Regierungspressekonferenz vom 13. September 2021

Im Wortlaut Regierungspressekonferenz vom 13. September 2021

Themen: COVID-19-Pandemie, Indopazifik-Leitlinien der Bundesregierung, logistische Versorgung der Fregatte „Bayern“ auf dem Chagos-Archipel, Afghanistan, Reise der Bundeskanzlerin nach Belgrad, Vollversammlung der Vereinten Nationen, Nuklearverhandlungen mit dem Iran, Warnung Japans vor einer erhöhten Anschlagsgefahr in Südostasien, Tarifkonflikt bei der Bahn, Fernsehgespräch mit den Kanzlerkandidaten von drei Parteien, Anteil von Strom aus erneuerbaren Quellen am Energiemix, Regierungsbildung nach der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag, Durchsuchungen in Räumlichkeiten des BMF und des BMJV

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Montag, 13. September 2021

Sprecher: StS Seibert, Deffner (BMG), Adebahr (AA), Alter (BMI), Baron (BMWi), Wogatzki (BMF)

Vorsitzende Wolf eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren, die Impfaktionswoche ist ja schon angekündigt worden. Die Bundeskanzlerin hat sie auch zum Thema ihres Podcasts am Wochenende gemacht. Sie hat gesagt: „Nie war es einfacher. Nie ging es schneller, sich impfen zu lassen.“ Genau das wird man an ganz vielen Orten in unserem Land in dieser Woche auch merken.

Wir haben inzwischen an die 700 Aktionen, bei denen sich Bürger und Bürgerinnen ganz unkompliziert kostenfrei ohne große Anmeldung impfen lassen können. Die Zahl der Initiativen wächst immer weiter. Ich gebe einfach ein paar Beispiele:

Man kann sich bei der Freiwilligen Feuerwehr im Landkreis Wittenberg impfen lassen, in der Straßenbahn in Chemnitz, in Rostock im Zoo, auf der Burg Hartenstein in Nürnberg, in Hamburg im Museum, in Rudolstadt in Thüringen bei einem Theaterfest, auf Herbstmärkten, in Kirchen und Moscheen.

Es ist eine lange Liste. Wie gesagt: Sie wird noch länger. Auf der Website www.hierwirdgeimpft.de sind alle Angebote aufgelistet. Ich denke, das ist ein ganz großartiges Zeichen für die Kreativität, aber auch das Engagement - beim Bund, in den Ländern, in den Kommunen, in vielen Unternehmen und Verbänden, die wirklich alles in dieser Woche tun. Natürlich enden diese Bemühungen nicht mit dieser Woche. Aber diese Woche soll ein besonderes Schlaglicht werfen, um möglichst viele Menschen zum Impfen zu motivieren.

Darauf wollte ich noch einmal hinweisen. Wir werden sicherlich in der Woche zahlreiche gute Aktionen, die noch dazu kommen, begrüßen können.

Frage: Herr Seibert, vielleicht könnten Sie uns sagen, was denn eigentlich die Zielmarke ist. Wie viele Impfungen wollen Sie innerhalb dieser Woche erreicht haben? Es kursierte ja einmal die Zahl von 5 Millionen. Ist das ein Ziel, das auch die Bundeskanzlerin hat?

StS Seibert: Nein, ich denke - der Kollege aus dem BMG wird das auch gleich richtigstellen -, dass die Zahl von 5 Millionen in dem Zusammenhang jedenfalls nicht genannt worden ist.

Wir haben derzeit 62,2 Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland, die vollständig geimpft sind. 66,5 Prozent haben eine erste Impfung bekommen. Ich kann nur sagen: Jede weitere Impfung zählt. Jede weitere Impfung wird uns sicherer in den Herbst und den Winter gehen lassen.

Das ist das Ziel. Es geht nicht um eine konkrete Zahl, sondern darum, möglichst viele Menschen zu erreichen, die - aus welchen Gründen auch immer - bisher eine Impfung, der sie vielleicht grundsätzlich nicht abgeneigt sind, noch nicht haben vornehmen lassen. Ziel ist also, das möglichst vielen Menschen leicht zu machen, es noch einmal in ihren Kopf zu bringen und ihnen zu sagen: Bei Dir um die Ecke gibt es eine Möglichkeit.

Wir hoffen, dass viele Menschen darauf einsteigen. Wir sind sehr ermutigt von der Zahl der Initiativen, die sich in dieser Woche gebildet haben, der Impfaktionen, die es geben wird.

Wie ich gerade gesagt habe: Ich glaube, es werden noch mehr werden. Es gibt keine konkrete Zahl. Aber wir wissen: Jede Impfung zählt, jede weitere Impfung bringt uns ein Stück mehr Sicherheit, während wir so in den Herbst und Winter gehen.

Zusatzfrage: Kann das BMG dazu noch etwas sagen?

Deffner: Vielleicht ganz kurz zu den kursierenden 5 Millionen: Das war tatsächlich aus dem Zusammenhang gerissen. Herr Spahn hatte mehrfach - ich glaube, auch in der letzten Woche hier in der Bundespressekonferenz - gesagt, dass er davon ausgeht, dass man noch „roundabout“ 5 Millionen weitere Impfungen braucht, damit wir sicher und verlässlich durch Herbst und Winter kommen. Die Impfwoche, die jetzt ansteht, wird dazu natürlich einen guten Auftakt liefern, damit wir da noch mehr Tempo hineinbekommen. Der Bund hat ausreichend Impfstoffe bestellt, und die Länder sind jetzt in der Verantwortung, die Impfstoffe auch zu verimpfen.

Frage: Es ist ja nicht nur die Woche der Bundesregierung in Sachen Impfen, sondern auch ein internationales Bündnis von 75 Hilfsorganisationen, die jetzt auch eine Woche ausgerufen haben. Sie fordern, dass das Abkommen über das geistige Eigentum der Impfstoffpatente aufgehoben beziehungsweise temporär aufgehoben wird. Dazu gehören unter anderem Oxfam und Amnesty International, Brot für die Welt und UNAIDS. Wie steht die Bundesregierung mittlerweile zur temporären Freigabe der Impfstoffpatente, Herr Seibert? Die Bundesregierung ist ja eine der wenigen Regierungen auf der Welt, die das blockieren.

StS Seibert: Zunächst einmal ist es die Grundhaltung der Bundesregierung - das haben wir vielfach ausgedrückt -, dass natürlich die Pandemie nicht besiegt ist, dass sie nicht hinter uns liegt, solange sie in anderen Teilen der Welt noch wütet. Es ist also in unser aller Interesse und auch eine Frage globaler Gerechtigkeit, möglichst schnell Impfstoff in alle Ecken der Welt, wo er gebraucht wird und wo er jetzt noch fehlt, zu bringen.

