EU
Aus den europäischen Regelungen ergeben sich nicht nur für die Mitgliedstaaten, sondern auch für die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen Rechte und Pflichten. Deswegen ist es wichtig, dass die Bundesregierung bereits beim Entstehen von EU-Regelungen die Wirkungen auf die Betroffenen in Deutschland prüft und darauf hinwirkt, dass die Regelungen für Deutschland so wenig aufwändig wie möglich sind.
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Internationale Fahnen im Bundeskanzleramt
Foto: Bundesregierung/Bergmann
- Europäische Union und Bürokratieabbau
- Einbindung des Nationalen Normenkontrollrates auch bei EU-Regelungen
Europäische Union und Bürokratieabbau
Das europäische Recht wirkt entweder unmittelbar oder mittelbar. Das ist abhängig vom Rechtsakt. Die EU-Verordnungen beispielsweise sind in den Mitgliedstaaten, also auch in Deutschland, unmittelbar wirksam und verbindlich. Im Gegensatz dazu ist eine Richtlinie ein Rechtsakt, in dem ein zu erreichendes Ziel festgelegt wird. Es ist Sache der einzelnen Länder, eigene Rechtsvorschriften zur Verwirklichung dieses Ziels zu erlassen. Nach deutschem Recht ist deswegen zur Umsetzung einer Richtlinie in der Regel ein förmliches Gesetz oder eine Verordnung erforderlich. Damit findet das Programm der Bundesregierung für Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung auf das mittelbar wirkende EU-Recht Anwendung. So ist zum Beispiel im Programm festgelegt, dass die Bundesregierung Richtlinien grundsätzlich "eins zu eins" umsetzen wird, um auch Chancengleichheit im europäischen Binnenmarkt zu sichern und bei der Umsetzung von EU-Recht unnötigen Aufwand zu vermeiden.
Bei unmittelbar wirkendem EU-Recht, zum Beispiel bei EU-Verordnungen, kann die Bundesregierung nur bei der Entstehung in den Verhandlungen auf EU-Ebene darauf hinwirken, dass es möglichst wenig bürokratische Belastungen verursacht.
Das ist aber auch bei der Entstehung von Richtlinien wichtig. Deswegen hat die Bundesregierung ab 1. Januar 2016 das sogenannte EU-ex-ante-Verfahren etabliert, mit dem das jeweils zuständige Ressort verpflichtet ist, die Wirkungen des geplanten EU-Rechtsaktes zu prüfen. Bei signifikanten Wirkungen sind die Ressorts aufgefordert, eigene, für Deutschland geltende Folgenabschätzungen vorzunehmen.
Die EU bemüht sich aber selbst zunehmend intensiv um einen Abbau von bürokratischen Lasten und um besseres Recht: Sie hat nicht nur einen eigens dafür zuständigen Kommissar, Erster Vizepräsident der Kommission Frans Timmermans, für diese Aufgabe ins Juncker-Kabinett berufen, sondern hat im Mai 2015 weitreichende Änderungen für die bessere Rechtsetzung auf den Weg gebracht.
https://ec.europa.eu/commission/2014-2019/timmermans_en
http://ec.europa.eu/info/strategy/better-regulation-why-and-how_en
So gelten für die Erstellung von Folgenabschätzungen und Evaluationen durch die Kommission neue verbindlich anzuwendende Leitlinien und das am 1. Juli 2015 eingerichtete "Regulatory Scrutiny Board" (RSB, auf Deutsch: Ausschuss für Regulierungskontrolle) löst das bisherige "Impact Assessment Board" (IAB, auf Deutsch: Ausschuss für Folgenabschätzung) ab. Eine neue Zusammensetzung soll die Unabhängigkeit des Ausschusses besser gewährleisten und so die Qualitätskontrolle verbessern.
http://ec.europa.eu/info/better-regulation-guidelines-and-toolbox_en
http://ec.europa.eu/info/law-making-process/regulatory-scrutiny-board_en
Seit 2012 gibt es in der EU das Programm zur "Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung", das sogenannte REFIT-Programm. Mit diesem Programm werden EU-Rechtsvorschriften kontinuierlich und systematisch auf Verwaltungslasten, Unstimmigkeiten, Lücken oder wirkungslose Maßnahmen hin untersucht. Gleichzeitig werden entsprechende Verbesserungsmöglichkeiten ermittelt. Die Kommission wird es in den nächsten Jahren weiterführen, um auch in Zukunft eine effiziente Rechtsetzung sicherzustellen. Mit REFIT soll das EU-Recht einfacher werden und weniger Kosten verursachen. Im Rahmen des REFIT-Programms hat die Kommission im Mai 2015 die neue REFIT-Plattform ins Leben gerufen. Sie dient dazu, den Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten beziehungsweise anderen Akteuren zu ermöglichen. Dabei soll es um Fragen der Rechtsetzung, um Bürokratieabbau und um Verbesserungen der EU-Rechtsvorschriften gehen.
Einbindung des Nationalen Normenkontrollrates auch bei EU-Regelungen
Auch der Nationale Normenkontrollrat hat eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Wirkungen von EU-Regelungen bei ihrer Entstehung zu prüfen. Während die Bundesregierung die Aussagen der Kommission zu den Wirkungen bewertet und in einigen Fällen eigene Abschätzungen vornimmt (EU-ex-ante-Verfahren seit 1. Januar 2016), ist es Aufgabe des Normenkontrollrates, die Angaben der Ressorts auf ihre Plausibilität hin zu untersuchen. Damit ist sichergestellt, dass der NKR als von der Bundesregierung unabhängiges Gremium, ein Art "Qualitätscheck" übernimmt und die Bundesregierung beraten kann, sofern ihm weitere Kenntnisse über Wirkungen von EU-Regelungen vorliegen.