Regierungspressekonferenz vom 20. November 2020

Im Wortlaut Regierungspressekonferenz vom 20. November 2020

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (virtueller G20-Gipfel, Kabinettssitzung, Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus, Videokonferenz mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Bundesländer, Mitgliederversammlung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände), COVID-19-Pandemie (Berufsverkehr, Rundschreiben des Bundesinnenministerium zu Dienstreisen von Bundesbediensteten, Verhandlungen mit Biontech über Impfdosen für Deutschland, WHO-Studie zum Medikament Remdesivir, Wirkung von Lockdowns), Portrait von Hans Globke im Bundeskanzleramt, Indo-Pazifik-Leitlinien, Studie zur Vernetzung von Rechtsextremen, Parlamentswahlen in Venezuela, Brief des slowenischen Ministerpräsidenten an die Bundeskanzlerin

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Freitag, 20. November 2020

Sprecher: StS Seibert, Nieke (BMVI), Alter (BMI), Ewald (BMG), Sasse (AA)

 
Vorsitzende Wolf eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Einen schönen guten Tag auch von mir! Was die Termine der Bundeskanzlerin angeht, hatte ich Ihnen ja schon den virtuellen G20-Gipfel an diesem Wochenende angekündigt. Nachtragen möchte ich noch die Information, dass es im Anschluss an die Veranstaltung des zweiten Tages, also am Sonntag, gegen 17 Uhr im Bundeskanzleramt eine Pressekonferenz zum G20-Gipfel mit der Bundeskanzlerin und dem Bundesfinanzminister geben wird.

Dann springen wir zum Mittwoch, an dem wie immer um 9.30 Uhr die Sitzung des Kabinetts unter der Leitung der Bundeskanzlerin stattfinden wird.

Im Anschluss wird die dritte Sitzung des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus ebenfalls unter Vorsitz der Bundeskanzlerin abgehalten.

Der wichtigste Tagesordnungspunkt dieser dritten Sitzung des Ausschusses ist Vorstellung und Annahme eines konkreten beschlussfähigen Maßnahmenkatalogs. Mit diesem Maßnahmenkatalog sollen weitere konkrete Handlungen und Maßnahmen vorgelegt werden, um den Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Muslimfeindlichkeit, Anti-Schwarzer Rassismus und alle anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu stärken.

Zur Vorbereitung dieses Maßnahmenkatalogs hat in der zweiten Sitzung des Kabinettausschusses Anfang September dieses Jahres eine Anhörung von Vertretern der Zivilgesellschaft, insbesondere von Migrantenorganisationen, und der Wissenschaft stattgefunden. Schon vorher hatte es verschiedene Voranhörungen sowie ein hochrangiges Bund-Länder-Treffen gegeben. Die Ergebnisse all dieser Veranstaltungen sind in die Arbeit des Kabinettsausschusses eingeflossen.

Die weitere Planung ist so, dass am Ende des ersten Quartals 2021 die vierte Sitzung des Ausschusses stattfinden und ein abschließender Bericht beschlossen werden soll, der dann dem Deutschen Bundestag zugeleitet wird.

Ab 14 Uhr wird findet erneut eine Videokonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Bundesländer statt. Man war in der letzten Videokonferenz am 16. November übereingekommen, dass sich zum damaligen Zeitpunkt noch nicht so ganz präzise vorhersagen ließ, inwieweit die Maßnahmen, die wir für den November beschlossen hatten - die sogenannten November-Maßnahmen -, wirksam wären, um das Infektionsgeschehen nachhaltig nach unten zu drücken. Deswegen hatte man sich verabredet, am 25. November noch einmal vor dem Hintergrund weiterer Erkenntnisse und der aktuellen Entwicklung zusammenzukommen und dann über konkrete Schlussfolgerungen und gegebenenfalls erforderliche weitere Maßnahmen für den Winter im Rahmen eines Gesamtkonzepts zu diskutieren und zu entscheiden.

Im Anschluss daran findet eine Pressekonferenz mit der Bundeskanzlerin, dem Regierenden Bürgermeister von Berlin und dem bayerischen Ministerpräsidenten statt. Details werden wir Ihnen dazu noch nachreichen.

Am Donnerstag, dem 26. November, nimmt die Bundeskanzlerin von 11 bis 11.45 Uhr virtuell an der Mitgliederversammlung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) teil. Anlass ist die Amtsübergabe des derzeitigen BDA-Präsidenten Kramer an seinen Nachfolger Rainer Dulger. Die Bundeskanzlerin wird ein Videostatement abgeben und Fragen zu aktuellen wirtschaftspolitischen Themen beantworten.

Das ist es, was ich Ihnen für die nächste Woche ankündigen kann.

Frage: Herr Seibert, bitte formulieren Sie in Sachen G20-Gipfel die Erwartungen der Kanzlerin. Die wichtigsten Themen werden ja wahrscheinlich Pandemiebekämpfung, Klimaschutz etc. sein. Gibt es bei diesem virtuellen Format und auch aufgrund der Tatsache, dass die USA an diesen Themen offenbar wenig Interesse haben, sich gemeinsam abzustimmen, Erwartungen, dass es tragfähige Ergebnisse geben kann?

StS Seibert: Zunächst einmal will ich sagen - vielleicht wissen Sie es auch schon -, dass es um 13 Uhr an dieser Stelle ein ausführliches Briefing zum G20-Gipfel mit dem Sherpa und Wirtschaftsberater der Bundeskanzlerin, Prof. Röller, geben wird. Dort wird es sicherlich sehr viel präzisere Antworten und Informationen geben.

