzen sind auf das derzeitige Ernährungssystem zurückzuführen. Auch Deutschland hat hieran einen maßgeblichen Anteil.
Mit der Neugestaltung des Vergaberechts wurde ein Rechtsrahmen geschaffen, der die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien in den Vergabeverfahren ermöglicht. In Bezug auf Lebensmittel könnte dies der Anteil von Lebensmitteln aus ökologischer Erzeugung, der Anteil an zertifizierter Ware, der Anteil an vegetarischen/veganen Speisen oder Maßnahmen zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen sein. Neben der Vorbildfunktion könnten öffentliche Einrichtungen signifikant zur Schaffung neuer Märkte für nachhaltigere Lebensmittel werden. Diese „Nachfragemacht” wird derzeit jedoch vergleichsweise wenig genutzt. Für öffentliche Einrichtungen sollten gemeinsame Zielvorgaben und Mindestkriterien für eine nachhaltige Lebensmittelbeschaffung verabschiedet werden, die in die Ausschreibungen und Vergabefahren integriert werden. Die Qualitätsmerkmale sollten neben ernährungsphysiologischen, ökologischen und sozialen Qualitätskriterien in der Gemeinschaftsverpflegung auch Kriterien zur Vermeidung von Lebensmittelverlusten enthalten.
Basierend auf den Mindestkriterien wird der Indikator nachhaltige Beschaffung um den Teilbereich „Lebensmittel“ ergänzt. Gemessen wird er anhand des Anteils der öffentlichen Einrichtungen, die den Mindestkriterienkatalog umsetzen.
•    12.4, Indikator „nachhaltige Ernährung“: Die signifikanten negativen Auswirkungen unseres heutigen Ernährungssystems sind zu einem überwiegenden Anteil auf den hohen Konsum an tierischen Produkten zurückzuführen. Eine Änderung unserer Ernährungsgewohnheiten wird als eine der wesentlichen Stellschrauben gesehen, um globale Herausforderungen wie Klimawandel, Artensterben etc. abzumildern. Der hohe Konsum von tierischen Produkten führt darüber hinaus zu gesundheitlichen Problemen. Die Folgen aktueller Ernährungsgewohnheiten verursachen jährliche Kosten von fast 17 Mrd. Euro, die vom deutschen Gesundheitssystem zu tragen sind. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt einen maximalen täglichen Konsum von tierischen Produkten zwischen 300 und 600 Gramm die Woche. Derzeit liegt der durchschnittliche Konsum bei etwa einem Kilo, Säuglinge und Senioren mit eingerechnet. Ohne eine erhebliche Reduktion des Konsums an tierischen Lebensmitteln wird es nicht möglich sein, unser Ernährungssystem entlang der planetaren Belastungsgrenzen auszurichten.
Vor diesem Hintergrund sollte ein Indikator „Konsum tierischer Erzeugnisse“ in die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen werden.
•    12.5, Indikator „Verringerung von Lebensmittelabfällen und -verlusten“
Der von der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe unter Leitung des BMEL erarbeitete Indikator für die Erfassung der Lebensmittelabfälle in Deutschland wird in die kommende Fassung der Nachhaltigkeitsstrategie (ab 2024) integriert. Dieser soll den angestrebten Rückgang der Lebensmittelabfälle in Tonnen Frischmasse über alle Stufen der Wertschöpfungskette anzeigen.


13.    KLIMAWANDEL

•    13.1.a, Indikator: Treibhausgase reduzieren: Für diesen Indikator ist entscheidend, dass in der Nachhaltigkeitsstrategie Minderungsziele für 2030, 2035 und 2040 formuliert werden, die glaubwürdig einen Pfad zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 95% bis 2050 im Vergleich zu 1990 aufzeigen. Die bisher im Text beschriebene Ziele der Bundesregierung von mindestens 55% gegenüber 1990 sind nicht mit den Ergebnissen des Pariser Klimavertrages im Einklang und bilden unzureichend den notwendigen Beitrag Deutschlands zur Erreichung des zu erwartenden neuen EU-Klimaziels ab.

•    13.1.b, Indikator:  Deutscher Beitrag internationale Klimafinanzierung: Die Klimafinanzierung muss sicherstellen, dass Deutschland einen fairen Beitrag leistet, insbesondere Länder des globalen Südens einerseits in die Lage zu versetzen ihre Ökonomien schnell zu dekarbonisieren bzw. eine klimafreundlichen Entwicklungspfad einzuschlagen und sich darüber hinaus an den Klimawandel anzupassen. Die bereits zugesagten Mittel bis 2020 waren dabei ein guter Anfang. Allerdings müssen diese systematisch aufgestockt werden, um die bestehende Lücke in der Klimafinanzierung zu schließen.  Außerdem muss Deutschland sich dafür stark machen, dass es die zukünftigen Ziele der Klimafinanzierung für die Zeit nach 2025 klaren Kriterien (z. B. zwischen Minderung und Anpassung) folgt, nach denen auch transparent berichtet werden muss.

14.    MEERE
a)
Der WWF begrüßt die in der Dialogfassung der DNS 2021 aus Sicht der Bundesregierung dargestellten wesentlichen Inhalte und Prioritäten hinsichtlich des Schutzes und einer nachhaltigen Nutzung unserer Ozeane, Meere und Meeresressourcen und spricht sich für eine deutliche Ausweitung der vielfältigen Initiativen und Aktivitäten aus.
Um einen nachhaltigen Schutz der marinen Ökosysteme und eine nachhaltige Nutzung der marinen Ressourcen zu gewährleisten, bedarf es eines integrativen, d. h. sektorübergreifend abgestimmten, und ökosystem-basierten Managementansatzes.
•    Die Bundesregierung sollte dementsprechend eine deutlich verbesserte Kohärenz sicherstellen bei der Ausgestaltung von relevanten Zielen und Umsetzung relevanter Ansätze und Aktivitäten der einzelnen Ressorts/Bundesministerien. Dies schließt ebenfalls die Kohärenz unterschiedlicher europäischer und nationaler Instrumente ein (z. B.: MSRL, FFH, marine Raumordnung, OSPAR/HELCOM).

Zu Aktivitäten der Bundesregierung, I. Maßnahmen in Deutschland, Fischerei

  • Im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU (GFP) sollte eine nachhaltige Fangpraxis umgesetzt werden, die nicht nur unter Maßgabe des höchstmöglichen Dauerertrags sondern auch “auf Grundlage eines ökosystembasierten Fischereimanagements” die natürlichen Reproduktionskapazitäten der Fischbestände sowie “Habitatansprüche” beachtet.
  • Zu einer nachhaltigen Fangpraxis gehört auch die Vermeidung unerwünschter Beifänge, insbesondere von gefährdeten und geschützten Arten, eine vollständig dokumentierte Fischerei sowie eine wirksame Fischereikontrolle (auf Grundlage der EU-KontrollVO) und ein Stopp illegaler Rückwürfe.  
  • Im Sinne eines nachhaltigen Fischereimanagements sollten auch die Anforderungen von Schutzgebieten (stärker) berücksichtigt sowie (inter)nationale Naturschutzvorgaben umgesetzt werden, zu denen auch die Einrichtung fischereifreier Gebiete gehört.

b)
Ebenfalls begrüßt der WWF die in der Dialogfassung der DNS 2021 aufgeführten drei Schlüsselindikatoren zur Messung der Nährstoffeinträge in Ostsee und Nordsee sowie zur Messung des Anteils der nachhaltig befischten Fischbestände in Nord- und Ostsee.
Um tatsächlich einen effektiven Schutz von Meeresökosystemen sowie eine nachhaltige Nutzung mariner Ressourcen im Sinne des Nachhaltigkeitsziels 14 der Vereinten Nationen umfassend umzusetzen und dies entsprechend zu messen und zu bewerten, empfiehlt der WWF die Aufnahme weiterer Schlüsselindikatoren - insbesondere zu

  • anderweitigen Schadstoff-Einträgen in die Meeresumwelt, insbesondere Plastik (s. a. SDG target 14.1)
  • anderweitigen Belastungen der Meeresumwelt durch menschliche Aktivitäten, z. B. Schifffahrt, Offshore-Windkraft, Sand- und Kiesabbau (s. a. SDG target 14.2)
  • der Effektivität von Meeresschutzgebieten und deren Verwaltung (s. a. SDG target 14.5). Dabei müssen Meeresschutzgebiete durch Managementpläne mit effektiven Schutzmaßnahmen (inkl. einer Adressierung der Fischerei) vor Verschlechterungen des Zustands von marinen Arten und Lebensräumen geschützt werden, so dass sich Schlüsselarten nachgewiesenermaßen in Bestand oder Flächennutzung erholen. Auch sollten mindestens 50% dieser Gebiete frei von menschlicher Nutzung sein (Gebiete unter strengem Schutz, Nullnutzungs-Zonen), die Gebiete insgesamt als Vorranggebiete für Naturschutz gesichert und die genutzten Gebietsteile nur schutzgebietsverträglich in Anspruch genommen werden.
  • dem Zustand von (insbesondere gefährdeten und/oder im Rückgang befindlichen) marinen Arten und Lebensräumen.

