Genscher und Schewardnadse treffen sich in Genf

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23. Mai 1990 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit Genscher und Schewardnadse treffen sich in Genf

23. Mai 1990: Die Außenminister der Bundesrepublik und der Sowjetunion kommen in Genf zusammen, um über Bedingungen und Hindernisse der deutschen Einheit zu sprechen. Das vertrauensvolle Verhältnis zwischen Eduard Schewardnadse und Hans-Dietrich Genscher ebnet den Weg zu „erfolgsorientierten Verhandlungen“.

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Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher im Gespräch mit dem sowjetischen Außenminister Eduard Schewardnadse am 13.02.1990.

Genscher und Schewardnadse in Genf

Foto: Bundesregierung/Schambeck

Verhandlungen über eine Obergrenze an Bundeswehrsoldaten

Das Treffen verläuft in freundlicher und entspannter Atmosphäre – auch als Folge der Bonner Kreditzusage vom Vortag, die Bundeskanzler Helmut Kohl in einem Schreiben an den sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow übermittelt hat.

Der Sowjetunion schwebt eine Obergrenze der künftigen Streitkräfte des geeinten Deutschlands von etwa 250.000 Mann vor. Für Genscher ist eine Reduzierung, die sich auf Deutschland beschränkt, „inakzeptabel“. Auch die anderen europäischen Länder sollten sich zur Verkleinerung ihrer Armeen verpflichten. Nur so lasse sich eine „Singularisierung“ Deutschlands verhindern, so der Bundesaußenminister.

Genscher kann Schewardnadse überzeugen, die Obergrenze der gesamtdeutschen Streitkräfte nicht in den Zwei-plus-Vier-Gesprächen zu regeln. Sondern in Wien – bei den Verhandlungen über die Reduzierung der konventionellen Streitkräfte in Europa.

Die „Frage der Fragen“

Eine Nato-Mitgliedschaft des vereinten Deutschlands ist in der Sowjetunion nach wie vor höchst umstritten. Schewardnadse bezeichnet das Thema als „Frage der Fragen“. Die sowjetische Seite strebt eine Neuausrichtung der Nato und auch des Warschauer Pakts sowie ihres Verhältnisses zueinander an. Die Annäherung der beiden Bündnisse betrachtet auch Genscher als einen Schritt auf dem Weg zu einem europäischen Sicherheitskonzept.

Auch wenn das Treffen der beiden Außenminister keine Bewegung in der Frage der Zugehörigkeit Deutschlands zur Nato bringt, hat es zumindest das Vertrauensverhältnis zwischen ihnen gestärkt. Die Unterredung in Genf markiert den Beginn einer Reihe von bilateralen Treffen (unter anderem in Kopenhagen und Münster), die den Boden für die Zustimmung der Sowjetunion zur freien Bündniswahl der Deutschen bereiten.

Von Genf fliegt Genscher nach Paris, um die Franzosen über das Gespräch zu informieren, und anschließend nach Washington. Der positive Ton des Gesprächs mit Schewardnadse stimmt ihn optimistisch.

Eine Woche später, am 31. Mai 1990, gibt Gorbatschow beim Gipfelgespräch mit US-Präsident George Bush sen. erstmals zu erkennen, dass er eine freie Bündniswahl der Deutschen akzeptiert. Doch zum offiziellen Ja dauert noch knapp zwei Monate: bis zu Kohls Besuch bei Gorbatschow im Kaukasus am 16. Juli 1990.