Zweitens ist die Position der Bundesregierung, was die Frage der Patente betrifft, klar - sie ist vielfach ausgedrückt worden und auch unverändert -: Es geht darum, zwischen den Firmen, die Impfstoffe erfolgreich entwickelt und hergestellt haben, und möglichen Akteuren in Ländern Afrikas oder Asiens möglichst viel Zusammenarbeit über Lizenzvergabe und andere Kooperationsprojekte herzustellen. Da gibt es ja jetzt sehr viele gute Beispiele. Bei dem Treffen der Bundesregierung zum Thema „Compact with Africa“ war genau das ein Thema. Herr Şahin von BioNTech war ja bei diesem Treffen anwesend. Es gibt Zusammenarbeit zwischen BioNTech/Pfizer und anderen und afrikanischen Staaten.

Es ist nicht die Patentfrage, die da das Nadelöhr ist, sondern es sind die Fragen von Produktionsfähigkeit und Zugang zu den vielfachen Elementen, die man braucht, um den Impfstoff erfolgreich herzustellen. Genau daran arbeiten zum Beispiel BioNTech/Pfizer mit zahlreichen internationalen Partnern.

Im Übrigen hat sich, wie Sie wissen, Deutschland selbst verpflichtet, bilateral und über COVAX Impfstoffe an Staaten abzugeben, die dieser bedürfen. Das ist im Rahmen von COVAX in der vergangenen Woche - oder war es in dieser Woche? - mit einer Lieferung nach Mauretanien losgegangen. Im bilateralen Verhältnis zu mehreren Staaten haben wir bereits große Mengen von Impfstoff abgegeben.

Zusatzfrage: Aber diese Abgaben reichen ja bei weitem nicht aus. Sie meinten gerade, dass die Patentfreigabe nicht das Nadelöhr sei. Das sehen genau diese Organisationen anders, und das sehen auch viele westliche Staaten und der Rest der Welt anders. Wie kommen Sie darauf, dass das nicht das Nadelöhr ist?

StS Seibert: Wir führen jetzt noch einmal eine Diskussion, die wir hier vor zwei, drei, vier Monaten sehr ausführlich geführt haben. Auch da gab es schon unterschiedliche Haltungen, auch von Organisationen wie OXFAM. Das ist bekannt.

Aber die Analyse der Bundesregierung ist eine andere. Es ist nicht die Patentfreigabe, die das Problem der Impfstoffversorgung in Afrika schnell lösen würde. Es mangelt an Produktionsmöglichkeiten. Deswegen müssen Kapazitäten zur Impfstoffproduktion geschaffen werden. Das geht über Kooperation mit den Herstellern. Solche Kooperationen sind jetzt in mehreren Ländern im Gange und werden hoffentlich bald konkrete Ergebnisse liefern.

Frage: An das Gesundheitsministerium: Laut Minister Spahn sind 95 Prozent der COVID-19-Intensivpatienten ungeimpft. Können Sie genau erläutern, wie das gezählt wird? Sind das nur Patienten, die dort wegen Corona sind, oder sind auch solche auf der Intensivstation, die wegen anderer Krankheiten dort sind, aber positiv getestet wurden?

Deffner: Wir haben ja eine Meldeverordnung, die schon früh im Laufe des Jahres in Kraft getreten ist, nach der die Krankenhäuser verpflichtet sind, bei Krankenhausaufnahme und im weiteren Verlauf, wenn jemand auf die Intensivstation verbracht werden muss, den Impfstatus zu melden. Das läuft über die Gesundheitsämter ans RKI. Das RKI bereitet diese Daten auf. Daher kommt die Zahl 95 Prozent.

Zusatzfrage: Werden auf den Intensivstationen auch Geimpfte getestet?

Deffner: Ich kann diese Frage nicht konkret beantworten. Aber ich gehe sehr fest davon aus, dass Geimpfte auf Intensivstationen nicht mehr getestet werden.

Frage: Das ist noch einmal die Frage der Patentfreigabe: Herr Seibert, es ist ja richtig, die Diskussionen hat vor etwa zwei Monaten hier schon einmal stattgefunden. Auch damals war die Position der Bundesregierung, nicht die Patente seien das Nadelöhr, sondern die Produktionsstätten.

Gleichwohl ist es doch aber so, dass dann, wenn Möglichkeiten vorhanden sind, weil zum Beispiel Patente freigegeben wurden, der Anreiz zum Aufbau neuer Produktionsstätten ein ganz anderer ist. Ihre Argumentation erweckt so ein bisschen den Eindruck, als ob wir verhindern, dass das Nadelöhr, das Sie selbst identifiziert haben, geschlossen werden kann. Das sagen ja auch Länder der sogenannten Dritten Welt, dass sie in der Lage wären, Produktionsstätten aufzubauen.

StS Seibert: Das ist jetzt einmal Ihr Statement, und als solches nehme ich es entgegen. Der limitierende Faktor bei der Herstellung von Impfstoffen sind derzeit noch die Produktionskapazitäten, die Lieferketten und die hohen Qualitätsstandards, nicht die Patente. Wir erarbeiten in vielerlei Hinsicht daran, wie wir innerhalb Deutschlands, aber auch innerhalb der Europäischen Union und weltweit, die Kapazitäten für die Produktion verbessern können. Das tun auch die betroffenen Unternehmen mit großem Engagement. Der Schutz von geistigem Eigentum ist Quelle von Innovation.

Zusatzfrage: Wenn Sie beobachten, ob - und wenn ja, welche - Kapazitäten aufgebaut werden können, kann dann auch der Punkt kommen, an dem Sie sagen: Jetzt ist die Perspektive weiterer Kapazitäten da, sodass wir zeitweilig für eine Freigabe der Patente plädieren? Das wäre ja gar kein ewiger Verzicht auf geistiges Eigentum.

StS Seibert: Ich rege wirklich an, dass Sie sich einmal zum Beispiel mit Pfizer/BioNTech in Verbindung setzen und sich über die internationalen Kooperationen informieren lassen, die jetzt anlaufen, unter anderem mit afrikanischen, aber auch mit asiatischen Staaten. Das ist das, was, glaube ich, den wirklichen Fortschritt bringen wird - und dazu natürlich eine Auffüllung von COVAX, die es ermöglicht, dass auf diesem Wege sehr schnell sehr viel mehr Menschen in den Genuss von Impfstoffen kommen.

Adebahr: Ich habe Ihnen eine Ankündigung zum Thema Indopazifik-Leitlinien der Bundesregierung zu machen.

Vielleicht erinnern Sie sich: Vor ca. einem Jahr hat sich die Bundesregierung erstmals Leitlinien zum Umgang und zur Politik gegenüber den Staaten des Indopazifiks gegeben. Nun, ein Jahr später, legen wir heute als Bundesregierung den ersten Fortschrittsbericht aus dieser Strategie vor. Wir tun das auch, weil in Brüssel von uns eine Diskussion angestoßen wurde und dort eine EU-Strategie zum Indopazifik kurz vor der Veröffentlichung steht.

