Rede des Bundesministers des Innern, Dr. Thomas de Maizière,

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Frau Präsidentin!
Meine Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sie sehen einen fröhlichen und dankbaren Innenminister vor sich.

Die Regierung hatte im Regierungsentwurf schon etliche Verbesserungen vorgenommen. Der Haushaltsausschuss hat nun in engem Kontakt mit dem Finanzministerium und mit uns und mit Unterstützung der Hauptberichterstatter, aber auch vieler anderer, an den richtigen Stellen noch viel draufgepackt. Das ist wirklich gut.

Ich möchte das vor allen Dingen betonen, weil ich hier, gerade im Bereich der Sicherheit, der sonst zu den umstrittensten gehört, etwas Seltenes erlebt habe. Viele der Vorhaben und Projekte haben, auch in den Einzelabstimmungen, die ausdrückliche Zustimmung aller Fraktionen gefunden. Unverständlicherweise hat die Opposition den Haushalt insgesamt dennoch abgelehnt.

Ich verstehe das als große Unterstützung für mein Haus, aber vor allem für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die Polizisten, für die Mitarbeiter des BAMF und der Sicherheitsbehörden. Sie gewährleisten Freiheit und Sicherheit in unserem Land, und dafür ein herzliches Dankeschön.

Zukunftsweisend ist auch der Beschluss der Finanzierung der „Netze des Bundes“. Hier geht es um ziemlich viel Geld: 450 Millionen Euro in drei Jahren. Das ist ein ehrgeiziges Projekt. Einige haben dazu gesprochen. Es muss stärker koordiniert werden, Herr Bartsch, das stimmt. Das ist nicht alleine, aber auch eine Antwort auf das Thema NSA. Wir werden die Realisierung der Empfehlungen des Ausschusses zügig in Angriff nehmen.

Das führt mich zu einer grundsätzlichen Bemerkung, die ich gerne machen möchte, weil sehr viel von Investitionen die Rede ist. Uns fällt ziemlich viel ein, wie wir den Ländern im Bereich Bildung, Autobahnen, vor allem im Bereich Energieeffizienz durch Investitionen helfen können. Das ist alles gut und schön. Aber wir können auch mal an uns denken. Wir haben das bei den Konjunkturprogrammen gemacht. Wir haben für Investitionen in Bundesliegenschaften eine Vorabquote eingeführt. Wir haben es bei der Flut gemacht. Wir haben gesagt: Von den acht Milliarden Euro geht ein gewisser Anteil in die eigene Infrastruktur des Bundes, Schleusen und so weiter.

Wenn es jetzt um die Verteilung der Investitionen geht, dann fallen mir und uns allen ganz viele Bereiche ein, in die wir – ich sage das als Minister für innere Angelegenheiten – investieren können, zum Beispiel in die Erneuerung unserer IT-Strukturen oder in die Liegenschaften des Bundes. Wir können viel gutes Geld für die eigenen Belange des Bundes in die Hand nehmen und nicht nur für noch so berechtigte Belange Dritter. Das wollte ich gerne an dieser Stelle einmal sagen.

Die Sicherheit und der Schutz der Freiheit haben eine herausragende Bedeutung für unser Land. Es gibt einen großen gesellschaftlichen und politischen Konsens, das zu erkennen, zu erhalten und die dafür notwendigen Schritte zu tun. Auch dafür, dass das deutlich geworden ist, möchte ich mich beim Haushaltsausschuss ausdrücklich bedanken.

Mein wichtigstes Anliegen als Bundesminister des Innern ist, dass die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sicher leben können. Einen wesentlichen Anteil daran haben nicht nur Gesetze und die internationale Zusammenarbeit und vieles andere mehr, sondern unsere Polizistinnen und Polizisten und die Mitarbeiter in den Sicherheitsbehörden. Sie üben Tag und Nacht gewissenhaft und gerne ihren Beruf aus. Sie genießen in der Bevölkerung ein hohes Ansehen. Die Polizei liegt bei über 80 Prozent, die Bundeskanzlerin bei 65 Prozent und der Papst bei 55 Prozent, die Parteien liegen ziemlich weit hinten.

Wir müssen dafür sorgen, dass der Polizeiberuf attraktiv bleibt. Auch dafür leisten wir mit dem Haushalt 2015 einen Beitrag. Die Zahlen wurden genannt: 406 neue Stellen für die Bundespolizei, Schutzausrüstung, Kfz, Hebungen gerade im unteren und mittleren Bereich.