Ich muss einmal daran erinnern, dass es schon der zweite G20-Gipfel in diesem Jahr ist. Am 26. März hat es einen außerordentlichen virtuellen Gipfel zum Thema der Pandemie gegeben, die schon damals die Staaten massiv bedrängt und belastet hat. Damals sind außerordentliche Wirtschafts- und Finanzmaßnahmen sowie die Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation beschlossen worden, und es ist ein Auftrag an die Fachminister zur Zusammenarbeit ergangen. Das waren bereits wichtige Verabredungen.

Was sind die wesentlichen Themen? Sie haben es im Prinzip schon angesprochen: Das ist natürlich die Pandemie, in deren zweiter Welle zumindest wir in Europa und auch in Nordamerika - in Asien stellt sich die Lage etwas anders dar - stecken. Weiterhin sind die Stichworte Klima, Umwelt, das Abkommen von Paris mit ambitionierten nationalen Klimaschutzplänen sowie die Klimafinanzierung zu nennen. Wie immer beim G20-Gipfel ist das Thema multilaterales Handelssystem - offene Märkte und WTO-Reform - etwas, worüber zu sprechen sein wird. Weiterhin wird es um Entwicklungsthemen, die Umsetzung der Agenda 2030, gehen. In Bezug auf das Thema Afrika ist erstens die Frage, wie man Afrika bei der Überwindung der Coronapandemie unterstützen kann. Weiterhin geht es um Fragen eines Schuldenmoratoriums. Das alles ist dort zu besprechen. Ich kann jetzt, ehrlich gesagt, nicht viel weiter in die Details gehen. Dazu halten wir ja dieses Briefing ab.

Die G20 ist, gerade weil sie eine Gruppe ganz heterogener Staaten ist, eine Gruppe von Staaten, die ganz unterschiedliche Gesellschaftsformen und politische Systeme haben. Sie ist natürlich - das ist der entscheidende Unterschied zu den G7 - keine Wertegemeinschaft, aber ein zentrales Forum für eine multilaterale Zusammenarbeit, die nach fester Überzeugung der Bundesregierung gerade in einer Situation wie der Pandemie, die auf die eine oder andere Art und zur einen oder anderen Zeit - nicht immer genau zeitlich parallel - alle Länder massiv getroffen hat, einen wichtigen Wert haben kann.

Frage: Herr Seibert, ich habe eine Frage zu den Beratungen mit den Ministerpräsidenten. Bitte sagen Sie einmal generell, was die Haltung der Bundeskanzlerin in Bezug auf die Frage ist, für wie lange man mögliche neue Maßnahmen ins Auge fassen sollte. Es gibt ja Diskussionen, ob das für zwei, vier Wochen der Fall ist oder ob das bis weit in den Januar reicht. Es wird kolportiert, dass die Kanzlerin in der Fraktion gesagt hat, dass die Maßnahmen bis in den Januar gehen sollten. Was ist die Meinung der Bundeskanzlerin?

StS Seibert: Vielleicht hole ich zum Thema Corona, um es dann doch in den Zusammenhang zu stellen, ein ganz Klein bisschen aus.

Sie kennen die Zahlen. Heute Morgen vermeldet das Robert-Koch-Institut mit 23 648 Neuinfektionen einen neuen Höchststand. Gestern gab es eine Pressekonferenz mit dem Präsidenten des RKI, Herrn Wieler, in der er noch einmal ausführlich die Zahlen erläutert hat. Wir haben eben noch nicht eine Rückführung der Zahlen auf ein niedrigeres Niveau geschafft, sondern wir haben im Grunde bisher nur den ersten Schritt geschafft, also den starken und steilen exponentiellen Anstieg zu stoppen und eine Stabilisierung zu erreichen, aber bei weit, weit zu hohen Zahlen.

Prof. Wieler hat auch auf die Situation in den Krankenhäusern hingewiesen. Die Zahl der schweren Verläufe der Intensivpatienten steigt weiter. Die Zahl der Todesfälle - darüber wird manchmal viel zu wenig gesprochen - ist weiterhin sehr hoch. 200, 250 Menschen verlieren jeden Tag wegen dieser Krankheit ihr Leben. Das ist etwas, woran wir mehr denken sollten und womit wir uns eigentlich keine Minute abfinden dürfen, denn das sind Schicksale. Das sind Familien, die trauern. Das sind Hinterbliebene, denen ein geliebter Mensch entrissen worden ist.

Zeit ist eine ganz wichtige Größe in dieser Pandemie. Wenn wir zu spät reagieren, laufen wir Gefahr, dass sich die Krankenhäuser, die Intensivstationen, weiter mit Patienten füllen. Schon jetzt ist die Zahl der Erkrankten auf den Intensivstationen, aber auch der beatmungspflichtigen Patienten und Patientinnen deutlich höher als im Frühjahr. Mit steigenden Infektionszahlen steigt auch das Ansteckungsrisiko beim medizinischen Personal. Wir wissen also alle: Die Zahlen müssen stabil auf ein deutlich niedrigeres Niveau sinken. Ziel ist die Inzidenz um die 50. Denn das ist der Gradmesser, ob es möglich ist, die entscheidend wichtige Nachverfolgung aller einzelnen Infektionsketten zu leisten, oder ob das eben nicht mehr geht.

Es ist jetzt auch kein Geheimnis - dazu haben sich sowohl die Bundeskanzlerin als auch der Chef des Bundeskanzleramtes geäußert -, dass sich die Bundesregierung beim letzten Treffen mit den Regierungschefs mehr gewünscht hätte. Jetzt hat man sich für Mittwoch zu weiteren Beratungen verabredet. Wir werden Sie darüber informieren.

