Beziehungen zur Türkei und Russland im Fokus

Europäischer Rat in Brüssel Beziehungen zur Türkei und Russland im Fokus

Außenpolitische Themen standen im Mittelpunkt des Europäischen Rates. Die EU-Staats- und Regierungschefs vereinbarten, das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei fortzusetzen. Bei Russland plädierte Bundeskanzlerin Merkel für einen gemeinsamen Gesprächskanal der EU. In der Pandemie wollen sich die Mitgliedstaaten mit Blick auf die Delta-Variante besser abstimmen.

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Foto zeigt Bundeskanzlerin Merkel

„Wir müssen alles versuchen, um eine vierte Welle zu verhindern“, so Bundeskanzlerin Merkel nach dem Europäischen Rat. 

Foto: Bundesregierung/Bergmann

Angesichts der sich ausbreitenden Delta-Variante in ganz Europa könne man nicht sagen, dass man schon dem Ende der Pandemie entgegensteuere – trotz steigender Impfquote, so die Kanzlerin nach dem zweitägigen Gipfel in Brüssel. „Wir müssen alles versuchen, um eine vierte Welle zu verhindern“, mahnte sie und verwies darauf, weiter die Hygienemaßnahmen zu beachten und das Testen aufrechtzuerhalten.

Digitales Covid-Impfzertifikat ist großer Erfolg

Die Einigung auf das digitale Covid-Impfzertifikat bezeichnete Merkel als große Erfolgsgeschichte. Mit Blick auf die Virusvarianten vereinbarten die Staats- und Regierungschefs sich besser zu koordinieren. Zudem berieten sie über die Frage, wie man mit Impfstoffen umgeht, für die keine Zulassung der EMA vorliegt. Hier wurde die Kommission gebeten, einen Vorschlag zu machen, der einheitlich im Binnenmarkt gilt.

Wirtschaftliche Erholung auf gutem Weg

Die Staats- und Regierungschefs befassten sich auch mit der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie. „Ich glaube wir können sagen, dass wir bisher gut durch die außergewöhnlich schwierige Situation gekommen sind“, sagte Merkel. Hierzu habe beigetragen, dass man beherzt gehandelt und vergleichsweise schnell gearbeitet habe.

Als Beispiel nannte sie hier den Eigenmittelbeschluss, durch den die Gelder von Next Generation EU den Mitgliedsstaaten zur Verfügung gestellt werden. „Die Aussichten sind gut, dass wir zu einer schnellen wirtschaftlichen Erholung kommen.“ Dies hänge jedoch auch stark von der Entwicklung der pandemischen Lage ab. Es müsse alles dafür getan werden, dass die Inzidenz niedrig und das Infektionsgeschehen kontrollierbar bliebe.

Migration – stärker mit Drittländern zusammenarbeiten

In der Flüchtlingspolitik wollen die Mitgliedstaaten künftig stärker mit Herkunfts- und Transitländern zusammenarbeiten. Die EU-Kommission werde den Mitgliedstaaten Abkommen mit den einzelnen Staaten vorlegen. Darin werden spezifische Vereinbarungen getroffen, um die illegale Migration einzuschränken. 

EU-Türkei-Abkommen fortsetzen

Mit Blick auf die Türkei begrüßte der Europäische Rat, dass sich die Lage im östlichen Mittelmeerraum entspannt hat. „Wir hoffen, dass das anhält“, so Merkel. Man könne nun über die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates im März hinausgehen und über einige Fragen der Zollunion sprechen. 

Die EU-Staats- und Regierungschefs einigten sich auf die Freigabe von weiteren rund drei Milliarden Euro zur Unterstützung von syrischen Flüchtlingen in der Türkei. Zusätzlich sollten auch Jordanien und Libanon Gelder erhalten. Die Kommission werde hier in Kürze ein formalisiertes Papier vorlegen, erklärte die Kanzlerin.

Schwieriges Verhältnis zu Russland

Zu Russland habe es eine „ehrliche Diskussion“ gegeben, sagte die Kanzlerin weiter. „Es geht um die Frage, wie wir die Konflikte, die mit Russland bestehen, lösen.“ Sie brachte auch die Überzeugung zum Ausdruck, dass es besser wäre, wenn die EU einen gemeinsamen Gesprächskanal mit Russland habe. 

Die Staats- und Regierungschefs konnten sich nicht darauf einigen, Treffen auf Leitungsebene mit Präsident Putin wieder aufzunehmen. Dies hatten die Bundeskanzlerin und Frankreichs Staatspräsident Macron vorgeschlagen. An Formaten und Voraussetzungen für Kontakte werde nun gearbeitet, so die Kanzlerin. 

Wertediskussion mit Ungarn

Die Staats- und Regierungschefs diskutierten mit Ministerpräsident Orban über das umstrittene ungarische Gesetz zur Einschränkung von Informationen über Homosexualität. Dabei hätten sie deutlich gemacht, dass „Toleranz und Respekt ein Herzstück der Europäischen Union“ sind. „Die Diskussion war wichtig, weil wir sie in einer solchen Tiefe und Ehrlichkeit noch nicht hatten“, betonte Kanzlerin Merkel. Die Kommission werde sich jetzt weiter mit dem ungarischen Gesetz und seiner Vertragskonformität beschäftigen.

Treffen mit UN-Generalsekretär Guterres

Zu Beginn ihres Gipfels waren die Staats- und Regierungschefs mit UN-Generalsekretär Guterres zusammengekommen. Im Zentrum standen multilaterale Fragen. Es habe ein „hohes Maß an Übereinstimmung“ gegeben zwischen ihm und dem Europäischen Rat, sagte Merkel. Sie sicherte den UN in allen Belangen die Unterstützung der EU-Mitgliedstaaten zu – sei es bei der Pandemie, der Agenda 2030, Fragen von Krieg und Frieden.