Der Fortschrittsbericht, den wir heute vorlegen, wird aufzählen und zeigen, was seitdem von der Bundesregierung getan wurde, um die Beziehungen zum Indopazifik und seinen Staaten auszubauen - in der Annahme, dass das eine dynamische und immer wichtiger werdende Weltregion ist. So haben wir zum Beispiel während unserer EU-Ratspräsidentschaft im Dezember 2020 die Beziehung zu ASEAN, der Regionalorganisation in Asien, zu einer strategischen Partnerschaft - das ist ein vertiefter Austausch - aufgewertet. Wir haben unsere bilaterale Kooperation mit bestimmten Partnern in der Region vertieft, namentlich mit Australien, mit dem wir eine erweiterte strategische Partnerschaft beschlossen haben, und mit Japan, wo erstmals sogenannte 2+2-Gespräche der Außen- und Verteidigungsminister stattgefunden haben.

Mit Frankreich und Großbritannien gemeinsam haben wir im September 2020 eine rechtswahrende Erklärung bei den Vereinten Nationen zur Klarstellung unserer völkerrechtlichen Position zu Seegebietsansprüchen im chinesischen Meer hinterlegt - ein wichtiger völkerrechtlicher Ausdruck. Wir sind im August dieses Jahres dem regionalen Antipiraterieregime ReCAAP beigetreten.

Sie alle wissen, dass die Fregatte „Bayern“, über die wir hier schon mehrfach geredet haben - da kann Herr Helmbold sicher ergänzen -, zu einer Ausbildungs- und Präsenzfahrt in den Indopazifik aufgebrochen ist. Das ist also auch ein Zeichen dafür, wie die Bundesregierung diese Leitlinien im letzten Jahr mit Leben erfüllt hat und damit der gestiegenen globalen Bedeutung der Region Rechnung trägt.

Frage: Frau Adebahr, es gibt ja das deutsche Kriegsschiff „Bayern“, das jetzt gerade in Diego García auf dem britisch okkupierten Chagos-Archipel angelegt hat. Das ist ja völkerrechtswidrig von den Briten besetzt. Da Sie gerade das Völkerrecht angesprochen haben: Wie bewertet es das Auswärtige Amt angesichts seiner Indopazifikstrategie, dass ein deutsches Kriegsschiff auf einer völkerrechtswidrig besetzten Insel der Briten angelegt?

Adebahr: Ich weiß nicht, ob Herr Helmbold etwas ergänzen will. – Dort ist eine logistische Versorgung der Fregatte „Bayern“ vorgesehen, und diese Versorgung, die dort stattfindet, stellt keine normative Aussage bezüglich der umstrittenen Frage der Souveränität dar. Deswegen steht das auch nicht im Widerspruch zu unserer Haltung, dass das eine umstrittene Frage ist.

Zusatzfrage: Aber darf ein deutsches Militärschiff überhaupt auf einer völkerrechtswidrig besetzten Insel anlegen?

Adebahr: Sie äußern jetzt eine völkerrechtliche Meinung. Ich habe - - –

Zuruf: Das ist auch Ihre Meinung, also die zum Chagos-Archipel!

Adebahr: Ich habe zur Frage dessen, was dort passiert, und dazu, dass es dort eine umstrittene Frage der Souveränität gibt, meinen Teil ausgeführt. Sie haben jetzt Ihre Meinung geäußert.

Zuruf: Nein, es ist aber die offizielle Haltung des Auswärtigen Amtes, dass das Chagos-Archipel von den Briten besetzt ist!

Vorsitzende Wolf: Das war keine Frage, sondern noch ein Nachtrag, und es - - –

Zuruf: Ja, aber sie hat doch gerade etwas anderes gesagt!

Vorsitzende Wolf: Genau. Aber das waren zwei Fragen. Deswegen machen wir jetzt an dieser Stelle weiter.

Frage: Wir wollten wöchentlich die Zahlen dessen abgleichen, wie viele Ortskräfte aus Afghanistan es mittlerweile nach Deutschland geschafft haben. Das müsste in Ihren Bereich fallen, Herr Alter. Das hatte letzte Woche Frau Vick gemacht. 248 war der letzte Stand in der letzten Woche. Wie viele weitere Ortskräfte sind aus Afghanistan hier in Deutschland angekommen?

Alter: Ich danke für Ihre Frage. - Wir hatten ja angekündigt, dass wir Sie regelmäßig über den aktuellen Stand der Dinge informieren wollen. Dieses Anliegen besteht auch weiterhin fort. Aber wir haben in der vergangenen Woche festgestellt, dass wir zu viele Zahlen aus unterschiedlichen Quellen haben, die im Ergebnis der Betrachtung - jedenfalls heute - nicht belastbar sind. Deswegen habe ich heute keinen neuen Sachstand für Sie. Ich nehme noch einmal Bezug auf die Zahlen, die wir in der vergangenen Woche veröffentlicht haben. Wir sind bestrebt, die Synchronisierung der unterschiedlichen Zahlen so voranzutreiben, dass wir Sie auch mit verlässlichen Informationen versorgen können.

Zusatzfrage: Wann kann man mit dem Nachreichen der Infos rechnen?

Alter: So schnell wie möglich. Ich kann es nur noch einmal betonen, und ich denke, dafür gibt es auch ein gewisses Verständnis: Es gibt in diesem Gesamtprozess im Ausland, im Inland und auf der US Air Base viele Player und unterschiedliche Behörden, national wie international, und wir wollen gerne vermeiden, dass wir hier Zahlen präsentieren, die sich am Tag danach oder zwei Tage später als nicht mehr richtig herausstellen. Insofern bitte ich einfach diese Woche noch einmal um Aufschub.

Frage: Gibt es denn Hoffnung auf weitere zivile Flüge in nächster Zeit? In welcher Frequenz, soweit man so etwas planen kann, sollen denn zivile Flüge mit Ortskräften und auch noch deutschen Staatsangehörigen stattfinden?

Alter: Da muss ich, was die Flugorganisation - - –

Adebahr: Wir haben über das Wochenende hinweg - das ist eine Zahl, die wir nennen können – 60 deutsche Staatsangehörige mit ihren Familienangehörigen oder 60 Personen ausgeflogen. Ich nehme das noch einmal zurück. Vielleicht waren darunter auch Afghaninnen und Afghanen. Auch das ist eine schwierige Prüfung. Insofern haben über das Wochenende hinweg schon einmal 60 Personen das Land verlassen können.

Wir arbeiten natürlich weiter mit Hochdruck daran, Menschen aus Afghanistan auch über diesen zivilen Kanal auszufliegen. Dabei ist der Flughafen ja das Drehkreuz. Vielleicht haben Sie es gesehen: Der katarische Außenminister Al Thani war gestern und ist, glaube ich, heute noch in Kabul und führt dort auch Gespräche. Katar spielt in diesem Bereich ja eine ganz herausragende Rolle. Ich kann Ihnen keinen Zeitpunkt nennen. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir wollen und versuchen das uns Mögliche dafür, dass es mit zivilen Flügen weitergeht.