Die Bundeskanzlerin hat mehrfach davon gesprochen, dass es wichtig ist, im Grunde den Weg in Richtung Jahreswende gemeinsam zu beschreiten und zu wissen, wie wir Weihnachten und dann auch Silvester ins Auge fassen. Aber wir müssen natürlich erst einmal die pandemische Entwicklung genau betrachten, um zu sehen, welche Schlüsse daraus zu ziehen sind. Die Vorarbeiten für diesen Mittwoch laufen in Bund und Ländern intensiv.

Zusatzfrage: Die Kanzlerin hat sich ja gerade gestern mit ihren EU-Kollegen abgesprochen. Die meisten anderen EU-Länder haben sehr viel straffere Regelungen mit Ausgangssperren und kompletten Shutdowns auch von Geschäften beschlossen. Würden Sie sagen, dass die anderen EU-Länder das besser gemacht haben, weil sich ja zum Beispiel in Frankreich zeigt, dass die Zahlen dort jetzt stark sinken?

StS Seibert: Es stimmt, dass wir von Ländern umgeben sind, die wesentlich schärfere Einschränkungen im öffentlichen und auch im persönlichen Leben verhängt haben. Das stimmt, und daran muss man vielleicht auch manchmal erinnern. Es stimmt aber auch, dass diese Länder das getan haben, nachdem sie Inzidenzen erreicht haben, die weit über dem liegen, was es bei uns gibt. Bei uns liegt die Inzidenz jetzt - ich kenne die heutige Zahl nicht, aber um diesen Dreh herum bewegt es sich in den letzten Tagen - vielleicht bei 138 oder 140. Das ist viel zu hoch. Aber in anderen Ländern lag der Wert bei 300, 400 oder 500. Auch daraus erklären sich also natürlich deren Maßnahmen.

Zusatzfrage: Heißt das, es gibt keinen Grund für einen Shutdown?

StS Seibert: Nein, ich habe nur erklärt, warum in anderen Ländern deutlich schwerere und weiter reichende Einschränkungen verhängt worden sind. Ich habe aber auch gesagt, dass sich die Bundeskanzlerin und auch der Chef des Bundeskanzleramtes nach der letzten Beratung mit den Ministerpräsidenten dahingehend geäußert haben, dass sie sich schon beim letzten Mal durchaus mehr hätten vorstellen können. Wir haben auch in den Tagen seit dem letzten Treffen noch nicht das erreicht, was wir erreichen müssen, nämlich eine ganz klare Tendenz nach unten. Wir haben derzeit eine stabile Lage, aber auf sehr hohem und für uns zu hohem Niveau.

Frage: Es gibt bereits jetzt die Kritik von Migrantenselbstorganisationen, der Kabinettsausschuss werde nur zu zaghafte Maßnahmen beschließen. Wie sehr wird sich die Kanzlerin für strukturelle Veränderungen einsetzen? Es geht unter anderem um die Stichworte „allgemeines Gleichbehandlungsgesetz“, dessen Novelle, das Partizipationsgesetz, den Partizipationsrat und das Demokratiefördergesetz.

StS Seibert: Ich finde es sinnvoller, wenn wir die Sitzung des Ausschusses am Mittwoch, über die wir dann natürlich auch ausführlich berichten werden, abwarten; denn dann wird man anhand des Maßnahmenkatalogs beurteilen können, ob das weitgehend genug oder nicht weitgehend genug ist, und dann wird man auf konkrete Kritik auch eingehen können.

Der Erarbeitung dieses Maßnahmenkatalogs waren, wie gesagt, mehrere Anhörungsprozesse vorgeschaltet. Es ist der Bundesregierung sehr, sehr wichtig gewesen, in diesem Zusammenhang von den Migrantenverbänden zu hören; denn der Ausschuss war ja im März dieses Jahres auf Wunsch der Betroffenen eingerichtet worden. Die traten an uns heran und sagten: Es hat nicht nur einige tragische und schreckliche Ereignisse gegeben, sondern es ist in Deutschland einfach ein Punkt erreicht, an dem wir über Rechtsextremismus und Hasskriminalität in dieser Form - auch in Form von präventiven Maßnahmen - sprechen müssen. - Auf Wunsch der Betroffenen ist der Ausschuss eingerichtet worden, sie sind gehört worden, und ich bitte jetzt eigentlich, die Sitzung abzuwarten und den Maßnahmenkatalog abzuwarten. Dann kann man sich im Detail mit ihm auseinandersetzen.

Frage: Gibt es denn Bestrebungen, diesen Kabinettsausschuss weiterzuführen? Kritikerinnen sagen, drei Sitzungen seien angesichts der Tragweite des Themas nicht ausreichend, um dieser Herausforderung zu begegnen.

StS Seibert: Es wird - das habe ich schon gesagt - im ersten Quartal des nächsten Jahres eine vierte Sitzung geben, und zwar mit dem Beschluss des Abschlussberichts, der dann dem Bundestag zugeleitet werden wird. In dem Abschlussbericht wird sicherlich auch enthalten sein, wie sich die Bundesregierung die weitere intensive Arbeit an diesem Thema, das uns enorm wichtig ist, vorstellt.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Seibert und das Verkehrsministerium. Bei der Redaktion haben sich jetzt offensichtlich mehrere Leser gemeldet, die sich im Berufsverkehr unwohl fühlen. Es gibt überfüllte Busse und Bahnen, und gleichzeitig werden die Restaurants geschlossen. Ist das noch zu erklären? Wie erklärt das die Bundesregierung? Sind da Änderungen vorgesehen?

Nieke: Vielleicht erst einmal ganz grundsätzlich zu der Coronathematik: Natürlich haben wir die Thematik im Blick und haben natürlich auch schon verschiedene Studien und Untersuchungen durchgeführt und validieren die natürlich derzeit auch.

Vielleicht noch einmal ganz kurz mit Blick auf den Fernverkehr, zum Beispiel bei der Bahn: Es gibt gerade eine Auslastung von 25 Prozent in den Fernzügen. Das heißt, es gibt zu 75 Prozent freie Plätze an dieser Stelle. Wir halten uns natürlich da auch an die Maßnahmen. Wir stimmen uns natürlich auch fortlaufend mit allen Akteuren darüber ab, auch mit der Deutschen Bahn, welche Maßnahmen für den Gesundheitsschutz zu treffen sind. Wir haben auch bereits am 29. April 2020 gemeinsame Empfehlungen für Hygiene- und Schutzmaßnahmen im öffentlichen Personenverkehr verabschiedet, auch gemeinsam mit allen relevanten Verkehrsunternehmen und -verbänden. Dazu gehören, noch einmal, ganz deutlich die Maskenpflicht, die verstärkte Reinigung und die Desinfektion von Fahrzeugen und Haltestellen sowie Lüftungskonzepte.

Es gab am 23. September zuletzt auch einen runden Tisch zur effektiven Durchsetzung der Maskenpflicht. Es ist ein ganz wesentlicher Punkt, dass sich auch vor Ort alle an die Maskenpflicht halten und, wenn möglich, auch Abstände einhalten. Seit Oktober finden auch Schwerpunktkontrollen zur Einhaltung dieser Maskenpflicht statt. Wie gesagt: Das A und O - das ist immer wichtig -, ist, dass sich auch jeder an die Coronaregeln hält und seinen Beitrag dazu beiträgt. Uns ist bislang auch kein erhöhtes Infektionsrisiko bekannt, wenn unter anderem die Maskenpflicht eingehalten wird.

Zusatz: Es ging ja auch um den Personennahverkehr, um überfüllte Bahnsteige und darum, dass sich die Leute ja ganz offensichtlich nicht sicher fühlen.

Nieke: Wir haben ja auch in der Vergangenheit schon Kampagnen wie die Kampagne #BesserWeiter mit dem VDV durchgeführt. Der öffentliche Verkehr ist wichtig. Dennoch ist natürlich auch immer wichtig, dass man nur dann Dienstreisen oder Reisen auf Strecken antritt, wenn es unbedingt notwendig ist. Jetzt gehe ich auch einmal auf den Punkt der Dienstreisen ein. Das heißt, da ist natürlich auch jeder in der Pflicht, zu schauen „Was muss ich an Wegen machen?“ und natürlich auch für sich selbst Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die Maskenpflicht einzuhalten und sich, wenn möglich, vielleicht zu fragen „Muss ich zu Stoßzeiten fahren, oder kann ich auch zu einem anderen Zeitpunkt fahren?“. Das heißt, auch daran müssen wir gemeinsam herangehen, auch mit Blick auf Corona. Die Lage fordert uns alle heraus, und deswegen ist es wichtig, auch gemeinsam an das Thema heranzugehen.

Frage: Ich würde ganz gerne auf die Frage von Mittwoch zurückkommen. Das betrifft genau dieses Thema der Enge in Verkehrsmitteln. Zunächst habe ich eine Frage an das Innenministerium: Halten Sie an diesem Rundschreiben fest? Dazu gab es ja unterschiedliche Meinungen, und nicht alle Ministerien haben die Frage von Mittwoch beantwortet, ob sie denn die Möglichkeit, einen zweiten Platz zu buchen, für ihre Mitarbeiter nutzen. Soweit ich es richtig sehe, haben das BMU, das Verkehrsministerium und das Gesundheitsministerium darauf reagiert. Mich würde interessieren, was die anderen Ministerien machen, vielleicht auch das BPA, Herr Seibert.

StS Seibert: Für das Bundespresseamt kann ich sagen, dass unsere Grundhaltung ist: Wo immer und wann immer möglich, werden Dienstreisen vermieden. Das führt bei uns dazu, dass wir nur noch einen geringen Bruchteil der Dienstreisen durchführen, die sonst beim BPA angefallen sind. Es sind dann im Wesentlichen wirklich nur die Dienstreisen, die zur Begleitung der ganz wenigen auswärtigen Termine notwendig waren, die die Bundeskanzlerin in den letzten Monaten hatte. Wir vermeiden Dienstreisen, und das lässt sich bei uns derzeit auch gut machen.

Da, wo sie unabdingbar stattfinden müssen, ist natürlich klar, dass die Beschäftigten, die Kollegen, die entsprechenden Schutzvorkehrungen treffen und sich an die entsprechenden Regeln halten. Im BPA wird für die Mitarbeiter ein Sitz gebucht.

Alter: Ich würde die Frage ganz gerne einmal aus einer anderen Perspektive beantworten, damit sich auch erklärt, welche Motivation der Regelung zugrunde lag. Die Bundesregierung hat ja wenige wichtige Grundregeln aufgestellt, die für die gesamte Bevölkerung gelten, um mit dem derzeitigen Infektionsgeschehen umzugehen. Dazu gehört zuallererst auch, Abstand zu halten.

Für die Dienstreisen gilt dasselbe wie das, was der Regierungssprecher gerade für das Bundespresseamt ausgeführt hat. Dienstreisen finden auch im Geschäftsbereich des BMI nur noch im Ausnahmefall statt, wenn die Dienstreise aus dienstlichen Gründen unabweisbar ist und zwingend erforderlich ist. Es gibt auch bei uns einen massiven Rückgang an Dienstreisen, sodass wir sagen können: Es handelt sich hierbei um wenige Ausnahmefälle.

