Industrieausnahmen neu geregelt

Chancen der Energiewende Industrieausnahmen neu geregelt

Kosten bremsen, ohne den Ausbau der erneuerbaren Energien und damit die Energiewende zu stoppen – das ist das Hauptanliegen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2014. Die Bundesregierung sorgt dafür, dass sich die Ökostromproduktion künftig mehr am Markt orientiert. Auch Industrieausnahmen hat sie nun geregelt.

5 Min. Lesedauer

Ein Mitarbeiter am Hochofen bei Thyssen

Die Ausgleichsregelungen für Industrierabatte werden neu geregelt.

Foto: Ute Grabowsky/photothek.net

Zum aktuellen Beschluss des Bundeskabinetts erklärte Bundesminister Sigmar Gabriel: "Die Neuregelung der Besonderen Ausgleichsregelung erhält die Wettbewerbsfähigkeit unserer stromintensiven Industrie in Deutschland, die in einem harten, internationalen Wettbewerb steht."

Gleichzeitig stehe die Neuregelung in Einklang mit EU-Recht und sorge somit für Investitionssicherheit. "In der Summe führt die Energiewende nicht zu einer Mehrbelastung der deutschen stromintensiven Industrie", so der Bundeswirtschaftsminister.

Bereits im April hatte Gabriel zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes betont: "Energiewende, das bedeutet nicht nur einen schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien zu sichern, sondern schließt den Netzausbau, ein Strommarktdesign und die europäische Einbindung ein."

Die EEG-Reform im Überblick

Die EEG-Reform schaffe Voraussetzungen, die Energieversorgung Schritt für Schritt auf erneuerbare Energien umzustellen, so Minister Gabriel im April. Das Gesetz sorgt weiterhin für stetigen Ausbau von Strom aus Wind, Sonne und Co. Aber: Der Ausbau soll berechenbarer werden, die Kosten nicht mehr sprunghaft steigen. Wichtiges Instrument hierfür sind die Ausbaukorridore für Wind und Biomasse, aber auch die Neuregelung der Industrieausnahmen.

Besondere Ausgleichsregelung neu gefasst

Einen Monat nach dem Beschluss zur EEG-Reform hat das Kabinett nun auch eine Neuregelung für die Ausnahmen zugunsten der stromintensiven Industrie beschlossen. Sie berücksichtigt insbesondere die neuen Umwelt- und Energiebeihilferichtlinien der EU-Kommission.

Zukünftig können diejenigen Unternehmen von der Ausnahme profitieren, die Branchen angehören, die in den Umwelt- und Energiebeihilferichtlinien der EU-Kommission als stromkosten- und handelsintensiv eingestuft werden. Das ist dann möglich, wenn der Anteil der Bruttowertschöpfung des Unternehmens mindestens 16 beziehungsweise 20 Prozent aufweist, je nach Branchenzugehörigkeit. Das ist in zwei Listen der Anlage 4 des Gesetzes weiter geregelt.

Der Prozentsatz ist etwas höher als im EEG 2012. Damals lag sie bei einheitlich 14 Prozent. Die Anhebung beruht auf dem Anstieg der EEG-Umlage in den beiden vergangenen Jahren und dem damit verbundenen Anstieg der Stromkosten bei den privilegierten Unternehmen.

Höhe der Umlage für privilegierte Unternehmen:
- Grundsätzlich zahlen sie 15 Prozent der EEG-Umlage.
- Die Belastung wird jedoch auf vier Prozent beziehungsweise 0,5 Prozent der Bruttowertschöpfung des Unternehmens begrenzt.
- Einen Grundbeitrag zum Umlagesystem leisten die Unternehmen, in dem sie die volle EEG-Umlage für die erste Gigawattstunde zahlen und für alle weiteren mindestens 0,1 Cent.

Stufenweise Umstellung auf die neue Regelung:
- Die Regelung gilt grundsätzlich ab dem Antragsjahr 2014.
- Für Unternehmen, die zukünftig stärker belastet werden gilt eine schrittweise Umstellung. So erhalten sie bis 2019 Zeit, sich auf den Anstieg ihrer Belastung einzustellen. Für diese Unternehmen gilt: die EEG-Umlage darf sich zunächst Jahr für Jahr höchstens verdoppeln.

Weitere Übergangsregelungen: Die Antragsfrist in diesem Jahr wird bis zum 30. September verlängert. Unternehmen, die bislang begünstigt wurden und zukünftig keinen Antrag mehr stellen können, zahlen ab 2015 für die erste Gigawattstunde die volle EEG-Umlage und im Übrigen mindestens 20 Prozent der Umlage. Das soll Härtefälle vermeiden.

Differenzierte Ausbaukorridore

Die Novelle gilt für Anlagen, die ab dem 1. August 2014 in Betrieb gehen. Unter das bisherige Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) fallen die Anlagen, die vor dem 23. Januar genehmigt wurden und noch bis zum 31. Dezember 2014 in Betrieb gehen. So wurde es vom Kabinett in den Eckpunkten zur EEG-Reform in Meseberg beschlossen.

