Rede des Bundesministers für Gesundheit, Hermann Gröhe,

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Frau Präsidentin!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Gerne greife ich zu Beginn den Dank auf und erwidere ihn herzlich. Nach intensiven Beratungen in diesem Jahr – der Haushalte 2014 und 2015 – ist es in der Tat angemessen, der Hauptberichterstatterin, den Berichterstattern und dem Haushaltsausschuss als Ganzes Dank zu sagen. Ich denke, wir haben in umfänglichen, in engagierten Beratungen ein Ergebnis vorgelegt, das uns auf dem wichtigen Feld der Gesundheitspolitik nach vorne bringt; dafür bin ich dankbar.

Nun ist es völlig normal, dass die Haushaltsdebatte der Opposition Gelegenheit zur Kritik bietet. Was uns allen nicht weiterhilft, ist allerdings, wenn mit bewussten Verzerrungen und Verdrehungen die Verunsicherung der Versicherten gleichsam im Rahmen einer versuchten Märchenstunde zum Ziel der Politik gemacht wird. So dienen Sie keinem Menschen, meine Damen und Herren von der Opposition.

Darüber hinaus zeigt Ihre Polemik gegen einen ausgeglichenen Haushalt, Ihre Polemik dagegen, dass wir die Liquiditätsreserve einen Beitrag zur Konsolidierung des Haus-halts leisten lassen, Ihre Polemik gegen das Festschreiben des Arbeitgeberbeitrags, dass Sie ein entscheidendes Grundprinzip eines solidarischen Gesundheitswesens überhaupt nicht verstanden haben: Es ist eine gute Wirtschaftslage, es sind sichere, gut bezahlte Arbeitsplätze, die dazu beitragen, dass sich die Menschen in unserem Land auf ein solidarisches Gesundheitswesen verlassen können, und dies muss so bleiben. Insofern ist es richtig, dass wir die Liquiditätsreserve einen Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts leisten lassen. Ein Haushalt ohne Neuverschuldung, das ist ein Signal der Generationengerechtigkeit, er stärkt aber eben auch die wirtschaftliche Entwicklung und pflegt damit gleichsam die Grundlagen, auf denen dann auch prall gefüllte Sozialkassen für die Sicherheit der Menschen in diesem Land einstehen. Sie wissen sehr genau – Kollegin Hinz hat es noch einmal unterstrichen –, dass keinerlei Abstriche an gesundheitlichen Leistungen, keinerlei Abstriche bei den Zuweisungen an die Krankenkassen erfolgen. Es ist gewissermaßen so: Wie in den Jahren der Finanz- und Wirtschaftskrise durch Unterstützung des Steuerzahlers, ja unter Inkaufnahme von Staatsverschuldung, die Beiträge stabil gehalten wurden, damit Arbeitsplätze nicht vernichtet werden, leistet jetzt eine prall gefüllte Liquiditätsreserve ihren Beitrag zu einer wachstumsfördernden Konsolidierungspolitik.

Gleiches gilt für das Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags in der gesetzlichen Krankenversicherung. Auch das soll und wird dazu beitragen, die Rahmenbedingungen für Wachstum und Beschäftigung in unserem Land stabil zu halten und damit die solidarische Gesundheitspolitik dauerhaft abzusichern.

Die damit verbundene Verpflichtung, mit dem Geld der Versicherten besonders sparsam umzugehen, nehmen wir ernst. Das haben wir unter Beweis gestellt, indem wir im Rahmen einer der ersten Gesetzgebungen dieser Großen Koalition die Arzneimittelpreise angepackt haben. Hiermit stellen wir Sparsamkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung sicher. Das ist entscheidend und wird uns weiterhin leiten.

Wir sind auch der Überzeugung, dass ein guter Wettbewerb um Qualität und Effizienz in der Leistungserbringung im Interesse der Versicherten ist. Die Versicherten sind schlau genug, zu wissen, ob sie allein auf den Preis schauen oder auch die Frage stellen: Ist da eine Ansprechpartnerin, ein Ansprechpartner vor Ort? – Sie vergleichen Leistungspakete und Preise, und das ist richtig so. Es führt zu einem Bemühen um Effizienz in der Leistungserbringung. Das liegt im Interesse der Versicherten.

Wir haben eine Reihe von Dingen unmittelbar im ersten Jahr dieser Koalition angepackt. Vieles ist derzeit in Arbeit; vieles haben wir uns noch vorgenommen. Wir haben die gesetzliche Krankenversicherung insgesamt zukunftsfest gemacht: Einerseits ermöglichen wir einen vernünftig gestalteten Wettbewerb, andererseits stärken wir das Qualitätsbewusstsein, indem wir die Grundlagen für ein Qualitätsinstitut geschaffen haben, das schon im nächsten Jahr seine Arbeit aufnehmen wird. Wir haben schließlich – das wurde bereits in diesem Jahr gesetzlich abgeschlossen – die Rolle der Hausärzte gestärkt.

Erst unlängst haben wir an dieser Stelle das erste Pflegestärkungsgesetz beschlossen. Damit werden wir am 1. Januar des nächsten Jahres – gleichsam zum 20. Geburtstag der Pflegeversicherung – zu einer deutlichen Ausweitung der Leistungen für Pflegebedürftige, für ihre Angehörigen und damit auch im Interesse der Pflegenden in den verschiedenen Einrichtungen gelangen: wirksamere Unterstützung zu Hause, passgenauere, besser an die individuellen Bedürfnisse angepasste Unterstützung in der Pflege und mehr Betreuungskräfte in unseren stationären Altenpflegeeinrichtungen.

Zugleich – auch das ist ein Stück Generationengerechtigkeit – legen wir einen Vorsorgefonds an, den wir in Zukunft mit gut einer Milliarde Euro pro Jahr anfüllen. Damit leisten wir einen Beitrag dazu, dass Pflegeversicherungsleistungen ohne dramatischen Beitragsanstieg erbracht werden können, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in höherem Umfang darauf angewiesen sind.

Aber es geht weiter: Mit einem zweiten Pflegestärkungsgesetz werden wir den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff einführen und ein individuelleres Begutachtungssystem umsetzen. In diesem Sommer und Herbst wurde in umfangreichen Studien die Anwendung dieses Systems getestet. Dies wird nun ausgewertet. Das Jahr 2015 wird das Jahr der gesetzlichen Umsetzung sein, sodass wir alsbald zu einer umfassenden Implementierung eines neuen, individuelleren Begutachtungsverfahrens kommen.

Wir wollen die Verbesserungen in der Pflege mit Verbesserungen in der hospizlichen und palliativmedizinischen Versorgung in unserem Land verbinden, mit Verbesserungen dieser notwendigen Aktivitäten unserer Pflegeeinrichtungen; sie haben hier schon eine intensive Debatte geprägt. Ich bin sicher: Wenn es darum geht, Schwerstkranken und Sterbenden einen Anspruch auf menschliche Zuwendung und bestmögliche medizinische und hospizliche Betreuung einzuräumen, dann sind wir uns in diesem Hause sehr einig.

2015 wird uns insgesamt das Thema Versorgung beschäftigen: Wie sichern wir gute Versorgung stationär und ambulant? Das geschieht auch vor dem Hintergrund veränderter Herausforderungen durch den demografischen Wandel: eine älter werdende Gesellschaft, mehr chronisch und mehrfach erkrankte Menschen. Da liegt mir, da liegt vielen von uns die gute medizinische Versorgung im ländlichen Raum besonders am Herzen. Wir werden voraussichtlich noch im Dezember mit dem Entwurf eines Versorgungsstärkungsgesetzes wichtige Weichen stellen. Dazu gehört beispielsweise, dass man mithilfe von Strukturfonds in Gebieten mit drohender oder vorhandener Unterversorgung tätig werden kann, dass Anreize für eine Niederlassung geschaffen werden.

Zukünftig haben die kassenärztlichen Vereinigungen damit die Möglichkeit, mit vielfältigen Maßnahmen, vom Stipendium bis hin zur Niederlassungshilfe, einen Beitrag dazu zu leisten, dass Unterversorgung erst gar nicht entsteht und auch im ländlichen Raum angemessene, gute Verhältnisse im Hinblick auf die Niederlassung geschaffen und gestärkt werden. Dabei tragen wir auch den Wünschen junger Studierender oder junger Ärztinnen und Ärzte Rechnung, etwa wenn wir die Formen gemeinschaftlicher Berufsausübung – von der Gemeinschaftspraxis über das in Zukunft pflichtweise zu fördernde Netzwerk bis hin zu erweiterten Möglichkeiten von Zentren zur medizinischen Versorgung – stärken. Wie gesagt: Dies trägt gerade den Wünschen junger Medizinerinnen und Mediziner Rechnung.

Ich sage auch: Wir brauchen eine bessere Verteilung von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten. Das ist allemal kein Grund zur Panikmache. Selbstverständlich kann dazu auch der Abbau von Überversorgung beitragen. Dafür sollen die Verantwortlichen vor Ort zuständig sein, die die jeweilige Versorgungslage im Blick haben. Das kann einen Beitrag dazu leisten, die Versorgung in unserem Land insgesamt zu verbessern. Es wird auch darum gehen, dass dort, wo niedergelassene Ärzte den Bedarf an ambulanter Versorgung nicht gewährleisten können, die Krankenhäuser für die ambulante ärztliche Versorgung geöffnet werden.

Nun komme ich zur Krankenhausplanung, zur Krankenhausversorgung in unserem Land. Sie wissen: Dazu tagt eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die aller Voraussicht nach ebenfalls im Dezember ihre Arbeit abschließen und Eckpunkte vorlegen wird, die dann Grundlage einer Gesetzgebung im nächsten Jahr sein werden.

Ohne den einzelnen Ergebnissen vorgreifen zu wollen – die Beratungen dauern ja noch an –: Es wird darum gehen, die Länder bei der Krankenhausplanung darin zu unterstützen, Qualität zu einem weiteren entscheidenden Kriterium in der Krankenhausplanung zu machen. Das ist entscheidend, um dann zu einem angemessenen, wenn Sie so wollen, auch neuen, guten Miteinander von gut erreichbaren Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung einerseits und der Spezialisierung in besonderen Zentren, in Häusern der Maximalversorgung in den Universitätskliniken andererseits zu kommen.

Ein verbesserter Sicherstellungszuschlag wird dazu beitragen, das notwendige Angebot in der Fläche zu erhalten. Dazu wird aber auch beitragen, dass wir die besonderen Leistungen, die in einzelnen Zentren, aber auch in den Universitätskliniken erbracht werden, etwa bei seltenen oder besonders schweren Erkrankungen, angemessen vergüten. Schon im Versorgungsstärkungsgesetz werden wir uns des Themas Hochschulambulanzen annehmen, weil auch hier angesichts des Beitrages, den unsere Hochschulambulanzen gerade bei der Betreuung Schwerstkranker beziehungsweise besonders schwerer Fälle leisten, eine Verbesserung notwendig ist.

Bei der Verknüpfung von Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung, von Spezialeinrichtungen und nicht zuletzt von Universitätskliniken, kommt dem Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien in der Krankenhausversorgung große Bedeutung zu.

Ich habe neulich in der Universitätsklinik Dresden erlebt, wie dort die Zusammenarbeit mit kleinen Krankenhäusern in Ostsachsen organisiert ist: über die Nutzung des Teletumorboards, über die Nutzung der Expertise bei der Behandlung von Schlaganfallpatientinnen und -patienten. Dies sind eindrucksvolle Beispiele. Wir werden durch die Nutzung solcher Technologien die Selbstständigkeit von Menschen gerade im hohen Alter, die unter Herzinsuffizienz, Diabetes oder anderen Krankheiten leiden, verbessern. Es geht um ein selbstbestimmtes, aber eben mithilfe von Informations- und Kommunikationstechniken ärztlich begleitetes Leben. Wir werden mit einem E-Health-Gesetz die Anwendung dieser modernen Informations- und Kommunikationstechniken in unserem Land vorantreiben.

Schließlich freue ich mich, dass wir alsbald in diesem Hause den Entwurf eines Präventionsgesetzes werden beraten können. Das Thema ist heute verschiedentlich angesprochen worden. Der Haushalt trägt im Einzelplan 15 durch den Titel für das „Nationale Kompetenzzentrum für Prävention“ bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung diesem Gedanken bereits Rechnung. Wir wollen eine nationale Präventionsstrategie, an der alle Akteure mitwirken und ihren Beitrag für eine lebens- und gesundheitsfördernde Lebensweise – von der Kita über die Schule und den Arbeitsplatz bis in die Altenpflege hinein – leisten. Was die gesetzliche Krankenversicherung angeht, werden wir über die entsprechende Gesetzgebung die erforderlichen Mittel bereitstellen. Wir werden aber auch die Einbeziehung der übrigen Sozialversicherungsträger, der privaten Kranken- und Pflegeversicherungen, in eine gemeinsame Kraftanstrengung einbinden.

Zum Stichwort Prävention. Ich bin dem Haushaltsausschuss ausgesprochen dankbar für seine Arbeit im Bereich der Sucht- und Drogenprävention. Denn verschiedene Nachrichten aus dem Görlitzer Park in Berlin, die Entdeckung von knapp drei Tonnen Grundstoff für die Herstellung von Crystal Meth und andere Meldungen beunruhigen uns. Dieser Fund zeigt die Wichtigkeit der Arbeit von Marlene Mortler, für die ich ausgesprochen dankbar bin.

Das Thema Ebola ist bereits angesprochen worden. Wir haben im Haushaltsausschuss intensiv darüber gesprochen. Deutschland stellt sich ohne Wenn und Aber seiner Herausforderung in diesem Bereich. Wir haben bereits erhebliche Mittel außerplanmäßig zur Verfügung gestellt und werden das weiter vorantreiben. Das gilt zum Beispiel für den Bereich der Impfstoffe, konkrete Forschungsprojekte, Training in der Region und in der Nachbarschaft, in der auswärtigen humanitären Hilfe und auch in der Entwicklungshilfe.

Mir ist es wichtig, heute allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Freiwilligen der Nichtregierungsorganisationen, des Roten Kreuzes, des THW und der Bundeswehr für ihren dringend benötigten und nicht risikolosen Einsatz herzlich zu danken. Sie bekommen selbstverständlich materiellen Rückenwind und die notwendigen Ressourcen aus dem Bundeshaushalt. Ihnen gilt unser aller Dank. Sie haben das verdient. Wir werden dieses Engagement weiter ausbauen.