Schnelle Hilfe bei Infektionskrankheiten

EU vor Ort: Forschungscampus "InfectoGnostics" Schnelle Hilfe bei Infektionskrankheiten

Infektionskrankheiten wie die Lungenentzündung können lebensbedrohlich sein. Deshalb ist es wichtig, den Erreger und seine mögliche Antibiotika-Resistenz schnell zu erkennen. Am Jenaer Forschungscampus InfectoGnostics entwickeln Fachleute aus Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam neue Testverfahren – mit Unterstützung der EU.

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Drei Forscher stehen in weißen Kitteln in einem Labor und unterhalten sich. Im Hintergrund sind weitere Forscher bei der Arbeit zu sehen.

Forscherin Susanne Pahlow und InfectoGnostics-Geschäftsführer Jens Hellwage (links) im Gespräch mit Marc Lehmann, CEO der Firma SmartDyeLivery (rechts).

Foto: InfectoGnostics/Europäische Kommission

Eine Viertelmillion Menschen in Deutschland erkranken jährlich an einer Lungenentzündung. Besonders betroffen sind Personen mit einem schwachen Immunsystem, insbesondere Patienten im Krankenhaus. Bakterien können innerhalb von kürzester Zeit die zum Teil lebensgefährliche Krankheit auslösen. 

In der Regel hilft eine Antibiotika-Therapie. Das Problem: Immer häufiger bleiben Antibiotika wirkungslos, da die Bakterien Resistenzmechanismen entwickeln. Um herauszufinden, ob das Medikament überhaupt sinnvoll eingesetzt werden kann, braucht es zwei bis drei Tage – oft zu lange, um Leben zu retten.

Diagnose schon am Krankenbett

Der Forschungscampus InfectoGnostics in Jena entwickelt verschiedene Verfahren, um zum Beispiel die Erreger der Lungenentzündung und deren Resistenzen schnell zu diagnostizieren – möglichst schon beim Hausarzt oder am Klinikbett. 

Eine sehr vielversprechende Methode sei die photonische Diagnostik, erklärt Professor Jürgen Popp, Sprecher des InfectoGnostics-Vorstands: "Damit sind wir zum einen in der Lage, die Keime direkt nachzuweisen, gleichzeitig aber auch die Antibiotika-Resistenz zu erkennen." Die Herausforderung sei nun, das Ganze klein, kompakt und robust hinzubekommen - "und zu einem möglichst günstigen Preis, sodass am Ende ein breiter Markt bedient werden kann".

In der Vergangenheit kostete ein solches Gerät mindestens 200.000 Euro. Mittlerweile haben die Jenaer Forscherinnen und Forscher deutlich günstigere Prototypen für unter 5.000 Euro entwickelt.

Zusammenarbeit unter einem Dach 

Das Besondere am Forschungscampus InfectoGnostics: Fachleute aus Technologie und unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen arbeiten eng zusammen. Durch den Austausch zwischen Medizin, Forschung und Wirtschaftsunternehmern wird die Entwicklung neuer Ideen und Konzepte für die schnelle Diagnostik beschleunigt. Gleichzeitig werden die Technologien rascher zur Marktreife gebracht. Neue Verfahren kommen so in kürzerer Zeit bei Ärzten und Patienten an.

Neben den Testverfahren bei Infektionskrankheiten arbeitet der Forschungscampus auch an anderen diagnostischen Methoden, die etwa einen automatisierten Schnelltest zur Krebsfrüherkennung bei Frauen ermöglichen. 

InfectoGnostics ist einer von neun Campi in Deutschland, die das Bundesforschungsministerium im Rahmen der Initiative "Forschungscampus – öffentlich-private Partnerschaft für Innovationen“ fördert. Der maximale Förderzeitraum beträgt 15 Jahre.

EU fördert Forschungsarbeit

Unterstützt wird InfectoGnostics unter anderem vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). So sind im Zeitraum 2014-2020 rund acht Millionen Euro in das Projekt geflossen. Mit den Geldern der EU konnten unter anderem der Bau und die Ausstattung der Infrastruktur am Jenaer "Zentrum für Angewandte Forschung" finanziert sowie der Aufbau einer InfectoGnostics-Biobank zur Lagerung von klinischen Proben teilfinanziert werden. 

Der EFRE ist Teil der Strukturförderung der Europäischen Union mit dem Ziel das Ungleichgewicht zwischen den Regionen der Gemeinschaft abzubauen. In Deutschland verwaltet das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie den Fonds. Die Mittel müssen durch andere Gelder kofinanziert werden.

"Markenzeichen Jenas"

Der Jenaer Forschungscampus ist ein Gewinn für die Region. Für Jenas Oberbürgermeister Thomas Nitzsche zeigt der kooperative Ansatz von "InfectoGnostics", wie gut die mittelständische High-Tech-Industrie mit der akademischen und außeruniversitären Forschung in Jena vernetzt sei: "Diese produktive Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft auf Augenhöhe ist ein Markenzeichen Jenas.“