Genscher verteidigt in Moskau Kohls Zehn-Punkte-Plan

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5. Dezember 1989 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit Genscher verteidigt in Moskau Kohls Zehn-Punkte-Plan

5. Dezember 1989: Staatspräsident Michail Gorbatschow reagiert im Gespräch mit Außenminister Hans-Dietrich Genscher in Moskau verärgert auf den Zehn-Punkte-Plan von Bundeskanzler Helmut Kohl. Die Sowjets lehnen eine "künstlich forcierte Wiedervereinigung" ab.

2 Min. Lesedauer

Besuch von Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher in Moskau UdSSR, Gespräch mit dem Generalsekretär des ZK der KPdSU und Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjet, Michail S. Gorbatschow, im Kreml.

Genscher verteidigt in Moskau Kohls Zehn-Punkte-Plan

Foto: Bundesregierung/Wegmann

Prinzipielle sowjetische Position

Bereits am Vorabend kommt Genscher mit seinem Amtskollegen Eduard Schewardnadse zusammen. Der teilt ihm nach einem Bericht der amtlichen sowjetischen Nachrichtenagentur TASS mit, Kohls Zehn-Punkte-Plan komme der Erteilung von Anweisungen an die DDR gleich. Es sei nicht akzeptabel, der DDR zu diktieren, wie sie ihre Beziehungen zum anderen deutschen Staat gestalten solle.

Die Reaktion lässt sich erklären: Denn unmittelbar vorher verlassen der neue SED-Generalsekretär Egon Krenz, Ministerpräsident Hans Modrow und andere Mitglieder der DDR-Führung Moskau nach ihren Gesprächen mit der sowjetischen Spitze. Die Pkw-Kolonnen der beiden deutschen Delegationen begegnen sich sogar in der Nähe des Flughafens.

Genscher erinnert sich später an diesen Tag als seine „unerfreulichste Begegnung“ mit Generalsekretär Gorbatschow. Die sowjetische Seite habe ihre prinzipielle Einstellung zur deutschen Frage dargelegt. Gorbatschows Erwartungen hätte es entsprochen, so Genscher, wenn man die zehn Punkte erst nach einem Meinungsaustausch formuliert hätte.

Schicksal der Deutschen eingebettet in Schicksal Europas

Vor der Presse in Moskau erklärt Genscher, er habe Gorbatschow "die Regierungserklärung" des Kanzlers erläutert. Der Außenminister versichert Gorbatschow, dass die Bundesrepublik sich ihrer besonderen Verantwortung für die Stabilität in Europa voll bewusst sei. Sie plane keinen Alleingang, sondern sehe das Schicksal der Deutschen eingebettet in das Schicksal Europas.

Genscher betonte, die Politik der Bundesregierung in dieser Zeit der Veränderung beruhe auf dem Moskauer Vertrag, auf den Verträgen mit Warschau und Prag, dem Grundlagenvertrag mit der DDR sowie auf der KSZE-Schlussakte von Helsinki. Zur polnischen Westgrenze gelte, was er vor den Vereinten Nationen gesagt und was der Bundestag in einer Resolution aufgegriffen habe.

Positive Botschaft aus Moskau

Beim Abschied lässt Genscher eine Bemerkung des Generalsekretärs aufhorchen: „Wenn der gesamteuropäische Prozess und die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und der Bundesregierung sich gut entwickelten, dann wird es auch in der deutschen Frage neue Entwicklungen geben können.“ Für Genscher eine klare Botschaft: Das Tor zur deutschen Einheit hat sich bereits geöffnet. Alles würde jetzt davon abhängen, den Weg dorthin als ein Element gesamteuropäischer Entwicklungen zu gestalten.

Genscher verlässt Moskau in der Gewissheit, dass die sowjetische Führung sich im Grunde schon auf die deutsche Vereinigung eingestellt hat. Sie möchte den Weg dorthin allerdings mitbestimmen.