100 Jahre Frauenwahlrecht

Ein Meilenstein auf dem Weg der Gleichberechtigung 100 Jahre Frauenwahlrecht

Der 12. November vermerkt den Tag der Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland. Dieser politische Sieg wird einer Reihe mutiger und politisch engagierter Frauenrechtlerinnen verdankt, die Mitte des 19. Jahrhunderts eine soziale Revolution lostraten.

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Diese Frauen bestanden auf ihr Recht zu wählen, gewählt zu werden und politisch agieren zu können, sowie den Männern gesellschaftlich gleich gestellt zu sein. Berühmte Persönlichkeiten dieser Bewegung waren unter anderem Helene Weber, Mitbegründerin der Frauen Union der CDU, die Friedenaktivistin Clara Zetkin sowie die Frauenrechtlerin und erste promovierte Juristin Deutschlands, Anita Augspurg.

Die Geschichte des Frauenwahlrechts in Deutschland

Die ersten Schritte der Frauenwahlrechts-Bewegung begannen bereits im Jahr 1848 bei der Wahl zur Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche. Die Frauenrechtlerin Luise Dittmar bemerkte: "Ein Hauptaugenmerk für uns Frauen muss aber gegenwärtig auf das Bestreben gerichtet sein, uns die Mittel zur Unabhängigkeit zu erwerben." Sie sagte das, weil zur Wahl ausschließlich Männer antreten durften.

1873 appellierte Hedwig Dohm, deutsche Frauenrechtlerin und Schriftstellerin, an die Frauen: "Fordert das Stimmrecht, denn über das Stimmrecht geht der Weg der Selbstständigkeit und Ebenbürtigkeit, zur Freiheit und zum Glück der Frau, […] die Menschenrechte haben kein Geschlecht."

1902 gründen Minna Cauer, Anita Augspurg und Lida Gustave den "Deutschen Verein für Frauenwahlrecht". Ihr Ziel:  Die politische Gleichstellung zwischen Frauen und Männern.

1911 wird die Frauenbewegung zur einer Massenbewegung. Immer mehr Frauen schließen sich den Demonstrationen für die Gleichberechtigung und politischen Vereinen an.

1918 fordern 58 Frauenorganisationen den führenden Reichskanzler Max von Baden dazu auf, das Frauenwahlrecht durchzusetzen. Hierfür versammeln sich tausende Menschen in Berlin. Am 9. November ruft Philipp Scheidemann die Bundesrepublik Deutschland aus. Wenige Tage später wird das Regierungsprogramm vorgestellt – einschließlich des Rechts der Frauen, zu wählen und gewählt zu werden. Seitdem steht im Artikel 109 Abs. 2 der Weimarer Verfassung der Grundsatz "Männer und Frauen haben grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten." Bis zum heutigen Tag ist dieser Artikel an gleicher Stelle im Grundgesetz verankert.

1919 geben 82,3 Prozent aller Frauen ihre Stimme bei der Wahl der Nationalversammlung im Januar ab. Im Februar betont die Aktivistin Maria Juchazc in ihrer Rede im Reichstag, die Relevanz und zugleich die Selbstverständlichkeit des Frauenwahlrechts, um die Interessen der Frauen vertreten zu können.

Das Wahlrecht wird aufgeteilt in das aktive und das passive Wahlrecht: Wer das aktive Wahlrecht hat, darf wählen gehen. Wer das passive Wahlrecht hat, ist wählbar. Das bedeutet, sie oder er darf als Kandidatin oder Kandidat aufgestellt und gewählt werden.

Frauenwahlrecht im Ländervergleich

Als erste Stadt der Welt führte 1853 Vélez (Kolumbien) das Frauenwahlrecht ein. Der erste US-Bundesstaat war Wyoming, der 1869 Frauen das Recht zu wählen erteilte. Kurz darauf war Colorado 1893 der erste US-Staat, in dem sich Männer in einer Volksabstimmung für das Frauenwahlrecht entschieden haben. 1893 bewilligte Neuseeland als erster vollständiger Staat das  Frauenwahlrecht. 1902 folgte Australien dem neuseeländischen Beispiel.

Als erstes europäisches Land gab 1906 Finnland Frauen das Wahlrecht. In Österreich erhielten Frauen das Wahlrecht wie in Deutschland 1918. In Frankreich stimmte die Übergangsregierung erst nach dem Ende des zweiten Weltkrieges 1944 dem Frauenwahlrecht zu. Als letztes westeuropäisches Land kam 1984 Liechtenstein dazu. Seit 2005 haben Frauen in Kuwait das aktive und das passive Wahlrecht, seit 2006 auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten. 2015 haben Frauen in Saudi-Arabien zur Kommunalwahl erstmals das aktive und passive Wahlrecht erhalten.