Zusatzfrage: Der Außenminister hat ja relativ klare Bedingungen dafür formuliert, dass es irgendwann mehr als humanitäre Hilfe, nämlich eine Entwicklungszusammenarbeit mit den Taliban, geben könnte. Die Kriterien stehen also relativ fest. Meine Frage: Gibt es so einen Kriterien- beziehungsweise Bedingungskatalog auch für die Eröffnung einer diplomatischen Vertretung in Kabul in irgendeiner Form?

Adebahr: Ich glaube, Kriterien, die der Außenminister für ein Hinausgehen über humanitäre Hilfe dargelegt hat, sind grundsätzliche politische Überzeugungen, die wir haben. In einem solchen Grundrahmen spielt sich natürlich auch die Frage ab, wie und wann wir in Kabul wieder eine Präsenz eröffnen können. Hinzu kommt aber, dass wir das in ganz, ganz enger Abstimmung mit unseren europäischen Partnern machen werden, machen wollen und machen müssen. Insofern ist das eine Diskussion, die wir nicht allein mit uns im luftleeren Raum führen, sondern in Brüssel und mit verschiedensten Partnern. Das ist eine Diskussion, die auch noch weitergehen wird. Blicken Sie vielleicht auch auf Ende September und in Richtung der VN-Woche bei den Vereinten Nationen. Auch da wird es Gespräche geben. Das heißt, die Frage einer Präsenz wird sich in eine internationale Abstimmung einbetten.

Nachgeschoben, und das ist wichtig: Die Frage einer Präsenz, um Leuten zu helfen und vor Ort aktiv zu sein, ist von der Frage einer Anerkennung einer Regierung zu unterscheiden.

Frage: Herr Alter, wann hat das Auswärtige Amt dem BMI die Liste mit Namen von Menschenrechtlern und anderen Schutzbedürftigen übermittelt? Bekommt jeder, der auf dieser Liste steht, automatisch eine Aufenthaltserlaubnis, oder kann es auch sein, dass einige dieser Menschen einen Asylantrag stellen müssen? Kam es auch schon vor, dass das BMI aus sicherheitsrelevantem Grund die Zustimmung verweigert hat?

Alter: Da muss ich wahrscheinlich etwas weiter ausholen und den Prozess noch einmal ein bisschen darstellen. Es gibt ganz unterschiedliche Listen. Das sind nicht zahllos viele Listen. Es ist schon noch überschaubar, auch für die Behörden. Aber es gibt ja beispielsweise eine Liste mit Ortskräften und Familienangehörigen, die eine Aufnahmezusage erhalten haben und auf die sie sich im Übrigen auch berufen können, wenn sie nachvollziehbar ist. Dann gibt es eine Liste von Personen, die keine Ortskräfte sind, aber für die sich die Bundesregierung dennoch verantwortlich fühlt. Diese Liste wurde gerade in den letzten Wochen immer wieder fortgeschrieben. Es gab unterschiedliche Zwischenstände, und am vergangenen Freitag ist die vollständige Liste übermittelt worden. Jetzt geht es im nächsten Schritt darum, für diese Personengruppe auf dieser Liste die Aufnahmezusagen zu prüfen.

In der vergangenen Woche - das will ich jetzt bei dieser Gelegenheit einmal erwähnen - gab es eine Berichterstattung darüber, dass angeblich eine Familie mit insgesamt fünf Personen eine Aufnahmezusage erhalten hatte und dann in die USA weitergeflogen wurde. Das ist so nicht richtig. Dieser Sachverhalt stimmt nicht. In der Tat gab es einen Fall, bezogen auf eine Familie, die auch Dokumente vorlegen konnte, die augenscheinlich von deutschen Behörden ausgestellt wurden. Die Prüfung dieser Dokumente hat eine gewisse Zeit lang angedauert, sodass auf der US Air Base Ramstein diese erteilte Aufnahmezusage nicht sofort anerkannt werden konnten. Es ist ja für die Behörden wichtig, zu wissen, ob diese Dokumente, die gezeigt werden, auch von behördlicher Stelle kommen. Deswegen gab es dann ein anderes Verfahren, das es ermöglicht hat, dass diese Personengruppe nach Deutschland einreist.

Sie sehen also an diesem Beispiel, dass alle Beteiligten daran interessiert sind, die einmal erteilten Zusagen auch umzusetzen oder ihre Wirkung entfalten zu lassen. Sollte der Fall eintreten, dass jemand in die USA geflogen wird, obwohl er eine deutsche Aufnahmezusage hat, dann wird er sich auch darauf berufen können und wird im Zweifel aus den USA zurückgeholt. Das ist zunächst einmal der Prozess. Der läuft. Die Behörden stimmen sich ab. Ich denke, es ist erkennbar, dass es bei dieser Anzahl von Menschen - allein in Ramstein waren es ja mehr als 30 000 - auch immer wieder einmal zu Fällen kommt, die einer näheren Prüfung bedürfen.

Zusatzfrage: Die Frage war ja, ob automatisch eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird oder ob auch Asylanträge gestellt werden müssen. Können Sie die noch beantworten?

Alter: Ich hatte gehofft, dass ich das gesagt hatte. Aber noch einmal: Wenn jemand auf einer Liste steht, weil er eine Aufnahmezusage bekommen hat, dann gilt diese Aufnahmezusage, und dann ist es jetzt Aufgabe der Behörden, zu prüfen, ob die Person, die dann tatsächlich vor ihnen steht, auch diejenige ist, die auf der Liste steht. Das ist im Prinzip der Prozess, der stattfinden muss, damit nicht eine andere Person unter dem Namen einer vielleicht berechtigten nach Deutschland einreist und die Betroffenen, die es eigentlich treffen soll, dann Pech haben, um es jetzt einmal salopp auszudrücken. Deswegen ist es wichtig, dass die Personen mit den Listen abgeglichen werden. Das gelingt auch. Manchmal dauert es etwas länger. Jemand, der eine Aufnahmezusage hat, wird nicht gezwungen, einen Asylantrag zu stellen, sondern er kann sich auf diese Aufnahmezusage berufen.

Frage: Frau Adebahr, wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind diese 60 Personen am Wochenende mit einem zivilen Flugzeug aus Kabul ausgeflogen worden. Ist das so richtig?

Adebahr: Ja, das ist so richtig. Aber das ist unter amerikanischer und katarischer Zusammenarbeit passiert. Das war jetzt also kein deutsches Charterflugzeug, wenn das die Frage war.