Für das Bundesinnenministerium ist mit Blick auf die Abstandsregelung nachvollziehbar, dass ein Risiko unabhängig von der Frage, ob ein bestimmtes Infektionsrisiko abstrakt besteht, größer wird, je geringer die Abstände zwischen zwei Personen sind. Von diesem Gedanken war die Regelung geleitet, für Dienstreisen zusätzliche Erstattungsmöglichkeiten zu schaffen.

Der Bund hat hier als Arbeitgeber reagiert und eine zusätzliche Regelung geschaffen. Aber wir nehmen eben zur Kenntnis, dass diese Regelung in der Öffentlichkeit für Irritationen sorgt. Der Bundesinnenminister hat ja bereits gestern sehr deutlich gemacht, dass er keine Privilegien für bestimmte Personengruppen möchte, auch nicht für Bundesbeamte. Deswegen befinden wir uns derzeit innerhalb der Bundesregierung in Gesprächen, wie wir ganz allgemein mit dieser Situation, auch mit Blick auf den Personenverkehr, umgehen können. Im Zuge dieser Gespräche wird die bisherige Regelung des Bundesinnenministeriums vorläufig außer Kraft gesetzt.

Nieke: Herr Strater hatte sich ja am Mittwoch schon dazu geäußert, dass wir davon nicht Gebrauch machen werden. Wir handhaben es so, dass wir auf nicht notwendige Dienstreisen verzichten und nur die Dienstreisen machen, die absolut unverzichtbar sind und sie auf ein absolutes Minimum beschränken.

Vielleicht noch einmal an der Stelle ein Dank an die ganzen Bahn-Mitarbeiter bei uns, die sich sehr stark engagieren und vor Ort darauf achten, ob es Möglichkeiten gibt, um die Situation zu entzerren. Sie schauen, ob ein Waggon vielleicht etwas voller als der andere ist und gehen auf die Fahrgäste zu, um mehr Abstände hereinzubekommen. Das heißt, die Mitarbeiter sind sehr stark aktiv vor Ort und versuchen, an Stellschrauben zu schauen, ob eventuell noch mehr Platz ist, um die freien Plätze zu nutzen.

Genau das ist es, wo wir hinmüssen. Wir müssen schauen, an welcher Stellschraube wir vor Ort noch etwas regeln können. Da gilt wirklich ein Dank an die ganzen Bahnmitarbeiter, die jeden Tag unterwegs sind und sich dafür einsetzen.

Frage: Da das BMI jetzt diese Regelung ausgesetzt hat, würde ich die Frage an alle anderen Ministerien natürlich zurückziehen. Denn dann macht das wenig Sinn.

Frage: Herr Alter, ich wüsste noch gern: Warum setzt sich das BMI nicht einfach dafür ein, dass es eine allgemeine Reservierungspflicht gibt? Dann würden alle Menschen, die Bahn fahren wollen, von dieser richtigen Initiative profitieren.

Alter: Ich hatte ja eben gesagt, dass es zu diesem Thema auch mit Blick auf die aktuelle Situation Gespräche innerhalb der Regierung gibt, die geführt werden. Ich kann selbstverständlich ein Ergebnis nicht vorweggreifen. Wir müssen diese Gespräche abwarten. Aber sie finden statt.

Frage: An das Gesundheitsministerium und an Herrn Seibert: Wie weit sind die bilateralen Verhandlungen mit Biontech über zusätzliche Impfdosen für Deutschland, die über den EU-Anteil hinausgehen? Werden Mitglieder der Bundesregierung irgendeinen bevorzugten Zugang zu den ersten Impfdosen des Impfstoffs haben, der ja gegebenenfalls schon im Dezember verfügbar sein soll?

Ewald: Es ist ja bekannt - das haben wir auch an anderer Stelle mehrfach kommuniziert -, dass Deutschland über das Beschaffungsverfahren - das läuft ja innerhalb der EU - rund 40 Millionen Impfdosen von Biontech erhalten wird. Weitergehende Lieferungen für Deutschland sind bereits vereinbart. Entsprechende Absprachen werden auch im Rahmen der Forschungsförderung mit der Firma Biontech getroffen.

Es gibt aktuell - das möchte ich zum Anlass nehmen, da noch einmal eine Einordnung vorzunehmen - Berichte darüber, dass eine Notfallzulassung in den USA erwartet wird. Dazu kann ich Ihnen sagen, dass auch in Europa bei der Zulassungsbehörde EMA die Prüfung der Zulassung läuft. Die Daten liegen bereits vor. Die gründliche Prüfung zur Zulassung ist für uns eine Frage der Qualität und auch der Verlässlichkeit.

Der Impfstoff von Biontech wird in Europa, in den USA und in Südamerika in großen Phase-III-Studien untersucht. Das sind Doppelblindstudien mit mehreren zehntausend Teilnehmern. Die Zwischenauswertung aus diesen Studien haben sehr gute Ergebnisse zur Wirksamkeit und zur Sicherheit des Impfstoffs gezeigt. Diese Ergebnisse werden jetzt parallel zur Studie auch im Review-Verfahren ausgewertet.

Um es noch einmal deutlich zu machen: An Qualitätsanforderungen des europäischen Zulassungsverfahrens werden keinerlei Abstriche gemacht. Das ist auch eine Frage der Verlässlichkeit und auch im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger der EU. Die EMA ist gegenwärtig damit beschäftigt, diese Daten mit hoher Intensität zu sichten und auszuwerten. - Das vielleicht zu diesem Punkt.

