Sicher impfen und heilen

Paul-Ehrlich-Institut (PEI) Sicher impfen und heilen

Gegen Ebola gab es keinen Impfstoff, da die Krankheit vor der Epidemie nur vereinzelt auftrat. Die Entwicklung eines Impfstoffs dauert zehn Jahre und länger. Staatliche Forschungseinrichtungen wie das Paul-Ehrlich-Institut entwickeln gentechnische Methoden, um diesen Zeitraum auf wenige Monate zu verkürzen.

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Beobachtung Zellkulturen

Wichtigstes Forschungsobjekt: Zellkulturen

Foto: Buck/PEI

Vor dem großen Ebola-Ausbruch 2014 in mehreren westafrikanischen Ländern gab es weltweit keinen Impfstoff. Der Grund war, dass die Krankheit davor bei kleineren Epidemien in größeren zeitlichen Abständen aufgetreten war.

Pipettieren von Zellkulturen in Nährmedium unter sterilen Bedingungen

Viren werden in Zellkulturen gezüchtet

Foto: Buck/PEI

Abgeschwächte Lebendimpfstoffe lassen in der Regel die höchste Wirksamkeit erwarten. Solche Impfstoffe gegen durch Viren ausgelöste Krankheiten wie Masern, Windpocken und Kinderlähmung sind Varianten des Erregers in deutlich abgeschwächter und dadurch ungefährlicher Form. Dazu mussten diese viralen Erreger im Labor "gezüchtet" werden. Die Viren wurden dabei in Zellkulturen so lange vermehrt, bis sich durch Mutationen der Viren eine Variante ergab, die im Körper eine Immunreaktion auslöst, aber nicht krank macht. Durch die Impfung bekommt das Immunsystem Kontakt mit der ungefährlichen Variante des Virus und kann dadurch einen Immunschutz gegen die Infektion entwickeln. Im besten Fall schützt die Impfung ein Leben lang.

Der Weg zum Impfstoff

Klassische Züchtungen wie bei Tieren oder Pflanzen dauern aber oft viele Jahre. Immer wieder muss überprüft werden, dass die im Impfstoff genutzte, abgeschwächte Virusvariante sicher und ungefährlich, aber trotzdem schützend ist. Moderne Verfahren der Gentechnik machen es nun möglich, in die Erbinformation eines bewährten Impfvirus innerhalb weniger Wochen gezielt Erbinformationen eines anderen Erregers "einzubauen", für den es bislang keinen Impfstoff gibt.

Arbeit mit Zellkulturen unter einer sterilen Werkbank

Höchste Anforderungen an Sterilität

Foto: Buck/PEI

So haben Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) - im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung - in die Erbinformation des Masern-Impfvirus Bausteine der Erbinformation des MERS-Coronavirus (MERS-CoV) eingebaut. MERS steht für Middle East Respiratory Syndrome und beschreibt einen schweren viralen Infekt der Atemwege mit regelmäßig tödlichem Verlauf. Im Labor gelang es bereits, dass das Immunsystem aufgrund der abgeschwächten Masernvirus-Variante Bestandteile des MERS-Erregers im Körper bildet und so eine Abwehr gegen MERS-CoV aufbaut. Dieses relativ schnelle Verfahren könnte sich auch auf die Herstellung von Impfstoffen gegen andere Infektionskrankheiten übertragen lassen, für die es noch keinen Impfstoff gibt.

Lohnt eine Entwicklung?

Warum entwickeln Impfstoffentwickler weltweit nicht gegen alle bekannten Infektionskrankheiten Impfstoffe auf Vorrat, um den Ausbruch einer Epidemie zu verhindern? Der Grund ist einfach: So eine Entwicklung kostet viele Millionen Euro, die sich bei seltenen Erregern selbst bei einer flächendeckenden Impfung kaum rechnet.

Ordner Zulassungsantrag Paul-Ehrlich-InstitutBundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel

Zulassungsverfahren gut geordnet

Foto: Bundesregierung

Wenn jedoch die Forschung vorarbeitet – bei einem der nun in Zulassungsstudien getesteten Impfstoffe gegen Ebola tat das unter anderem das kanadische Gesundheitsministerium – können alle Beteiligten im Fall einer Epidemie schneller reagieren. Derzeit tritt die vor vier Jahren noch unbekannte Krankheit MERS vermehrt im arabischen Raum auf. Auch durch die Vorarbeit des PEI könnten geeignete Firmen oder Institutionen in relativ kurzer Zeit einen Impfstoff weiter entwickeln. 

