Weltraumtechnik für die Landwirtschaft

Einsatz von Bio-Filtern Weltraumtechnik für die Landwirtschaft

Gedacht war die Technologie fürs Weltall: Aus Urin und Abfällen entsteht ein Dünger – und dieser unterstützt Astronautinnen und Astronauten zum Beispiel beim Anbau von Tomaten oder Salat. Möglich wird das durch den Biofilter C.R.O.P., der im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwickelt wurde. Jetzt bewährt sich der Filter auf der Erde bei der biologischen Gülleaufbereitung. 

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Das C.R.O.P.-Verfahren (Combined Regenerative Organic food Production) ermöglicht die Aufbereitung von flüssigen Wirtschaftsdüngern wie Rindergülle oder Gärprodukte aus Biogasanlagen zu einer direkt pflanzenverfügbaren Düngemittellösung. Ursprünglich wurde es am Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) als Verfahren zur Verwertung von stickstoffhaltigen Abwässern in der Raumfahrt entwickelt.

Biologische Gülleaufbereitung

Durch die Umwandlung von (Human-)Urin zu einem Pflanzendünger wird Astronauten die Kultivierung frischer Lebensmittel in Gewächshäusern ermöglicht. Dieses Verfahrensprinzip lässt sich auch auf die Anwendung in der Landwirtschaft übertragen und ermöglicht die biologische Produktion von hochwertigen Düngemitteln in flüssiger und fester Form. Das reduziert den Einsatz von mineralischen Düngern, spart Geld und schont zugleich die Umwelt.

Aktuell läuft eine Marktstudie mit Landwirtinnen und Landwirten. Gleichzeitig wird der Biofilter weiter angepasst und vergrößert. Im Spätherbst startet der erste Feldversuch im BiG C.R.O.P.-Projekt. „Das C.R.O.P.-Verfahren ist eine rein biologische Methode, um stickstoffhaltige Abwässer zu einer Düngemittellösung aufzubereiten“, erklärt Projektleiter Tim Paulke vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin in Köln.

„Das Prinzip eignet sich nicht nur für Urin. Es lässt sich problemlos auch bei der Behandlung von Wirtschaftsdüngern wie Rindergülle oder Gärprodukten anwenden“, sagt der Projektleiter. Der Einsatz von Mineraldünger in der konventionellen Landwirtschaft könnte reduziert werden. Das System verhindert, dass überschüssige Stickstoffmengen in die Ökosysteme Luft, Wasser oder Boden gelangen.

Im Filtersystem verarbeiten Mikroorganismen Stickstoff

Der C.R.O.P.-Prozess benötigt keine Chemikalien oder Gefahrstoffe, sondern nutzt natürliche Stoffwechselvorgänge. Die Anlage besteht aus einem Tank und einem „Reaktionsraum“. Dieser enthält eine Vielzahl von Mikroorganismen. Bakterien, Pilze und Einzeller bilden ein anpassungsfähiges Ökosystem.

Es kann verschiedene Stoffe von Stickstoff bis Phosphor verarbeiten. „Dabei vermehren sich genau die Organismen, denen die jeweiligen Stoffe als Nahrungsgrundlage dienen“, sagt Gravitationsbiologe Dr. Jens Hauslage. Die Idee der Biofilter ist nicht neu – das Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin erforscht seit mehr als zehn Jahren Szenarien für bestimmte Lebensräume und Anwendungen. Auch ein Einsatz in Städten ist denkbar: Das Filtersystem könnte in Wohngebieten Abwässer reinigen und dabei platzsparend in Häusern untergebracht werden. Es bereitet außerdem Abwässer auf, die mit Medikamenten belastet sind.

Mögliche Anwendung für Gewächshäuser auf Mond oder Mars

Ursprünglich wurde C.R.O.P. für Missionen im All entwickelt. Astronautinnen und Astronauten auf Langzeitmissionen brauchen geschlossene Lebenserhaltungssysteme. Das würde ebenso für Stationen auf dem Mars oder dem Mond gelten. Atemluft, Wasser und Nahrung müssen dort verfügbar sein und so weit wie möglich recycelt werden. Mit aufbereiteten Abwässern könnten Forschende zum Beispiel ein Gewächshaus betreiben.

Eine Marktstudie und ein Feldversuch stärken den Technologietransfer von der Raumfahrt in die Landwirtschaft. Interessierte Landwirtinnen und Landwirte können, sofern die Gegebenheiten vor Ort passen, für einen Zeitraum eine Pilotanlage auf ihrem Gelände nutzen. So können Gülle oder Gärprodukte aus einer Biogasanlage vor Ort mit einer C.R.O.P.-Anlage zu einem höherwertigen Dünger weiterverarbeitet werden. Die Düngemittellösung ist direkt pflanzenverfügbar und verursacht keine Geruchsbelästigung.