Frage: Ich hätte auch eine Frage an das Gesundheitsministerium: Es geht um das Remdesivir-Medikament, das wegen Corona eingesetzt wird. Es gibt eine neue WHO-Studie. Sie rät ausdrücklich von der Nutzung dieses Medikaments für Patienten ab. In Deutschland wurde das bisher eingesetzt. Ich hätte ganz gern gewusst, wie die Haltung des Gesundheitsministeriums ist. Wird man nach dieser WHO-Studie nun auf den Einsatz in Krankenhäusern verzichten?

Ewald: Sie wissen vielleicht, dass die Europäische Kommission am 3. Juli dieses Jahres Remdesivir eine bedingte, eine eingeschränkte Zulassung erteilt hat für die Behandlung von COVID-19 bei Erwachsenen und Jugendlichen im Alter von mindestens zwölf Jahren mit einem Körpergewicht von mindestens 40 Kilogramm mit einer Lungenentzündung, die eine zusätzliche Sauerstoffzufuhr erfordert. Auf Basis dieser bedingten Zulassung soll Remdesivir nur unter klar definierten Anwendungsbeschränkungen eingesetzt werden, das heißt nur bei solchen Patienten, die von Remdesivir aufgrund der zum Zeitpunkt der Zulassung vorgelegten Ergebnisse profitieren könnten.

Neue Daten werden zurzeit auf europäischer Ebene unter aktiver Beteiligung des BMG und auch des BfArM sorgfältig geprüft um festzustellen, ob Änderungen in der Art und Weise, wie Remdesivir eingesetzt wird, erforderlich sind.

Zur Sensibilisierung - auch diesen Hinweis möchte ich an dieser Stelle noch einmal geben - gibt es ja Empfehlungen des Ständigen Arbeitskreises der Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger. Das ist die STAKOB. Sie ist beim RKI angesiedelt. Da geht es um Empfehlungen zum sachgerechten Einsatz von Remdesivir bei COVID 19. Diese Empfehlungen, an denen auch die medizinischen Fachgesellschaften beteiligt sind, sind auch auf Basis der neuen Erkenntnisse angepasst worden.

Zusatzfrage: Ich möchte kurz nachfragen, was das jetzt bedeutet. Bis man auf EU-Ebene nicht zu neuen Beschlüssen gekommen ist, bleibt also die Praxis in Deutschland, wie sie bisher ist?

Ewald: Richtig.

Frage: Meine Frage an das Gesundheitsministerium wäre, ob die Bundesregierung mittlerweile über evidenzbasierte Belege verfügt, dass Lockdowns tatsächlich die Wirkungen haben, die ihnen zugeschrieben werden. Denn wenn man sich umsieht, beispielsweise was die Todeszahlen angeht, ist ja unser Nachbarland Frankreich Spitzenreiter und hatte fast die härtesten Lockdown-Maßnahmen. Ein ähnlich tragischer Fall ist Argentinien. Sie hatten wohl den härtesten Lockdown weltweit und stehen jetzt bei den Todeszahlen schlechter da als Brasilien und Paraguay ohne Lockdown. Mich würde nun interessieren: Gibt es mittlerweile - wie ich schon gesagt hatte - evidenzbasierte Belege, die untermauern, dass ein Lockdown Wirkung zeigt, zumindest auf dieser Ebene der Vermeidung von Todesfällen im Kontext von COVID 19?

Ewald: Herr Seibert hatte ja eben auf die gestrige Pressekonferenz des RKI hingewiesen. Da wurden ja Informationen zum Infektionsgeschehen zur Verfügung gestellt, auch zu der Frage: Wie wirken dann einzelne Maßnahmen, gerade auch mit Fokus auf bestimmte Hotspots?

Das RKI hat auch noch einmal deutlich gemacht, dass wir es zum Teil mit einem sehr diffusen Infektionsgeschehen zu tun haben. Es gibt dann Hinweise, aber eine evidenzbasierte kausale Zuschreibung, wie Sie es beschrieben haben, ist auch aufgrund der Komplexität des Infektionsgeschehens nur ganz eingeschränkt möglich.

StS Seibert: Was ist der Grundgedanke eines Lockdowns? Der Grundgedanke ist es, Mobilität und Begegnungen zu verringern, weil man damit Gelegenheiten zur Übertragung des Virus verhindert. Das ist eigentlich der Grundgedanke.

Ich glaube, dass das in der wissenschaftlichen Welt im Wesentlichen genauso gesehen wird, dass das Verringern von Gelegenheiten, das Virus zu übertragen, ein wichtiges, entscheidendes Mittel dabei ist, eine Pandemie unter Kontrolle zu bringen und Infektionen niedrig zu halten.

Die Frage, die Sie stellen, der Zusammenhang zu Todesfällen, ist sicherlich nicht ganz so monokausal zu erklären. Da wird man sich dann - das kann ich hier nicht tun - Land für Land beispielsweise die Gesundheitssysteme anschauen müssen. Da wird man sich anschauen müssen, in welche Bevölkerungsgruppen das Virus hauptsächlich hineingetragen wurde. Das ist so nicht zu beantworten - jedenfalls nicht von mir an dieser Stelle. Da würde ich auch dringend auf das RKI und die Wissenschaft verweisen. Aber der Grundgedanke der Pandemiebekämpfung durch Verringerung von Kontakten und Verringerung von Mobilität ist richtig.