Unsere Polizistinnen und Polizisten müssen auf der Straße immer wieder buchstäblich den Kopf hinhalten, auch und gerade, wenn es brenzlig wird. Leider verliert eine Reihe von Bürgern immer mehr den Respekt vor staatlichen Funktionsträgern insgesamt. Verbale und körperliche Angriffe nehmen zu. In Bremen wird jetzt gerade eine Spuckhaube eingeführt, die diejenigen über den Kopf bekommen, die regelmäßig Polizisten im Kfz und so weiter anspucken. Auch dagegen, dass es diese Spuckhauben gibt, gibt es jetzt Protest. Ich finde es gut beziehungsweise nur recht und billig, dass man dafür sorgt, dass Polizisten nicht angespuckt werden.

Bei links- und rechtsextremistischen Gruppen ebenso wie bei alkoholisierten Fußballanhängern bis hin zu einzelnen Gruppen scheinen die gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei eine Art Eventcharakter zu haben. Wir haben insgesamt einen Rückgang der Gewaltkriminalität, auch der Jugendgewaltkriminalität – das ist gut –, verzeichnen aber einen Anstieg der Intensität von Gewaltausübung, und zwar nicht nur gegenüber Polizisten, sondern auch gegenüber Rettungskräften und Repräsentanten des Staates. Die Polizistinnen und Polizisten im Bund und in den Ländern tragen Verantwortung für unsere Sicherheit. Also tragen wir Verantwortung dafür, dass sie bei ihrer Arbeit sicher sind. Der Haushalt leistet auch einen Beitrag hierfür.

Zum Katastrophenschutz ist hier viel gesagt worden. Ich unterstütze das natürlich ausdrücklich, insbesondere was zur liegenschaftlichen Situation gesagt worden ist. Das hilft auch den Helfern vor Ort.

Ich will nur einmal auf Folgendes hinweisen – Herr Brandl hat das auch gemacht –: Während wir hier debattieren, sind THW-Helfer in Afrika und kämpfen gegen die Ausbreitung von Ebola, sind THW-Helfer in Jordanien und im Nordirak und helfen dort in den Flüchtlingslagern. Wir denken gern an unsere Ortsverbände, aber ich finde, eine solche Debatte bietet auch Anlass, diesen Menschen im Ausland und ihren Angehörigen sowie den Arbeitgebern, die sie freistellen, einmal ein herzliches lautes Dankeschön zu sagen.

Es ist heute nicht die Zeit, umfassend über die Sicherheitslage zu sprechen. Aber Sie wissen, die Sicherheitslage ist ernst. Die Terrororganisation, die sich selbst „Islamischer Staat“ nennt – und die wir nicht „Islamischer Staat“ nennen sollten –, zeigt eine archaische Brutalität. Menschen werden enthauptet, Frauen vergewaltigt, versklavt, Grenzen, die seit über 100 Jahren bestehen, ignoriert – und mit all dem brüstet sich die IS öffentlich.

Männer und einige Frauen bringen aus Deutschland, bringen aus Europa den Krieg in diese Gegend; sie exportieren Gewalt und Terror. Mitte September habe ich ein Betätigungsverbot gegen die Organisation IS ausgesprochen. Wir sehen hier Erfolge; es gibt viele Festnahmen und Ermittlungen. Diensteanbieter in den sozialen Medien nehmen zunehmend Profile vom Netz. Alles, was sich dort an Sympathiewerbung für die IS findet, Herr Abgeordneter Beck, ist durch dieses Betätigungsverbot strafbar geworden. Das ist gut so. Das Betätigungsverbot fügt sich in eine Reihe von anderen Maßnahmen ein, sowohl von mir, die wir demnächst diskutieren, Stichwort „Personalausweis“, als auch vom Justizminister, Stichwort „Reisen“ und anderes; es ist heute nicht die Zeit, im Einzelnen darauf einzugehen. Wir wollen verhindern, dass der Terrorismus von Deutschland aus exportiert wird. Wir wollen erst recht verhindern, dass geschulte Terroristen – zumal wenn sie aus Deutschland gekommen sind – nach Deutschland zurückkehren und hier Anschläge verüben. Dazu brauchen unsere Sicherheitsbehörden Unterstützung. Dafür brauchen wir internationale Zusammenarbeit. Dazu brauchen wir auch eine Stärkung des Bundesamts für Verfassungsschutz; davon ist gesprochen worden.

Wir können damit keine vollständige Sicherheit herstellen. Niemand kann eine Garantie dafür geben, dass es in Deutschland nicht zu einem Anschlag kommt. Aber wir sind entschlossen, das uns Mögliche zu tun, damit es nicht passiert.

