"Den Sozialismus in seinem Lauf…"

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15. August 1989 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit "Den Sozialismus in seinem Lauf…"

15. August 1989: Stur und ungeachtet der Stimmung im Land singt SED-Chef Erich Honecker noch im Sommer 1989 sein Loblied auf den Sozialismus. Anlass ist die Übergabe des ersten 32-bit-Mikroprozessors.

1 Min. Lesedauer

Teilnehmer der Montagsdemonstration in Leipzig halten ein Transparent mit der Aufschrift "Die Demokratie in ihrem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf".

Sozialismus in seinen Lauf

Foto: Bundesregierung/Liebe

Durchhalteparole oder Ignoranz

Honecker, zu dieser Zeit bereits schwerkrank, nimmt am 14. August in Erfurt im VEB-Kombinat Mikroelektronik "Karl Marx" Musterexemplare eines 32-Bit-Mikroprozessors in Empfang.

Er nennt den 32-bit-Prozessor einen "würdigen Beitrag zum Republikjubiläum". Sichtlich stolz sieht er damit die DDR unmittelbar vor ihrem 40. Gründungstag technologisch auf Augenhöhe mit dem Westen.

… hält weder Ochs noch Esel auf

Das Parteiorgan der SED, das "Neue Deutschland", dokumentiert am 15. August die Rede Honeckers. Er lässt sich über das "Triumphgeschrei westlicher Medien über das Scheitern der sozialistischen Gesellschaftskonzeption" aus. Dieses sei sein Geld nicht wert, das dafür ausgegeben werde. Und dann fährt er fort: "Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf".

Und weiter: "Diese alte Erkenntnis der deutschen Arbeiterbewegung findet durch die große Initiative der Werktätigen der DDR ihre aktuelle Bestätigung." Angesichts der unübersehbaren Erosion des DDR-Regimes mit wachsenden Protesten von unzufriedenen DDR-Bürgern und immer mehr Botschaftsflüchtlingen ist das ein bizarrer Ausspruch.

"Wer zu spät kommt …"

Viele Kommentatoren werten den merkwürdigen Ausspruch als Zeichen von Entrücktheit. Die Menschen als Ochsen und Esel zu beschimpfen, die darauf drängten, die Gesellschaft zu erneuern, erschien vielen als Ausdruck von Altersstarrsinn.

Honecker bringt das Zitat noch häufiger an - so zuletzt in seiner Rede am Vorabend des 40. Jahrestags der DDR in Anwesenheit des sowjetischen Staats- und Parteichefs Michail Gorbatschow. Dessen Reaktion ist ebenfalls zu einem geflügelten Wort geworden: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben."