Freizügigkeit ja, Sozialmissbrauch nein

Zuwanderung aus der EU Freizügigkeit ja, Sozialmissbrauch nein

Die Bundesregierung will Freizügigkeit stützen und möglichen Missbrauch von Sozialleistungen durch EU-Zuwanderer verhindern. Einige Kommunen werden per Soforthilfe finanziell unterstützt. Damit hat die Regierung auf den Abschlussbericht eines Staatssekretärsausschusses reagiert.

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In acht Monaten hat der Staatssekretärsausschuss Fakten zusammengetragen, umfassend die Rechtslage analysiert und kurzfristig sowie längerfristig wirkende Vorschläge gemacht.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière umriss anlässlich der Vorstellung des Berichtes den Auftrag so: "Der Ausschuss hatte drei Aufträge: Erstens: Er sollte einen Beitrag zur Versachlichung der Debatte leisten. Zweitens: Er sollte Vorschläge für die Entlastung der Kommunen machen und drittens: Er sollte Maßnahmen zur Unterbindung von Missbrauch sozialer Leistungen vorschlagen."

Freizügigkeit ist in Europa hohes Gut

Für die Bundesregierung steht fest: Sie steht zur Freizügigkeit in Europa. Sie ist eine der tragenden Säulen der europäischen Integration. Innerhalb der EU seinen Aufenthalt frei wählen und arbeiten zu können, ist einer der sichtbarsten Vorzüge Europas. Deutschland profitiert davon. "Der weit überwiegende Teil der Zuwanderer kommt zu uns, um hier gute Chancen wahrzunehmen, Arbeit zu finden oder ein Studium aufzunehmen", so de Maizière.

Probleme vor Ort

Doch in einigen Städten und Gemeinden kommt es zu unhaltbaren Wohnverhältnissen, ausbeuterischer Beschäftigung, Kindern, die nicht zur Schule gehen oder Problemen bei der Gesundheitsversorgung. Bundessozialministerium Andrea Nahles sagt dazu: "Jeder Missbrauch des Systems untergräbt die Legitimität der sozialen Sicherung."

Der Staatssekretärsausschuss hat Wege geprüft, um den Kommunen zu helfen und schlägt zusätzliche finanzielle Entlastungen vor. Damit Sozialleistungen des deutschen Staates nicht missbraucht werden, empfiehlt der Ausschuss:

  • Die unberechtigte Inanspruchnahme eines Aufenthaltsrechts auf der Grundlage von EU-Recht wirkungsvoll zu unterbinden;
  • Doppelzahlungen beim Bezug von Kindergeld rascher aufzudecken und effektiv zu vermeiden;
  • Schwarzarbeit und Scheinselbständigkeit entschieden zu bekämpfen.

Der Staatssekretärsausschuss wurde am 8. Januar 2014 vom Bundeskabinett eingesetzt. Unter Federführung des Bundesarbeits- und Bundesinnenministeriums sind außerdem folgende Bundesministerien beteiligt: Ernährung und Landwirtschaft, Finanzen, Auswärtiges Amt, Wirtschaft und Energie, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Umwelt und Bauen, Gesundheit, Bildung und Forschung, Justiz und Verbraucherschutz und die Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration. Vertreter von besonders betroffenen Kommunen als auch der kommunalen Spitzenverbände waren in die Arbeit einbezogen. Einen Zwischenbericht hatte der Ausschuss am 26. März 2014 vorgelegt.

Gesetze werden angepasst

Sowohl die Entlastung der Kommunen als auch die Missbrauchsbekämpfung erfordern einige Gesetzesanpassungen. Deshalb hat das Kabinett im gleichen Zuge einen Gesetzentwurf zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU beschlossen.

Entlastung der Kommunen

Zusätzlich zu den bereits im Zwischenbericht - am 26. März 2014 - beschlossenen Hilfen für die besonders betroffenen Kommunen in einer Gesamthöhe von über 200 Millionen. Euro sollen sie noch für 2014 Hilfen erhalten. Aus diesem Grund wird die Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung um 25 Millionen Euro erhöht.

Das heißt, der auf die Länder aufzuteilende Satz für "Kosten der Unterkunft und Heizung" im Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) wird um 0,18 Prozentpunkte angehoben. Das Bundesarbeitsministerium wird ermächtigt, spezifische Werte für die Bundesländer festzulegen, da Kommunen unterschiedlich mit Zuwanderung zu tun haben. Die Bundesländer teilen das Geld auf ihre Kommunen auf. Im Zuge der Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes (ebenfalls im Kabinett beschlossen) sollen die Kommunen auch in den Folgejahren weiter entlastet werden.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles erklärte, dass auch aus EU-Programmen wie EFRE, ESF und EHAP Mittel fließen sollen. Doch da das Antragsverfahren hier länger dauere bis die Mittel zur Verfügung stünden, sei es dem Bund wichtig gewesen, noch 2014 zu helfen.

Die Impfstoffkosten für Kinder und Jugendliche aus EU-Mitgliedsstaaten mit unklarem Versichertenstatus übernimmt die Gesetzliche Krankenversicherung (Änderung im SGB V). Dadurch werden die Kommunen um jährlich rund 10 Millionen Euro entlastet. So erhalten mehr Kinder einen Impfschutz.

Gegen Missbrauch sozialer Leistungen

Bei Rechtsmissbrauch oder Betrug können gegen Zuwandernde befristete Wiedereinreisesperren verhängt werden. Das Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche wird befristet. Wer sich Aufenthaltskarten erschleicht, macht sich strafbar.

Das Einkommensteuergesetz sieht künftig eine Pflicht zur Angabe der Steuer-ID im Kindergeldantrag vor. Doppelzahlungen werden so unterbunden.

Im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz wird die Zusammenarbeit mit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit verbessert.

Der Bundestag hat das Gesetz zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes / EU am 6. November 2014 beschlossen. Der Bundesrat hat am 28. November zugestimmt. Die wichtigsten Regelungen treten am 9. Dezember 2014 in Kraft.