Kohl fordert DDR zu Reformen auf

  • Bundesregierung ⏐ Startseite
  • Deutsche Einheit

  • Schwerpunkte

  • Themen   

  • Bundeskanzler

  • Bundesregierung

  • Aktuelles

  • Mediathek

  • Service

22. August 1989 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit Kohl fordert DDR zu Reformen auf

22. August 1989: Bundeskanzler Helmut Kohl tritt vor die Presse. Er fordert die DDR-Regierung auf, eine Lösung für die Botschaftsflüchtlinge zu finden. Zugleich mahnt er Reformen in der DDR an und erklärt sich zu einem Treffen mit SED-Chef Erich Honecker bereit.

2 Min. Lesedauer

"Verantwortung trägt die DDR-Führung"

"Wir alle sind in diesen Wochen durch die Berichte und Bilder aus Budapest und Ostberlin aufgewühlt, die uns vor Augen führen, wie Männer, Frauen und Kinder – unsere deutschen Landsleute – einen Weg in die Freiheit suchen. Niemanden in unserem Land darf das Schicksal dieser Menschen gleichgültig lassen", sagt Kohl vor der Bundespressekonferenz. Die Bundesregierung tue alles, was in ihren Kräften stehe, um diesen Menschen zu helfen. Für die entstandene Lage trage allerdings ausschließlich die DDR-Führung die Verantwortung. "Wir werden sie daraus nicht entlassen", so der Bundeskanzler.

Kohl weiter: "Ich selbst bin sofort zu einer Begegnung mit Generalsekretär Honecker bereit, wenn damit weitreichende und dauerhafte Erleichterungen für die Menschen erreicht werden können." Die Bundesregierung sei entschlossen, "an ihrer bisherigen Politik der Verständigung und Zusammenarbeit mit der DDR im Interesse der Menschen in beiden deutschen Staaten festzuhalten".

Ausdrücklich weist der Bundeskanzler die DDR auf ihre Verpflichtungen hin, die sie mit der Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte eingegangen sei. "Dazu gehört auch die umfassende Gewährung von Freizügigkeit." Die DDR könne nicht einerseits eine engere Zusammenarbeit mit der Europäischen Gemeinschaft suchen, andererseits aber "eine Haltung praktizieren, die dem Geist und Buchstaben der KSZE-Verpflichtungen zuwiderläuft ".

"Nicht nur an Symptomen herumkurieren"

Die Bundesregierung habe stets deutlich gemacht, sagt Kohl, dass niemand ein Interesse an einer "krisenhaften Entwicklung in der DDR" habe. "Die DDR-Führung muss sich aber fragen lassen, was sie selbst tut, um einer solchen Entwicklung entgegenzuwirken." Vor allem die Erstarrung des DDR-Systems "und das Fehlen jeder Hoffnung auf Veränderung" brächten die Menschen dazu, der DDR den Rücken zu kehren. Wer keine Zukunft für sich sehe, werde "auch zukünftig jedes Schlupfloch zum Entkommen als einzigen Ausweg sehen".

"Es kann die DDR-Führung nicht verwundern, dass diese Stimmung in dem Maße zugenommen hat und noch zunimmt, als sich ringsum in Osteuropa tiefgreifende Veränderungen in Richtung auf Demokratisierung, Öffnung und Reformen durchsetzen, die den Menschen neue Freiheiten bringen", erklärt der Bundeskanzler. "Die DDR darf sich solchen Entwicklungen nicht länger verschließen. Es reicht jetzt nicht mehr, an den Symptomen herumzukurieren."

Die offene Deutsche Frage

Am Ende seines Eingangsstatements kommt der Bundeskanzler auf die Deutsche Frage zu sprechen. Die Entwicklung der letzten Wochen habe deutlich gemacht, dass diese Frage "nach wie vor auf der Tagesordnung der internationalen Politik" stehe, sagt Kohl. "Der Wille der Deutschen zur Einheit in Freiheit ist ungebrochen."

Bei der Lösung der Deutschen Frage müsse man auch auf die besondere Verantwortung der drei Westmächte vertrauen. Und der Bundeskanzler erinnert an die Gemeinsame Erklärung , die der sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow und er am 13. Juni 1989 unterzeichnet haben. Darin heißt es, es sei eine vorrangige Aufgabe, "zur Überwindung der Trennung Europas beizutragen".