Zusatzfrage: Dann ist meine eigentliche Frage: Können Sie uns vielleicht etwas zum Stand der Bemühungen Ihres Ministeriums sagen, die Menschen auch aus den Nachbarstaaten ausfliegen zu lassen? Wie viele haben diesen Weg eventuell schon geschafft? Wie viele Anträge liegen bei den Botschaften? Wie viele wurden bewilligt? Wie viele sind ausgeflogen worden?

Adebahr: Zu möglichen Zahlen von Visumsanträgen kann ich mich Herrn Alter im Moment und heute anschließen. Ich habe keine genauen Zahlen darüber vorliegen, welche Anträge wo sind und wie viele Menschen dort schon vorstellig geworden sind. Falls das konsolidiert - - - Ich glaube, es ist wirklich auch für uns alle ein Bedürfnis, Ihnen Zahlen zu nennen, die stimmen, bei denen wir sicher sind, dass das für den Moment so ist, und die wir nicht ständig aktualisieren müssen. Insofern werde ich das, wenn ich es kann, gerne nachreichen.

Wir sind mit den Nachbarstaaten - der Außenminister ist ja in die Region gereist und hat mit allen Nachbarstaaten, also den wichtigsten Nachbarstaaten, gesprochen; im Iran hatten wir unseren Beauftragten Jasper Wieck - im Gespräch darüber, wie man Transporte ab der Grenze zu den Botschaften organisieren kann und wie ein möglicher Landweg in diese Nachbarländer aussehen kann. Das ist in Einzelfällen auch schon gelungen. Zum Beispiel haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der politischen Stiftungen Afghanistan auf diesem Weg verlassen. Auch für die Deutsche-Welle-Mitarbeiter gab es in den letzten Tagen eine erfolgreiche Ausreise. - Ich habe also keine konkreten Zahlen, aber wir arbeiten daran.

Wenn ich dies auch noch anfügen darf: Das wird etwas sein, das individualisierte Gruppen betrifft und das auch so stattfinden muss, dass es für den oder die Betroffenen sicher ist, dass auch dieser Landweg möglichst sicher ist und dass sie da einen guten Weg haben. Insofern ist das nichts, das wir vonseiten des Auswärtigen Amtes mit einer großen PR-Aktion begleiten wollen.

Frage: Frau Adebahr, ich habe noch eine kurze Nachfrage zu den diplomatischen Kontakten. Sie hatten auf Al Thani hingewiesen. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob es seitens der Taliban eine Anfrage danach gibt, dass Herr Maas auch mit seinem afghanischen Amtskollegen redet. Wäre er zu einem solchen Gespräch bereit? Auch die Katarer haben ja betont, dass das Gespräch an sich noch keine Anerkennung bedeutet.

Adebahr: Mir ist eine solche Anfrage nicht bekannt. Ich glaube, der Minister hat in den vergangenen Tagen seine aktuelle Position mehrfach dargelegt. Insofern kann ich jetzt auch nicht spekulativ beantworten, was er tun würde, wenn es eine solche Anfrage, die mir nicht bekannt ist, gäbe; sorry.

Frage: Herr Alter, ich wollte noch einmal auf die Ursprungsfrage von dem Herrn Kollegen zu sprechen bekommen. Habe ich Sie richtig verstanden, dass das BMI ja wochenlang darauf bestanden hat, dass Bürokratie wichtig ist, damit Sie den Überblick nicht verlieren, und Sie jetzt den Überblick verloren haben? Korrekt?

Alter: Das haben Sie falsch verstanden. Ich stelle es gerne richtig. Wir haben in der Phase der Evakuierung, in der es darum ging, dass die Menschen Kabul und den Flughafen möglichst schnell verlassen können, gesagt: Es gibt im Prinzip vor Ort keine weitere Prüfung. Wer bei uns als Ortskraft angemeldet ist, steigt in den Flieger und fliegt dann möglichst schnell weg. Dann sind viele von den Personen in Taschkent gelandet, und in Taschkent gab es einen entsprechenden Abgleich, soweit das möglich war - manche hatten ja auch keine Dokumente dabei -, ob diese Person, die in Taschkent angekommen ist, identisch mit der Person ist, die wir auf der Liste haben. Dabei wurden keine Fingerabdrücke oder Ähnliches abgefordert, sondern es ging um die Plausibilität der Angaben.

Im Prinzip findet genau das Gleiche jetzt auch in Ramstein statt. Es ist nur so, dass Herr Lücking mich ja nach Zahlen gefragt hat. Wir haben schon Zahlen - wir haben nur höchst unterschiedliche Zahlen aus unterschiedlicher Quelle. Wir wollen vermeiden, dass dadurch der Eindruck entsteht, niemand habe mehr den Überblick. Wir konsolidieren diese Zahlen, und wenn diese Zahlen belastbar sind, dann werden wir sie auch veröffentlichen.

Zusatzfrage: Sie sprachen davon, dass es verschiedene Listen gibt. Habe ich Sie richtig verstanden, dass es zwei verschiedene Listen gibt, nämlich einmal die Ortskräfteliste und einmal die Nichtortskräfteliste? Oder gibt es noch mehr Listen?

Alter: Nein, das sind die für uns maßgeblichen Listen über die Personen, bei denen über eine Aufnahmezusage entschieden werden muss. Bei den Ortskräften ist das ja erfolgt. Die sogenannte Menschenrechtsliste befindet sich noch in der Ressortabstimmung, dazu kann ich noch keine Entscheidung verkünden. Aber es gibt ja die klare politische Haltung der Bundesregierung, dass sie sich auch für diesen Personenkreis verantwortlich fühlt.

Darüber hinaus gibt es aber natürlich noch unterschiedliche Datensammlungen oder Informationslisten der Behörden, die an dem Prozess beteiligt sind. Die US-Behörden teilen uns mit, wen sie mit Deutschlandbezug - - wer in Ramstein angekommen ist. Da ist dann selbstverständlich auch eine Liste vorhanden. Die Bundespolizei hat Informationen, das BAMF hat Informationen. So entsteht ein Konglomerat aus unterschiedlichen statistischen Angaben, bei dem wir sicherstellen müssen, dass das, was die Bundesregierung nach außen kommuniziert, auch zutreffend und verlässlich ist.

Adebahr: Wenn ich noch etwas anfügen darf: Es gibt noch eine dritte Gruppe, nämlich die deutschen Staatsangehörigen in Afghanistan.

Alter: Entschuldigung, die habe ich vergessen.

Frage: An das BMI: Wie viele Asylgesuche von Menschen, die in Ramstein gelandet sind, sind inzwischen abschlägig beschieden? Wie wirkt sich der Flugstopp der Amerikaner auf die Situation vor Ort aus?