Frage: Bleiben wir bei Herrn Seibert: Heute jährt sich zum 75. Mal der Beginn der Nürnberger Prozesse. Ich würde das gern als Aufhänger nehmen und fragen, ob das Bundeskanzleramt mittlerweile zu dem Schluss gekommen ist, wie es mit dem nach wie vor im Bundeskanzleramt hängenden Portrait von Hans Globke, verurteilter NS-Verbrecher und Hauptkommentator der Nürnberger Rassengesetze, umgeht. Ich hatte bereits im Januar 2019 dazu gefragt. Da hieß es, es würden noch wissenschaftliche Studien zur NS-Vergangenheit des Kanzleramtes laufen; diese würden 2020 abgeschlossen, und dann würde man das thematisieren. Da wir uns jetzt am Ende des Jahres 2020 befinden, würde ich gerne wissen, ob die Kanzlerin und das Bundeskanzleramt zu einem Fazit gekommen sind, wie sie mit dem Bildnis umgehen.

StS Seibert: Ich würde Ihnen dazu gerne eine Antwort nachreichen, weil ich das jetzt aus dem Stand nicht beantworten kann. Das Bild hängt im Bundeskanzleramt in der langen Reihe der Bilder der Chefs des Bundeskanzleramtes, aber als einziges ist es versehen mit einer historischen Hinweistafel, die die traurige Rolle dieses Politikers deutlich beschreibt.

Zusatzfrage: Als ich, wie gesagt, vor einem Jahr dazu nachgefragt hatte, gab es diese Plakette noch nicht. Seit wann hängt diese Plakette da und auf wessen Initiative wurde sie da angebracht?

StS Seibert: Das reiche ich Ihnen nach.

Frage: Zu China und dem Indopazifik: Wie hat China auf die Indo-Pazifik-Leitlinien reagiert? Dienst der Indopazifik als Primärschnittstelle zur Verbesserung der transatlantischen Beziehungen?

Sasse: Vielleicht für alle: Hintergrund der Frage sind die Indo-Pazifik-Leitlinien, die wir vor Kurzem verabschiedet haben. Mir liegen allerdings im Moment keine Informationen darüber vor, wie China reagiert hat, deswegen müsste ich dazu nachfragen und würde auf beide Fragen noch einmal zurückkommen.

Frage: Zum Kabinettsausschuss an das Auswärtige Amt: Ich beziehe mich auf eine Studie zur Vernetzung von extremen Rechten. Was hat den Minister dazu veranlasst, eine solche Studie in Auftrag zu geben? Die Erkenntnisse daraus sind nicht neu. Welche konkreten politischen Maßnahmen sollen aus Sicht des Ministers nun daraus folgen?

Sasse: Es ist richtig, die Frage nimmt Bezug auf eine Studie über internationalen Rechtsterrorismus, die heute vorgestellt. Außenminister Maas hat sich zu dieser Studie heute auch selber gegenüber einer großen deutschen Tageszeitung geäußert und Folgendes gesagt:

„Rechtsterrorismus ist eine große Gefahr für die öffentliche Sicherheit in unserem Land. Die NSU-Morde, die Anschläge von Halle und Hanau und der feige Mord in Kassel belegen das. Aber nicht nur bei uns ist das so - Akte des rechten Terrors nehmen auch in anderen Ländern zu. Die Szene agiert und vernetzt sich zunehmend international. Bisher war wenig erforscht, wie und über welche Kanäle sich Rechtsterroristen verbinden. Dazu liefert die Studie jetzt wertvolle Erkenntnisse. Um mit unseren Partnern besser gegen rechtsterroristische Strukturen vorgehen zu können, haben wir das Thema während unserer EU-Ratspräsidentschaft und auch bei der Uno auf die Agenda gesetzt und werden es auch weiter intensiv verfolgen.“

Ich denke, dieses Zitat spricht für sich, weil es die Hintergründe der Studie erläutert. Auf die Einzelfälle, die der Außenminister erwähnt - die NSU-Morde, die Anschläge von Halle und Hanau -, ist die Bundesregierung an dieser Stelle ja schon wiederholt eingegangen. Herr Seibert hatte sich dazu mehrfach selber geäußert.

Die Studie selber steht eben in dem Zusammenhang, den Außenminister Maas heute geschildert hat.

Zusatzfrage: Welche konkreten politischen Maßnahmen sollen nun aus diesen Erkenntnissen folgen?

Sasse: Auch dazu verweise ich auf die Aussage des Außenministers von heute. Ziel ist es, mit den Partnern gemeinsam gegen rechtsterroristische Strukturen vorgehen zu gehen. Da geht es noch nicht um konkrete Maßnahmen, sondern es geht darum, dass man einen Ansatzpunkt hat, auf dessen Grundlage man weitere Maßnahmen entwickeln kann.

StS Seibert: Ich kann Ihnen noch die Antwort zum Thema Globke nachreichen. Wir hatten eine Presseanfrage dazu im Mai dieses Jahres, und die hatten wir wie folgt beantwortet:

„Im Verwaltungsbereich des Bundeskanzleramtes sind Portraits aller ehemaligen Chefs des Bundeskanzleramts - auch von Hans Globke - in chronologischer Reihenfolge gehängt. Eine Wertung des Wirkens oder Vorlebens der Amtschefs ist damit nicht verbunden.

