Kohl bietet Währungsunion an

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6. Februar 1990 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit Kohl bietet Währungsunion an

6. Februar 1990: Bundeskanzler Helmut Kohl kündigt an, der DDR eine Währungsunion anzubieten – verbunden mit Wirtschaftsreformen. In weniger als fünf Monaten sollte sie Wirklichkeit werden.

3 Min. Lesedauer

'Kommt die DM bleiben wir kommt sie nicht geh'n wir zu ihr!' ist auf einem Transparent zu lesen, das ein Paar bei einer Montagsdemonstration am 12. Februar 1990 in Leipzig mit sich führt. Die Demonstranten fordern die Einführung der D-Mark in der DDR.

Lage in Ostdeutschland desolat

Foto: picture-alliance/dpa

Umsetzung innerhalb weniger Monate

"Kommt die D-Mark, bleiben wir, kommt sie nicht, geh’n wir zu ihr!", so ein häufig skandierter Ruf dieser Tage. Bundeskanzler Kohl ist überzeugt, dass die Bundesregierung die massenhafte Abwanderung der Menschen aus der DDR nur durch ein radikalen Schritt verhindern kann: mit der Einführung der D-Mark in der DDR.

Im Mittelpunkt der Überlegungen steht der wirtschaftliche Neuaufbau der DDR – und damit eine rasche und anhaltende Verbesserung der Lebensbedingungen. Die Wirtschafts- und Währungsunion ist zudem ein erster Schritt zur Entwicklung konföderativer Strukturen mit der Perspektive der deutschen Einheit.

Bereits wenige Tage vor seinem Treffen mit DDR-Ministerpräsident Hans Modrow in Dresden hatte Kohl mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, Kanzleramtschef Rudolf Seiters und einigen anderen Mitarbeitern des Kanzleramts erstmals eine Wirtschafts- und Währungsunion erörtert.

Kabinettsausschuss Deutsche Einheit

Am 7. Februar 1990 konstituiert sich der Kabinettsausschuss Deutsche Einheit. Er bespricht in Anwesenheit der Partei- und Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU und FDP sowie Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl das Angebot einer Wirtschafts- und Währungsunion mit der DDR und die Bereitstellung benötigter Finanzmittel.

Schnell wird klar: Der einzig gangbare Weg ist die Einführung der D-Mark als gesetzliches Zahlungsmittel in der DDR. Das setzt einen teilweisen Souveränitätsverzicht der DDR voraus. Auch ein Umtauschkurs ist festzulegen. Allerdings ist eine Entscheidung darüber erst ratsam, wenn alle Wirtschaftsdaten der DDR bekannt sind. Zu diesem Zeitpunkt ist das noch nicht der Fall.

Klar ist hingegen: Die Währungsunion ist nur mit einer grundlegenden Wirtschaftsreform zu bewerkstelligen – also einem direkten Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft.

Aufnahme der Verhandlungen

Am 13. Februar vereinbaren Kohl und Modrow in Bonn eine gemeinsame Kommission, um eine Währungsunion und Wirtschaftsgemeinschaft vorzubereiten.

Unmittelbar nach dem Besuch Modrows nehmen Finanzstaatssekretär Horst Köhler und der Bundesbank-Vizepräsident Helmut Schlesinger mit DDR-Finanzminister Walter Romberg Expertengespräche über die Wirtschaftslage der DDR auf.

Ernüchterung macht sich auf Seiten der Bundesregierung breit, als nach und nach das tatsächliche Potential der angeblich achtstärksten Volkswirtschaft der Welt zu Tage kommt. Die Wirtschaftsdaten der DDR sind weit ungünstiger, als die Bundesregierung zuvor angenommen hat. Auf absehbare Zeit besteht höherer Finanzbedarf. Ursache dafür sind die niedrige Produktivität von Industrie und Landwirtschaft, die hohe Verschuldung von Staatsbetrieben und Wohnungswesen und die weit größere Verschuldung im Ausland als erwartet.

Bekenntnis im Zwischenbericht

Am 13. März 1990 verabschieden die Experten einvernehmlich einen Zwischenbericht. Darin bekennen sie sich dazu, eine "Währungsunion und Wirtschaftsgemeinschaft" zu schaffen. Sie soll durch einen Sozialverbund gestützt sein. Die Experten sehen darin einen "entscheidenden Schritt zur deutschen Einheit". Die zügige Realisierung werde machbar sein, wenn auf beiden Seiten der politische Wille vorhanden sei.

Nachdem am 18. März 1990 die "Allianz für Deutschland" die einzigen freien Wahlen zur DDR-Volkskammer mit 48 Prozent der abgegebenen Stimmen gewonnen hat, werden die Vorbereitung intensiviert. Bundeskanzler Kohl möchte eine rasche Währungsunion. Noch vor dem Beginn der Urlaubszeit am 1. Juli solle die D-Mark in der DDR eingeführt werden, sagt er in einem Interview. Am 27. April 1990 unterrichtet Kanzleramtschef Rudolf Seiters den Bundestag über den Stand der Verhandlungen zur Währungsunion. Bereits am 18. Mai 1990 setzten die Finanzminister Theo Waigel und Walter Romberg ihre Unterschriften unter den Vertrag zur Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion. Kohl erreicht sein Ziel: Die D-Mark ist ab 1. Juli 1990 Zahlungsmittel in der DDR .