Krebsforschung beschleunigt auch Impfstoff-Entwicklung

Weltkrebstag Krebsforschung beschleunigt auch Impfstoff-Entwicklung

Die mRNA-Technologie hat die Entwicklung von Impfstoffen gegen Covid-19 extrem beschleunigt. Eigentlich stammen diese Erkenntnisse aus der Krebsforschung. Zum Weltkrebstag hat Bundesforschungsministerin Karliczek über den aktuellen Stand der Krebsforschung informiert und eine Zwischenbilanz zwei Jahre nach Start der "Nationalen Dekade gegen Krebs" gezogen.

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Foto zeigt eine Laborangestellte

Mit der Corona-Pandemie und der Entwicklung neuer Impfstoffe ist die mRNA-Technologie ins öffentliche Rampenlicht gerückt. Darauf basierende Impfstoffe sind seit Jahren ein Schwerpunkt in der Krebsforschung. 

Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

"Covid-19 und insbesondere die rasante und erfolgreiche Impfstoffentwicklung war das bestimmende Forschungsthema des vergangenen Jahres. Die Ziele der Nationalen Dekade gegen Krebs haben deshalb nicht an Bedeutung verloren", betonte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek bei einer Pressekonferenz zum Weltkrebstag . "Wir haben die Arbeit auch 2020 gemeinsam mit unseren Partnern und Unterstützern engagiert vorangetrieben. Auf Grundlage der Ergebnisse und Empfehlungen der Arbeitsgruppen der Dekade haben wir wichtige Initiativen und Vorhaben initiiert und umgesetzt."

"Wir investieren neben den bisherigen Standorten in Heidelberg und Dresden in den Ausbau des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen an vier potenziellen neuen Standorten, damit Patientinnen und Patienten schneller und wohnortnah von den Ergebnissen aus der Krebsforschung profitieren können", sagte die Ministerin. Künftig werden auch die Standorte Berlin, Essen/Köln, Stuttgart/Tübingen-Ulm und Würzburg mit den Partnern Erlangen, Regensburg, Augsburg Teil des Netzwerks sein.

In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 500.000 Menschen an Krebs. Bis zum Jahr 2030 rechnen Expertinnen und Experten mit einem Anstieg der Neuerkrankungen auf etwa 600.000 Fälle jährlich. Die Nationale Dekade gegen Krebs vereint erstmals die zentralen Akteure der deutschen Krebsforschungslandschaft in einem Bündnis. Dazu zählen – neben dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) – auch zwei Organisationen der Patientenvertretung.

Individualisierte Krebsimmuntherapie durch mRNA-Technologie

Mit der Corona-Pandemie und der Entwicklung neuer Impfstoffe ist die sogenannte mRNA-Technologie ins öffentliche Rampenlicht gerückt. Darauf basierende Impfstoffe sind allerdings schon seit Jahren ein Schwerpunkt in der Krebsforschung. Die mRNA-Vakzine sollen künftig eine individualisierte Krebstherapie ermöglichen.

Dass so schnell Corona-Impfstoffe auf den Markt kamen, war auch der jahrelangen Grundlagenforschung zu mRNA-Impfstoffen für die Krebstherapie zu verdanken. Die individualisierte Krebsimmuntherapie zielt darauf, die Mutationen in einem Tumor zu identifizieren, ihren Bauplan zu entschlüsseln und einen für diesen Tumor und damit für den Patienten maßgeschneiderten Impfstoff herzustellen. Das körpereigene Immunsystem wird dazu angehalten, den Tumor gezielt zu bekämpfen. "Das Immunsystem gegen Sars-CoV-2 mit einem Impfstoff zu aktivieren, ist im Vergleich eine einfachere Herausforderung als die Überwindung der Selbsttoleranz gegen Krebs", räumte Biontech-Chef Ugur Sahin allerdings ein.

EU startet Aktionsplan gegen Krebs

Die Bundesregierung intensiviert auch die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen Krebs. "Wir wollen auch in Europa aktiv gegen den Krebs vorgehen", erklärte Karliczek. "Gemeinsam mit Portugal und Slowenien haben wir im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft deshalb eine Deklaration zur Stärkung der europäischen Krebsforschung verabschiedet, um den Menschen überall in Europa den gleichen Zugang zur besten und modernsten Versorgung zu ermöglichen."

So kündigte die EU-Kommission nun an, mit vier Milliarden Euro gegen Krebserkrankungen vorzugehen. Im Rahmen des Aktionsplans gegen Krebs , der am Mittwoch in Brüssel vorgestellt wurde, sollen unter anderem Präventionskampagnen, besserer Zugang zu Vorsorgeuntersuchungen und die Erforschung von Therapiemöglichkeiten finanziert werden. "Unser übergreifendes Anliegen ist es, überall in der EU gleichen Zugang zu moderner Technologie und Behandlung zu ermöglichen", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Bis 2030 solle so etwa niemand mehr an Gebärmutterhalskrebs erkranken. "Wir streben die Eliminierung von Gebärmutterhalskrebs und anderen durch humane Papillomviren (HPV) verursachten Krebsarten an", erklärt EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. Demnach sollen 90 Prozent der jungen Frauen und auch deutlich mehr Männer gegen HPV geimpft werden.

Zehn Millionen Krebs-Todesfälle in 2020

Immer mehr Menschen sterben laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an einer Krebserkrankung. Im Jahr 2020 sei die Zahl der Gestorbenen auf zehn Millionen gestiegen, teilte die WHO am Dienstag in Genf mit. Anlässlich des Weltkrebstages am 4. Februar hieß es, dass 2018 rund 9,6 Millionen Menschen die Krankheit nicht überlebt hätten. Bei rund 19,3 Millionen Menschen sei im Jahr 2020 eine Krebserkrankung diagnostiziert worden. 

Die Zahl der Erkrankungen und Todesfälle werde in den nächsten Jahren weiter steigen, betonte André Ilbawi von der WHO-Abteilung für nichtübertragbare Krankheiten. Langfristig seien die wachsende Weltbevölkerung und die steigende Lebenserwartung die Hauptursachen für die weitere Ausbreitung der Krebserkrankungen, betonte Ilbawi.

Rund ein Drittel der Krebs-Todesfälle sind nach Schätzungen der WHO auf Tabakkonsum, Übergewicht, geringen Obst- und Gemüsekonsum, mangelnde körperliche Aktivität und Alkoholkonsum zurückzuführen. Die Coronavirus-Pandemie stört die Krebsbehandlung in etwa der Hälfte der untersuchten Länder, sagte Ilbawi und wies auch auf Verzögerungen bei der Diagnose hin, da die Beschäftigten im Gesundheitswesen extremer Belastung ausgesetzt und die Forschung beeinträchtig seien.

Die WHO betonte, dass viele Krebserkrankungen durch Änderungen des Lebensstils und riskanter Angewohnheiten vermieden werden könnten. So sei das Rauchen die Ursache etlicher Krebs-Todesfälle. Zudem empfahl die Weltgesundheitsorganisation regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen.