Deutschland profitiert von Zuwanderung

EU-Freizügigkeit Deutschland profitiert von Zuwanderung

Einige Städte kämpfen mit den Folgen der Zuwanderung. Deshalb hat die Bundesregierung einen Staatssekretärsausschuss eingesetzt. Das Gremium hat dem Kabinett nun einen Zwischenbericht vorgelegt. Der Bundesinnenminister sagte, der Bericht trage zur Versachlichung bei und zeige den Handlungsbedarf.

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Logo der Arbeitsagentur im Treppenhaus, davor ein Arbeitssuchender

Ein Vorschlag des Ausschusses: das Aufenthaltsrecht von EU-Bürgern zur Arbeitssuche zeitlich zu befristen.

Foto: picture-alliance / dpa

Alle Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union können eine Arbeit in einem anderen Mitgliedstaat aufnehmen. Dadurch haben sie Anspruch auf Leistungen aus den Sozialsystemen. In einigen Kommunen gibt es allerdings eine große Anzahl zugewanderter Menschen, die diese Leistungen bekommen ohne zu arbeiten oder eingezahlt zu haben.

Mehrheit ist sozialversicherungspflichtig beschäftigt

Der von der Bundesregierung eingesetzte Staatssekretärsausschuss hat untersucht, in welchem Maß Sozialleistungen von EU-Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden. Für den Zwischenbericht wurde analysiert, wie viele Menschen aus der EU zugewandert sind. Im Jahr 2012 waren dies rund 264.00 Menschen.

"Die Zuwanderung hat aus allen europäischen Staaten zugenommen. Das ist eine gute Nachricht", so Bundesinnenminister Thomas de Maizère. Deutschland dürfe jedoch nicht die Augen davor verschließen, das mit der Zuwanderung auch bestimmte Probleme verbunden seien. Das treffe einige Städte und Gemeinden. Bundesweit seien die Zahlen allerdings überschaubar.

Die Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass die meisten Zuwanderer aus Polen kommen. Rumänen, Ungarn und Bulgaren folgen mit Abstand auf den Plätzen zwei bis vier. Aber auch aus Griechenland, Italien, Spanien und Portugal sind mehr Menschen zugewandert.

Die Mehrheit der Zuwanderer arbeitet in Deutschland und zahlt Steuern und Beiträge in die Sozialversicherungen ein. Im Jahr 2013 waren rund 1,4 Millionen EU- Bürgerinnen und Bürger in Deutschland beschäftigt. Viele pendeln aus den Nachbarstaaten zur Arbeit nach Deutschland.

Die Freizügigkeit für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger ist einer der sichtbarsten Vorzüge Europas für seine Bürger. Deutschland profitiert davon.

Nur wenige EU-Zuwanderer beziehen Sozialleistungen

Lediglich fünf Prozent der Arbeitslosen in Deutschland sind Bürgerinnen und Bürger aus den EU-Mitgliedsstaaten. Das sind insgesamt rund 146.000 Menschen.

Von der in Deutschland lebenden ausländischen Bevölkerung beziehen 15 Prozent Hartz IV. Das sind rund 1,2 Millionenen Menschen. Davon haben 290.000 eine Staatsbürgerschaft aus den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Von den in Deutschland lebenden Bulgaren und Rumänen im erwerbsfähigen Alter sind gut 60 Prozent erwerbstätig.

Die Arbeitslosenquote der Rumänen und Bulgaren war 2013 mit gut sieben Prozent halb so hoch wie die durchschnittliche Arbeitslosenquote der ausländischen Bevölkerung in Deutschland. Etwa 10 Prozent der in Deutschland lebenden Bulgaren bezog Grundsicherung. Aber nur zehn Jobcenter haben mehr als 500 Leistungsberechtigte zu betreuen.

Teilweise schwierige Situation in Ballungsräumen

Der Ausschuss hat sich intensiv mit der Situation in den Kommunen befasst, in die überproportional Bürgerinnen und Bürger aus EU-Ländern zuziehen. Dabei hat sich gezeigt, dass die Situation sehr unterschiedlich ist. In den Kommunen fehlen vor allem Wohnungen und Unterbringungsmöglichkeiten für Obdachlose.

Große Schwierigkeiten sehen Städte und Gemeinden, wenn es bei den Zuwanderern an der Schulbildung mangelt. Dann gelingt es kaum, sie in Ausbildung und Arbeit zu integrieren. Kinder besuchen keine Schule, weil sie nicht genügend Deutsch können. Viele Zuwanderer haben keine Krankenversicherung, müssen aber dringend medizinisch versorgt werden.

Hilfestellung für Kommunen

Besonders betroffene Kommunen will der Bund unterstützen. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hob hervor, dass hierfür bis 2020 über verschiedene - auch EU-Programme - 200 Millionen Euro mobilisiert werden sollen. Für Wohnungssanierung, Einrichtung von Begegnungsstätten, Grünflächen, Spielplätze oder Quartiersmanagement seien 2013 schon 10 Millionen Euro geflossen. Die Programme zur Unterstützung für die Integration seien so angelegt, dass die Kommunen nur noch fünf Prozent kofinanzieren müssen. Das sei auch für finanziell weniger gut ausgestattet Kommunen tragbar. Die anderen Anteile kommen aus der EU und vom Bund.

Außerdem sollen folgende Maßnahmen den Kommunen helfen:

- Kinder sollen geimpft werden. Besteht keine Krankenversicherung, sollen die Krankenkassen die Kosten übernehmen,
- die betroffenen Kommunen sollen verstärkt Integrationskurse anbieten und Sprachförderung auf die jeweiligen Zuwanderergruppen abstimmen.

Um den Missbrauch der Freizügigkeit zu bekämpfen, werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:

- Wiedereinreisesperren und der Aufenthalt zur Arbeitssuche sollen befristet werden,
- mit einer verbesserten Gewerbeaufsicht sollen Schwarzarbeit und Scheinselbständigkeit eingeschränkt werden,
- Kindergeldzahlungen sollen an die Angabe der Steuer-Identifikationssnummer gekoppelt werden.

Der Staatssekretärsausschuss wird voraussichtlich im Juni seinen Abschlussbericht vorlegen. "Wir müssen die Probleme frühzeitig anpacken, damit daraus nicht später ein größeres Problem entsteht", so de Maizière.

Der Staatssekretärsausschuss wurde am 8. Januar 2014 vom Bundeskabinett eingesetzt und hat bislang sechs Mal getagt. Er prüft, ob Sozialleistungen unberechtigterweise in Anspruch genommen werden. Er entwickelt Vorschläge, welche Maßnahmen die Ministerien treffen können, um einen möglichen Missbrauch zu unterbinden.

Unter Federführung des Bundesarbeits- und Bundesinnenministeriums sind außerdem diese Bundesministerien beteiligt: Arbeit und Soziales, Inneres, Ernährung und Landwirtschaft, Finanzen, Auswärtiges Amt, Wirtschaft und Energie, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Umwelt und Bauen, Gesundheit, Bildung und Forschung, Justiz und Verbraucherschutz und die Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration.