Neustart nach der Pandemie

Kanzlerin beim virtuellen Weltwirtschaftsforum in Davos Neustart nach der Pandemie

Die Corona-Pandemie habe weltweit die Schwächen der Länder aufgezeigt. Nun seien die Lehren daraus zu ziehen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Davoser Weltwirtschaftsforum. In guten Zeiten müssten Puffer gebildet werden, um die Gesellschaft widerstandsfähiger zu machen. Davos sei der richtige Ort, um zu besprechen, was nach der Pandemie komme.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel während einer Videokonferenz.

Das Treffen zum World Economic Forum fand in diesem Jahr aufgrund der Pandemie online statt.

Foto: Bundesregierung/Bergmann

Was hat die Pandemie aufgezeigt?

"Heute vor einem Jahr war noch nicht allen klar, dass wir in einer Pandemie leben werden", sagte Merkel. Unser Leben in den nächsten Jahren werde geprägt sein von den tiefen Spuren der Pandemie in unserer Wirtschaft und Gesellschaft, betonte die Bundeskanzlerin am Dienstag. Corona habe die globale Verknüpfung aufgezeigt. Dies sehe man daran, dass sich das Virus aus dem chinesischen Wuhan weltweit ausgebreitet habe. Die Pandemie sei eine "Jahrhundertkatastrophe" und zeige " die Schwachstellen in unseren Gesellschaften" auf, so Merkel. 

Wo liegen unsere Stärken und Schwächen?

"Der Gemeinschaftssinn ist unser stärkster Schatz", so Merkel. Deutschland sei eingebettet in Europa. Man habe sich zunächst zurückgezogen, aber dann gemerkt, dass man zusammen besser handele. Prozesse seien sehr bürokratisch geworden, da habe man "nachzuarbeiten". Wo wir nicht gut aussehen, das zeige sich besonders bei der Digitalisierung der Gesellschaft. Hier müsse man besser und schneller werden. Für Deutschland habe sich gezeigt, dass wir zwar ein sehr gutes Gesundheitssystem haben, aber man müsse dennoch weiter aus der Pandemie lernen, betonte Merkel. 

Welche Chancen bietet Europa?

Europa könne der erste klimaneutrale Kontinent werden, betonte Merkel. "Deutschland hat inzwischen bereits etwa 40 Prozent der Energieerzeugung aus regenerativen Energien, aber wir wissen auch, welche Anstrengungen damit verbunden sind", sagte die Kanzlerin. Das Wort der Souveränität sei wieder in aller Munde. Lieferketten stünden in der Kritik. Sie sollten auch "in Zeiten des großen Stresses halten", so Merkel. "Lieferketten müssen besser abgesichert werden, wenn man sich wirklich auch in schwierigen Zeiten auf sie verlassen möchte." Die EU habe eine Antwort auf diese außergewöhnliche Krise: Sie habe festgelegt, dass ganz klare Prioritäten gesetzt werden müssten. Mehr als 35 Prozent der Gelder müssten ins Klima investiert werden, etwa 20 Prozent in Digitalisierung, erklärte sie. 

Warum ist Multilateralismus so wichtig?

Der Gipfel bei den Vereinten Nationen im vergangenen Jahr habe aufgezeigt, "dass wir an der Stelle immer noch weit hinter den Erwartungen zurückliegen", sagte die Kanzlerin. Das deutsche politische Ziel sei, "sehr stark zu sagen: Wir werden nicht sparen bei Entwicklungsarbeit. Eher müssen wir hier noch eine Schippe drauf legen." Beim Impfstoff gehe es um eine faire Verteilung und "nicht nur um die Frage von Geld", sagte Merkel. "Wir werden natürlich alles dafür tun, dass die Verteilung schnell erfolgen kann." Es habe sich gezeigt, dass es die Stunde des Multilateralismus sei. Man arbeite transparent zusammen. "Zu Beginn der Pandemie war die Transparenz vielleicht nicht ausreichend", sagt Merkel. Man müsse die Weltgesundheitsorganisation stärken, deshalb sei es gut, dass die USA durch Joe Biden wieder Mitglied der WHO seien. 

Welches Fazit sei zu ziehen?

"Es gibt nicht Gutes, außer man tut es", zitierte die Kanzlerin Erich Kästner. Fragen des Umwelt- und Klimaschutzes spielten eine große Rolle. Man müsse auch Antworten für die Digitalisierung finden. Es solle eine Mindestbesteuerung von digitalen Unternehmen geben. "Die Pandemie hat uns vor Augen geführt, dass gehandelt werden muss", sagte Merkel. So könnten die Schwachstellen überwunden werden. Gerne schloss sie sich der Formulierung von Klaus Schwab an, dem Vorsitzender des Weltwirtschaftsforums, der von "vorsorgender Agilität" sprach. "Da haben sie ja gleich zwei Zauberworte zusammengebracht", sagte die Kanzlerin abschließend.

Das Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum) ist eine gemeinnützige Stiftung. Sie veranstaltet alljährlich in Davos ein Jahrestreffen. Bei diesen Treffen kommen international führende Wirtschaftsexperten, Politiker, Intellektuelle und Journalisten zusammen, um sich über aktuelle globale Fragen auszutauschen. Aufgrund der Corona Pandemie findet das Treffen diesmal virtuell statt. Vom 25. bis zum 29 Januar diskutieren die Teilnehmer in zahlreichen Online-Veranstaltungen über die Lage nach der Pandemie ("The Great Reset"). Im Mai soll dann ein persönliches Treffen von Managern, Politikern und Wissenschaftlern in Singapur folgen.