Zu Schlüsselindikator 14.1.aa - “Eutrophierung Ostsee”
Der WWF empfiehlt folgende Anpassung in dem Indikator:

  • Der Bezug zur EU-Wasserrahmenrichtlinie (2,6 mg/l) bleibt sinnvoll, solange im Rahmen von HELCOM nicht strengere Ziele angestrebt werden.
  • Der Indikator sollte aber auch um einen Grenzwert für den Eintrag von Phosphor ergänzt werden (ebenfalls analog zu im Rahmen von HELCOM vereinbarten Zielen).

Zu Schlüsselindikator 14.1.b - “Nachhaltige Fischerei”
Der WWF empfiehlt folgende Ergänzung in dem Indikator 14.1.b hinsichtlich des Anteils nachhaltig befischter Fischbestände in Nord- und Ostsee:

  • “Alle wirtschaftlich genutzten Fischbestände sollen nach dem MSY-Ansatz und auf Grundlage eines ökosystembasierten Fischereimanagements nachhaltig bewirtschaftet werden bis 2020.”
  • Die Formulierung weiterer geplanter Maßnahmen in diesem Indikatorbereich bedarf einer deutlichen Konkretisierung um die Erreichung der Indikatorziele stärker voranzubringen.

15.    LANDÖKOSYSTEME

Es wird eine Anpassung des Titels empfohlen, damit auch die hier enthaltenen Süßwasserökosysteme stärker wahrgenommen werden

 Zu a) „SDG 15 im Kontext internationaler und EU-weiter Prozesse“:

  • 12 der SDG-Ziele um Erhalt der Biodiversität sind aufgrund ihrer Verbindung mit den Aichi-Zielen der VN-Konvention zur Biologischen Vielfalt (CBD) mit einem End-Datum im Jahre 2020 versehen. Analog zum erreichten Fortschritt der entsprechenden Aichi-Ziele konnten diese SDG-Ziele nur sehr mangelhaft umgesetzt werden. Trotz des aktuellen Enddatums im Jahr 2020 müssen die Ziele weiterhin verfolgt werden, bis nach der Verabschiedung eines neuen CBD-Rahmenwerkes neue Ziele definiert werden konnten und diese in den dafür entsprechenden formellen Prozessen in der VN-Generalversammlung in die Agenda 2030 überführt wurden.
  • Wichtige Grundlage für die Umsetzung von SDG 15 ist neben der CBD auch die Ramsar Konvention zum Schutz von Feuchtgebieten!
  • Auch hier (wie im Titel) ist nur von Wäldern und Ökosystemen generell die Rede. Süßwasserökosysteme (Flüsse, Flussauen, Seen, Feuchtgebiete etc.) müssen stärker ins Bewusstsein rücken und ihr Schutz vorangetrieben werden.

Zu „II. Maßnahmen durch Deutschland“:

3. Bekämpfung der Wilderei:
a)    Der WWF begrüßt das große Engagement der Deutschen Bundesregierung im Kampf gegen Wilderei und illegalen Artenhandel, welches auch im Text Erwähnung findet. Trotz vieler Erfolge bleibt die Lage leider weiterhin prekär. Daher sollte dieses Engagement dezidiert und aktiv auch für die Zukunft bestärkt werden. Wir schlagen entsprechend vor, nicht nur hervorzuheben, dass die Bekämpfung der Wildtierkriminalität zu einem Schwerpunkt der deutschen Umwelt- und Entwicklungspolitik geworden ist, sondern dass diese auch in Zukunft Schwerpunkt blieben soll.
b)    Entsprechend der Ausführungen der Konsequenzen der gesamten Handelskette und der daraus resultierenden notwendigen Maßnahmenpakete, beispielsweise Gesundheitsrisiken oder Herkunftsanalysen, sollte sich die Überschrift zu diesem Punkt nicht nur auf „Wilderei“ beziehen sondern auf die „Bekämpfung des illegalen Artenhandels“.


Alois Vedder, Leiter Politik

WWF-Deutschland