Worum ging es beim Vertrag von Lissabon?

Ein Meilenstein für die Europäische Union Worum ging es beim Vertrag von Lissabon?

Am 1. Dezember 2009 trat der Vertrag von Lissabon in Kraft. Dies war vor zehn Jahren die letzte grundlegende Änderung der Europäischen Verträge - nach dem Vertrag von Nizza, der seit 2003 galt. Doch was brachte der Vertrag von Lissabon konkret? Hier einige wichtige Inhalte im Überblick.

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Fahnen wehen von dem Europäischen Parlament in Straßburg.

Der Vertrag von Lissabon brachte mehr Einfluss für das Europäische Parlament.

Foto: European Union/EP Louise WEISS building/Architecture Studio

Eine Grundrechte-Charta für alle EU-Bürgerinnen und -Bürger

Mit dem Vertrag von Lissabon tritt auch die Grundrechte-Charta der Europäischen Union in Kraft. Erstmals werden für die 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger der EU Grundrechte festgeschrieben. Notfalls kann man sie nun einklagen. Denn das Handeln aller Organe und Einrichtungen der EU muss sich nun an diesen Grundrechten messen lassen - und das der nationalen Behörden, wenn sie EU-Recht ausüben.

Mehr Macht für das Europäische Parlament

Das direkt von den Bürgerinnen und Bürgern gewählte Europäische Parlament erhält deutlich mehr Befugnisse: Nun ist es bei fast allen Gesetzgebungsakten dabei, als gleichberechtigter Mitentscheider neben dem Rat der EU, in dem die nationalen Regierungen vertreten sind – ein ganz erheblicher Machtzuwachs. Entscheidend auch: Das EU-Parlament bestimmt künftig gleichberechtigt mit dem Rat der EU über das Budget der EU.

Mehr Mitsprache von Bundestag und Bundesrat

Auch die nationalen Parlamente erhalten mit dem Vertrag von Lissabon mehr Mitspracherechte, in Deutschland auch die Länderkammer. Dies stärkt vor allem das Subsidiaritätsprinzip. Das bedeutet: Die EU soll nur dann etwas regeln, wenn es auch sinnvoll ist, dies auf europäischer Ebene zu tun – und nicht national.

Sind die nationalen Parlamenten der Meinung, dass die Angelegenheit zum Beispiel in ihre Kompetenz fällt und sich gegen ein Vorhaben aussprechen, muss es die EU-Kommission überprüfen. Außerdem gibt es nun ein Klagerecht für nationale Parlamente vor dem Europäischen Gerichtshof.

Mehr Einfluss der Bürgerinnen und Bürger

Neu ist die Europäische Bürgerinitiative – neben der Wahl zum Europäischen Parlament eine weitere Möglichkeit für Bürgerinnen und Bürger, Einfluss auf die Politik nehmen. Wenn eine Million von ihnen per Unterschriftenliste Rechtsakte zu einem bestimmten Problem fordert, muss die EU-Kommission tätig werden und Maßnahmen hierzu vorschlagen.

Handlungsfähiger bei Entscheidungen

Vor dem Vertrag von Lissabon mussten viele Entscheidungen in der EU einstimmig getroffen werden - bei so vielen Mitgliedstaaten nicht einfach. Nun können in den meisten Fällen die Entscheidungen im Rat der EU nach dem Mehrheitsprinzip getroffen werden. Konkret braucht es die qualifizierte Mehrheit, bei der sowohl die Anzahl der Staaten als auch die Bevölkerungszahl eine Rolle spielen. Damit ist die EU handlungsfähiger.

Bei besonders sensiblen Themen bleibt die Einstimmigkeit erhalten. So etwa bei Außenpolitik und Verteidigung. Hier müssen alle Mitgliedstaaten zustimmen.

Mehr gemeinsames Handeln in der Welt

Mit dem Vertrag von Lissabon gibt es erstmals eine Art Außenministerin für die Europäische Union. Die Position einer "Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik" wird geschaffen und mit der Britin Catherine Ashton besetzt.

Die Aufgabe liegt nun – nach der Italienerin Federica Mogherini – erstmals bei einem Mann. Der Spanier Josep Borrell übernimmt am 1. Dezember 2019 die Funktion des EU-Außenbeauftragten. Ihn unterstützt der Europäische Auswärtige Dienst. Das ist der diplomatische Dienst der EU, der Auslandsvertretungen weltweit unterhält.