Privatheit im Netz

Neue Hightech-Strategie Privatheit im Netz

Gibt es im Netz noch eine Privatsphäre oder kann jeder mit Daten machen, was er will? Wie sich dies im deutschen Recht beantworten lässt und wie etwa in den USA, ist eine Frage der juristischen Forschung. Sie ist Teil des "Forums Privatheit" und des Zukunftsprojekts "Zivile Sicherheit" der Hightech-Strategie der Bundesregierung.

3 Min. Lesedauer

Ein Finger tippt auf das Paragraphenzeichen auf der Tastatur

Wie sind unsere Daten juristisch geschützt?

Foto: Bundesregierung/Stutterheim

Insbesondere große Internet-Konzerne haben großes wirtschaftliches Interesse daran, dass die Privatheit – im Englischen privacy –gesetzlich so geschützt ist, dass sie eine weitgehend freie Nutzung personenbezogener Daten erlaubt. Da die Datenmengen inzwischen gigantisch sind und damit eine Datenkontrolle vermeintlich ausweglos, plädieren einige Juristen in den USA dafür, das Sammeln und Speichern von Daten generell zuzulassen.

Grundgesetzlich geschützt

Die Kassler Wissenschaftler Christian Geminn und Alexander Roßnagel haben aufgezeigt, dass dies nicht nur dem deutschen Recht widerspräche, sondern sogar dem nicht änderbaren Artikel 1 des Grundgesetzes. Im Grundgesetz gibt es allerdings die Begriffe Privatheit, Privatsphäre und Privatleben nicht. Dass die Privatsphäre jedoch geschützt ist, leitet sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in Artikel 2 des Grundgesetzes ab. Unsere Verfassung garantiert dieses Freiheitsrecht, das aus dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und der Würde des Menschen entwickelt wurde.

Jugendliche mit Laptops

Kommunikation per Computer gehört zu unserem Leben

Foto: Colourbox

Das Persönlichkeitsrecht gestattet jedem Menschen selbst zu entscheiden, was für ihn ein privater Bereich ist für Lebensgestaltung und persönliche Entfaltung. Weiterhin kann der Einzelne selbst darüber befinden, wie er sich gegenüber Dritten und der Öffentlichkeit darstellen will. Er soll beispielsweise selbstbestimmt entscheiden können, inwieweit Dritte seine Persönlichkeit zum Gegenstand öffentlicher Erörterungen machen dürfen.

Informationelle Selbstbestimmung

Letztlich geht es um das "Recht auf informationelle Selbstbestimmung". 1983 wurde es vom Bundesverfassungsgericht im so genannten Volkszählungsurteil aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der Menschenwürde abgeleitet. Das Urteil gilt als Meilenstein des Datenschutzes. Anlass war die damals geplante, aufgrund des Urteils erst 1987 modifiziert durchgeführte Volkszählung.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet, dass jeder Einzelne selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten bestimmen darf. Damit kann er selbst entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden.

Handys mit Apps

Wirklich alles öffentlich?

Foto: Sebastian Bolesch

Praktisch umgesetzt bedeutet dies, dass Informationen, die ich selbst bei Facebook preisgebe, nicht geschützt sind. Stellt allerdings eine andere Person Informationen, Fotos, Dokumente oder Ähnliches über mich in ein soziales Netzwerk ein, so kann ich dagegen vorgehen. Ob dies natürlich gegenüber Giganten wie den amerikanischen Netzwerken erfolgsversprechend ist, steht auf einem anderen Blatt.

Neue Qualität

Die Forscher sind der Auffassung, dass es eine neue Qualität der informationellen Selbstbestimmung dadurch gibt, dass es heute möglich ist, noch so unerhebliche Information über eine Person mit anderen Informationen zu einem weitgehend vollständigen Persönlichkeitsbild zusammenzufügen. Das derzeitige Recht erlaubt die Verarbeitung personenbezogener Daten grundsätzlich nur, wenn dafür eine Zustimmung des Betroffenen oder eine Erlaubnis des Gesetzgebers vorliegt. Verfechter einer anderen Rechtsauffassung – vor allem in den USA– plädieren dafür, dass der Staat festlegt, dass nur bestimmte Datenkategorien geschützt sind. Alle anderen Daten wären dann frei für eine Verarbeitung und Nutzung. Diese Idee widerspricht dem deutschen freiheitlichen Ansatz und hat daher derzeit wenig Chance auf Umsetzung.

Die juristische Untersuchung zeigt recht deutlich, dass die informationelle Selbstbestimmung im Zeitalter des Internet und der sozialen Medien durchaus keine Selbstverständlichkeit ist. Das ist ein Grund, warum sich im vom Bundesforschungsministerium geförderten "Forum Privatheit" Wissenschaftler ganz unterschiedlicher Disziplinen mit den gesellschaftspolitischen Herausforderungen dieses Themas befassen. Es will Lösungskonzepte zum Spannungsfeld Digitalisierung – Privatheit vorlegen und dies öffentlich kommunizieren. Gleichzeitig berät es so Wirtschaft und Politik.