Rede des Bundesministers des Innern, Dr. Thomas de Maizière,

  • Bundesregierung ⏐ Startseite
  • Schwerpunkte

  • Themen   

  • Bundeskanzler

  • Bundesregierung

  • Aktuelles

  • Mediathek

  • Service

Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Debatten über Sicherheit beginnen meistens mit der Frage: Was können und sollen Polizistinnen und Polizisten tun, wie sollen sie arbeiten, um Straftaten zu verhindern, Straftaten aufzuklären und Täter zu ermitteln? Für diese Arbeiten brauchen sie moderne Instrumente wie das BKA-Gesetz, zu dem ich gleich noch komme. Sie brauchen aber auch robusten Schutz vor gewalttätigen Übergriffen mit guter Ausstattung und mithilfe des Rechts.

Erlauben Sie mir eine Bemerkung zu einer Debatte von heute Morgen. Ich finde es gut – das war überfällig –, dass der Justizminister heute seinen Gesetzentwurf eingebracht hat, um die Strafbarkeit bei Angriffen gegen Polizisten und Rettungskräfte zu erhöhen. Wir haben lange darüber gesprochen. Jetzt ist der Gesetzentwurf da. Das ist gut und richtig. Angriffe auf Menschen, die uns schützen und die uns helfen, sind besonders niederträchtig. Da brauchen wir kein Verständnis. Da brauchen wir eine harte und klare Linie, das heißt auch härtere Strafen. Deshalb freue ich mich über diesen Gesetzentwurf.

Nun zu den nötigen Instrumenten für die Polizei und damit zum vorliegenden Gesetzentwurf zum Bundeskriminalamt, den ich hiermit einbringe. Mit dem neuen Bundeskriminalamtgesetz fällt der Startschuss für das von mir angekündigte Projekt "Polizei 2020". Dieses Gesetz leitet eine Zeitenwende ein und setzt die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem April des letzten Jahres um.

Was meine ich mit dem Begriff "Zeitenwende"? Die Informationsarchitektur des Bundeskriminalamts und des polizeilichen Verbundes von Bund und Ländern stammt in ihren Grundzügen aus den 70er-Jahren, ein System verschiedener und kaum miteinander verbundener Datentöpfe. Dieses System wurde vom damaligen Präsidenten des Bundeskriminalamts, Horst Herold, im Zusammenhang mit dem westdeutschen Terrorismus der Roten Armee Fraktion (RAF) entwickelt. Es war damals modern und revolutionär, übrigens auch umstritten. Jetzt ist es nicht mehr zeitgemäß.

Der Polizeibeamte in einem Bundesland muss wissen, dass sein Kollege in einem anderen Bundesland gegen die gleiche Person ermittelt. Beide müssen wissen, welche Informationen über diese Person beim Bundeskriminalamt bekannt sind. Jeder Polizist und jede Polizistin soll zu jeder Zeit und an jedem Ort Informationen abrufen können, die er oder sie benötigt und die er oder sie abrufen darf. Daten sollen einmal eingegeben und mehrfach genutzt werden – mit einer guten Datenqualität und einem modernen Datenschutz, mit einem intelligenten, präzisen und nachverfolgbaren Zugriffssystem.

Datenaustausch und Datenschutz werden mit diesem Gesetz versöhnt; sie werden miteinander in Einklang gebracht. Effektive Datenverarbeitung bei der inneren Sicherheit mit vernünftigem Datenschutz, das ist der wesentliche Inhalt dieses neuen Gesetzes.

Über dieses Ziel bin ich mir mit meinen Länderkollegen einig. Die Innenminister der Länder und ich haben im Herbst letzten Jahres in Saarbrücken gemeinsame Leitlinien verabschiedet, die das Gesetz, das jetzt im Entwurf vorliegt, rechtlich umsetzt, soweit das der Bund kann. Das ist der Beginn eines gemeinsamen Weges für eine gemeinsame Informationstechnik- und Sicherheitsarchitektur in Deutschland und deswegen ein großer Schritt. Die Schaffung der technischen Voraussetzungen für dieses Großprojekt hat bereits begonnen.

Der Gesetzentwurf regelt darüber hinaus auch die Möglichkeit einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung von Gefährdern mit einer sogenannten Fußfessel. Das war Teil der politischen Einigung, die Kollege Maas und ich der Öffentlichkeit am 10. Januar mitgeteilt haben. Eben wurde über die elektronische Fußfessel im repressiven Bereich für verurteilte extremistische Straftäter diskutiert. Hier geht es um die Möglichkeit der Nutzung von Fußfesseln im Gefährderbereich, also im Bereich der Gefahrenabwehr.

Diese Regelung ist kein Allheilmittel – darüber werden Sie eben auch diskutiert haben –, so wie alle anderen Einzelmaßnahmen von Sicherheitsbehörden für sich genommen keine Allheilmittel sind. Es ist aber besser, zu wissen, wo sich ein Gefährder aufhält als es nicht zu wissen. Eine Fußfessel kann helfen, den Aufenthaltsort von Gefährdern zu ermitteln und so ihr Untertauchen zu verhindern.

Allerdings richtet sich die Überwachung nahezu aller Gefährder nach Landesrecht. Für die praktische Bewährung dessen, was wir dann hoffentlich mit der Verabschiedung des BKA-Gesetzes beschließen, kommt es deshalb darauf an, dass die Länder vergleichbare Regelungen in ihre Polizeigesetze aufnehmen, und wie ich höre, planen mittlerweile viele Länder, entsprechende Regelungen in ihren Polizeigesetzen vorzusehen. Wir brauchen – aber das Thema kann und will ich heute nicht vertiefen – eine verbindlichere und bundesweit gleiche Vorgehensweise im Umgang mit Gefährdern, die festlegt, was genau geschehen soll, wenn man sich über die Gefährlichkeit im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum einig ist. Auch das ist ein nicht ganz leichter Weg in unserem föderalen Gefüge, aber daran müssen wir arbeiten.

Natürlich setzt das neue BKA-Gesetz darüber hinaus das Urteil des Bundesverfassungsgerichts auch in anderen Punkten um, etwa beim Kernbereichsschutz, etwa bei der Gleichbehandlung aller Rechtsanwälte und vielen anderen Themen. Ich denke, es ist selbstverständlich, dass wir ein solches Urteil des Bundesverfassungsgerichts umsetzen.

Dieses Gesetz dient der Arbeit der Polizistinnen und Polizisten in Deutschland. Es dient dazu, dass wir mehr Sicherheit in Deutschland bekommen. Deswegen bitte ich um gute Beratung und Ihre tatkräftige Unterstützung.