Flüchtlinge auf Arbeitsmarkt vorbereiten

Flucht und Asyl: Die Woche im Überblick Flüchtlinge auf Arbeitsmarkt vorbereiten

Asylsuchende sollen frühzeitig auf den deutschen Arbeitsmarkt vorbereitet und die Bearbeitung der Anträge beschleunigt werden. Hierfür habe die Bundesregierung einen Arbeitsstab aus Fachleuten der BA und des BAMF eingesetzt, sagte Regierungssprecher Seibert: "Wir wollen die gute Zusammenarbeit weiter verbessern."

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Flüchtlinge lernen in der Ausbildungswerkstatt der Friedhelm Loh Group in Eschenburg-Wissenbach Grundfertigkeiten der Metall- und Elektrotechnik.

Die Bundesregierung möchte Flüchtlinge durch beschleunigte Verfahren schnell in den Arbeitsmarkt integrieren.

Foto: picture-alliance/dpa

Die Entscheidung für den Arbeitsstab aus Fachleuten der Bundesagentur für Arbeit (BA) und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gehe zurück auf ein Gespräch zwischen Bundeskanzlerin Merkel, Bundeskanzleramts-Chef Altmaier sowie BA-Chef Weise und dem ehemaligen Präsidenten des BAMF Schmidt, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert bei der Regierungspressekonferenz am Freitag (18. September).

Der Arbeitsstab solle Ideen entwickeln, wie die Bearbeitung der Asylanträge beschleunigt und wie mit Personal der Bundesagentur beim Bundesamt ausgeholfen werden könne, so Seibert.

Der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt, war am Donnerstag (17. September) aus persönlichen Gründen zurückgetreten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière würdigte seine "hervorragende Arbeit" und sagte, Schmidt habe "mit großem Verantwortungsbewusstsein und enormen Engagement" gehandelt, sodass die Behörde ihre wichtigen Aufgaben weiterhin gut und engagiert wahrnehmen könne. Am Freitag teilte der Bundesinnenminister mit, dass der Leiter der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, auch neuer Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge werde.

Die Ergebnisse des Arbeitsstabes sollen zunächst dem Bundesinnenminister übermittelt und sodann beim Bund-Länder-Treffen kommenden Donnerstag (24. September) vorgestellt werden. Unterdessen bekräftigte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in einem Interview mit der Bild-Zeitung, wie wichtig eine gut organisierte Bearbeitung der Asylanträge sei: "Wer aus Ländern kommt, in denen es weder Krieg noch Verfolgung gibt, muss unser Land wieder verlassen. Auch, damit wir genug Platz für die wirklich Verfolgten haben."

Nur eine europäische Lösung möglich

Im Hinblick auf die geplanten europäischen und nationalen Treffen kommende Woche betonte Regierungssprecher Seibert erneut, dass es nur eine gesamteuropäische Lösung der Flüchtlingsfrage geben könne: "Wir sind uns der großen Herausforderung bewusst, vor denen sich zur Zeit Länder wie Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und jetzt auch Kroatien und andere Länder befinden. Und das macht uns so klar, dass es für diese humanitäre Herausforderung, die wahrscheinlich die größte Europas seit dem 2. Weltkrieg ist, es keine rein nationale Lösungen geben kann. Sondern nur eine Lösung, bei der sich Europa als Ganzes zusammenfindet", betonte Seibert.

Ausblick auf die kommende Woche
Am Montag, den 21. September, trifft Kanzlerin Merkel Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, um sich über Fragen zur Finanzierung sowie der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen auszutauschen. In Brüssel kommen am Dienstag, den 22. September, die EU-Innenminister zu einem Sondergipfel zusammen. Am Mittwoch, den 23. September, nimmt Kanzlerin Merkel am Dringlichkeitsgipfel der Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel teil. In Berlin findet am Donnerstag, den 24. September, ein weiteres Bund-Länder-Gespräch statt. Im Mittelpunkt sollen Gesetzgebungs- und Finanzfragen stehen.

Staat als Ganzes ist gefordert

Am Dienstag (15. September) stand die Notwendigkeit gemeinsamer Anstrengungen zur Bewältigung der Flüchtlingssituation besonders im Fokus. So hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Bund-Länder-Treffen im Kanzleramt besonders hervorgehoben, der Staat als Ganzes müsse nun "eine riesige Kraftanstrengung" unternehmen. Entsprechend freue sie sich über die Unterstützung von Seiten der Länder.

