"Die Scholle ist für uns ein Zuhause geworden"

 MOSAiC-Expedition in der Arktis "Die Scholle ist für uns ein Zuhause geworden"

Nach genau 300 Tagen Drift mit einer Eisscholle hat das internationale MOSAiC-Team am 29. Juli 2020 mit dem Abbau des Forschungscamps auf der Scholle begonnen. Am Tag darauf ist die Scholle schließlich in viele Einzelteile zerbrochen. Doch das ist noch nicht das Ende der Expedition.

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Die Eisscholle wird immer kleiner – der Rückbau der Messstation ist in vollem Gange.

Die Eisscholle wird immer kleiner – der Rückbau der Messstation ist in vollem Gange.

Foto: Alfred-Wegener Institut / Lianna Nixon

"Wir haben unsere Scholle im vergangenen Herbst gesucht, gefunden, erkundet, besiedelt und aus allen denkbaren Perspektiven erforscht", erläutert der Expeditionsleiter Professor Markus Rex, vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. Die Eisscholle hatte den Wissenschaftlern fast ein Jahr lang als Basis für ein Forschungscamp im ewigen Eis gedient und ist ihnen ans Herz gewachsen. "In den vielen Monaten ist die Scholle für uns ein Zuhause geworden, das wir immer in Erinnerung behalten werden. Nun tritt sie ihren letzten Weg an und wird wieder zu Wasser. Es ist Zeit Abschied zu nehmen und für die letzte Phase der Expedition nach Norden aufzubrechen", sagt Rex.

Eisscholle war ideale Heimat für ganzes Forschungscamp

Am 4. Oktober 2019 hatten sich die Wissenschaftler der MOSAiC-Expedition nach kurzer aber intensiver Suche an der Eisscholle einfrieren lassen, auf der sie ihr Forschungscamp für die Drift durch das Nordpolarmeer aufbauten. Die Suche gestaltete sich als eine enorme Herausforderung, da es nach einem der wärmsten Sommer damals kaum ausreichend dicke Schollen in der Ausgangsregion der Expedition gab. Die Scholle ihrer Wahl bildete sich – wie sie später herausfanden – im Dezember 2018 vor den Neusibirischen Inseln. Die Wissenschaftler schätzten den ungewöhnlich stabilen Bereich der Scholle, der sich als guter Standort für das Forschungscamp herausstellte.

Gleichzeitig war die Scholle in ihren anderen Bereichen relativ dünn und dynamisch und somit typisch für die neue Arktis. Gerade deshalb war sie für die wissenschaftlichen Projekte sehr gut geeignet. Im Laufe des Jahres sorgten Stürme immer wieder für Risse und Presseisrücken, die den Expeditionsteilnehmern viel abverlangten. Doch insgesamt blieb die Scholle bis zuletzt stabil – selbst während der Schmelzsaison, als die benachbarten Bereiche nach und nach zerbröselten.

Ein Messturm in Met City, dem Zentrum der meteorologischen Arbeiten auf der Scholle, wird abgebaut.

Ein Messturm in Met City, dem Zentrum der meteorologischen Arbeiten auf der Scholle, wird abgebaut.

Foto: Alfred-Wegener Institut / Lianna Nixon

Wissenschaftler begleiten Lebenszyklus der Eisscholle

"Es ist uns gelungen, den Lebenszyklus der MOSAiC-Scholle seit Anfang Oktober vergangenen Jahres bis zu ihrem Ende zu begleiten. Sie hat uns 1700 Kilometer durch das Nordpolarmeer getragen, von der Laptewsee vorbei am Nordpol bis in die Framstraße. Hier beendet sie nun an der Eiskante ihren natürlichen Lebenszyklus, während sie unter dem Einfluss von Dünung und Wellen zerbricht, schließlich schmilzt und wieder zu dem Wasser des Ozeans wird, aus dem sie sich vor fast zwei Jahren vor der sibirischen Küste gebildet hat."

Das Konzept der MOSAiC-Expedition sei damit vollständig aufgegangen, zeigt sich der Expeditionsleiter sehr zufrieden. "Jetzt steht das letzte noch fehlende Puzzlestück im Jahreszyklus des arktischen Meereises im Fokus, das beginnende Gefrieren am Ende des Sommers. Für diese Phase werden wir weit nach Norden vorstoßen, wo die Eisbildung bereits demnächst einsetzen wird."