13. Februar 1990 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit
13. Februar 1990: DDR-Ministerpräsident Hans Modrow kommt mit siebzehn Ministern zu Konsultationen ins Bonner Kanzleramt. Auf Protokollarisches verzichtet man. Es geht um wirtschaftliche Unterstützung für die DDR und um die internationalen Vereinbarungen zur Regelung der deutschen Frage.
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Dramatische Übersiedlerzahlen
Gleich zu Beginn der Beratungen erinnert Bundeskanzler Helmut Kohl an die Bedeutung des Datums, den 45. Jahrestag des Bombardements auf Dresden. Er verbindet das mit der Feststellung, dass die Deutschen eine besondere Verantwortung hätten: Von deutschem Boden müsse Frieden ausgehen.
International, so Kohl, müsse man unverzüglich beginnen, mit den Partnern zu sprechen, um zu den notwendigen Vereinbarungen zu kommen. Die Bundesregierung sei gegen eine Viermächte-Konferenz, vielmehr für eine Konferenz "2+4". Auf diese Weise könne die deutsche Frage mit dem internationalen Prozess verbunden werden. Dabei sei klar, dass die Sicherheitsinteressen der Nachbarn zu berücksichtigen seien.
Kohl erinnert an die dramatische Zahl der Menschen, die der DDR den Rücken gekehrt haben. 1989 seien 340.000 Menschen in den Westen gegangen. Und allein für Januar und Februar 1990 müsse man schon von einer Gesamtzahl von 100.000 Übersiedlern ausgehen. Das entspreche der Einwohnerzahl von Dessau, so Kohl. Die Menschen kämen nicht wegen der sozialen Leistungen, sondern weil sie von der Entwicklung in der DDR nichts Positives erwarteten.
Angebot einer Wirtschafts- und Währungsunion
Das Klima bei den Verhandlungen ist frostig. Vertreter der DDR-Regierung verlangen erneut eine zweistellige Milliardenhilfe von Bonn, die an keine Auflagen gebunden sein soll. Doch das lehnt die Bundesregierung ab – mit der Begründung, dass dieses Geld nicht weiterhelfen, sondern vielmehr sinnlos versickern würde.
Stattdessen unterbreitet der Bundeskanzler offiziell das Angebot, eine Währungs- und Wirtschaftsunion zu schaffen. Er schlägt vor, unverzüglich eine innerdeutsche Expertengruppe hierzu einzusetzen. Modrow nimmt das Angebot an.
Den Vorsitz der Expertengruppe übernehmen Finanzminister Theo Waigel und Walter Romberg. (Romberg ist da noch Minister ohne Geschäftsbereich, nach der Volkskammerwahl im März 1990 wird er DDR-Finanzminister.)
Zu einem noch zu bestimmenden Stichtag soll die D-Mark als einziges gesetzliches Zahlungsmittel in der DDR eingeführt werden. Zeitgleich hätte die DDR die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen für Wirtschaftsreformen und die Einführung der Sozialen Marktwirtschaft zu schaffen.
35 Milliarden aus dem Bundeshaushalt
Finanzminister Theo Waigel erklärt bei den Konsultationen, dass allein im Bundeshaushalt 1990 dreißig Milliarden D-Mark an Ausgaben vorgesehen seien, die mit der deutschen Teilung zusammenhingen. Für schnelle Hilfen, beispielsweise für medizinische Geräte, Umweltschutz und Verbesserungen der Verkehrswege, seien im Nachtragshaushalt noch einmal mehr als fünf Milliarden D-Mark vorgesehen.
Kohl betont, dass noch eine schwierige Wegstrecke zu gehen sei: „Es geht um ein großes gemeinsames Werk, mit dem wir unserem bislang geteilten Vaterland eine glückliche Zukunft in einem freien und geeinten Europa sichern.“