Rede von Bundeskanzlerin Merkel zur Begrüßung bei der Preisverleihung des 14. Wettbewerbs startsocial am 20. Juni 2018 im Bundeskanzleramt

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Ich möchte Sie alle ganz herzlich hier begrüßen – die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Wettbewerbs startsocial und Herrn Düsedau. Er ist ja gewissermaßen Stammgast hier im Haus. Natürlich begrüße ich auch die Sponsoren, die Coaches und alle anderen Gäste.

Ganz besonders heiße ich den Verein HEIMATSUCHER aus Düsseldorf willkommen – den Sonderpreisträger des Jahres 2016. Herzlichen Dank für die Präsentation Ihres Vereins und seiner Arbeit. Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihren Einsatz, die Erinnerung an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte wachzuhalten. Wir dürfen unter dieses Kapitel deutscher Geschichte eben gerade keinen Schlussstrich ziehen. Denn das unsägliche Leid, das Millionen von Opfern widerfahren ist, bleibt uns stete Mahnung, gegen jegliche Form von Extremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit immer wieder vorzugehen.

Wenn sich im November dieses Jahres zum 80. Mal die Pogromnacht von 1938 jährt, dann werden wir uns noch einmal daran erinnern, wie damals Läden boykottiert, Scheiben eingeworfen und Synagogen in Brand gesteckt wurden. Menschen wurden angepöbelt, geschlagen und deportiert. Das waren zwar nicht die ersten Verbrechen an der jüdischen Gemeinschaft, aber es waren die Vorzeichen für den millionenfachen Mord, der danach noch folgen sollte.

Deshalb ist es unbegreiflich, wenn heute Stimmen laut werden, die die nationalsozialistische Diktatur zu verharmlosen versuchen. Ob Geschichtsvergessenheit oder Geschichtsklitterung – beidem müssen wir entgegenwirken, um extremistisches Gedankengut nicht weiter aufkeimen zu lassen. Deshalb ist und bleibt Ihr Engagement, liebe Heimatsucher, so wichtig. Sie sind ein leuchtendes Beispiel für ehrenamtliches Engagement.

Aber Sie sind zum Glück auch nicht das einzige leuchtende Beispiel, sondern wir haben hier weitere 25 Vorzeigebeispiele. Und diese sind auch wiederum nur wenige Beispiele für die vielen, die es noch gibt und an die wir heute auch ein bisschen denken wollen. Sie alle repräsentieren vielfältig gelebtes Ehrenamt. Sie stehen für ein Land, in dem es den allermeisten Menschen nicht egal ist, wer in der Nachbarschaft lebt und wie er lebt. Sie legen los und packen an, wenn Not am Mann oder Not an der Frau ist. Das ist die Einstellung für ein Miteinander, wie wir es in unserer Gesellschaft brauchen. Das stärkt den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Das kann man nicht von irgendeiner politischen Bühne aus befehlen, sondern das ist gelebte Solidarität.

Politik allein kann das überhaupt nicht leisten. Aber wir können das Ehrenamt fördern und sollten dies auch tun. Wir können den Ehrenamtlichen das Wirken leichter machen. Wir haben uns vorgenommen, in dieser Legislaturperiode den rechtlichen Rahmen für das Ehrenamt zu verbessern und bürokratische Hürden abzubauen. Wir wollen das Gemeinnützigkeitsrecht verbessern und ebenso das Stiftungsrecht. Wir wollen auch die steuerliche Entlastung von Ehrenamtlichen ausbauen. Und wir wollen unsere bundeseigenen Angebote weiter stärken – zum Beispiel die Mehrgenerationenhäuser, von denen es bereits über 500 im ganzen Land gibt.

Wir planen auch ganz konkrete Unterstützungsmaßnahmen. Wir wollen eine Einrichtung schaffen, die ehrenamtlich Engagierte bei organisatorischen und bei digitalen Fragen unterstützt. Wir wollen ehrenamtliche und gemeinnützige Organisationen in ihrer Start- und Wachstumsphase fördern. Das ist im Grunde ein ähnliches Modell, wie Sie es in privater Initiative bei startsocial praktizieren. Gerade in den ersten Anfängen einer Initiative, in denen es noch an Erfahrung fehlt, kann professionelle Hilfe Gold wert sein. Oft reicht ja Herzblut allein nicht aus. Das braucht man, aber das ist nicht das Einzige. Es kann auch der Punkt kommen, an dem man sagt: So geht das nicht mehr weiter; wie können wir wesentlich mehr erreichen?

Das ist dann der Punkt, an dem startsocial so wichtig für Sie alle ist. Denn dann kommen Sie mit Menschen zusammen, die einfach wissen, wie man etwas gut auf den Weg bringen kann. Die Coaches durchleuchten die Projekte und schauen nach Schwachstellen. Ich stelle mir das nicht immer einfach vor, wenn man entscheidet, dass jemand das eigene Projekt anguckt, um dann vielleicht daran herumzumosern und zu fragen: Hast du überhaupt eine Ahnung? Aber irgendwie scheint es ja zu klappen, denn sonst säßen Sie und Herr Düsedau und die Sponsoren ja nicht hier. Deshalb haben Sie alle gelernt, dass man von anderen lernen kann, dass selbst gut gemeint noch nicht immer gut gemacht ist, dass man das, was Sie sich vorgenommen haben, gut machen kann und dass dann das gut Gemeinte noch viel besser zum Vorschein kommt. Das ist ja das Tolle.

Das führt auch dazu, dass ich jedes Jahr wieder mit denen, die am Wettbewerb teilnehmen, gern zusammenkomme. Das kann ich mir nicht bei allen guten Initiativen in Deutschland leisten. Aber diese Initiative finde ich so speziell, weil auch die Wirtschaftsvertreter Einblicke in Dinge bekommen, die sie vorher so nicht gesehen und gekannt haben. Das heißt, die Initiative bereichert beide Seiten. Das ist auch in diesem Jahr so.

Ich begrüße Sie noch einmal ganz herzlich und wünsche uns eine schöne Veranstaltung.