Alter: Ich habe keine Angaben darüber, wie viele Verfahren schon entschieden sind. Ich gehe davon aus, dass das im Moment alles noch laufende Verfahren sind. Normalerweise ist ein Asylverfahren, wenn es vom Antrag bis zur Entscheidungsreife durchgeführt wird, nicht in wenigen Tagen abgeschlossen. Das dauert teilweise mehrere Wochen. Insofern kann ich im Moment nur vermuten. Aber dass es bereits abschließende abschlägige Entscheidungen gibt, kann ich mir nur in Fällen vorstellen, die wirklich sehr eindeutig sind. Wie Sie wissen, sind das dann Fälle, die auch nicht zur Abschiebung nach Afghanistan führen; denn nach Afghanistan wird derzeit nicht abgeschoben.

Vorsitzende Wolf: Wie wirkt sich der Flugstopp der Amerikaner auf die Situation aus?

Alter: Da brauche ich jetzt einmal Unterstützung - das Thema Flugstopp sagt mir jetzt nichts.

Adebahr: Die amerikanische Seite hat am Wochenende vorübergehend die Ausflüge aus Ramstein einstellen müssen, weil vereinzelte Fälle von Masern aufgetreten sind. Das wird jetzt eruiert. Wir sind mit der amerikanischen Seite dort in einem ganz engen Austausch und sind zuversichtlich, dass wir auch diese Frage schnell bewältigen - wie auch die anderen Fragen, die sich in Bezug auf Ramstein gestellt haben. Wir hatten da auch schon die Frage von plötzlich auftretenden Krankheiten - auch von Geburten und dem Handling danach; das sind ja schöne Ereignisse. Da sind wir also in einem Dialog, und wir hoffen natürlich, dass die Flüge bald wieder aufgenommen werden können. Da geht es auch darum, dort aufhältige Personen zu impfen und weiter zu testen. Das ist aber, glaube ich, auf einem guten Weg.

Frage: Jetzt haben wir eine sehr diffuse Lage beim gesamten Zahlenmaterial. Sieht sich die Bundesregierung in der Lage, noch in dieser Woche diese Lage transparenter zu machen in Form einer Darstellung, welche Listen es gibt, wie viele Menschen auf diesen Listen sind und welche Zahlen möglicherweise noch nicht ganz konsolidiert sind? Ich würde anregen, das eventuell vielleicht auch noch in einem anderen Format zu machen, sodass das der Hauptstadtpresse auch wirklich zur Verfügung steht. Diese Zahlen fehlen uns ja momentan, um auch wirklich konkret beurteilen zu können, wie groß die Problemlage ist. Ich möchte mir ja auch nicht vorwerfen lassen, dass hier irgendetwas hochgejazzt werden würde.

Wäre es also möglich, diese Zahlen noch in dieser Woche so aufzubereiten, dass man seriös darüber berichten kann, wie viele Menschen die Bundesregierung da gerade herauszubekommen versucht?

Alter: Ich kann Ihnen da kein Versprechen abgeben, weil der Prozess ja nicht allein in meiner Hand liegt. Ich kann nur sagen, dass wir nicht ohne Grund hier irgendwann einmal angekündigt haben, dass wir Sie regelmäßig mit aktuellen Zahlen informieren wollen. Dieses Anliegen besteht weiterhin, und sobald es möglich sein wird, werden wir Sie auch darüber informieren - jedenfalls über die Zahlen, die für die Öffentlichkeit relevant sind. Sie werden sicherlich Verständnis haben, dass es möglicherweise nicht relevant ist zu wissen, wie viele Leute auf der Liste der Bundespolizei stehen und wie viele im Vergleich dazu beim BAMF - das hat ja keinen Mehrwert. Wir wollen vielmehr eine Zahl entwickeln, die wir Ihnen für die Berichterstattung zur Verfügung stellen können, und das wird schnellstmöglich erfolgen.

Zusatzfrage: Doch, es wäre für uns durchaus relevant, wie viele Menschen da von der Bundespolizei und von den einzelnen Ressorts draufstehen. Man kann sich aber gerne darauf einigen, diese Dinge nur „unter drei“ weiterzugeben. Es geht ja auch ganz konkret darum, dass die Bundesrepublik Deutschland Arbeitgeber dieser Menschen gewesen ist und jetzt eigentlich auch einen Überblick nach Ressorts haben müsste, in welchem Ressort da möglicherweise nicht arbeitnehmerrechtekonform gehandelt wurde und wo dann doch.

Alter: Ich nehme jetzt nur einmal zu dem Teil der Statistiken Stellung. Sie werden verstehen, dass in einem Prozess, in dem unterschiedliche Angaben existieren und in dem man diese Zahlen konsolidiert, statistische Fehler bereinigt werden. Nur so kommt man ja zu einem Wert, der dann auch für alle Beteiligten als richtig anerkannt wird. Deswegen ist es nicht sinnvoll, Ihnen Listen mit Zahlen zu geben, in denen offensichtlich statistische Fehler sind.

Frage: An Herrn Seibert und Frau Adebahr: Planen die Kanzlerin und/oder der Außenminister eigentlich, Ortskräfte, die jetzt in Deutschland mit ihren Familien angekommen sind, auch einmal zu besuchen? Das ist ja doch eine besondere Gruppe von Menschen, die hier neu angekommen sind.

StS Seibert: Es bleibt dabei, dass ich Ihnen die Terminpläne der Bundeskanzlerin nicht im Vorhinein, sondern immer am Freitag der Vorwoche bekanntgebe.

Ich kann Sie noch einmal darauf hinweisen, dass die Bundeskanzlerin in der vergangenen Woche ein sehr ausführliches und gutes Treffen mit Frau Ghafari, der ehemaligen Bürgermeisterin eines Ortes in der Nähe von Kabul - ich glaube, Maidan Shahr heißt der Ort -, hatte, in dem Frau Ghafari sehr eindrücklich über die Situation vor der Übernahme durch die Taliban, über die Situation in den Tagen danach, über die Situation von Frauen und über die Menschenrechtslage aus ihrer Sicht berichtet hat. Das heißt, ein solches Treffen ist natürlich schon auch ein ganz wichtiges Mittel für die Bundeskanzlerin oder andere politische Verantwortliche, um sich ein Bild jenseits der Akten und jenseits der Fernsehberichte zu machen.

Adebahr: Auch der Außenminister hat Frau Ghafari schon getroffen und mit ihr gesprochen. Der Außenminister hat - das ist nichts, was man hier weiter ausführen kann - in den letzten Tagen und Wochen auch schon Vertreter und Ausgereiste aus Afghanistan getroffen.

Ich kann vielleicht noch sagen, dass wir für afghanische Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft sowie der Wissenschaft und Kunst, also für diese sogenannte Schutzsuchendengruppe, unser Programm um 10 Millionen aufgestockt haben, um dort mit der Finanzierung der vorübergehenden Aufenthalte und mit Stipendien und für Arbeitsmöglichkeiten unter die Arme zu greifen. Das geschieht im Rahmen der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik beziehungsweise des Etats des Auswärtigen Amtes, und da wird es sicherlich beziehungsweise hoffentlich auch schöne Stipendien und Projekte geben.

