"Europa ist ein Tor zu neuen Möglichkeiten"

Antike Altstadt Plowdiw (Bulgarien) "Europa ist ein Tor zu neuen Möglichkeiten"

Die bulgarische Stadt Plowdiw ist neben dem italienischen Matera diesjährige Kulturhauptstadt Europas. Der Zahnarzt Stepan Kevorkyan ist in Plowdiw aufgewachsen. Im Interview berichtet er, wie sich seine Heimatstadt derzeit verändert.

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Das römische Amphitheater Philippopolis in Plowdiw.

Historische Stätte und Verantstaltungsort mit spektakulärer Aussicht auf den Gebirgszug der Rhodopen: das im Amphitheather in Plowdiw.

Foto: Getty Images

Plowdiw ist die zweitgrößte Stadt Bulgariens und eine der ältesten Städte Europas - älter als Rom oder Athen. Noch heute findet man in der bulgarischen Metropole viele Ruinen antiker Bauwerke. Auch für seine Literatur und Malerei ist Plowdiw bekannt. Jedes Jahr finden hier zahlreiche Kultur-Messen und -Festivals statt.

Plowdiw ist die erste Stadt Bulgariens, die zur Kulturhauptstadt Europas ernannt wurde. Welche Bedeutung hat diese Auszeichnung für Sie und die Menschen in Plowdiw?

Stepan Kevorkyan: Wir sind sehr glücklich und aufgeregt. Es ist im Moment viel los in Plowdiw − und besonders im Stadtviertel Kapana tut sich viel. In den Fußgängerzonen gibt es viele interessante Geschäfte mit Handwerksarbeiten, Kunstgalerien, Restaurants und Pubs. Hier findet auch jedes Jahr das Kulturfestival "Kapana Fest" statt. Insgesamt haben die Organisatorinnen und Organisatoren hunderte Projekte und Veranstaltungen in Plowdiw und der umliegenden Region vorbereitet. 

Unsere Altstadt, für die Plowdiw berühmt ist, ist momentan voller Touristen. Sie kommen wegen des Kulturhauptstadtjahres her. Im Unterschied zu unserer Hauptstadt Sofia sind wir aber nicht an diese Menschenmengen gewöhnt. Wir brauchen noch etwas Zeit, um uns daran zu gewöhnen. Aber alle tun ihr Bestes, damit sich die Besucherinnen und Besucher in Plowdiw wohl fühlen.

Haben Sie in Ihrem Alltag Veränderungen aufgrund des Kulturhauptstadtjahres wahrgenommen?

Stepan Kevorkyan: Im Alltag arbeite ich in meiner Zahnarztpraxis und merke kaum Unterschiede. Aber ich lebe im Stadtzentrum und habe die Vorbereitungen auf das Kulturhauptstadtjahr hautnah miterlebt. Vor der Auszeichnung als Kulturhauptstadt hatten wir viele Probleme. Zum Beispiel  leiden wir unter Luftverschmutzung. Die Stadtverwaltung bemüht sich nun, den Verkehr und die Umweltbelastung zu reduzieren. In der ganzen Stadt werden Fahrradwege gebaut. Das soll die Menschen dazu anregen, andere Transportmöglichkeiten zu nutzen. In dieser Hinsicht wird bereits gute Arbeit geleistet. Es gibt viele Dinge, die wir ändern wollen, auch wenn in unserem Land alles etwas langsamer vorwärts geht. 

Der Titel "Kulturhauptstadt Europas" wird jährlich von der Europäischen Union vergeben. Er soll den Reichtum, die Vielfalt und auch die Gemeinsamkeiten der europäischen Kulturen hervorheben. Seit 2004 wird der Titel an mindestens zwei Städte vergeben. In diesem Jahr tragen das bulgarische Plowdiw und Matera in Italien  die Auszeichnung. Anlässlich des Kulturhauptstadtjahres 2019 bietet Plowdiw unter dem Motto "Together" ein vielfältiges Programm .

Wie würden Sie Plowdiw beschreiben? Was macht Plowdiw einzigartig und für Besucherinnen und Besucher attraktiv?

Stepan Kevorkyan: Plowdiw ist derzeit eine der pulsierendsten Städte Bulgariens. Viele junge Menschen kommen zum Studium hierher. In der Altstadt von Plowdiw werden zurzeit viele alte Bauwerke restauriert. Das schöne antike Amphitheater liegt auf einem Bergsattel zwischen zwei der sieben Hügel Plowdiws. Von dort aus hat man einen atemberaubenden Blick über die Stadt. Es nimmt eine zentrale Rolle im Kulturprogramm ein, da dort viele Aufführungen stattfinden.

Es gibt so viele interessante Orte in und rund um unsere Stadt zu sehen. Die Europäerinnen und Europäer sollten sich das nicht entgehen lassen!

Was bedeutet Europa für Sie persönlich?

Stepan Kevorkyan: Für mich ist Europa ein Tor zu neuen Möglichkeiten. Ich möchte weiterhin in Bulgarien arbeiten. Aber wenn ich durch Europa reise, versuche ich, andere Kulturen kennenzulernen. Ich finde es wichtig, dass man sieht, wie andere Menschen leben und arbeiten. Europa ist vielfältig an Nationen und Kulturen und damit reich an Unterschieden. 

Das Leben und die Kultur der Balkanländer unterscheiden sich sehr von anderen Ländern. Ich habe allerdings auch viele Ähnlichkeiten, zum Beispiel zwischen unserer Kultur und den südeuropäischen Kulturen, festgestellt. Beispielsweise trinken wir viel Kaffee und sind sehr gesellig. Wir sind stark familienorientiert und emotional. Und wir haben starke Traditionen, die ich für einzigartig und sehr interessant halte.

Porträt Kevorkyan plus Text: Stepan Kevorkyan kennt Plowdiw von Kindesbeinen an: Der heute 27-Jährige ist in der bulgarischen Metropole mit der musealen Altstadt zur Schule gegangen und hat an der dortigen Universität Medizin studiert.

Die Fragen beantwortete Stepan Kevorkyan. 

Foto: Stepan Kevorkyan, Bundesregierung