Tag der Freude und des Gedenkens

25 Jahre Mauerfall Tag der Freude und des Gedenkens

Menschen in ganz Deutschland feiern den Mauerfall und erinnern an die Opfer der deutschen Teilung. "Unrecht kann nicht ungeschehen gemacht werden", erklärte Kanzlerin Merkel in der Gedenkstätte Berliner Mauer.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel entzündet eine Kerze am Mahnmal für die Opfer kommunistischer Gewalt.

Merkel: Jedes einzelne Opfer ist eines zu viel.

Foto: Bundesregierung/Denzel

Mit einem Posaunenruf begann die zentrale Gedenkveranstaltung im Erinnerungsort an der Bernauer Straße. Nach einem Gottesdienst in der "Kapelle der Versöhnung" zündete die Kanzlerin zusammen mit Berlins Regierendem Bürgermeister, Klaus Wowereit, und Kulturstaatsministerin Monika Grütters Kerzen zum Gedenken an die Mauertoten an.

Wichtiges Datum der deutschen Geschichte

Anschließend erinnerte Merkel in einem Festakt an die vielfache Bedeutung, die der 9. November in der deutschen Geschichte hat: das Ende des Kaiserreiches 1918, Hitlers Versuch 1923 die junge Weimarer Demokratie zu stürzen und vor allem den 9. November 1938, als Angehörige von SA und SS Synagogen anzündeten, Wohnungen jüdischer Mitbürger zerstörten und ihre Bewohner misshandelten.

"Und deshalb empfinde ich an diesem Tag, dem 25. Jahrestag des Fall der Berliner Mauer, nicht nur Freude, sondern auch die Verantwortung, die uns die deutsche Geschichte insgesamt aufgegeben hat", betonte Merkel.

"Die Freiheit siegte über die Unfreiheit"

Der Fall der Mauer sei nicht aus dem Nichts gekommen. Ohne die Entwicklung in anderen Staaten des damaligen Ostblocks sei die friedliche Revolution in der DDR undenkbar, erklärte Merkel. "Wir Deutschen werden nie vergessen, dass uns die Freiheits- und Demokratiebewegungen in mittel- und osteuropäischen Staaten den Weg zum glücklichsten Moment in unserer jüngsten Geschichte geebnet haben."

1989 hätten dann mehr und mehr Ostdeutsche den Mut aufgebracht, ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen, fuhr die Bundeskanzlerin fort und erinnerte an die Bürgerbewegungen und die ersten Demonstrationen. "Es wurden Zehntausende, es wurden Hunderttausende, die gegen stattliche Bevormundung, Repression und Misswirtschaft auf die Straße gingen", so Merkel.

An die Opfer erinnern

Sie erinnerte an die Opfer, die an der Mauer in den 28 Jahren ihres Bestehens ihr Leben ließen. Stellvertretend beschrieb Merkel das Schicksal von Ida Siekmann, die als erstes Berliner Maueropfer ihren Verletzungen nach dem Sprung aus dem Fenster erlag. Ihr sollten noch viele Todesopfer folgen. "Jedes einzelne war und ist eines zu viel", betonte Merkel.

Daher sei der Tag der Freude über den Fall der Berliner Mauer immer auch ein Tag des Gedenkens an ihre Opfer. In das Gedenken schließe sie auch all jene ein, die in den Gefängnissen der Staatssicherheit landeten, dort ums Leben kamen oder später an den Folgen ihrer Haft verstarben.

"Nichts muss so bleiben, wie es ist"

Merkel unterstrich die Bedeutung der Aufarbeitung der SED-Diktatur. Es sei wichtig, Unrecht weiter als Unrecht zu bezeichnen. Auch dafür bräuchte man Orte der Erinnerung. Die Gedenkstätte vermittle aber auch, "welch großes Glück und Geschenk es ist, friedlich vereint in einer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung leben zu können, die Freiheit und Verantwortung verbindet."

"Wir haben die Kraft zu gestalten", so das Fazit der Bundeskanzlerin. "Wir können Dinge zum Guten wenden." Das sei die Botschaft des Mauerfalls. Sie richte sich an die Menschen in Deutschland ebenso wie an andere in Europa und der Welt. "In diesen Tagen ganz besonders an die Menschen in der Ukraine, in Syrien, im Irak und in vielen, vielen anderen Regionen der Welt, in denen Freiheits- und Menschenrechte bedroht oder gar mit Füßen getreten werden", erklärte Merkel zum Schluss ihrer Rede.

Brennpunkt Bernauer Straße

An kaum einem Ort in Berlin wurde der Bau der Mauer im August 1961 so dramatisch erlebt wie an der Bernauer Straße. Hier verlief die Mauer direkt entlang der Häuser: Sie gehörten zum Ostteil der Stadt, die Bürgersteige zum Westteil. Die Sperrmaßnahmen veranlassten in den ersten Tagen viele zur Flucht. Hausbewohner seilten sich ab, mache sprangen aus den Fenstern ihrer Wohnungen. Einige bezahlten ihre Fluchtversuche mit dem Leben.

Mitte August wurden Türen und Fenster vermauert, später die oberen Geschosse der Häuser abtragen. Jahrelang bildeten die eingeschossigen Fronten die Mauer. Als Symbol einer anderen Zeit blieb die Versöhnungskirche auf dem Mauerstreifen stehen. 1985 wurde auch sie abgerissen.

Gedenken am authentischen Ort

Seit Ende der 90 Jahre erinnert auf dem ehemaligen Mauerstreifen eine Gedenkstätte an die Teilung der Stadt und ihre Opfer. Dort vermittelt das letzte Stück der Berliner Mauer, das in seiner Tiefenstaffelung erhalten geblieben ist, einen Eindruck vom Aufbau der Grenzanlagen. Zum Erinnerungsort gehören auch ein Denkmal, das Dokumentationszentrum und die Kapelle. Sie wurde genau dort errichtet, wo früher die Versöhnungskirche stand.

Die Anziehungskraft dieses Erinnerungsortes sei beeindruckend, freute sich die Kanzlerin. Im Dokumentationszentrum eröffnete Merkel anschließend eine neue Dauerausstellung. Sie wünsche der Ausstellung viele, vor allem auch junge Besucherinnen und Besucher. Für sie sei der Mauerfall glücklicherweise Geschichte. Umso wichtiger seien Orte wie die Gedenkstätte an der Bernauer Straße.

Dauerausstellung zur Geschichte der Mauer

Während die Außenanlagen ein authentisches Bild der eigentlichen Grenze vermitteln und verschiedenen Plätzen an die Maueropfer erinnern, widmet sich das Dokumentationszentrum der Geschichte der deutschen Teilung. Dabei verbindet sie politische Ereignisgeschichte und Alltagsgeschichte und stellt die Konsequenzen, die die Teilung der Stadt für die Menschen hatte, in den Mittelpunkt der Erzählung. Ein multimediales Zeitzeugenarchiv lässt individuelle Erfahrungen mit der Teilung in Ost und West lebendig werden.

Die Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße ist der zentrale Erinnerungsort an die Teilung Berlins. Zur Stiftung Berliner Mauer gehört auch die "Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde". Die Stiftung Berliner Mauer wird aus dem Haushalt der Kulturstaatsministerin institutionell mit jährlich 931.000 Euro gefördert. Für die neue Dauerausstellung und das Rahmenprogramm hat der Bund rund 950.000 Euro zur Verfügung gestellt.