Ergebnis des Gesprächs sei unter anderem die Einigkeit darüber gewesen, Flüchtlinge künftig nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Länder zu verteilen. Zu diesem hätten sich alle Länder bekannt. Zudem war die Rede davon, dass der Bund bis zu 40.000 Plätze zur Erstaufnahme schaffe und dass Verteilzentren eingerichtet würden. "Solche Drehkreuze sind notwendig", sagte die Kanzlerin. Auch die Bundeswehr bekräftigte die Bereitschaft, verstärkt Personal zur Verfügung zu stellen. Rechtliche und finanzielle Fragen sollen beim Bund-Länder-Treffen am 24. September thematisiert werden.

Merkel und Faymann für Sonder-EU-Rat

Bereits Dienstagmittag (15. September) hatte sich Merkel mit ihrem österreichischen Amtskollegen Werner Faymann getroffen. Sie seien sich einig gewesen, dass in der Flüchtlingskrise eine gemeinsame Antwort der EU nötig sei: "Das ist eine Verantwortung der gesamten Europäischen Union", so Merkel. Daher haben sie einen Sonder-EU-Rat für die kommende Woche vorgeschlagen. Thema sollen die Hilfe für Herkunftsländer der Flüchtlinge und der Aufbau von Hotspots in Griechenland und Italien sein. Auch darüber, wie mit der Türkei intensivere Gespräche möglich seien, solle gesprochen werden.

Zwei Treffen der EU-Minister

Bereits am Montag (14. September) waren die EU-Innenminister zu einem Sondertreffen zusammengekommen. Dabei habe es die Bereitschaft zur Verteilung von 160.000 Flüchtlingen gegeben, allerdings keine Festlegung auf eine Quote. Bundesinnenminister Thomas de Maizière sprach von einem erheblichen Wermutstropfen, da es verbindliche Zusagen für eine Verteilung lediglich für 40.000 Flüchtlinge gegeben habe. Zur Verteilung der restlichen 120.000 Flüchtlinge habe es nur eine politische Grundsatzzustimmung gegeben. Einige Staaten fühlten sich einer solidarischen Verantwortung noch nicht verpflichtet. "Das muss sich ändern, andernfalls bekommen wir ein großes Problem in Europa", so der Innenminister.

EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos sagte: "Eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist bereit voranzugehen, aber nicht alle. "Politische Verständigung gab es unter den EU-Mitgliedsstaaten über eine Liste sicherer Herkunftsländer, wozu die Westbalkan-Staaten gehörten, außer der Türkei. Vor dem Treffen der Innenminister hatten sich die EU-Europaminister verständigt, den Militäreinsatz im Kampf gegen die Schlepper auszuweiten.

In einem Brief an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, EU-Ratspräsident Donald Tusk und den EU-Ratsvorsitzenden Xavier Bettel hatten Bundeskanzlerin Merkel und ihr französischer Amtskollege François Hollande konkrete Vorschläge unterbreitet, wie Europa die Flüchtlingskrise in den Griff bekommen könne. Juncker hatte geäußert: "Unsere Europäische Union ist in keinem guten Zustand. Es fehlt an Europa in dieser Union. Und es fehlt an Union in dieser Union. Das müssen wir ändern." Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte in einem Interview zu Beginn der Woche gesagt, im Umgang mit der Flüchtlingskrise werde sich erweisen, "ob wir Europäer untereinander Solidarität leben".

Vorübergehende Grenzkontrollen eingeführt

Am vergangenen Wochenende waren aufgrund des Flüchtlingsstromes vorübergehende Grenzkontrollen eingeführt worden. "Ziel dieser Maßnahme ist es, den derzeitigen Zustrom nach Deutschland zu begrenzen und wieder zu einem geordneten Verfahren zu kommen", hatte der Bundesinnenminister erklärt. Die Maßnahme sei auch aus Sicherheitsgründen dringend erforderlich gewesen. Das Dublin-Verfahren und die sogenannten Eurodac-Regelungen würden unverändert fortgelten: "Und ich fordere, dass sich alle europäischen Mitgliedsstaaten daran halten", so de Maizière. Dies bedeute, dass der zuständige Mitgliedsstaat Asylsuchende nicht nur registriere, sondern auch das Asylverfahren durchführe.

Regierungssprecher Seibert hatte in der nächsten Regierungspressekonferenz bezüglich der Kontrollen ergänzt, dass diese ein gemeinsamer Beschluss der Regierungskoalition seien und die Bundesregierung stets so handele, wie es die Lage erfordere. Er dankte auch noch einmal den "Menschen, die in der Hilfe für Flüchtlinge über sich hinauswachsen". Ihnen könne man nicht genug danken.