22. Januar 1990: Die SED versucht ihren Ruf aufzubessern. Am Runden Tisch weist Egon Krenz die Verantwortung der Partei für die Machenschaften der Staatssicherheit zurück. Zugleich will Regierungschef Hans Modrow sein Glück in einer Koalition mit der Opposition suchen.
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Für die alten Kräfte gewinnt der Runde Tisch zunehmend an Bedeutung: Nun bestellt die Runde manchen der ehemals Mächtigen zur Anhörung ein. Egon Krenz muss den Mitgliedern zum Thema „Staatssicherheit“ Rede und Antwort stehen. Der ehemalige SED-Generalsekretär ist um Antworten nicht verlegen. Einen Großteil politischer Verantwortung schiebt er dem ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit zu: „In Wirklichkeit entwickelte sich das Ministerium für Staatssicherheit zunehmend zu einem nach außen hin abgeschirmten Staat im Staate“, trägt der einstige Parteichef aus einer Erklärung vor.
Massenaustritte schwächen die Partei
Krenz’ Worte können den Niedergang der Partei nicht aufhalten. Vielen gilt ihr Ruf endgültig als verloren; selbst in den eigenen Reihen sind viele ihrer Partei überdrüssig: Von einst mehr als zwei Millionen Mitgliedern hat bereits Ende 1989 gut jedes vierte die Partei verlassen. Die Umbenennung in „Partei des demokratischen Sozialismus“ (SED-PDS) ist bereits beschlossene Sache, als auch Egon Krenz soll nicht mehr dazugehören soll: Noch im Januar 1990 schließen ihn die Genossen aus.
Opposition soll die Regierung stärken
Die Partei sucht nun neuen Zuspruch und neue politische Partner. Mit Vertretern des Runden Tischs berät DDR-Regierungschef Hans Modrow am 22. Januar 1990 über eine mögliche Regierungskoalition. Bald sollen auch Mitglieder der Opposition Minister werden. Ein Schritt, der die Reformbereitschaft und die demokratische Öffnung der ehemaligen Staatspartei unterstreichen soll. Denn bald sollen die ersten freien Volkskammerwahlen stattfinden. Also gilt es, für einen besseren Ruf zu arbeiten.