Lothar de Maizière wird Ministerpräsident

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12. April 1990 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit Lothar de Maizière wird Ministerpräsident

12. April 1990: Nachdem sich die Parteien in der DDR auf die Bildung einer Großen Koalition geeinigt haben, wählen die Volkskammer-Abgeordneten Lothar de Maizière zum Ministerpräsidenten. In einer Erklärung bekennt sich die Volkskammer zu Verantwortung und Mitschuld für Vergangenheit und Zukunft.

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Bekenntnis zu Verantwortung und Mitschuld

Die zweite Volkskammersitzung beginnt mit einer wegweisenden Erklärung: Parlamentspräsidentin Sabine Bergmann-Pohl verliest das Dokument, das alle Fraktionen ohne Gegenstimmen bei 21 Enthaltungen angenommen haben. Darin heißt es, "die ersten frei gewählten Parlamentarier der DDR" bekennen sich "zur Verantwortung der Deutschen in der DDR für ihre Geschichte und ihre Zukunft".

Durch Deutsche sei während der Zeit des Nationalsozialismus den Völkern der Welt unermessliches Leid zugefügt worden. Nationalismus und Rassenwahn hätten zum Völkermord an den Juden aus allen europäischen Ländern, an den Völkern der Sowjetunion, am polnischen Volk und am Volk der Sinti und Roma geführt. Diese Schuld dürfe niemals vergessen werden.

Erstmals hätten die Ostdeutschen sich dazu bekannt, Teil eines Volkes zu sein, das Verantwortung für den Holocaust trage, sagt de Maizière heute.

Die Volkskammer der DDR bekennt sich zur Mitschuld der DDR an der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 durch die Truppen des Warschauer Paktes: Mit der unrechtmäßigen militärischen Intervention sei den Menschen in der Tschechoslowakei großes Leid zugefügt und der Prozess der Demokratisierung in Osteuropa um 20 Jahre verzögert worden.

Die Friedliche Revolution in der DDR im Herbst 1989 habe die trennende Wirkung der "menschenverachtenden innerdeutschen Grenze" beseitigt. Beide Teile Deutschlands sollten nun zusammenwachsen und dabei die Herausbildung einer gesamtdeutschen Friedensordnung im Rahmen des KSZE-Prozesses fördern. Die Abgeordneten "bekräftigen die Unverletzbarkeit der Oder-Neiße-Grenze zur Republik Polen als Grundlage des friedlichen Zusammenlebens unserer Völker in einem gemeinsamen europäischen Haus."

De Maizière dankt Rundem Tisch

Mit 265 gegen 108 Stimmen und neun Stimmenthaltungen wählt die Volkskammer de Maizière zum Ministerpräsidenten.

Über das Kabinett stimmen die Abgeordneten als Ganzes ab: 247 stimmen mit Ja, 109 mit Nein, 23 Abgeordnete enthalten sich, eine Stimme ist ungültig. 23 Ministerinnen und Minister gehören dem Kabinett an.

Der neue Ministerpräsident dankt nach der Vereidigung für das Vertrauen. Dank spricht de Maizière unter dem Beifall der Volkskammer auch der Übergangsregierung unter ihrem Ministerpräsidenten Hans Modrow sowie dem Runden Tisch als einem Wegbereiter der Demokratie aus. Einen besonderen Dank richtete er an die Kirchen.

Die Volkskammer setzt auch 26 ständigen Ausschüsse ein, darunter den Ausschuss zur deutschen Einheit.

Große Koalition für Deutsche Einheit

Nach dem überwältigenden Wahlsieg der "Allianz für Deutschland" bei den ersten freien Volkskammerwahlen vom 18. März schließen die Allianzparteien CDU, DSU und DA mit der SPD und den Liberalen am 12. April den Koalitionsvertrag ab. Kern des Vertrages dieser Großen Koalition ist der zügige Beitritt der DDR zur Bundesrepublik nach Artikel 23 des Grundgesetzes.

In der Präambel des Koalitionsvertrages heißt es: "Die besondere Lage in der DDR seit dem 9. November 1989 macht es zur Lösung der anstehenden Zukunftsaufgaben im Prozess der Vereinigung beider Teile Deutschlands erforderlich, parteitaktische Interessen zurückzustellen und eine große Koalition für die Zeit des Zusammenwachsens beider deutscher Staaten zu bilden." Hauptziel der Großen Koalition ist die „Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion" zum 1. Juli 1990.