Ein Wort zum Thema Flüchtlinge. Frau Hajduk, Sie haben darüber gesprochen, und es ist über die zusätzlichen Stellen gesprochen worden; das ist alles richtig. In der Tat: Ich halte es für falsch, der Bevölkerung zu sagen: Das ist jetzt mal ein Jahr, nächstes Jahr wird alles wieder gut. – Das wird wohl nicht der Fall sein. Trotzdem verlangt dies angesichts der Flüchtlingsströme, angesichts der Bürgerkriege in Syrien und im Irak und all dessen, was dort passiert ist, natürlich eine Strategie, die darüber hinausgeht, einfach alle aufzunehmen. Auch darüber zu sprechen, ist heute nicht die Zeit.

Das hat etwas mit der Arbeit vor Ort zu tun, das hat etwas mit der Arbeit in den Transitländern zu tun, das hat mit dem Dubliner Übereinkommen zu tun – alle Staaten müssen ihre Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen erfüllen –, das hat etwas mit europäischer Solidarität und mit vielem anderen mehr zu tun. Darüber sind wir uns möglicherweise einig. In einem Punkt sind wir uns vielleicht nicht einig – ich will nicht, dass hier zu viel Harmonie verbreitet wird –: Ja, wir sind dafür, dass im BAMF schnell entschieden wird – auch mithilfe zusätzlicher Stellen –, wer politisch verfolgt wird, wer Asyl verdient. Diese Personen müssen integriert werden, und zwar so schnell wie irgend möglich. – Oder als Flüchtling anerkannt wird, Herr Beck. Das ist jetzt gar nicht mein Punkt. Ich möchte auf etwas anderes hinaus: Wir wollen auch, dass die Anträge derjenigen, die aus sicheren Herkunftsländern kommen, genauso schnell geprüft werden, damit sie nicht integriert werden und unser Land schnell wieder verlassen, damit die Aufnahmebereitschaft der Bevölkerung erhalten bleibt.

Nun ein Wort zu Herrn Gabriel. Wir sind in Gesprächen mit den Ländern über die Frage, ob, in welcher Weise und in welchem Umfang wir den Ländern und, ehrlich gesagt, vor allem den Kommunen in allen anstehenden Punkten, von der Unterbringung bis zum Thema Gesundheit, helfen können und müssen. Das ist schwierig. Die Länder verhalten sich gegenüber den Kommunen sehr unterschiedlich. Das Spektrum der Kostenerstattung durch die Länder reicht von 20, 30 Prozent der Kosten der Kommunen bis zu 90, 100 Prozent. Ich möchte alle, die hier große Töne spucken, man sollte den Kommunen helfen, bitten, erst einmal in den jeweiligen Ländern dafür zu sorgen, dass diese den Kommunen helfen. Das wäre auch einmal etwas.

Aber wir überlegen uns etwas. Das läuft auf ein Gespräch der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder hinaus. Es könnte ja sein, Frau Hajduk, dass Herr Gabriel das, was er gesagt hat, gar nicht erfunden hat. Es könnte ja sein, dass er es nur als Erster öffentlich gemacht hat und es die Gespräche schon seit längerem gibt. Wir sind der Meinung, dass wir erst am Ende der Debatte etwas verkünden sollten und nicht am Anfang der Debatte. Also seien Sie nicht so stolz auf Ihren diesbezüglichen Antrag auf dem Parteitag der Grünen. – Das verstehe ich, Frau Hajduk; aber vertrauen Sie doch einmal ein bisschen darauf, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, den Kommunen und den Ländern zu helfen, ohne den Haushalt noch einmal anfassen zu müssen. Norbert Barthle, ich glaube, auch das ist ein wichtiger Punkt. Ich will nur sagen: Wir haben das im Blick. Wir machen das verantwortungsvoll, und das ist richtig so.

Eine letzte Bemerkung zum Sport – Herr Barthle hat heute Morgen einiges dazu gesagt –: Wir hatten gegenüber der ursprünglichen Veranschlagung schon acht Millionen Euro draufgelegt. Jetzt kommen noch einmal 15 Millionen Euro hinzu. Auch die NADA-Finanzierung ist gesichert. Ich füge hinzu – das hat Norbert Barthle heute Morgen gesagt, sicher auch im Namen von Herrn Gerster –: Dieses Geld kommt nicht einfach obendrauf und wird nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt, sondern wir verbinden damit die Erwartung, dass damit der Einstieg in eine Strukturveränderung, in eine Effektivierung der Spitzensportförderung verbunden ist – hoffentlich auf dem Weg zu Olympischen Spielen in Deutschland. Daran werden wir erinnern, und ich hoffe, dass wir das gemeinsam tun werden.

Ich habe meine Rede begonnen mit dem Satz: Sie sehen einen fröhlichen, zufriedenen und dankbaren Innenminister. – Das ist so. Noch mehr würde ich mich freuen, wenn nicht nur die Koalition, sondern nach all den schönen Reden auch die Opposition sagen würde: Verdammt noch mal, das war eine gute Sache. Dieses Mal stimmen wir zu.