Kreative Ideen für digitales Lernen

Lehrkräfte und Gründer im Kurzportrait Kreative Ideen für digitales Lernen

Ein Schulleiter mit eigenem YouTube-Kanal, eine Lehrerin als Digital-Expertin, ein Student als Erfinder der “Corona-School“: Mit ihren innovativen Ideen geben schon heute viele Lehrkräfte und Gründer wichtige Impulse für das digitale Lernen. Fünf von ihnen nehmen am Online-Dialog der Kanzlerin teil.

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Mit der Plattform "Edu-sense" bietet Anika Buche innovative pädadogische Ansätze des Lehrerns und Lernens.

Mit der Plattform "Edu-sense" bietet Anika Buche innovative pädadogische Ansätze des Lehrens und Lernens.

Foto: Anika Buche

Kai Schmidt, Anika Buche, Verena Knoblauch, Stephan Bayer und Christopher Reiners heißen die fünf Impulsgeber beim Online-Dialog der Bundeskanzlerin zum “Kulturwandel digitales Lernen“. Auch wenn ihre Lebensläufe sehr verschieden sind: alle fünf Lehrkräfte und Gründer verbindet Kreativität und Lust auf neue Lösungen für das digitale Lernen und Lehren.

Kai Schmidt: Lehrer mit eigenem YouTube-Kanal

Bekannt ist er als YouTuber „Lehrerschmidt“. Sein Kanal hat mehr als 900.000 Abonnenten. Offline handelt es sich um Kai Schmidt, 41 Jahre alt, Mathelehrer und Rektor einer Oberschule in Niedersachsen. Seit fünf Jahren ist er als “Lehrerschmidt“ bei YouTube präsent. Die Idee war, seinen Schülerinnen und Schülern Hilfestellungen für die Hausaufgaben zu vermitteln.

Kai Schmidt

Der Youtube-Kanal von Kai Schmidt begann als Hausaufgaben-Hilfe für seine Schüler.

Foto: Andre Sobott

Videos auch bei Lehrkräften und Eltern beliebt  

„Ich war damals wie heute von der Idee begeistert, Wissen in Form von kurzen Lernvideos zu vermitteln“, berichtet Kai Schmidt. Seinen Kanal nutzen auch verstärkt Lehrkräfte und Eltern.

In mehr als 1.500 Videos vermittelt er die gesamte Schulmathematik von Klasse 1 bis Klasse 10. Es gibt ebenfalls Videos aus dem Bereich Physik und Allgemeinwissen. Darüber hinaus tritt Schmidt aktiv für das New Learning und Flipped Classroom ein: hierbei erarbeiten die Lernenden die Lerninhalte zuhause und wenden sie im Unterricht an. In zahlreichen Vorträgen stellt Schmidt die Vor- und Nachteile dieser Methode vor.

115 Millionen Aufrufe

Die Klickzahlen seiner Videos sind gewaltig und besonders in der Corona-Pandemie nach oben geschnellt: die täglichen Besucherzahlen liegen laut Kai Schmidt zwischen 300.000 und 400.000. Seine Videos wurden bisher über 115 Millionen Mal aufgerufen.     

Anika Buche: Gründerin von „Edu-sense“   

Die 32-jährige ist Lehrerin am Albert-Schweitzer-Gymnasium Hürth bei Köln und Gründerin von „Edu-sense“ , einer sozialen Initative, die Schulen mit einer Blaupause bei der zeitgemäßen Schulentwicklung helfen möchte. In der Sekundarstufe I und II unterrichtet sie die Fächer Mathematik, Sport und Biologie. „Ich bin absolute Vollblut-Lehrerin. Der Beruf macht mir unglaublich Spaß. Jeden Tag darf ich mit jungen, kreativen Menschen zusammenarbeiten, die das Handwerkszeug zur Gestaltung ihrer Zukunft mitbekommen sollen- das ist sehr motivierend für mich.“

„Mut haben, Neues auszuprobieren“

Die junge Lehrerin setzt bei der Lerngestaltung seit ihrem Referendariat auf neue Lernwerkzeuge und -methoden. „Den Mut zu haben Neues auszuprobieren, ist das, was ich jedem nur empfehlen kann. Das bedeutet zwar auch, dass es manchmal nicht direkt läuft und man improvisieren und variieren muss, jedoch ist der Mehrwert zeitgemäßer Lernmöglichkeiten absolut lohnenswert.“

An ihrer Schule leitet Anika Buche den Bereich der Digitalisierung. Gemeinsam mit einem Kollegen hat sie ein 20-köpfiges Team auf die Beine gestellt, das die interne Fortbildung und den Support übernimmt. Zahlreiche Entwicklungen am Gymnasium waren nach viel Tüftelei so erfolgreich, dass Anika Buche diese gerne mit anderen Schulen teilen wollte.

Mit der Plattform "Edu-sense" bietet Anika Buche innovative pädadogische Ansätze des Lehrerns und Lernens.

Mit der Plattform "Edu-sense" bietet Anika Buche innovative pädadogische Ansätze des Lehrens und Lernens.

Foto: Anika Buche

Kostenfreie Unterstützung für andere Schulen

Deshalb gründete Anika Buche “Edu-sense“. Die Initiative stellt erprobte Konzepte und Best Practices von Schulen bei der Digitalisierung zusammen. Und ein Leitfaden gibt Empfehlungen: zur IT-Ausstattung, zur Organisation des digitalen Unterrichts sowie zu Fragen der Kommunikation und zur Finanzierung.

Verena Knoblauch: Medienpädagogische Beraterin

Verena Knoblauch ist Grundschullehrerin in Nürnberg, Medienpädagogin und Autorin. Bereits seit Jahren arbeitet sie in der Schule erfolgreich mit digitalen Medien. Gemeinsam mit einer Kollegin etablierte die 39-Jährige die Einführung von zwei Tablet-Klassen. Dort erarbeiten sich die Kinder beispielsweise mithilfe der Suchmaschine „FragFinn“ eigenständig Wissen zu Tieren oder Pflanzen oder nutzen intuitive Apps wie „Book Creator“ für ihre Präsentationen. Innovativ ist auch der Ansatz, dass sich die Kinder mit dem Thema “Fake News“ auseinandersetzen, indem sie selbst welche formulieren.      

Den Unterricht neu denken

„Der Einsatz von digitalen Medien ist wichtig, damit die Kinder dazu befähigt werden, sich in einer durch Digitalität geprägten Gesellschaft zurechtzufinden und aktiv und selbstbestimmt daran teilzuhaben“, betont Verena Knoblauch. Ihr Ziel: Den Unterricht im Sinne einer zeitgemäßen Bildung stetig neu zu denken und zu verändern.

Erst kürzlich hat sie eine neue Idee eines Kollegen aus Potsdam aufgegriffen: der sogenannte „Escape Room im Klassenzimmer“ auch „EduBreakOut“ genannt. Dabei lösen die Schüler analoge und digitale Hinweise und Rätsel, um gemeinsam eine Mission zu erfüllen.

Neben der Tätigkeit an der Schule arbeitet die Lehrerin als „medienpädagogische Beraterin digitale Bildung“am staatlichen Schulamt in Nürnberg. In diesem Jahr hat sie außerdem die stellvertretende Leitung des Medienzentrums der Städte Nürnberg und Fürth übernommen.

Verena Knoblauch

Verena Knoblauch hat in ihren Grundschulklassen in Nürnberg digitale Lernformate etabliert.

Foto: Thorsten Megele

Es gibt keine Patentlösungen

Seit Jahren ist Verena Knoblauch auch in der Lehrerfortbildung tätig. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus Schul- und Hochschulpraxis gründete sie Anfang des Jahres das Institut für zeitgemäße Prüfungskultur . Darüber hinaus hält sie bundesweit Vorträge zum digitalen Lehren und Lernen und veranstaltet Seminare.
Ihr Motto ist dabei stets: „Es gibt keine Patentlösungen. One size fits all? Was schon bei Kleidung nicht ordentlich sitzt, funktioniert im Bildungsbereich erst recht nicht.“

Stephan Bayer: Gründer und Geschäftsführer von „sofatutor“

Die umfangreichste Online-Lernplattform für Schulthemen im deutschsprachigen Raum ist die Idee von Stephan Bayer, Gründer und Geschäftsführer von „sofatutor“. Der 38-jährige Experte für digitale Bildung, Podcaster, Soziologe und Politologe engagiert sich daneben in diversen Ehrenämtern und Think Tanks.

Kinder lernen in eigenem Tempo  

Als Bayer vor 13 Jahren „sofatutor“ gründete, wollte er den Schulunterricht grundlegend umkrempeln. Dazu arbeiten er und sein inzwischen 250-köpfiges Team bis heute an einem dynamischen System, das es über Klassenstufen und Fächergrenzen hinweg Kindern und Jugendlichen ermöglicht, im eigenen Tempo zu lernen.

Und die Vision kommt an: Seit Corona steigen die Nutzerzahlen drastisch, sodass heute 1,5 Millionen User pro Woche auf die mehr als 11.000 Lernvideos und gut 43.000 Übungen von „sofatutor“ zugreifen. Das Besondere: die Plattform bietet Inhalte für alle Klassenstufen und Schulformen von der Grundschule bis zum Abschluss an und deckt damit das gesamte Curriculum ab.

Besonders Lehrkräfte entdecken während der Pandemie die Vorteile der Plattform für ihren Unterricht. Laut Stephan Bayer nutzen die Plattform mehr als 10.000 Schulen.

Auf der Seite "sofatutor" bieten Stephan Beyer und sein Team mehrere Zehntausend Lernmodule an.

Auf der Seite "sofatutor" bieten Stephan Bayer und sein Team mehrere Zehntausend Lernmodule an.

Foto: sofatutor/Sascha Kott

Schulen benötigen digitale Inhalte

„Das Corona-Jahr hat vor allem gezeigt: Schulen benötigen digitale Inhalte. Mit unserer Plattform sind wir inzwischen zum Rückgrat des Homeschoolings geworden. Innovative digitale Lernangebote bilden auch künftig unsere DNA, um Schulen, Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern die besten digitale Lerninhalte bereitstellen zu können.“

Christopher Reiners: Co-Gründer der „Corona-School“

Mitte März 2020: Schulen und Universitäten gehen in den Corona-bedingten Lockdown. Für Millionen Kinder und Jugendliche beginnt Digital-Unterricht und zusätzliches Pauken, um im Lernstoff mitzukommen. Viele Studierende wollen sich in dieser außergewöhnlichen Situation sozial engagieren. Gemeinsam mit einem Freund will Mathematik-Student Christopher Reiners beide Seiten zusammenführen: die Idee der „Corona-School“ war geboren. Hierbei geben Studierende vor allem Schülerinnen und Schülern Lernunterstützung – und zwar digital. Eine Schülerin in Freiburg kann so beispielsweise Unterstützung von einer Studentin in Kiel bekommen, wenn diese besonders gut zusammenpassen.

Lernunterstützung ist kostenfrei

Das Besondere an der digitalen Nachhilfe: die bisher über 12.000 engagieren sich ehrenamtlich. „So ermöglicht die Corona-School Kindern den Zugang zu individueller Lernunterstützung, die für kommerzielle Angebote nicht das nötige Geld haben“, betont Co-Gründer Christopher Reiners.

Die "Corona-School" von Christopher Reimers bietet digitale Nachhilfe durch Studierende.

Die "Corona-School" von Christopher Reimers bietet digitale Nachhilfe durch Studierende.

Foto: Christopher Reiners

Der 23-Jährige hebt auch den Nutzen für die ehrenamtlich tätigen Studierenden hervor. „Bei uns können Lehramtsstudierende digitale Praktika machen und bekommen diese im Studium angerechnet.“ In der „Corona-School“ erhalten Schülerinnen und Schüler kostenfreie hochwertige Unterstützung. Und die Studierenden sammeln viel praktische Erfahrung, vor allem im digitalen Kontext, ist sich Reiners sicher. Und wenn die jungen Nachhilfe-Pädagogen selbst mal Hilfe brauchen, stehen ihnen innerhalb eines Mentoren-Programms beispielsweise erfahrene ehemalige Lehrkräfte zur Verfügung.

Angebot auch für die Zeit nach der Pandemie  

Laut Reiners wird die Arbeit der „Corona-School“ mittlerweile durch Spenden unterstützt. Damit sie auch weiter dabei helfen kann, Lernlücken bei Schülerinnen und Schülern zu vermeiden. Auch wenn die Idee zur Lernunterstützung durch die Pandemie geboren wurde, will Christoper Reiners die Arbeit der „Corona-School“ langfristig fortsetzen.