In Abstimmung mit der Historikerkommission, die mit der Aufarbeitung der Historie des Bundeskanzleramts beauftragt ist, wurde kürzlich …“

- dies ist im Mai geschrieben, wir meinen also im Frühjahr -

„… unter dem Foto von Herrn Globke eine auf seine Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus hinweisende Informationstafel angebracht: …“

Jetzt lese ich Ihnen nicht die ganze Informationstafel vor, sondern schicke Ihnen das. Die spricht jedenfalls ganz konkret von seiner Rolle als Mitverfasser des ersten Kommentars zu den Nürnberger Rassegesetzen und darüber, was für die Bevölkerung, die man damit „nicht arisch“ nannte, bedeuteten. Es heißt dort auch:

„Die Gesetzgebung, an der Hans Globke mitwirkte, bildete eine Grundlage für die Verfolgung, Deportation und Ermordung der deutschen und europäischen Juden sowie der Sinti und Roma.“

Sie bekommen das noch schriftlich.

Frage: Am 6. Dezember finden Parlamentswahlen in Venezuela statt. Der zumindest von ihnen anerkannte, selbst ausgerufene Interimspräsident Juan Guaidó nimmt an diesen Wahlen nicht teil, wird dann also auch kein Amt als „Diputado“, also als Abgeordneter, mehr haben. Da würde mich interessieren: Plant die Bundesregierung nach dem verfassungsgemäßen Auslaufen der Legislatur trotzdem noch eine Anerkennung von Guaidó als Interimspräsident, auch wenn er dann keinerlei offizielles Amt mehr innehat?

Sasse: Unsere Haltung zu Venezuela haben wir an dieser Stelle in der Bundespressekonferenz wiederholt zum Ausdruck gebracht. Daran hat sich nichts geändert. Wie wir uns nach den Parlamentswahlen in Venezuela positionieren, werden wir entscheiden, wenn es so weit ist - dem wollen wir nicht vorgreifen.

Zusatzfrage: Aber meine Frage zielt ja darauf ab, dass der von Ihnen bisher anerkannte, selbst ausgerufene Interimspräsident Guaidó definitiv - egal wie Sie diese Wahlen bewerten - nicht antritt und ihm damit auch sein einziges noch legitimes Amt als Abgeordneter nicht mehr zur Verfügung steht. Da würde mich aus völkerrechtlicher Perspektive einfach interessieren, ob das Auswärtige Amt - das wird es ja jetzt schon in Planung haben - Herrn Guaidó weiterhin anerkennen wird, auch wenn er überhaupt keine verfassungsgemäße Basis für das von Ihnen zugeschriebene Amt als Interimspräsident hätte.

Sasse: Über Planungen kann ich an dieser Stelle leider wirklich keine Auskunft geben. Wir werden uns mit der Sache beschäftigen beziehungsweise wir sind natürlich mit der Sache befasst, aber wir werden uns dazu öffentlich erst dann äußern, wenn es tatsächlich so weit ist. Wir können Anfang Dezember aber gerne noch einmal darauf zurückkommen.

Frage: Zu Slowenien und der EU: Frau Merkel erwähnte in ihrer gestrigen Erklärung ausdrücklich den slowenischen Ministerpräsidenten Janša, der einen Kompromiss in der EU forderte. Hat Frau Merkel dies aus dem Brief, den er an sie geschrieben hat, entnommen? Wenn nicht: Könnten Sie sich dazu äußern, wie die deutsche Ratspräsidentschaft seinen Brief verstanden hat?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat gestern nach der Videokonferenz des Europäischen Rates der Presse in einer Pressekonferenz berichtet. Die Videokonferenz hatte als wesentliches Thema den gemeinsamen Kampf gegen die Coronapandemie, aber es wurde auch das Thema des mehrjährigen Finanzrahmens, des Aufbaupakets und des Konditionalitätsmechanismus angesprochen. Einer derjenigen, die dieses Thema angesprochen haben - das waren insgesamt nur fünf Redner in diesem Europäischen Rat -, war der slowenische Ministerpräsident Janša, und darauf hat die Bundeskanzlerin sich bezogen. Dem, was sie in der Pressekonferenz gestern sagte, habe ich jetzt nichts hinzuzufügen.

Frage: Ich hätte dazu auch eine Frage, Herr Seibert: Das, was die Kanzlerin gestern dazu gesagt hat, war ja relativ knapp; sie sagte, sie wolle jetzt keine Lösungswege skizzieren. Können Sie uns zumindest sagen, auf welcher Ebene jetzt versucht wird, doch noch eine Lösung in diesem Finanzstreit zu erreichen? Wird sich das auf der Ebene der Bundeskanzlerin in Gesprächen mit den anderen Regierungschefs abspielen oder auf Expertenebene?

StS Seibert: Ich habe der Pressekonferenz, die ja erst gestern Abend war und jetzt noch keinen neuen Stand hervorgebracht hat, hier nicht viel hinzuzufügen. Wie erwähnt und von der Kanzlerin gestern berichtet, wird die deutsche Ratspräsidentschaft jetzt rasch zu Gesprächen mit Ungarn und Polen einladen. Die Bundeskanzlerin selber war mit diesem Thema in den vergangenen Tagen, Wochen und, man muss auch sagen, Monaten schon intensiv befasst, und sie wird es sicherlich wieder sein. Es gibt aber auch andere Arbeitsebenen, die jetzt wertvolle Arbeit auf der Suche nach einer Lösung leisten können.

Zusatzfrage: Dürfte ich die Frage dann an das Auswärtige Amt weitergeben? Sie sind da ja mit involviert. Gibt es da konkrete Initiativen, die Sie jetzt starten?

Sasse: Ich kann dem, was Herr Seibert gesagt hat, an dieser Stelle heute nichts hinzufügen. Gestern tagte, wie Sie wissen, auch der Rat für Auswärtige Beziehungen. Auch da wurde das Thema besprochen. Im Moment habe ich dem, was Herr Seibert gesagt hat, aber nichts hinzuzufügen.