Der Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix soll in Korridoren ausgebaut werden: 40 bis 45 Prozent soll er bis 2025 betragen und 55 bis 60 Prozent bis 2035. Für die einzelnen Technologien sind im Gesetz folgende Korridore vorgegeben:

  • Windenergie auf See: insgesamt 6,5 Gigawatt (GW) bis 2020 und 15 Gigawatt bis 2030.

  • Windenergie an Land jährlicher Zubau von bis zu 2,5 GW (brutto).

  • Solarenergie ein jährlicher Zubau von 2,5 GW (brutto). Für die Photovoltaik (PV) gibt es bereits seit 2012 eine Mengenbegrenzung. 

  • Bioenergie Zubau von ca.100 MW pro Jahr (brutto).

Neue Ansätze für Vergütungen

Anlagen, die 2015 ans Netz gehen, sollen durchschnittlich mit etwa zwölf Cent pro Kilowattstunde (kWh) gefördert werden. Dieser Wert ergibt sich aus den Vergütungen für

  • Windenergie auf See (19,4 Cent/kWh),

  • Biomasse (rund 14 Cent/kWh),

  • Photovoltaik (rund 10,5 Cent/kWh),

  • Wind an Land (8,9 Cent/kWh).

Die konkreten Vergütungen sind im Gesetz für die einzelnen Technologien geregelt. 

Direktvermarktung 

Ökostrom hat sich, dank der Förderung durch das EEG, vom Nischenprodukt zu einem wichtigen Baustein im Strommix entwickelt. Ziel der Bundesregierung ist es, die Förderung abzubauen und Ökostrom schrittweise in den Markt zu integrieren. Deshalb sollen neue Ökostrom-Anlagen ihren Strom direkt vermarkten. Die Pflicht für alle Neuanlagen soll in Stufen kommen:

  • ab 1. August.2014 für Anlagen mit Leistung ab 500 kW,

  • ab 1. Januar 2016 ab 250 kW und

  • ab 1. Januar 2017 ab 100 kW

Die bislang gewährte Managementprämie entfällt und wird angemessen in die Förderung eingerechnet. Dadurch können die Gesamtförderkosten gesenkt werden. Eine sogenannte "Ausfallvermarktung" schützt künftig Anlagenbetreiber, die ihren Strom vorübergehend nicht direkt vermarkten können. 

Eigenversorgung 

Die Kosten für die Energiewende sollen angemessen auf alle Akteure verteilt werden. Auch Eigenversorger sollen einbezogen werden, ausgenommen wird nur der Kraftwerkseigenverbrauchs. Das macht es möglich, die Höhe der EEG-Umlage für alle Stromverbraucher zu begrenzen. 

Die Wirtschaftlichkeit von Erneuerbare-Energien-Anlagen und KWK-Anlagen wird dabei gewahrt. Es gibt eine Bagatellgrenze für Anlagen mit einer installierten Leistung von höchstens 10 kW und weniger als 10 MWh Eigenversorgung im Jahr. Das schützt Betreiber vor einem unverhältnismäßig hohen Aufwand die Neuregelung der Eigenversorgung bei Kleinanlagen umzusetzen. 

Bis spätestens 2017 soll die Förderhöhe für Neuanlagen durch Ausschreibung ermittelt werden. Dazu gibt es zunächst ein Pilotprojekt mit PV-Freiflächenanlagen. Ein Erfahrungsbericht zu Ausschreibungen soll dem Bundestag bis zum 30. Juni 2016 vorgelegt werden. 

Einführung einer Länderöffnungsklausel

Im Zusammenhang mit der Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Länderöffnungsklausel in das Baugesetzbuch beschlossen. Sie setzt damit eine Forderung des Koalitionsvertrags um.

Dieser sieht für Windenergie an Land vor, länderspezifische Regelungen für Mindestabstände zwischen Windenergieanlagen und Wohnbauten zu ermöglichen. Diese Vorgabe trägt zum einen dem Umstand Rechnung, dass die Akzeptanz von Windenergieanlagen vielfach von deren Entfernung zu Wohnbauten abhängt. Zum anderen kann die Ausgangslage in den einzelnen Bundesländern, aufgrund der topographischen Verhältnisse, unterschiedlich sein.

Windenergieanlagen sind seit 1997 im baulichen Außenbereich privilegiert zulässig. Den Ländern soll die Befugnis eingeräumt werden, den Privilegierungstatbestand für Windenergieanlagen von der Einhaltung von Mindestabständen abhängig zu machen.

Die entsprechenden Landesgesetze müssen bis zum 31. Dezember 2015 verkündet werden. Einzelheiten, wie die Festlegung der Abstände und deren Auswirkungen auf Ausweisungen in geltenden Flächennutzungs- und Raumordnungsplänen, sind in den jeweiligen Landesgesetzen zu regeln.