Rede des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller,

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Herr Präsident!
Meine Damen und Herren!

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Heute tun Sie alle was Gutes – mit diesem Haushalt des Entwicklungsministeriums, der um über 800 Millionen Euro wächst und damit erstmals über die Zehn-Milliarden-Euro-Grenze hinaus. Das ist ein starkes Zeichen. Frau Steffen, Frau Hajduk, Herr Körber, Sie haben es gesagt: Es ist ein Zeichen des Parlamentes.

Sie haben das Königsrecht in den Haushaltsberatungen wahrgenommen, und dafür bedanke ich mich, und zwar auch bei den Vorsitzenden der Koalitionsfraktionen, die ich jetzt nicht alle namentlich nenne. Ich weiß: Andrea Nahles und die anderen, meine Kollegen, haben sich dafür starkgemacht. Deshalb konnten wir dieses Ergebnis erzielen. Ich danke den Berichterstattern, zum Beispiel Herrn Leutert; ich möchte jetzt nicht alle aufzählen. Ich danke auch Sascha Raabe, der bei den ersten Haushaltsberatungen eine impulsive Rede gehalten hat. Vielen herzlichen Dank!

Ich will Ihnen jetzt sagen, dass ich selbstverständlich in der Verpflichtung stehe, eine hohe Wirksamkeit der Maßnahmen zu erzielen. Ich möchte es Ihnen anhand eines Beispiels darstellen: Was könnte man mit 800 Millionen Euro Haushaltsaufwuchs bewirken, wenn man sie in die Not- und Überlebenshilfe investieren würde, bei der wir nicht alles, aber einen Teil leisten können? Wir könnten vier Millionen Menschen ein Jahr lang das Überleben sichern. Können Sie sich vorstellen, welchen Wirkungshebel die Mittel in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) haben? Mit 200 Euro im Jahr können Sie ein Menschenleben im Jemen, wo die Not unglaublich ist, oder in Syrien – in Idlib und in anderen Regionen – retten. Deshalb Dankeschön für die 800 Millionen Euro. Wir werden sie sinnvoll und wirksam einsetzen.

Von 6,4 auf 10,2 Milliarden Euro – das sind technische Dinge. Deutschland übernimmt Verantwortung in der Welt. Wichtig sind nicht die Zahlen, sondern die Maßnahmen, die wir damit umsetzen können, die Bedarfe, die wir damit decken können. Die Kolleginnen und Kollegen haben das Spektrum dargestellt. Das Wichtigste ist nach wie vor die Bekämpfung von Hunger und Not und Elend. 800 Millionen Menschen leben in Hunger und Not und Elend. Deswegen haben wir die Sonderinitiative "EINEWELT ohne Hunger" und retten Zehntausenden von Menschen, insbesondere Kindern, mit dem Geld der Steuerzahler das Leben.

Meine zweite Priorität ist: Wir helfen und investieren in den Kriegs- und Flüchtlingsregionen der Welt. Wir brauchen auch den Migrationspakt. Ich war dabei – ich hoffe, Sie verraten es nicht weiter, Frau Hajduk –, als vor zwei Jahren das Startzeichen in New York gegeben wurde. Wir brauchen internationale menschenrechtliche Standards im Umgang mit Migranten. Hier denke ich an die Arbeitssklaven in Katar, die die Fußballstadien für die nächste Weltmeisterschaft bauen, oder an die Mädchen in Kuwait, denen die Pässe weggenommen werden, die wie Sklavinnen arbeiten müssen. Hier brauchen wir Standards. Menschenrechte sind unteilbar, und dieser Migrationspakt setzt diese internationalen Standards.

Ich möchte allen danken. Über die staatlichen Partner hinaus möchte ich den Nichtregierungsorganisationen (NGOs), der Welthungerhilfe und den kirchlichen Hilfswerken danken. Ich sage Ihnen Folgendes: In Deutschland, von Oberstdorf, wo ich zu Hause bin, bis nach Lübeck, gibt es Tausende von Privatinitiativen und NGOs. Diese Privatinitiativen verdoppeln den staatlichen EZ-Haushalt noch einmal. Circa acht Milliarden Euro schaffen die privaten Initiativen in die einzelnen Projekte und in deren Arbeit. Dafür meinen herzlichen Dank.

Die NGOs in der EZ sind die größte Friedens- und Entwicklungsbewegung der Welt. Herzlichen Dank allen.

Frau Hänsel, zu Ihrer Zwischenfrage: Ich sage Ihnen ganz klar, wir brauchen die weltweite Verpflichtung auf menschenrechtliche Grundstandards. Die Menschenrechte sind unteilbar – von Honduras bis nach Bangladesch. Dazu gehört die Verabschiedung des Migrationspaktes, aber auch die Anerkennung der Menschenrechtsdeklaration der UN; das ist die Grundlage unserer internationalen Arbeit.

