Der 9. November prägt die deutsche Geschichte

In der Reichspogromnacht 1938 zerstörte Synagoge in Chemnitz.

Terror gegen Juden: In der Reichspogromnacht wurde auch die Alte Synagoge in Chemnitz verwüstet und zerstört.

Foto: picture-alliance/JudaicaSammlungRichter

Viele Menschen verbinden den 9. November heute in erster Linie mit dem Tag des Mauerfalls 1989. Doch in diesem Jahr rückt eines der dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte in den Vordergrund: In der Reichspogromnacht am 9. November 1938 brannten 1.400 Synagogen. SA- und SS-Schlägertrupps zertrümmerten jüdische Geschäfte. Tausende Juden wurden misshandelt oder verhaftet.

Holocaust prägt Deutschland bis heute

Die Pogromnacht vor 80 Jahren war ein weiterer Schritt auf dem Weg zum größten Völkermord der Menschheit, dem Holocaust. Sechs Millionen Juden fielen ihm zum Opfer. Er hat Deutschland für immer in die Verantwortung genommen. Was blinder Hass auf Menschen jüdischen Glaubens auch heute anrichten kann, wurde unlängst bei dem schrecklichen Anschlag auf eine Synagoge in Pittsburgh sichtbar. Die Geschichte lehrt die Notwendigkeit, sich Antisemitismus entschlossen entgegenzustellen – in Deutschland und überall auf der Welt.

Auf einer Veranstaltung des Bundespresseamtes warnte kürzlich der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung Felix Klein, dass "die Hemmschwellen" in der Diskussion gesunken seien. "Das bedroht unsere gesamte politische Erinnerungskultur. Hier müssen wir 'Stop' sagen". Er sprach sich dafür aus, die "anonymen Helfer" von damals als Vorbild zu nehmen. Ob "Rote Kapelle, Weiße Rose oder die Polizisten des 16. Berliner Reviers" – sie hatten die Brandstiftung von Nazis an der Synagoge Oranienburger Straße verhindert – sie könnten als Vorbild dienen. "Das Wirken des Einzelnen kann den Unterschied machen". Klein appellierte, den Blick verstärkt auf die Menschen zu richten, die einen inneren Kompass hatten und dem Nationalsozialismus widerstanden."

Dem 80. Jahrestag der Pogromnacht wird in einer Gedenkveranstaltung des Zentralrats der Juden in der Synagoge Rykestraße in Berlin gedacht. Die Bundeskanzlerin wird dort eine Ansprache halten.

Mauerfall ebnete den Weg zur Deutschen Einheit

Der Teil der deutschen Geschichte, der mit der Reichspogromnacht, dem Erstarken des Nationalsozialismus begann, in den Zweiten Weltkrieg und die Teilung Deutschlands mündete, endete mit dem 9. November 1989 – mit dem Mauerfall.

Mit einer missverständlichen Ankündigung zur neuen Reisefreiheit für DDR-Bürger löste SED-Politbüromitglied Günter Schabowski den Ansturm Tausender auf die Grenzkontrollen zwischen Ost und West aus. Viele hatten die Pressekonferenz zur neuen Reiseregelung im Fernsehen mitverfolgt. Noch ungläubig machten sich die ersten auf den Weg zu den Kontrollstellen. Doch im Laufe des Abends wurde der Ansturm größer, die Situation an den Grenzkontrollen spitzte sich zu. Nach hektischen Telefonaten zwischen Grenzsoldaten, Vorgesetzten, SED-Genossen und der Staatsführung war es um 23:30 Uhr soweit: der erste Grenzübergang zwischen Ost und West wurde an der Bösebrücke in Berlin geöffnet. Jubelnde Menschen passierten den Übergang, weitere Übergänge wurden geöffnet – die Mauer war nach 28 Jahren Geschichte, der Weg zur Deutschen Einheit geebnet.

DDR-Bürger strömen über einen Grenzübergang kurz nach dem Mauerfall

Kurz nach dem Mauerfall am 9. November 1989 strömen DDR-Bürger über den neuen Grenzübergang Potsdamer Platz.

Foto: Bundesregierung/Specht

Der 9. November – ein Datum mit Geschichte

Schließlich: Vor 100 Jahren, am 9. November 1918, löste die Demokratie die Monarchie als Staatsform ab. Das war eine große Errungenschaft, erkämpft auf den politischen Trümmern des Ersten Weltkrieges. Die drohende Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg führte auch im Inneren Deutschlands zu Unruhen. Die Novemberrevolution, die mit einer Meuterei von Matrosen in Kiel und Wilhelmshaven begann, erreichte am 9. November Berlin. Aus Sorge vor einem radikalen Umsturz verkündet Reichskanzler Prinz Maximilian von Baden eigenmächtig die Abdankung von Kaiser Wilhelm II. Damit endete das Deutsche Reich. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Philipp Scheidemann rief die erste deutsche Republik aus.

Am 11. November 1918 endete der Erste Weltkrieg. Im französischen Compiègne unterzeichnete die neue deutsche Regierung einen Waffenstillstand, in dem Deutschland seine Niederlage anerkannte. Mehr als neun Millionen Menschen hatten in den vier Kriegsjahren ihr Leben verloren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron werden der Opfer gedenken, wenn sie in Compiègne eine zweisprachige Gedenkplatte enthüllen. Im sogenannten Waffenstillstandswaggon werden sich anschließend beide zum 100. Jahrestag des Kriegsendes in das Goldene Buch eintragen.

An die Ereignisse erinnern

Die Bundesregierung hält das Erinnern an diese Ereignisse wach. Sie fördert national bedeutsame Gedenkstätten, die an die nationalsozialistische Terrorherrschaft und ihre Opfer erinnern und die Aufarbeitung der DDR-Diktatur.