Rede von Bundeskanzlerin Merkel zur Verleihung des startsocial-Sonderpreises am 7. Juni 2017 im Bundeskanzleramt

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Wir kommen jetzt zum startsocial-Sonderpreis. Es gibt ja viele Ideen, die spontan aus einer ganz bestimmten Situation heraus entstehen. Was aus der Not geboren wird, funktioniert oft überraschend gut. Wenn die Idee erst einmal in der Welt ist und das Engagement läuft, dann geht es oft auch weiter, auch wenn sich die Ausgangslage verbessert hat – einfach weil die Idee überzeugend ist. So wird dann die Initiative ausgebaut, neue Aufgabenfelder kommen hinzu, auch neue Verbündete. So entsteht aus Kleinem etwas Großes.

Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist sicherlich das Rote Kreuz. Es begann mit der Schlacht von Solferino im Jahr 1859. Henri Dunant, ein Kaufmann aus Genf, war eigentlich geschäftlich in Oberitalien unterwegs. Er sah die vielen verwundeten Soldaten, die schlecht oder gar nicht versorgt wurden. Wohl wissend, dass sich Solferino immer und überall wiederholen kann, beschloss er zu helfen. Er packte mit an, organisierte und legte den Grundstein für das Rote Kreuz.

Nun will ich die Latte nicht zu hoch hängen, so als müsste der Sonderpreisträger wie die großen Wohlfahrtsverbände mit der Zeit Millionen Ehrenamtliche hervorbringen. Nein, es geht mir vielmehr um den Impuls: zu sehen, da ist Not am Mann und an der Frau; zu beschließen, die Lücke zu füllen, und daher eine Initiative zu starten, um Gutes zu bewirken. Einem solchen Impuls folgte auch der Preisträger.

Im Jahr 2015 kamen hunderttausende Menschen zu uns, um vor Krieg und Verfolgung Schutz zu suchen. Viele Bürgerinnen und Bürger haben spontan geholfen, wo immer es ging: beim Austeilen von Essen, bei der Suche nach Unterkünften, bei der medizinischen Versorgung und bei Behördengängen. Etliche sind nach wie vor aktiv und haben sich untereinander vernetzt. In einigen Fällen sind sogar richtige Sozialunternehmen entstanden. So ist also wieder aus Kleinem etwas Großes geworden.

Ein Musterbeispiel für einen solchen Prozess der Professionalisierung bietet der heutige Sonderpreisträger: „Hanseatic Help“.

„Einfach machen“ – das war und ist das Motto der Initiatoren von „Hanseatic Help“. Sie haben Kleidung und andere Artikel des täglichen Bedarfs als Spenden gesammelt und an Flüchtlinge verteilt. Sie haben einfach angepackt, um anderen das Leben einfacher zu machen – und damit wiederum andere einfach zum Mitmachen angeregt. Die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, etwas von ihren Sachen abzugeben, war überwältigend. Die Stapel in der Kleiderkammer wurden höher und höher und waren kaum mehr zu überblicken. Dann aber fand sich die zündende Idee, eine IT-basierte Logistik-Kette von der Spendenannahme bis zur Spendenausgabe aufzubauen.

Inzwischen versorgt „Hanseatic Help“ neben Geflüchteten auch andere Bedürftige. Die Spenden gehen an Obdachlose, Kinderheime und Frauenhäuser – in Hamburg und in anderen Bundesländern. „Hanseatic Help“ kooperiert dabei auch mit Akteuren wie den Johannitern, dem Arbeiter-Samariter-Bund und auch dem Roten Kreuz. Damit ist die Initiative auch an Hilfslieferungen in internationale Krisenregionen beteiligt. Fast fünf Millionen Sachspenden hat „Hanseatic Help“ inzwischen an Hilfsbedürftige gebracht – und das alles in nicht einmal zwei Jahren.

Liebe Frau Alff und lieber Herr Boekhoff, zu diesem Erfolg gratuliere ich. Der startsocial-Sonderpreis geht an Ihren Verein „Hanseatic Help“. Herzlichen Glückwunsch und weiter viel Erfolg.