Ich bin dankbar für die Quantensprünge, die wir machen. Ich kann das ja nur kurz darstellen: Beim Haushalt und der öffentlichen EZ mit dem neuen Maßnahmenpaket für mehr Investitionen in Afrika – das sage ich allen, gerade denen in der FDP – setzen wir auf mehrere Säulen: Eigenleistung der Entwicklungspartner, insbesondere der Afrikaner. Zunächst einmal muss jeder selber einen Eigenbeitrag leisten – Good Governance –, dann kommt die staatliche EZ, mit der wir Impulse setzen. Ich denke an Leuchtturmprojekte im Bereich der erneuerbaren Energien, im Bereich der Ausbildung.

Dann komme ich zum Thema "private Investitionen". Hier ist uns mithilfe der Kanzlerin, des Bundesministers Altmaier, aber auch des Finanzministers ein Durchbruch gelungen, Stichwort: Afrika-Verein und vieles andere. Wir stärken jetzt private Investitionen in afrikanischen Ländern mit einem neuen Instrument, mit einem neuen Wirtschaftsinvestitionspaket. Hauptpunkt dabei ist ein neuer Entwicklungsinvestitionsfonds, ausgestattet mit einer Milliarde Euro, wodurch wir deutsche und afrikanische kleine und mittlere Unternehmen zusammenbringen und die privaten Investitionen mit einer neuen Säule aufbauen. Denn in Zukunft können wir Arbeitsplätze nicht mit öffentlichen Geldern schaffen. Wir können Ansätze schaffen. Dazu brauchen wir private Investitionen der deutschen Wirtschaft. Auf nach Afrika! Die Instrumente sind jetzt geschaffen. Dazu gehört die Sonderinitiative "Ausbildung und Beschäftigung". Die deutsche Wirtschaft geht andere Wege als die Wirtschaft in China, Afrika und anderen Entwicklungsländern. Investitionen werden stets gepaart mit Investitionen in die Ausbildung der heimischen Jugendlichen, in Afrika, in Asien, aber auch in Lateinamerika.

Wir setzen den Marshallplan mit Afrika um. Wir führen eine eigene Debatte. Stellen Sie einen Antrag, dann diskutieren wir nur über dieses Thema. Die Kanzlerin – ich durfte mit dabei sein – hat vor drei Wochen die größte Afrika-Konferenz seit 1884 durchgeführt. Das hat kaum einer von Ihnen wahrgenommen. Das wurde überlagert von dramatischen innenpolitischen Themen, über die diskutiert wurde.

Wir haben den Ressortkreis Afrika etabliert. Ein kohärentes Auftreten der Ressorts ist mir sehr wichtig, vom Außenministerium über das Wirtschaftsministerium bis hin zum Finanzministerium. Wir europäisieren den Marshallplan. Deutschland macht das nicht allein. Wir sind wesentlich stärker, wenn wir das Thema zu einem europäischen Thema machen. Im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020 werden wir den Nachfolgevertrag zum Post-Cotonou-Vertrag vorlegen.

Wir setzen auf die Umsetzung von Reformpartnerschaften. Wir haben sechs Reformpartner, von denen wir Good Governance, Bekämpfung der Korruption und Einhaltung der Menschenrechte einfordern. Dazu wurde ein Konzept erstellt, das einige von Ihnen noch nicht gelesen haben, aber es liegt mir vor. Wenn so viel Geld investiert wird, dann muss ein klares Konzept mit entsprechender Kontrolle der Wirksamkeit dahinterstehen. Deswegen habe ich das Konzept EZ 2030 vorgelegt und positioniere damit die deutsche Entwicklungspolitik neu, weg von der Gießkanne hin zu mehr Wirksamkeit, klarer Konditionierung und mehr Zusammenarbeit in Deutschland und Europa.

Lassen Sie mich zum Schluss auf die drei inhaltlichen Schwerpunkte eingehen, die ich für 2019 gesetzt habe. Erster Schwerpunkt ist der Klimaschutz. Ich werde im Vorfeld der Klimakonferenz in Kattowitz eine neue Initiative, eine Allianz für Entwicklung und Klima vorstellen.

Zweiter Schwerpunkt ist eine Offensive zur Wahrung der Menschenrechte und der Rechte der Frauen. Wir gratulieren Nadia Murad zum Friedensnobelpreis. Sie ist eine großartige Kämpferin für Menschenrechte und gegen Gewalt gegen Frauen. Sie wird hier in Deutschland Gast sein, worauf wir stolz sind.

Dritter Schwerpunkt ist: Ich setze erneut das Thema "gerechter und fairer Handel in globalen Lieferketten" auf die Tagesordnung; denn der Markt braucht Moral, er braucht Regeln, und er braucht Grenzen. Wir brauchen eine neue Wachstumsphilosophie. Wir können, wollen und werden die Welt ein Stück humaner, gerechter und friedlicher machen. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.