Insofern kann ich heute keinen Termin ankündigen, aber ich kann sagen, dass das auch ein Teil der Holaktion ist, die dem Außenminister sehr am Herzen liegt.

Zusatzfrage: Den Ausführungen ist zu entnehmen, dass ein Treffen mit den - ich sage es jetzt einmal in Anführungsstrichen - normalen Ortskräften, für die Deutschland ja explizit auch Verantwortung übernommen hat, zumindest noch nicht stattgefunden hat - –

Adebahr: Nein, das habe ich nicht gesagt. Der Außenminister hat sich auch schon mit unseren Ortskräften getroffen.

Zusatzfrage: Die eigentlich Nachfrage - das ist eine Lernfrage - war: Sind diese Ortskräfte eigentlich über mehrere Bundesländer verteilt, oder sind sie irgendwo konzentriert untergebracht?

Alter: Ich kann das beantworten. Es ist so, dass bei den Aufnahmen - unabhängig davon, um welche Gruppe es sich handelt, also auch bei Ortskräften - eine Verteilung gemäß dem Königsteiner Schlüssel erfolgt, das heißt, eine Verteilung in mehrere Bundesländer. Manchmal tritt der Fall ein, dass Bundesländer besondere Interessen an Aufnahmen haben, und die werden dann in dem Prozess auch berücksichtigt.

Adebahr: Bei den aktuellen Ortskräften des Auswärtigen Amtes ist es zum Teil so, dass sie nach Berlin gekommen sind und sich freiwillig in den Krisenkeller gemeldet haben, wo wir innerhalb weniger Tage um 200 Leute aufgestockt haben, und jetzt tatsächlich einfach dort sitzen und arbeiten. Da gibt es also einen ganz engen Kontakt.

Frage: Herr Seibert, die Bundeskanzlerin trifft sich heute im Rahmen ihrer Reise nach Belgrad mit Vertretern der Zivilgesellschaft. Wie groß ist diese Veranstaltung?

StS Seibert: Ich meine, dass es ein Vertreter der Zivilgesellschaft pro Westbalkanland ist, was es dann auf sechs Vertreter brächte. Wir werden das sicherlich im Nachhinein veröffentlichen - im Vorhinein werde ich das noch nicht tun.

Frage: An das Auswärtige Amt: Wird Außenminister Maas nach New York zur Vollversammlung der Vereinten Nationen reisen?

Adebahr: Schade, dass der Herr Kollege nicht da ist. Termine des Außenministers kündigen wir aber immer zeitnah an.

Frage: Frau Adebahr, am Wochenende hat es offenbar eine positive Entwicklung in den Gesprächen zwischen der Atomenergiebehörde und dem Iran gegeben. Wie groß sind Ihre Hoffnungen, dass die Gespräche wiederaufgenommen werden können? Haben Sie da schon einen Zeitplan?

Adebahr: Es ist ein erster positiver Schritt. Wir erwarten nach der Reise jetzt aber auch, dass die IAEO wie vereinbart die Kameras in den betroffenen Anlagen sehr zeitnah warten kann und auch die Speichermedien wechseln kann, um da eine Kontinuität der Information zu gewährleisten. Wir hoffen und bauen auch sehr darauf, dass die Gespräche von Herrn Grossi mit der iranischen Regierung jetzt eben diese vereinbarten Fortschritte erbringen. Herr Grossi hat sich zunächst in einer Pressekonferenz geäußert und wird nun dem Gouverneursrat der IAEO von seiner Reise berichten. Danach werden sich aus diesem internen Briefing die Mitgliedstaaten und die Zuhörer noch einmal eine Meinung bilden. Vielleicht kann man dann schon klarer sagen, wie der weitere Fahrplan eventuell genau aussehen könnte.

Wir erhoffen uns eine sehr, sehr schnelle Rückkehr an den Verhandlungstisch in Wien und denken, es wäre eine sehr sinnvolle Sache, das jetzt wirklich zügig zu tun. Diese Richtung haben Sie ja auch schon aus Moskau vernommen, und auch Herr Mora hat sich für den Europäischen Auswärtigen Dienst schon so geäußert. Ich glaube also, alle Parteien des JCPOA sind sich einig, dass es gut ist, dass man jetzt diese Übergangsregel - das ist ja ein Zitat von Herrn Grossi - hat und dass es genauso schön beziehungsweise noch schöner wäre, wenn man jetzt in Wien weiter sprechen könnte.

Frage: Zu Anschlagswarnungen im Ausland: Japan hat heute seine Bürger vor einem wachsenden Risiko von Selbstmordanschlägen an religiösen Stätten und in Menschenmengen in Südostasien gewarnt. Hat die Bundesregierung diese Warnung zur Kenntnis genommen? Gibt es ähnliche Erkenntnisse oder Warnungen von deutscher Seite?

Adebahr: Mir ist diese Warnung aus Japan nicht bekannt. Wenn sich das hier im Inland abspielen würde, wäre es eine Frage an Herrn Alter, nicht wahr?

Alter: Das ist richtig. Ich kann aber von solchen Erkenntnissen in Deutschland nicht berichten.

Frage: Die Bahn hat ihr Angebot an die Lokführer nach eigenen Angaben nachbessert. Was ist die Haltung des Verkehrsministers dazu? Sollte sich die GDL im Interesse der Reisen darauf jetzt einlassen?

Vorsitzende Wolf: Das Verkehrsministerium ist meines Wissens nicht anwesend. Ich weiß nicht, Herr Seibert, ob Sie sich dazu äußern wollen? Ansonsten würde ich das Verkehrsministerium um eine Nachreichung bitten.

StS Seibert: Nein, dazu würde ich mich jetzt nicht äußern.

Vorsitzende Wolf: Dann geht das Ganze an das Verkehrsministerium.

Frage (zur COVID-19-Pandemie): Nach einer Aussage des Europadirektors der WHO Hans Kluge, der vor zu großen Erwartungen an eine hohe Impfrate als Ausweg aus der Pandemie gewarnt hat, sei durch die Verbreitung neuer Virusvarianten mit höherer Übertragbarkeit wie der Deltavariante das Ziel einer Bevölkerungsimmunität kaum noch zu erreichen.

Sehen Sie das auch so?

Welche Folgen hat das für die Impfstrategie?

Deffner: Ich kenne diese Aussage von Herrn Kluge nicht. Deswegen kann ich sie jetzt nur schlecht kommentieren. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass Impfen der beste Weg ist, um jetzt zunächst einmal gut über den Herbst und Winter zu kommen und auch den Ausweg aus der Pandemie insgesamt hinzubekommen.

Vielleicht noch als Ergänzung: Die WHO hat ja erst vor einigen Tagen hier in Berlin den neuen Pandemie-HUB, so nenne ich es jetzt einmal, ins Leben gerufen. Das wird sicherlich auch langfristig sehr viel zur Pandemievorbeugung und -bekämpfung beitragen.

