Sanktionen gegen Belarus beschlossen

Kanzlerin Merkel beim Europäischen Rat Sanktionen gegen Belarus beschlossen

Nach den jüngsten Vorgängen in Belarus haben die Staats- und Regierungschefs Sanktionen gegen das Land beschlossen. Sie fordern die Freilassung des Bloggers Protasewitsch und seiner Partnerin. Auch Russland, der Klimaschutz und die Corona-Pandemie standen auf der Agenda. Kanzlerin Merkel sprach von konstruktiven und zielorientierten Diskussionen. „Das hat auch den Charakter dieses Rates geprägt.“

4 Min. Lesedauer

Bundeskanzlerin Merkel

Die EU hat schnell und entschieden auf die Ereignisse in Belarus reagiert, so Kanzlerin Merkel nach dem Europäischen Rat in Brüssel.

Foto: Bundesregierung/Kugler

Beim informellen Europäischen Rat in Brüssel sollte es vorrangig um den Klimaschutz, die Corona-Pandemie und außenpolitische Fragen gehen. Doch aus aktuellem Anlass berieten die Staats- Regierungschefs der Europäischen Union am Montagabend zunächst über ein anderes Thema: eine europäische Reaktion auf die jüngsten Vorgänge in Belarus. Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich zum Abschluss des Gipfels besorgt über die Ereignisse im Zusammenhang mit der Festnahme des Journalisten Roman Protasewitsch. 

Die Behörden von Belarus hatten am Sonntag ein Ryanair-Flugzeug auf dem Weg von Griechenland nach Litauen mit Hilfe eines Kampfjets zur Landung in Minsk gebracht. An Bord war auch der von der Führung des Landes international gesuchte Blogger Roman Protasewitsch. Er war kurz nach der Landung in Minsk festgenommen worden.

Internationale Zivilluftfahrt-Organisation soll Vorfall untersuchen

Kanzlerin Merkel erklärte am Dienstag, der Europäische Rat habe das Vorgehen auf das Schärfste verurteilt und die sofortige Freilassung von Protasewitsch und seiner Partnerin verlangt. Zudem sei die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation aufgefordert worden, diesen „beispiellosen“ und „inakzeptablen“ Vorfall dringend zu untersuchen.

Zudem beschlossen die Staats- und Regierungschefs ein Nutzungsverbot des EU-Luftraums für belarussische Fluggesellschaften. Diese sollten auch nicht mehr auf Flughäfen in der EU starten und landen dürfen. Außerdem einigten sich die Mitgliedstaaten auf zusätzliche Wirtschaftssanktionen und beauftragten die Außenminister, weitere Personen und Organisationen auf die Sanktionsliste zu nehmen.

Strategischer Austausch zu Russland

Die Staats- und Regierungschefs tauschten sich auch über das Verhältnis der EU zu Russland aus. Beim Europäischen Rat im Juni wird auf Grundlage eines Berichts der Europäischen Kommission und des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) die Diskussion weiter vertieft werden. „Wir waren uns einig, dass wir auf die russische Politik gemeinsam und koordiniert reagieren müssen“, so die Kanzlerin. Es sei natürlich auch notwendig, „eine gemeinsame Vorstellung davon zu entwickeln, welche Art von Beziehung wir uns vorstellen“, erklärte sie.

In einer Erklärung verurteilten die Staats- und Regierungschefs „die illegalen, provokativen und disruptiven russischen Aktivitäten gegen die EU, ihre Mitgliedstaaten und darüber hinaus“. Die EU stehe angesichts dieser Handlungen weiter einig und solidarisch zusammen und unterstütze die östlichen Partner.

„Wir haben schnell und sofort und auch – wie ich finde – entschieden reagiert“, sagte Kanzlerin Merkel. Die Diskussionen über Belarus und Russland seien konstruktiv und zielorientiert gewesen. „Das hat auch den Charakter dieses Rates geprägt.“

Naher Osten,Vereinigtes Königreich, USA

Auch der jüngste Konflikt im Nahen Osten stand auf der Tagesordnung. Der Europäische Rat begrüßte die Waffenruhe, mit der der Gewalt ein Ende gesetzt werden soll. Die Staats- und Regierungschefs bekräftigten, dass sie entschlossen für eine Zweistaatenlösung eintreten.

Der Europäische Rat beriet auch über das Verhältnis zu Großbritannien nach dem Brexit – besonders mit Blick auf Nordirland. Die EU-Staats- und Regierungschefs forderten die vollständige Umsetzung des vereinbarten Abkommens. Außerdem sprachen sie über den EU-US-Gipfel am 15. Juni. 

Covid-19-Pandemie

Die Lage in der Corona-Pandemie stand am Dienstagvormittag auf der Tagesordnung des Europäischen Rates. Die Staats- und Regierungschefs begrüßten die Einigung auf ein digitales Impfzertifikat. Es so „noch ein Stück Arbeit“, dies umzusetzen, man arbeite auch in Deutschland daran, so Merkel. „Aber die Rechtsgrundlage ist erst einmal da, und das ist wichtig.“ Mit Blick auf die Virusvarianten müsse die EU noch noch „schneller und gemeinschaftlicher reagieren“, sagte die Kanzlerin. Deshalb sei es gut, dass sich der Rat vergangene Woche auf einen Mechanismus geeinigt habe, um schnell und koordiniert auf neue Varianten reagieren zu können.

Die Staats- und Regierungschefs beschäftigten sich auch mit dem Thema Impfstoffverteilung. „Wir wissen, dass, um die Pandemie weltweit in den Griff zu bekommen, alle die Chance haben müssen, Impfstoffe zu bekommen“, betonte Merkel. Die Europäische Union sei hier ein gutes Beispiel. Ein großer Teil des in der EU produzierten Impfstoffes gehe in Drittstaaten.

Darüber hinaus habe die EU beim G20-Gesundheitsgipfel vergangenen Freitag in Rom zugesagt, bis Ende 2021 mindestens 100 Millionen Impfdosen an Drittstaaten zu spenden. Merkel erinnterte daran, dass sie zugesagt habe, dass Deutschland  sich mit 30 Millionen Dosen daran beteiligen werde.

EU-Klimapolitik

Am Dienstagnachmittag stand der Klimaschutz im Mittelpunkt der Beratungen. Die Europäische Kommission erarbeitet zurzeit das „Fit-für-55“-Klimapaket. Am 14. Juli will sie es vorlegen. Kommissionspräsidentin von der Leyen habe den Staats- und Regierungschefs die großer Bandbreite der Rechtsakte erläutert, erklärte die Kanzlerin. Man habe eine erste Orientierungsdiskussion geführt und warte nun auf die Vorschläge. „Der Zwischenschritt war wichtig, weil alle nochmal ihre nationalen Erwartungen an das Paket der Kommission äußern konnten.“

Der Europäische Rat hatte im Dezember 2020 beschlossen, dass bis zum Jahr 2030 der Ausstoß von Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent gesenkt werden soll. Das Paket betrifft unter anderem das EU-Emissionshandelssystem, die Erneuerbare Energien-Richtlinie und Flottengrenzwerte für Pkw.

Deutschland will schon bis 2045 klimaneutral werden: Mit der Änderung des Bundesklimaschutzgesetzes , den das Kabinett am 12. Mai auf den Weg brachte, passt die Bundesregierung die deutschen Klimaschutzziele bereits an das höhere EU-Ziel an. Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen in Deutschland um mindestens 65 Prozent sinken und bis 2040 um 88 Prozent. Das Ziel der Treibhausgasneutralität bereits bis 2045 wird ebenfalls im Gesetz verankert.