Krenz braucht Geld aus Bonn

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24. Oktober 1989 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit Krenz braucht Geld aus Bonn

24. Oktober 1989: Der neue SED-Chef Egon Krenz schickt einen Mann nach Bonn, den man dort schon kennt. Alexander Schalck-Golodkowski, offiziell Staatssekretär im Außenhandelsministerium, hat 1983 einen Milliardenkredit für die DDR ausgehandelt. Jetzt soll er wieder westdeutsche Hilfe beschaffen.

2 Min. Lesedauer

Packen mit Hundertern (D-Mark) stapeln sich in einem Bankdepot

Krenz braucht Geld aus Bonn

Foto: picture-alliance/dpa

Schalck-Golodkowskis Titel ist Fassade

Eigentlich ist er Stasi-Mitarbeiter: "Offizier im besonderen Einsatz", zuständig für die "Kommerzielle Koordinierung" (KoKo). In dieser Funktion ist er der oberste Devisenbeschaffer der DDR.

Um an harte Währung zu kommen, verkauft er beispielsweise Kunstwerke in den Westen. Zugleich versorgt er das SED-Politbüro mit Westprodukten. Und er betreibt, wie sich später herausstellt, illegalen Drogen- und Waffenhandel.

DDR vor dem Bankrott

Jetzt, im Herbst 1989, reist Schalck-Golodkowski nach Bonn, weil die DDR kurz vor dem Bankrott steht und dringend neues Geld braucht. Kaum jemand wüsste das besser als Schalck-Golodkowski selbst. Er hat an einem Papier der staatlichen Plankommission für das SED-Politbüro mitgeschrieben.

Kernaussage dieser "Analyse der ökonomischen Lage der DDR", bekannt geworden als "Schürer-Bericht" : Die DDR verbraucht viel mehr, als sie erwirtschaftet. Sie ist hoch verschuldet. Wird die Verschuldung nicht gestoppt, muss der Lebensstandard um 30 Prozent sinken. "Das bestehende System der Leitung und Planung", so die Autoren, "hat sich ... nicht bewährt". Die Arbeitsproduktivität liege 40 Prozent unter der westdeutschen, in "bestimmten Bereichen der Volkswirtschaft" seien die "Ausrüstungen stark verschlissen".

Angebliche "Mehraufwendungen"

Im Gespräch mit Kanzleramtsminister Rudolf Seiters und Innenminister Wolfgang Schäuble präsentiert Schalck-Golodkowski am 24. Oktober eine Rechnung. Angeblich verursacht die Deutsche Bundesbahn "Mehraufwendungen" in der DDR. Dafür will Schalck 500 Millionen DM.

Kreative Rechenkünste hat Schalck-Golodkowski schon in seiner Doktorarbeit unter Beweis gestellt. Stasi-Chef Erich Mielke betreut die Dissertation persönlich. Schalck schreibt darin unter anderem, die DDR könne von der Bundesrepublik über 85 Milliarden Mark Schadensersatz verlangen: für die volkswirtschaftlichen Schäden, die durch die Massenflucht vor dem Mauerbau entstanden seien.

Bonn soll neue Reiseregelung mitfinanzieren

Kurz vor Schalcks Bonn-Reise hat die Ständige Vertretung der DDR bereits wissen lassen: Komme es zu einer neuen Reiseregelung, müsse sich Bonn mit 20 Milliarden DM an der Finanzierung beteiligen.

Zwei Tage nach dem Besuch telefoniert Bundeskanzler Helmut Kohl mit dem neuen SED-Chef Egon Krenz. Kohl fordert insbesondere eine Neuregelung der Reisefreiheit sowie eine Amnestie für Demonstranten und Republikflüchtlinge.