Erinnern, gedenken, feiern

30 Jahre Mauerfall Erinnern, gedenken, feiern

Am 30. Jahrestag des Mauerfalls hat Kanzlerin Merkel der Opfer der deutschen Teilung gedacht. An der Gedenkstätte Berliner Mauer entzündete sie zur Erinnerung an die geteilte Stadt und die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft eine Kerze. "Zu viele Menschen wurden Opfer der SED-Diktatur. Wir werden sie nicht vergessen", sagte die Kanzlerin.  

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Foto zeigt die Kanzlerin

Eine Kerze für die Opfer der Mauer: Bundeskanzlerin Merkel bei der Gedenkveranstaltung an der Bernauer Straße. 

Foto: Bundesregierung

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in der Kapelle der Versöhnung an der Bernauer Straße in Berlin der Opfer der deutschen Teilung gedacht: "Keine Mauer, die Menschen ausgrenzt und Freiheiten begrenzt, ist so hoch oder so breit, dass sie nicht doch durchbrochen werden kann", sagte die Kanzlerin.

"Akt der Menschenverachtung"

Seit dem Mauerbau 1961 lag die Versöhnungskirche im Todesstreifen, unerreichbar für alle Berliner in Ost und West. 1985 wurde sie von der DDR gesprengt. "Das war nichts anderes als ein Akt der Menschenverachtung, denn die Kirche stand einem freien Schussfeld im Weg", so die Bundeskanzlerin. Die Sprengung zeige die "Unversöhnlichkeit" der DDR-Diktatur mit dem Grundbedürfnis des einzelnen Menschen, Freiheits- und Menschenrechte für sich in Anspruch zu nehmen. "Zu viele Menschen wurden Opfer der SED-Diktatur. Wir werden sie nicht vergessen."

Übersicht der Veranstaltungen rund um das Jubiläum
Gedenkveranstaltungen in Berlin
Die Veranstaltung das „längste Gespräch“

Der 9. November, ein deutscher Schicksalstag

Die Bundeskanzlerin betonte in ihrer Rede in der Versöhnungkirche, dass der 9. November ein "Schicksalstag der deutschen Geschichte" sei. "Am heutigen Tag gedenken wir auch der Opfer der Novemberpogrome im Jahre 1938. Wir erinnern an die Verbrechen, die in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 an den jüdischen Menschen in Deutschland begangen wurden", sagte die Kanzlerin. "Der 9. November, in dem sich in besonderer Weise sowohl die fürchterlichen als auch die glücklichen Momente unserer Geschichte widerspiegeln, ermahnt uns, dass wir Hass, Rassismus und Antisemitismus entschlossen entgegentreten müssen." 

Zuvor hatte die Bundeskanzlerin gemeinsam mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier  und den Staatsoberhäuptern der vier Visegrád-Staaten (Polen, Slowakei, Tschechien, Ungarn) eine Gedenkveranstaltung der Stiftung Berliner Mauer in der Bernauer Straße in Berlin besucht.

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Video Rede der Bundeskanzlerin zu 30 Jahre Mauerfall

Festveranstaltung am Brandenburger Tor

Am Abend nahm die Kanzlerin an der Festveranstaltung am Brandenburger Tor teil. Der Bundespräsident hielt dort eine Rede. Bei Musik und Live-Performances feierten Gäste aus aller Welt das Jubiläum des Mauerfalls.

Vieles hat sich verbessert

Seit dem Mauerfall hat sich vieles zum Positiven gewandelt: Die katastrophalen Umweltschäden, die das SED-Regime hinterlassen hatte, konnten dank gemeinsamer Anstrengungen von Bund, Ländern und Kommunen – auch unterstützt durch finanzielle Hilfen der Europäischen Union – beseitigt werden.

Die Wirtschaftskraft Ostdeutschlands ist 2018 auf 75 Prozent des westdeutschen Niveaus gestiegen – 1990 waren es gerade mal 43 Prozent. Auch die Löhne und die Einkommen der Menschen sind gerade in den letzten Jahren gestiegen.

Der Arbeitsmarkt in Ostdeutschland hat sich in den letzten Jahren zunehmend positiv entwickelt. Die Arbeitslosenquote in Ostdeutschland ist gegenüber dem Höchststand im Jahr 2005 mit 18,7 Prozent um über zwölf Prozentpunkte zurückgegangen (August 2019: 6,4 Prozent).

Stimmungslage im Osten

"Ich weiß, dass für Ostdeutsche einer bestimmten Generation das Leben mit der friedlichen Revolution zwar frei, aber nicht immer einfacher geworden ist. Ich weiß auch, dass es neben den erfolgreichen Regionen auch solche gibt, in denen die Dörfer sich leeren, weil die Kinder und Enkel weggezogen sind. Dennoch muss man heute, 30 Jahre später, auch klar sagen: Auch wenn man mit dem öffentlichen Nahverkehr, der ärztlichen Versorgung, dem staatlichen Handeln insgesamt oder dem eigenen Leben nicht zufrieden ist, folgt daraus kein Recht auf Hass und Verachtung für andere Menschen oder gar Gewalt. Gegenüber solchem Verhalten kann es keine Toleranz geben", sagte Bundeskanzlerin Merkel jüngst im Interview mit Spiegel Online.

Für die Bundesregierung zeigt die Stimmungslage im Osten: Der Prozess der Einheit stellt ganz Deutschland vor große Herausforderungen. Der Kabinettausschuss "Neue Länder", der im September tagte, beschloss deshalb zwölf Handlungsfelder .  Sie reichen vom gemeinsamen Gedenken an Mauerfall und Deutsche Einheit, über die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse bis zur Integration von Zugewanderten.

"Ich ermuntere jeden, seine oder ihre Meinung zu sagen, Nachfragen muss man dann aber auch aushalten... Das gehört zur Demokratie dazu", sagte die Kanzlerin.

Gleichwertige Lebensverhältnisse

Um gleichwertige Lebensverhältnisse zu sichern, hat die Bundesregierung im Juli eine Reihe von Maßnahmen beschlossen. Strukturschwache Regionen im ganzen Land werden durch ein gesamtdeutsches Fördersystem gestärkt. Wichtige Ziele sind zudem der flächendeckende Ausbau von Mobilfunk und Breitband sowie eine gute gesundheitliche Versorgung und eine gute Verkehrsanbindung in den ländlichen Regionen, die besonders stark von der Alterung der Gesellschaft betroffen sind.