Enteignungen sollen rückgängig gemacht werden

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15. Juni 1990 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit Enteignungen sollen rückgängig gemacht werden

15. Juni 1990: Die beiden deutschen Regierungen verständigen sich auf Eckwerte zur Regelung offener Vermögensfragen. Es gilt zu klären, wie man nach der Wiedervereinigung mit den Enteignungen in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR umgeht.

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DDR Landwirtschaft Ernte der Wintergerste bei der LPG 'Am Katzenstein' an den Haengen des Erzgebirges

Erklärung Enteignung

Foto: ullstein bild

„Junkerland in Bauernhand“

Zwischen 1945 und 1949 wurden im Osten Deutschland alle Großgrundbesitzer enteignet – entschädigungslos. Unter dem Motto „Junkerland in Bauernhand“ sollte es zunächst die Grundbesitze mit über 100 Hektar Land treffen. Mit der „Bodenreform“ wurden jedoch auch einfache Landwirte und Bauernfamilien enteignet. Oft mussten sie ihr Zuhause binnen 24 Stunden räumen und durften nur das Nötigste mitnehmen. Insgesamt wurden mehr als drei Millionen Hektar land- und forstwirtschaftliche Nutzfläche konfisziert.

Doch auch nach der Gründung der DDR gingen die Enteignungen weiter. Nur eines von vielen Beispielen: Zwischen 1933 und 1945 hatte die Nazi-Diktatur ein jüdisches Unternehmen zwangsarisiert. 1949 ging das ursprünglich jüdische Eigentum aber nicht an die rechtmäßigen Besitzer zurück, sondern wurde entschädigungslos enteignet. Ähnliches galt für Grundstückseigentümer, die die DDR ohne „polizeiliche Abmeldung“ verließen oder für Unternehmen, die überwiegend Ausländern gehörten.

Die offene Vermögensfrage

Viele der ehemaligen Großgrundbesitzer, Unternehmer oder Grundstückseigentümer erhoffen sich von einem vereinten Deutschland die Rückgabe dieser Flächen und Güter. Bei der Vorbereitung der Wiedervereinigung bedenken die Bundesregierung und die DDR-Regierung deshalb auch diese „vermögensrechtlichen Probleme“.

Am 15. Juni 1990 verabschieden die beiden deutschen Regierungen eine Gemeinsame Erklärung zur Regelung offener Vermögensfragen. Darin heißt es: Die Sowjetunion und die DDR „sehen keine Möglichkeit, die bei der Bodenreform getroffenen Maßnahmen zu revidieren“. So werden also die Enteignungen durch die Bodenreform vorerst nicht rückgängig gemacht. Anders sieht es bei den Enteignungen nach 1949 aus: Das enteignete Grundvermögen ist grundsätzlich den ehemaligen Eigentümern oder ihren Erben zurückzugeben.

„Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland nimmt dies im Hinblick auf die historische Entwicklung zur Kenntnis“, heißt es in der Erklärung. Sie bleibt jedoch bei ihrer Auffassung, dass eine abschließende Entscheidung über mögliche staatliche Ausgleichsleistungen dem künftigen gesamtdeutschen Parlament vorbehalten bleiben muss.

Der Ausgleich wird geschaffen

Vier Jahre nach der Wiedervereinigung schafft das deutsche Parlament die abschließende Klärung der noch immer offenen Vermögensfragen und verabschiedet das „Gesetz über die Entschädigung nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen und über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage“.

Das Gesetzeswerk umfasst zehn Gesetze, darunter: das NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz für Enteignungen im Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945, das Ausgleichsleistungsgesetz für Enteignungen in der Sowjetischen Besatzungszone zwischen 1945 und 1949 und das Entschädigungsgesetz für Enteignungen in der DDR von 1949 bis 1990.

Damit lassen sich zwar nicht vier Jahrzehnte sozialistische Wirtschaftspolitik vollständig revidieren, aber zumindest sollen die staatlichen Zwangsmaßnahmen rückgängig gemacht oder entschädigt werden.