Mehr Rechte für intergeschlechtliche Personen

Geschlechterangabe "divers" Mehr Rechte für intergeschlechtliche Personen

Die Geschlechterangaben "männlich" und "weiblich" im Personenstandsregister werden um den Begriff "divers" für intergeschlechtliche Personen ergänzt. Diese Neuerung ist am 22. Dezember in Kraft getreten. Die Betroffene Anna_Sophia Schröck erzählt, was das Gesetz für sie bedeutet und welche Schwierigkeiten sie im Alltag bewältigen muss.

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Plakat mit der Aufschrift "Dritte Option"

Die "dritte Option" ermöglicht intergeschlechtlichen Menschen mehr Rechte zur selbstbestimmten Identität.

Foto: picture alliance / dpa

Menschen, die weder anatomisch noch genetisch und hormonell eindeutig einem Geschlecht zugewiesen werden können, werden als intergeschlechtlich bezeichnet. Mit dem Gesetz sollen ihnen mehr Rechte zur selbstbestimmten Identität eingeräumt werden.

Anna_Sophia Schröck ist intergeschlechtlich. Sie erklärt, was das Gesetz für sie bedeutet: "Die Korrektur des Gesetzes bringt mir insofern etwas, als dass sie auch rückwirkend gilt. Das heißt, mein jetziger Eintrag kann von männlich auf weiblich geändert werden und ich kann ohne viel Aufwand den Vornamen von einem männlichen zu Anna_Sophia ändern. Mich stört nur, dass es keine Regelung enthält für die schon ausgestellten Dokumente wie zum Beispiel Zeugnisse, um auch sie rückwirkend zu korrigieren."

Ärztliches Attest notwendig

Bereits 2013 wurde das Gesetz dahingehend verändert, dass im Personenstand zunächst das Geschlecht offen gelassen werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil 2017 klargestellt, dass "durch den offenen Geschlechtseintrag nicht abgebildet [wird], dass [die Person] sich zwar nicht als Mann oder Frau, aber auch nicht als geschlechtslos begreift". Um sich im Geburtenregister ummelden zu können, bedarf es eines ärztlichen Attests, dass die so genannte "Varianz der Geschlechtsentwicklung" bestätigt.

Das ist jedoch leichter gesagt als getan, erzählt Anna_Sophia Schröck. Sie hat eine Störung der Geschlechtsentwicklung, die bei Frauen wesentlich seltener vorkommt als bei Männern: "Ich habe zwar ein klinisches Gutachten, aus dem hervorgeht, dass ich DSD XXY bin mit einer weiblichen Geschlechtsidentität. Die Gerichte haben aber das Gutachten für nichtig erklärt, weil DSD XXY laut Wikipedia nur bei Männern auftritt. Ich habe die Sorge, dass trotz eines Attestes bestimmte DSD Diagnosen nicht anerkannt werden. Deswegen sollte es ein Merkblatt geben, in dem alle DSD Diagnosen aufgeführt werden."

Das Kürzel DSD steht für die englische Formulierung Disorders of sex development, übersetzt Störung der Geschlechtsentwicklung. 47-XXY bedeutet, dass die Betroffenen ein Chromosom zu viel haben, also statt dem regulären Chromosomensatz von 46, XY den Satz 47, XXY.

Bei der Begriffssuche nach der so genannten dritten Option im Personenstandsregister wurde der Begriff "divers" auf Anregung der mit dem Thema befassten Verbände aufgegriffen. Damit sollte ermöglicht werden, dass sich die Betroffenen auch mit dem Begriff identifizieren. Außerdem wird es weiter die Möglichkeit geben, nach der Geburt kein Geschlecht einzutragen.

Unwissenheit bei vielen im medizinischen Bereich

Was Anna_Sophia Schröck am meisten frustriert, ist gerade die Unwissenheit im medizinischen Bereich: "Ich erlebe es bis heute bei Ärzt*innen, dass sie von dem Gesetz und der Diskussion nichts mitbekommen haben. Und was Intergeschlechtlichkeit beziehungsweise DSD ist. Dazu wird aus Unwissenheit viel Schwachsinn verbreitet, der die Diskriminierung noch verschlimmert. Andere Menschen verbinden mit DSD Trans*-Sexualität."

Trans* sind Menschen, die bei der Geburt einem bestimmten Geschlecht zugewiesen wurden, im Laufe ihres Lebens aber feststellen, dass dieses Geschlecht nicht auf sie zutrifft. Sie sind entgegen dieser ursprünglichen Zuweisung eher Personen mit einem davon abweichenden oder keinem Geschlecht.

Neben den Schwierigkeiten mit Behörden und medizinischen Attesten wird Anna_Sophia Schröck vor allem beim Gang auf die Toilette ständig mit ihrer Geschlechtlichkeit konfrontiert: "Auf öffentlichen Toiletten oder im Krankenhaus benutze ich bis heute immer die Behindertentoilette. Da gibt es immer wieder Auseinandersetzungen mit Sicherheitsleuten oder anderen Personen, die die Toiletten aufsuchen."