Adebahr: (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

Deffner: Ja.

StS Seibert: Auch ich kenne diese Äußerung des WHO-Direktors nicht. Aber es liegt in der Logik der Sache, dass eine Variante wie die Deltavariante, die so deutlich ansteckender ist als die vorherigen Varianten, auch dazu führt, dass man eine höhere Impfquote braucht, um das Virus unter Kontrolle zu bekommen. Deswegen ist es so sinnvoll, wirklich jeder Impfung - so will ich es einmal sagen - nachzulaufen, also zu versuchen, so viele Menschen wie möglich zum Impfen zu bewegen, davon zu überzeugen und es ihnen auch leicht zu machen.

Wir haben bisher das große Glück, dass die existierenden Impfstoffe wirksam sind, dass sie ihre Wirksamkeit auch gegen die Deltavariante nicht verloren haben, sondern eine hohe Wirksamkeit besitzen. Schon deswegen, damit das so bleibt, sollten wir versuchen, eine sehr hohe Impfquote zu erreichen, eine höhere, als wir sie jetzt haben, bevor möglicherweise - das muss nicht passieren, aber es kann natürlich immer passieren - eine Variante des Virus daherkommt, die die Impfstoffe auf eine noch ganz andere Probe stellt.

Frage: Herr Seibert, hat die Kanzlerin das Triell gestern gesehen?

StS Seibert: Der Fernsehkonsum der Bundeskanzlerin ist keine Frage, die die Politik der Bundesregierung betrifft. Das Triell wird, denke ich, heute überall in Berlin besprochen. Das müssen wir nicht auch noch in der Bundespressekonferenz tun.


Zusatz: Ich wollte nicht Ihre Meinung haben. Ich wollte nur wissen, ob sie es gesehen hat. Sie teilen ja auch mit, ob sie ein Fußballspiel gesehen hat. Das jetzt ist ja ein bisschen relevanter.

StS Seibert: Ich habe keine Auskunft darüber zu geben. Die Bundeskanzlerin ist gerade auch in der vergangenen Woche und in der Zeit davor durchaus mit öffentlichen Äußerungen bekannt geworden. Daran sehen Sie ihr großes Interesse an diesem Bundestagswahlkampf, am Ausgang usw.

Frage: Ich habe eine Frage an das Wirtschaftsministerium. Im ersten Halbjahr dieses Jahres hat Kohle Windkraft als Hauptenergieträger zur Stromerzeugung wiederum abgelöst. Frau Baron, das war einem windarmen ersten Halbjahr geschuldet. Gleichwohl ist das natürlich nicht das, was Ziel der Bundesregierung ist.

Sie können keinen Wind beschließen, aber hätte es genützt, wenn die Leitungsnetze zum Transport von Windstrom zum Beispiel von offshore ins Inland verbessert worden wären?

Baron: Sie weisen schon darauf hin: Wie sich der Energiemix monatsscharf oder im ersten Halbjahr zusammengesetzt hat, war in diesem Halbjahr tatsächlich von Wetterphänomenen abhängig. Im Vergleich zum Vorjahr, das ein sehr windstarkes Jahr war, war es ein windschwaches Halbjahr, was sich im Energiemix tatsächlich widerspiegelt.

Nichtsdestoweniger sind die Zielsetzungen der Bundesregierung klar. Wir wollen den Weg hin zu mehr erneuerbaren Energien und mehr Energieeffizienz gehen. Deshalb ist Deutschland auch eines der wenigen Industrieländer, in denen beides, der Kohle- und Kernenergieausstieg, beschlossen wurde. Natürlich muss auf allen Handlungsfeldern weitergearbeitet werden. Das gilt für den Ausbau der Erneuerbaren wie auch für den Stromnetzausbau.

Dennoch wird es so bleiben, dass sich Wetterphänomene widerspiegeln. Wir sehen jedes Jahr, ob der Sommer sonnenreich und windreich war. Dieses Phänomen wird natürlich bleiben. Nichtsdestoweniger muss auf allen Handlungsfeldern der Energiewende entschlossen gearbeitet werden.

Zusatzfrage: Welche Prioritäten sind das? Die Volatilität der erneuerbaren Energien kann man ja nicht aus der Welt schaffen. Bekannt als Gegenstrategie sind zum einen größere Verbünde, weil immer irgendwo die Sonne scheint und der Wind weht, und zum anderen Speichertechnologien. Was ist da die Priorität?

Baron: Es gibt viele Handlungsfelder, auf denen gearbeitet werden muss. Der Netzausbau ist eines der prioritären Handlungsfelder. Das hat der Minister in dieser Legislatur immer wieder deutlich gemacht. Dort sind ja auch sehr viele Handlungsschritte passiert. Sehr viele Verfahren sind in den Planungsschritten vollzogen. Das heißt noch nicht, dass tatsächlich gebaut wurde, aber das Planungsverfahren ist eben ein notwendiger Teil des Prozesses. Der Netzausbau ist hierbei sicherlich ganz vorn zu nennen, dann auch die erreichte Koordinierung zwischen Bund und Ländern, bei der wir in dieser Legislatur einiges erreicht haben.

Frage: Herr Seibert, inwiefern rechnet die Bundeskanzlerin angesichts zu erwartender langer Sondierungen und Koalitionsverhandlungen damit, dass sie auch dieses Jahr noch einmal eine Neujahrsansprache halten wird?

StS Seibert: Den Blick in die Glaskugel überlasse ich jetzt einmal Ihnen. Sie meinen zu wissen, dass es lange Sondierungen werden. Ich kann das von hier aus überhaupt nicht beurteilen. Am 26. September wählen die Bürger und Bürgerinnen einen neuen Deutschen Bundestag. Aus diesem Wahlergebnis wird zum gegebenen Zeitpunkt - ich kann Ihnen nicht sagen, wie schnell - ein neuer Regierungschef, eine neue Regierungschefin hervorgehen. Bis dahin wird so gehandelt, wie es das Grundgesetz vorsieht. Die Bundeskanzlerin wird sicherlich bis zu ihrem letzten Amtstag mit voller Energie die Geschäfte der Regierungschefin versehen.

Zusatzfrage: Ich habe noch eine Frage an das BMF, und zwar zu den Durchsuchungen, die stattfanden. Grüne, FDP und Linke wollen eine Sondersitzung des Finanzausschusses, um dem Minister die Gelegenheit zu geben, Stellung zu beziehen. Wird er einer solchen Einladung folgen und Stellung beziehen?

Wogatzki: Wir haben uns in der vergangenen Woche umfassend zu dem Thema geäußert. Herr Kolberg hat Ihnen hier am Freitag Rede und Antwort gestanden. Auch die Äußerungen des Ministers sind bekannt. Dem habe ich jetzt nichts hinzuzufügen.