Nutzen und Risiken bewerten

Das Projekt ist ein Beispiel für Forschungen des Paul-Ehrlich-Instituts als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel. Es prüft und bewertet biomedizinische Arzneimittel und Impfstoffe bei der klinischen Entwicklung, Zulassung und danach, genehmigt klinische Prüfungen mit diesen Arzneimitteln vor ihrer Zulassung und prüft Chargen von Impfstoffen, Seren, Blutprodukten und Allergenen vor ihrer Freigabe . "Unser besonderes Augenmerk gilt dabei der Arzneimittelsicherheit aber auch –wirksamkeit", sagt Prof. Dr. Klaus Cichutek, Präsident des Instituts.

PEI Interview Prof. Dr. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts

So bewertet das Paul-Ehrlich-Institut auch Verdachtsfälle von Arzneimittelnebenwirkungen und Impfkomplikationen. Mit seinen beiden WHO-Kooperationszentren unterstützt das PEI die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei ihrem Beitrag zur Versorgung mit sicheren und wirksamen Impfstoffen und Blutprodukten. Themen der Forschung des Instituts sind aber auch neuartige Immuntherapiekonzepte für die Behandlung von Allergien, Infektionskrankheiten und Tumorerkrankungen. So ist die eigene experimentelle Forschung des Paul-Ehrlich-Instituts unverzichtbar und untrennbar mit seien regulatorischen Aufgaben verbunden.

Gefährliche Arzneimittelerprobung

Horrorfotos von schwarzen abgestorbenen Zehen und Fingern veröffentlichte die britische Boulevardzeitung "Sun" nach einer in London im Jahr 2006 begonnenen Arzneimittelstudie. Sechs Teilnehmer der Studie für ein neues Medikament gegen rheumatoide Arthritis und eine bestimmten Form der Leukämie schwebten in Lebensgefahr und trugen Folgeschäden davon. Dies geschah bei einer so genannten Phase-I-Studie, in der gesunden Versuchspersonen ein zuvor in Tierversuchen getestetes neues Medikament verabreicht wurde, um seine Unschädlichkeit zu erproben. In Versuchen mit Mäusen und Affen bei sehr viel höherer Dosierung hatte das Medikament keine negativen Wirkungen.

Luftbild Paul-Ehrlich-Institut Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel

Gebäude des Paul-Ehrlich-Instituts in Langen

Foto: Buck/PEI

Durch umfangreiche Untersuchungen vor der Erstanwendung der Arzneimittel beim Menschen versucht man sicherzustellen, dass es nicht zu solchen schweren Nebenwirkungen kommt. Wie das Beispiel zeigt, kann man es aber bisher nicht völlig ausschließen. Unterschiede im Immunsystem zwischen den untersuchten Tieren und dem Menschen waren hier offenbar für diesen schweren Zwischenfall verantwortlich. Auch Forschungsgruppen des PEI arbeiten intensiv an der weiteren Aufklärung der molekularbiologischen Prozesse rund um das Immunsystem, um so etwas in Zukunft sicher zu verhindern. Vor einer Erstanwendung von Arzneimitteln am Menschen sind Tierversuche erforderlich. Es gibt aber auch Bereiche, in denen sich Tierversuche durch alternative Labormethoden ersetzen lassen. Das PEI arbeitet hier an Alternativmethoden und hat deswegen auch schon verschiedene Tierschutzpreise gewonnen.

Menschliche Zellen im Tier

Damit man von den Ergebnissen aus Tierversuchen auf Menschen schließen kann, ist es wichtig, dass die von einem Wirkstoff in einem Arzneimittel ausgelösten Reaktionen möglichst vergleichbar sind. Ein erfolgreich beschrittener Weg ist die "Humanisierung" von Versuchstieren. Tatsächlich ist es möglich, das Immunsystem von Mäusen sehr stark einzuschränken und ihnen Teile des menschlichen Immunsystems "einzupflanzen". Damit werden gewisse Aspekte des menschlichen Immunsystems im "Mausmodell" simuliert.

Tatsächlich führte der Wirkstoff, der bei den britischen Probanden zu der lebensgefährlichen Reaktion führte, nicht aber bei normalen Mäusen, bei den von Wissenschaftlern des PEI humanisierten Mäusen zu einer Immunreaktion. Wäre eine derartige Reaktion in England vor dem Menschenversuch beobachtet worden, wäre die Phase-I-Studie nie genehmigt worden..

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) ist als Ressortforschungseinrichtung aktiv in der prüfungsbegleitenden Forschung und der grundlagenorientierten Vorlaufforschung. Es gehört zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Hervorzuheben ist die regulatorische Forschung. Das PEI berichtet über die Ergebnisse seiner Forschung regelmäßig in Form von Pressemitteilungen.